Der netzpolitische Wahlprogramm-Vergleich, Teil 1: Transparenz und offene Daten

Im ersten Teil unseres Wahlprogrammvergleichs geht es um Transparenz und offene Daten. Die Union schweigt sich dazu aus, die FDP will offene Daten, solange sie keinen Unternehmensbezug haben und der Rest fordert ein Transparenzgesetz. Der Teufel steckt im Detail.

Wer verspricht wieviel Transparenz für die nächste Legislatur? – CC0 Aleks Dahlberg

Am 24. September ist Bundestagswahl. Was sind die netzpolitischen Forderungen der politischen Parteien? Wir haben die Wahlprogramme analysiert und präsentieren in einer Artikelserie, wer was verspricht – und welche Themen unter den Tisch fallen. Im ersten Teil dieser Serie geht es um Transparenz, Informationsfreiheit, offene Daten und Freie Software. Weitere Folgen werden sich mit den Themen Überwachung, innere Sicherheit, Infrastruktur, digitale Wirtschaft, E-Government, digitale Bildung und Wissenschaft, Urheberrecht und Digitalkultur, Verbraucherschutz und Plattformregulierung beschäftigen.

Union ruht sich auf Open-Data-Gesetz aus

Am übersichtlichsten sind die Forderungen der Union. Sie rühmt sich damit, in der aktuellen Legislaturperiode das Open-Data-Gesetz beschlossen zu haben. Damit scheint für CDU und CSU alles erledigt zu sein, weiterführende Pläne gibt es nicht. Das Open-Data-Gesetz fiel am Ende zwar besser aus als befürchtet, es enthält jedoch immer noch eine ganze Reihe an Ausnahmen, aufgrund derer Behörden Daten unter Verschluss halten dürfen.

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Im Februar kam eine Studie von Transparency International und der World Wide Web Foundation zu dem Ergebnis, dass Deutschland bei der Nutzung offener Verwaltungsdaten zur Korruptionsbekämpfung hinterherhinkt. Lediglich ein „Nationales Gesundheitsportal“ will die Union schaffen. Es soll „mehr Transparenz im Hinblick auf die Qualität der medizinischen und pflegerischen Leistungen“ bringen und diese Informationen im Internet zur Verfügung stellen. Um die Rückstände Deutschlands aufzuholen, sind diese Pläne der Union nicht ausreichend.

Von der Informationsfreiheit zur Transparenz

Das Informationsfreiheitsgesetz regelt den Zugang zu Informationen von Bundesbehörden, doch der Weg zu diesen Informationen ist oftmals mühsam und Ablehnungen von Anfragen sind an der Tagesordnung. SPD, Grüne und Linke bekennen sich zu einem Transparenzgesetz, bei dem die betroffenen Stellen ihre Informationen proaktiv zur Verfügung stellen müssen. Während die SPD die offenen Daten kostenfrei zur Verfügung stellen will, betonen Linke und Grüne zusätzlich die Wichtigkeit maschinenlesbarer Daten. Sonst könnten Behörden Daten nur in PDF-Form veröffentlichen, die im schlimmsten Fall nicht einmal durchsuchbar sind.

Die FDP findet offene und maschinenlesbare Verwaltungsdaten ebenfalls gut, erwähnt jedoch das Informationsfreiheits- oder Transparenzgesetz nicht. Außerdem sollen ihrer Meinung nach „unternehmensbezogene“ Daten ausdrücklich nicht öffentlich und frei zugänglich sein. Im Unterschied dazu fordern Grüne und SPD eine gesetzliche Grundlage für ein Lobbyregister beim Bundestag, das Lobbyisten und deren Budgets offenlegen soll. Die Linke verlangt ein Transparenzregister, um die Verschleierung von Geldern zu erschweren, beispielsweise durch Briefkastenfirmen. Es soll für alle im Internet zugänglich sein und Eigentümer sowie Begünstigte von „Firmen, Stiftungen und Trusts auf EU-Ebene“ darstellen. Dem schließen sich die Sozialdemokraten an, das Register soll jedoch für die Steuerbehörden und nicht für die Öffentlichkeit da sein.

SPD und Grüne wollen „exekutive Fußspur“

Dann machen SPD und Grüne noch einen Vorschlag: Sie wollen eine „exekutive Fußspur“ – bzw. einen „legislativen Fußabdruck“ bei den Grünen – einführen, also veröffentlichen, welche Beiträge Lobbyisten beim Entwurf von Gesetzen geliefert haben. Die jetzige Bundesregierung hat das für die Gesetze der aktuellen Legislatur bereits zugesichert, nachdem die Kampagne „Gläserne Gesetze“ im Juni Druck gemacht hatte und innerhalb von einer Woche 1.600 Informationsfreiheitsanfragen nach Lobby-Stellungnahmen die Ministerien erreichten.

Zu alldem hat die Union nichts zu sagen. Auch zum Thema Freie Software schweigt sie. Die SPD verspricht, den Anteil Freier Software in Verwaltung und Bildungseinrichtungen zu erhöhen, die Grünen gehen einen Schritt weiter und wollen sie in öffentlichen IT-Beschaffungen bevorzugen. Darüber hinaus kündigen sie an, Freie Software „mit Blick auf IT-Sicherheit“ stärker zu fördern. Sie betonen auch die Relevanz freier Formate sowie Standards und verlangen, dass Nutzer auf ihren Geräten Freie Software und Firmware einsetzen können. Dadurch sollen Nutzer ihre Geräte auch unabhängig vom Willen des Herstellers beispielsweise mit Sicherheitsupdates versorgen können.

Die Linke fordert Freie Software in Bildungseinrichtungen und Hardware, die „nach Möglichkeit offen spezifiziert“ ist. Damit will sie die „Privatisierung der Bildung durch private kommerzielle Anbieter“ verhindern. Was genau „nach Möglichkeit“ heißt und ob es um komplette Open-Source-Hardware oder offen spezifizierte Programmierschnittstellen geht, verrät das Wahlprogramm leider nicht.

In verkürzter Form: Die CDU hat zum Thema nichts zu sagen, die FDP mag Transparenz, nur nicht für die Wirtschaft. Linke, Grüne und SPD wollen mehr offene Daten und das Thema Freie Software wird von allen Parteien nur oberflächlich behandelt.

Hinweis zur Auswahl der verglichenen Parteien: Wir haben solche Parteien untersucht, die in den Umfragen des vergangenen Halbjahres bundesweit mindestens einmal bei über fünf Prozent lagen. Parteien, deren Wertesystem auf gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit basiert, haben wir in diesen Vergleich nicht mit aufgenommen.

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11 Ergänzungen

  1. Nicht , daß ich neugierig wäre, aber welchen journalistischen oder demokratieförderlichen Erkenntnisgewinn soll dieser Null-Artikel bringen?
    Fünf der sechs aktuell beliebtesten neoliberalen Kartellparteien plus ein linkes Feigenblatt dürfen ihre Statements lesen.
    Wem hülfet dies?!
    Wo ist die Perspektive?

    Ausreden wie „5% in Umfragen“ und „Menschenfeindlichkeit“ sind doch sehr Kindergarten — damit müßte man auch sämtliche anderen neoliberalen Kartellparteien außen vor lassen, schließlich lassen die ja aktiv Leute im Mittelmeer ersaufen …

    Aber immerhin: Willkommen im Kreis der Mainstreammedien?
    (Das war doch das Ziel?)

  2. Was die Publikation von Daten anbetrifft, sind uns die USA auch weit voraus. Nun ist es so, dass es dort 95% Arme und 4% „Mittelstand“, 0,9 % eher Reiche und 0,1% Superreiche gibt. Was sollte es nutzen, wenn diverser Behördenschnulli publiziert wird? Wir haben ganz real 90 % Arme, 9,99% Reiche und 0,01% Superreiche. Und die Leute glauben trotzdem an ewiges Wachstum und dass es ihnen gut geht. Im Vergleich mit China, Russland, Bananenrepubliken und Afrika geht es ihnen tatsächlich NOCH gut. Welchen Grund hätten die 90% sowas wie Linke und Grüne, geschweige denn andere Parteien des jetzigen Bundestages zu „wählen“. Keinen, da trifft eher Grundgesetz § 20 zu. Aber gut, Platz 1 kriegt wieder die CDU, Platz 2 die SPD und um Platz 3 bis unter 5%-Hürde streiten sich Typen, die sich in der vergangenen Legislatur nicht einmal des Namens Opposition für würdig erwiesen. Das sind heutige Realitäten und Aussichten. Na super.

  3. Auch wenn ich mir etwa vorstellen kann was die „Liberalen“ von freier Software halten, hätte es mich doch interessiert.
    Warum nennt man die AFD nicht beim Namen sondern versteckt das ganze hinter einer Wortblase? Im übrigen halte ich diese Art der politischen Auseinandersetzung mit der AFD für kontraproduktiv. Das ist genau die Art von Arroganz die einen Teil der AFD Wähler in die Arme der AFD treibt.

  4. Nicht dass mir die AFD in der Liste fehlen würde – wobei ich tatsächlich neugierig wäre, ob die überhaupt eine digitale Agenda haben – die Kategorie „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ halte ich für völligen Blödsinn – zumindest wenn die Kriterien des Wikipedia-Artikels der Massstab sind.
    Kritik an der Ehe für alle? (wohlgemerkt keine Homophobie!) – Menschenfeind!
    Kritik an der Asylpolitik? – Menschenfeind!
    Anhänger eines traditionellen Rollenbilds? – Menschenfeind!

    Alle rein in den Topf zu den Rassisten, Antisemiten und dem anderen Gelump!

    Ein wenig Toleranz politisch andersdenkenden Demokraten gegenüber würde ich mir von einer vermeintlich freiheitlichen und demokratieverteidigenden Webseite schon wünschen.
    Aber hier sieht man durchschimmern – es geht wohl auch hier nicht um Demokratie oder Transparenz sondern nur um das Verbreiten des eigenen Weltbilds… Finde ich wirklich ernüchternd.

  5. Hallo,

    im letzten Absatz (dem Kursiven Hinweis) ist ein „auf“ zu viel: „…Wertesystem auf auf gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit…“.

    Ansonsten danke für die Zusammenfassung.

  6. Etwa 50% der Menschen in Deutschland leben in relativ sicheren Einkommenssituationen, und etwa 50% nicht. Also werden schätzungsweise 50% der Menschen in Deutschland wählen gehen, und etwa 50% nicht. Mag sein, dass diese Zahlen etwas nach oben oder unten schwanken, noch. Bald werden 100% der Menschen in Deutschland wählen gehen, ob sie wollen oder nicht. Ach so nee, das ist in Deutschland ja nicht möglich, so viel Zwang. Außer im Gesundheitswesen, der gläserne Patient, die elektronische Gesundheitsakte… der um die Gesundheitsdaten erweiterte Lebenslauf bei Bewerbungen… Heute schon deine Schritte gezählt?

  7. Die Aussagen zur Open-Source-Software-Beschaffung und dazu auch noch irgendwelche Förderungen zu artikulieren sind leere Worthülsen. Das hätte ja längt schon demonstriert worden sein können! (Ok. Gab es auch. Lokal – mit selbstverständlich begrenztem Erfolg. Wie lokale Einzelschüsse halt nun mal leider oft sind.)

    Unter einer wirklichen Förderung wäre zu verstehen, wenn in LibreOffice oder Apache OpenOffice Fördermittel gesteckt werden (Personal bezahlen), die die Software deutlich qualitativ verbessern (oft ist nicht die „hinterletzte moderne“ Funktion wichtig) bzw. die Kompatibilität, und sei es durch aggressives Revers-Engineering, zum Marktführer zu maximieren. Es fließt in einigen öffentlichen Einrichtungen immens Geld in die Anpassung von SAP-Modulen. Wenn nur ein vergleichbarer Bruchteil in die Open-Source-Entwicklung gesteckt würde! Zumal man das als europäisches Thema aufsetzen könnte, wo noch mehr finanziell und personell möglich wäre.

    1. Deutsches Engagement bzgl. Libre/OpenOffice würde das Produkt übrigens wieder mehr zurück ins Land holen. Damit könnte man sich politisch schmücken. Denn es wurde ursprünglich von der deutschen Firma StarDivision entwickelt, die leider dem Marktdruck von Microsoft nicht dauerhaft stand hielt. Ich hatte das Original als dicken Diskettensatz in einer 3er-Version gekauft. Weil es besser war, als Microsoft. Qualitativ damals völlig gleichwertig, und in vielen Dingen für den Nutzer besser strukturiert. Halt ein deutsches Wertprodukt.

    2. Die Aussagen zur Open-Source-Software-Beschaffung und dazu auch noch irgendwelche Förderungen zu artikulieren sind leere Worthülsen. Das hätte ja längt schon demonstriert worden sein können!

      Ja, hätte man. Aber die letzten Regierungsparteien haben das nicht ausreichend gepushed. Und ich glaube, beides ist notwendig: Gerade die Beschaffung verbessern, so dass Freie Software nicht weiter gegenüber Microsoft benachteiligt wird, sondern zum Standard wird. Und dann noch Geld in die Entwicklung stecken.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.