Bundesverfassungsgericht stärkt parlamentarisches Auskunftsrecht

Die Bundesregierung hat nicht ausreichend begründet, warum sie auf parlamentarische Anfragen nicht geantwortet hat. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht das Frage- und Informationsrecht durch ein Urteil präzisiert.

Regierungshandeln muss hinterfragbar sein. CC-BY-NC-ND 2.0 henry… via flickr

Medienberichte nehmen oft Bezug auf Kleine und Große Anfragen zu verschiedenen Themen, die alle Parteien im Bundestag an die Regierung stellen können. Sie sind ein Instrument zur Kontrolle der Regierung durch das Parlament und auch für den Journalismus eine wichtige Informationsquelle.

Auf Anfragen muss die Regierung wahrheitsgemäß antworten. Wenn sie Informationen nicht herausgibt, muss sie dafür Gründe angeben. Ebenso, wenn sie die Informationen einstuft, sodass sie nur die Parlamentarier und nicht die Öffentlichkeit erhalten.

In zwei Fällen keine ausreichende Begründung gegeben

Die Bundesregierung ist, so hat das Bundesverfassungsgericht jetzt entschieden, dem Frage- und Informationsrecht nicht gerecht geworden. Sie hat 2010 zwei Anfragen der Bundestagsfraktion der Grünen nicht beantwortet, in denen sie interne Informationen der Bahn und von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) angefordert hatten. Die beiden Fälle hat das Gericht nun genutzt, um das parlamentarische Auskunftsrecht zu stärken.

Die Süddeutsche schreibt dazu:

Der Zweite Senat [hat] diese Rechtsprechung nun in zwei wichtigen Punkten ausgeweitet:

Erstens die Deutsche Bahn: Dass sie als Aktiengesellschaft firmiert, entlässt ihren Eigentümer namens Bundesrepublik Deutschland nicht aus der Verantwortung. Die Regierung muss mithin grundsätzlich Auskunft über die Verhältnisse bei der Bahn geben; dem Schweigen sind enge Grenzen gesetzt – das Zauberwort „Geschäftsgeheimnis“ hat nur begrenzte Wirkung, wenn ein Unternehmen ganz oder mehrheitlich dem Staat gehört. Das ist nicht nur für die Bahn wichtig, sondern überall dort, wo der Staat seine Aufgaben mithilfe privatrechtlicher Wirtschaftsunternehmen erfüllt.

Und zweitens: Die Auskunftspflicht ist nicht auf den engen Kreis von Kanzleramt und Ministerien beschränkt, sondern erfasst auch nachgeordnete Behörden wie eben die BaFin.

Das Bundesverfassungsgericht hat auch noch einmal grundsätzlich festgehalten, dass „ohne Beteiligung am Wissen der Regierung […] das Parlament sein Kontrollrecht gegenüber der Regierung nicht ausüben kann“. Neben der Website des Bundestags können Anfragen auch unter kleineanfragen.de heruntergeladen werden.

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2 Ergänzungen

  1. Was ganz interessant ist, wenn man die Anfragen der Parteien in Relation setzt zu deren Wählerstimmen.
    Nur als Beispiel: CDU 115, Linke 4.560.
    Könnte man natürlich auch damit begründen das jene nicht Anfragen welche die Ministerplätze besetzten.

  2. Da schlottern allen Refierenden aber die Knie, wenn sie 7 Jahre später ein „ernstes Wort“ befürchten müssen.

    Wo sind denn bitte die Konsequenzen für diese Rechtsmissachtung – und was hindert die Täter daran, ihre Taten zu wiederholen?
    Es ist ja gut und schön und auch richtig, was das BVerfG da entschieden hat, aber wie wirkt sich das bitteschön in der Praxis aus? Kommt getz ein Rollkommando des BVerfG vorbeigebraust und zwingt die Regierung mit vorgehaltenen Waffen zur Einhaltung? Wohl eher werden wieder Monate verstreichen und eine Rüge ausgesprochen, während das Moment der aktuellen Anfrage erfolgreich ausgesessen wurde..

    So kann es doch nicht sein, wer erklärt mir mal bitte, wie der effektive Wirkmechanismus hier aussieht?! Danke.

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