Freifunk: Keine Anerkennung von Gemeinnützigkeit

Schlechte Nachrichten für Freifunker: Ihr Engagement für freie und offene Netze wird nicht als gemeinnützig anerkannt. Entsprechende Anträge scheiterten im Bundestag am Widerstand der Großen Koalition.

Ins Wasser gefallen: Doch keine Gemeinnützigkeit für Freifunk CC-BY 2.0 Fabian Horst

Mehrere Gesetzesinitiativen zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk-Initiativen sind am Mittwoch im Bundestag gescheitert. Die Abgeordneten von CDU/CSU und SPD blockierten eine Debatte dazu im federführenden Finanzausschuss und dem Ausschuss Digitale Agenda, sodass in dieser Legislaturperiode keine Abstimmung mehr im Plenum stattfinden kann. Somit können beispielsweise Spenden, die in Breitbandanschlüsse oder sonstige Technik fließen, weiterhin nicht von der Steuer abgeschrieben werden.

„Die Zusammenarbeit von Freifunk-Initiativen mit als gemeinnützig anerkannten Vereinen wird dadurch erschwert. Eine Anerkennung der Gemeinnützigkeit würde uns das Leben enorm vereinfachen“, erklärt Markus Drenger von der Darmstädter Freifunk-Initiative gegenüber netzpolitik.org. Freifunker hatten in den letzten Wochen an alle Fraktionen appelliert, einen Gesetzentwurf (PDF) zu beschließen, den der Bundesrat im März in den Bundestag eingebracht hatte. Er sah vor, das „Unterhalten von Kommunikationsnetzen“ zu den als gemeinnützig geltenden Tätigkeiten hinzuzufügen. Die Bundesregierung hatte den Entwurf über Monate verschleppt, wie netzpolitik.org letzte Woche berichtete.

Zudem hatte die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen einen Gesetzentwurf (PDF) eingebracht, der das Gemeinnützigkeitsrecht allgemein reformiert hätte. Doch auch diesen Antrag haben die Koalitionsfraktionen blockiert. Dabei findet sich die Förderung von „heterogenen, frei vernetzten und lokalen Communities und ihrer Infrastrukturen“ sogar im Koalitionsvertrag. „Es ist schade, dass SPD und CDU sich nicht an ihr Wort gehalten haben“, kommentiert Freifunker Drenger.

SPD macht Union verantwortlich

„Mit der Blockade des Bundesratentwurfes zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk-Initiativen hat die Große Koalition wieder ihre digitalpolitische Rückschrittlichkeit bewiesen“, kritisieren die Grünen-Abgeordneten Lisa Paus und Konstantin von Notz in einem Blogbeitrag. Die Freifunk-Netze würden einen „wichtigen Beitrag zur Stärkung digitaler Teilhabe“ leisten.

Die SPD sieht die Schuld dafür bei den Abgeordneten der CDU/CSU. „Leider hat die Unionsfraktion heute nicht nur einen Abschluss der Beratung zum Gesetzentwurf verhindert, mit dem Freifunk-Vereine künftig als gemeinnützig anerkannt werden sollten. CDU und CSU haben auch eine Debatte darüber im Ausschuss Digitale Agenda verweigert“, erklären die SPD-Abgeordneten Lars Klingbeil und Jens Zimmermann in einer Pressemitteilung.

Ohne Debatte gibt es auch keine Abstimmung im Bundestag. Und da der Bundestag diese Woche zum letzten Mal in dieser Legislaturperiode zusammenkommt, fällt der Gesetzentwurf nun dem Diskontinuitätsprinzip zum Opfer. Der Bundesrat muss den Gesetzentwurf nach der Wahl ein weiteres Mal beschließen und erneut in den Bundestag einbringen. Freifunker Drenger hofft, dass es dann endlich Mehrheiten für eine Reform gibt: „Wir haben heute gesehen, wer freies WLAN unterstützt und wer uns Steine in den Weg legt. Netzsperren, die Vorratsdatenspeicherung und der Stopp der Bundesratsinitiative sind Zutaten für WLAN-freie Innenstädte, daran muss sich etwas ändern.“

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19 Ergänzungen

  1. Das ist schon deshalb unwahrscheinlich, weil bis dato zwei Landtage von SPD zu CDU gewechselt haben.
    Wenn die SPD recht hat, und es die CDU/CSU Fraktion war, die in der Regierung und den Ausschüssen den Entwurf verschleppt hat, ist davon auszugehen, dass sich nach der Bundestagswahl im Bundesrat keine Mehrheit mehr für den Entwurf finden wird.

    Ich denke mal, damit kann die Anerkennung der Gemeinnützigkeit der Freifunkinitiativen getrost als so lange illusorisch betrachtet werden, bis die Mehrheitsverhältnisse in Bundestag und Bundesrat wieder eher pro freie Netze verschoben sind.

    Just my 2¢.

  2. Ich verstehe nicht, warum Freifunker gemeinnützig sein sollten. Soweit ich es verstehe, sind deren Netze nicht für die Allgemeinheit zugänglich.

    1. Bitte mal richtig informieren: https://freifunk.net/

      Wie der Name schon vermitteln soll, sind die Ziele von Freifunk eben auch, dass freie und der Allgemeinheit zugängliche (und auch von ihr getragene) Netze entstehen und weiter wachsen sollen.

      Es soll von Bürgern für Bürger ein Netzwerk aufgebaut werden – eine gesellschaftlich wichtige, unterstützungswürdige Aufgabe, denke (nicht nur) ich.

      Freifunk-Prinzipien (https://wiki.freifunk.net/Hauptseite)

      1. Access to information and knowledge should be free as in freedom.
      2. Nobody should restrict communication with others.
      3. Local and global wireless and wired networks should be public spaces like streets, parcs, forests and the sea.
      4. Networks and digital infrastructures must be based on free and open source software and open standards.
      5. Regulators, governments and policy makers should grant a freely licensed open spectrum to the public.

  3. Bitte, bitte liebes Internet, erinnere dich an dieses Urteil bei der kommenden Wahl. Und wähle entsprechend.

    1. … Errh, und wenn ich nun schon mal dabei bin,
      vielleicht auch noch an die vielen Jahre zuvor?

  4. Die Ausrede der SPD ist erbärmlich. Wenn sie wollen würde, könnte sie das auch gegen die Union durchsetzen, siehe Ehe für alle. Will sie nur nicht.

      1. Das war ein Ausrutscher von ihr, Frau Merkel hat nämlich dagegen gestimmt und verloren!
        Die „Andersdenkenden“ haben hingegen massiv Gewonnen!

        1. Das war kein Ausrutscher, sondern eiskaltes politisches Kalkül.
          Sie wollte das noch durch den Bundestag peitschen, damit die anderen Parteien krinen Wahlkampf damit machen können, und ihr das Thema bei Koalitionsverhandlungen nach der Wahl nicht im Wege steht.
          Dagegen gestimmt hat sie, um den konservativen Flügel ihrer Partei ruhigzustellen.

  5. Es war doch klar, das Freifunk nicht Gemeinnützig wird, sie beschäftigen ja keine ehemaligen Politiker als Berater!

  6. Zum Artikel: Klar, im Bundestag fällt es in die Diskontinuität. Aber wieso muss der Bundesrat erneut einbringen? Da noch gar nicht über den Antrag abgestimmt wurde, fiele er doch ganz von allein (wieder, da erstmals) zur Abstimmung an, oder nicht?

  7. Wäre es nicht möglich einen Verein zu gründen.
    Die sind doch dann gemeinnützig.

    Für mich auf jeden Fall ein Unding und noch ein Grund die SPD zu vergessen.
    Von der CDU hat Netzpolitik eh‘ nichts gutes zu erwarten,
    dass sind alte Männer die nach Pippi riechen und
    noch Wählscheiben auf Ihren Telefonen haben.
    … diese Menschen werden auch NIE aussterben.

    1. Die Freifunker*innen sind bereits jetzt in Vereinen organisiert, nur sind Vereine nicht per se gemeinnützig. Dafür gibt es gewisse Kriterien, die bislang das Betreiben von Freifunk-Netzen nicht beinhalten.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.