Das Deutsche Internet-Institut kommt nach Berlin

Das Forschungsministerium gibt bis zu fünfzig Millionen Euro Förderung an das neu zu gründende Internet-Institut für die vernetzte Gesellschaft. Heute wurde verkündet: Es wird in Berlin angesiedelt.

– Alle Rechte vorbehalten BMBF

Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition war die Gründung eines deutschen Internet-Instituts angekündigt worden. Kurz vor Ende der Legislaturperiode und nach einem mehrstufigen Verfahren hat Forschungsministerin Johanna Wanka heute die Gewinner-Stadt präsentiert: Es ist Berlin.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) stellt in den ersten fünf Jahren bis zu fünfzig Millionen Euro bereit. Ungeklärt ist bisher, ob es auch eine Anschlußfinanzierung aus dem Etat des BMBF geben wird oder ob sich das neue „Internet-Institut für die vernetzte Gesellschaft“ dann über Drittmittelanträge weiter finanzieren muss.

Das Institut soll Antworten liefern, wie der digitale Wandel Gesellschaft, Politik und Wirtschaft ändern wird:

Welche Auswirkungen haben soziale Medien auf das Wohlbefinden jüngerer und älterer Nutzer? Wie können wir in einer Zeit von Big Data verantwortlich mit unseren persönlichen Daten umgehen? Und wie können Bürger die schier unbegrenzten Möglichkeiten des Internets nutzen, um die Demokratie mitzugestalten? Mit diesen und vielen anderen Fragen zur Digitalisierung soll sich künftig das Deutsche Internet-Institut beschäftigen.

Die Einrichtung eines Internet-Instituts ist grundsätzlich zu begrüßen. Leider kommt die Initiative mindestens zehn Jahre zu spät. Es wäre besser, wir könnten heute schon bei vielen Netz-Phänomenen auf mehr Forschung zurückgreifen, um diese besser zu verstehen und bessere Antworten zu finden. Aber besser spät als nie.

Eingerichtet werden fünf neue langfristige Professuren und dreißig weitere Wissenschaftler, die in zwanzig Forschungsgruppen mit weiteren Forscher arbeiten: zwanzig Postdocs, vierzig Doktorantenstellen sowie zwanzig Fellows. Das Konsortium der Gewinner umfasst die Berliner Universitäten: Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, Technische Universität Berlin und die Universität der Künste Berlin. Assoziiert sind auch die Universität Potsdam, das Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS) und das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB).

Ebenfalls in Berlin sitzt das Alexander-von-Humboldt-Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG), das im Jahre 2012 vor allem durch eine Start-Finanzierung von Google (heute Alphabet) ermöglicht wurde. Erst im April wurde in Berlin auch das neue „Einstein Center Digital Future (ECDF)“ eröffnet, das ein Gesamtbudget von ebenfalls erklecklichen 38,5 Millionen für zunächst sechs Jahre bekommen hat. Mit dem ECDF sollen erstaunliche 51 neu eingerichtete IT-Professuren in Berlin finanziert werden, es sind aber vor allem Junior-Professuren.

Es hat wohl des Drucks der milliardenschweren Internet-Konzerne bedürft, damit die Politik ein gewisses Einsehen hat und der chronisch unterfinanzierten Wissenschaftswelt ihr Portemonnaie öffnet. Ob der Wunsch des Bildungsministeriums aber Realität wird, nämlich dass das neue Deutsche Internet-Institut ein verlässlicher Beratungspartner der Politik und von uns allen sein kann, müssen wir wohl erstmal abwarten. Wir wünschen viel Erfolg, Arbeit gibt es genug.

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9 Ergänzungen

  1. Dass das DII kommt, war ja klar. Der Standort ist neu. Und Berlin ist außer München die mutloseste Entscheidung.

  2. Oh, Berlin. Da hat das Hauptstadt-Geklüngel wohl gewonnen. Berlin hat ja auch noch kein einziges „Internet-Institut“. Kann mich den Vorkommentator nur bekräftigend anschliessen. Deutschland ist nicht nur Berlin und wenn man so schaut, was da bis jetzt an „Forschung“ rund ums Internet aus Berlin so produziert wurde, kann man da wohl auch für die 50 Mio. einen wenig ergebnisreichen Haken dran machen. Hauptstadt-Geklüngel halt. Enttäuschend.

    1. Ich will beim „Hauptstadt-Geklüngel“ gar nicht groß widersprechen – mag sein.

      Aber was soll man den überhaupt von einem Internet-Institut erwarten?
      Da ist es doch völlig egal, wo das angesiedelt ist. Außer bunten Pressemappen – offline/auf Papier vermutlich – wird da sowieso nichts rauskommen. Internet wird woanders entwickelt.

      Wenn der Bund das initiiert darf man es getrost als Internet-Erklärstelle für Neuland-Politiker interpretieren. Hätte vermutlich als Referat innerhalb des Bundestages ebenso ausgereicht…

  3. Würde es nicht der Erkenntnis halber dazu gehören, Im Artikel zu erwähnen, wer zum Auswahlgremium gehörte?

      1. „Das sind die Mitglieder der Experten-Jury zum Deutschen Internet-Institut:
        Prof. Dr. Viktor Mayer-Schönberger Oxford Internet Institute, University of Oxford (Juryvorsitz)
        Prof. Dr. Oliver Bendel Hochschule für Wirtschaft FHNW, Schweiz
        Institut für Wirtschaftsinformatik
        Katharina Borchert Mozilla Corporation, Chief Innovation Officer
        Tim Cole Publizist
        Prof. Dr. Urs Gasser Berkman Center for Internet & Society, Harvard University
        Dr. Oliver Grün GRÜN Software AG, Aachen
        Prof. Dr. Eric Hilgendorf Julius-Maximilians-Universität Würzburg
        Prof. Dr. Michael Kerres Universität Duisburg-Essen
        Dr. Constanze Kurz Netzpolitik.org
        Dr. Catharina Maracke Graduate School of Media and Governance
        Keio University Shonan Fujisawa Campus
        Dr. Simone Rehm Universität Stuttgart
        Prof. Dr. Susanne Weissman Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm“
        https://www.bmbf.de/de/fuenf-konsortien-erarbeiten-konzept-fuer-deutsches-internet-institut-2947.html

        1. Ja, die Beteiligung einer Netzpolitik-Mitstreiterin hätte offengelegt werden müssen. Und Markus Becker schreibt es auch schon in seinem Posting:

          „Ebenfalls in Berlin sitzt das Alexander-von-Humboldt-Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG), das im Jahre 2012 vor allem durch eine Start-Finanzierung von Google (heute Alphabet) ermöglicht wurde. Erst im April wurde in Berlin auch das neue „Einstein Center Digital Future (ECDF)“ eröffnet, das ein Gesamtbudget von ebenfalls erklecklichen 38,5 Millionen für zunächst sechs Jahre bekommen hat. Mit dem ECDF sollen erstaunliche 51 neu eingerichtete IT-Professuren in Berlin finanziert werden, es sind aber vor allem Junior-Professuren.“

          Wer hat, dem wird gegeben. Dem föderalen Gedanken entsprechend, hätte Berlin von Anfang an rausfallen müssen.

  4. Klingt sinnvoll, vielleicht könnte man den Politikern dann mal etwas Technischeres näher bringen.
    „Es hat wohl des Drucks der milliardenschweren Internet-Konzerne bedürft“
    Welche deutschen milliardenschwere Internet-Konzerne? Mir fällt dazu nur SAP ein.
    Oder lässt sich die deutsche Politik mittlerweile von ausländischen Konzernen wie apple, google, microsoft, intel, etc ihre Entscheidungen vorschreiben?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.