Bundespolizei soll Kfz-Kennzeichen an Grenzen automatisch erfassen

Die Bundespolizei soll an den deutschen Grenzen die Kennzeichen von Fahrzeugen automatisch erfassen und mit Fahndungsdatenbanken abgleichen dürfen. Das sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, der am Freitag im Bundestag debattiert wurde. Die Opposition bezweifelt den Nutzen für den Anti-Terror-Kampf.

Kamera
Eine Kamera zur Erfassung von Kennzeichen. CC-BY 4.0 Cameramann

Der Gesetzentwurf (pdf) der Bundesregierung sieht vor, dass die Bundespolizei künftig „vorübergehend und nicht flächendeckend“ die Kennzeichen von Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen scannen darf. Dabei erfassen mobile Kameras die Nummernschilder mit einem nicht sichtbaren Infrarotblitz und gleichen sie automatisch mit den Fahndungsdatenbanken ab. Ist ein Kennzeichen nicht in der Fahndungsdatei vorhanden, soll das System es automatisch löschen. Die Daten von „Treffern“ werden an die Polizei übermittelt und manuell überprüft.

Grüne: „Pure Technikgläubigkeit“

Dass die Bundespolizei zur Überprüfung der Treffer genügend Personal hat, bezweifelte die Grünen-Politikerin Irene Mihalic in der Bundestagsdebatte. Die Bearbeitung der (Fehl-)Treffer sei immens personalintensiv. Mihalic bezeichnete die Pläne als „pure Technikgläubigkeit“, die keinen Funken mehr Sicherheit bringe. Gegen Terroranschläge wie dem am Breitscheidplatz helfe die Kennzeichenerfassung entgegen der Darstellung der Bundesregierung nicht.

Die Kennzeichenerfassung ist vorgesehen für „besondere Gefahrenlagen“. Konkret nennt der Entwurf Situationen, in denen Gefahr für Leib und Leben einer Person droht, die Grenzen der Bundesrepublik gefährdet sind oder ein Fahrzeug zur Ausübung einer erheblichen Straftat genutzt wird. Bundesinnenminister Thomas de Maizière nannte die Kennzeichenerfassung im Bundestag eine „große Hilfe bei der polizeilichen Arbeit“.

Voßfhoff: „datenschutzrechtlich vertretbar“

Nach Ansicht der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff müssen die Vorschläge zur Kennzeichenerfassung differenziert betrachtet werden. Sie seien ihrer Meinung nach datenschutzrechtlich vertretbar, sagte Voßhoff gegenüber netzpolitik.org:

Nachvollziehbar ist der Wunsch, bei Terrorgefahr mit automatischen Lesegeräten nach Täterfahrzeugen zu suchen. Auch hier sind viele Anmerkungen der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit aufgenommen worden. Eine allgemeine und anlasslose Kennzeichenüberwachung an innereuropäischen Grenzen würde hingegen zu weit gehen. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht hier aber nur vorübergehende Maßnahmen vor und ist daher datenschutzrechtlich vertretbar.

Bundesländer erfassen Kennzeichen bereits heute

Bereits jetzt setzen die Polizeibehörden einiger Bundesländer Kennzeichenscanner ein – etwa in Brandenburg und Bayern. Im Juli 2013 veröffentlichte netzpolitik.org die Standorte von vier stationären Scannern in Brandenburg, an deren rechtmäßigem Einsatz Bürgerrechtler zweifeln. Das Bundesverfassungsgericht kippte im Jahr 2008 die Regelung von Schleswig-Holstein zur Kennzeichenerfassung und legte dem Gesetzgeber hohe Hürden für den Einsatz der Scanner auf. Demnach ist eine anlasslose und flächendeckende Erfassung verboten.

Die Kennzeichenerfassung ist Teil eines von Innenminister de Maizière im August angekündigten Sicherheitspakets, das bereits von der Großen Koalition beschlossen ist. Weitere Bestandteile sind: elektronische Fußfesseln für verurteilte „Extremisten“ nach der Haft, mehr Videoüberwachung und Bodycams für Polizisten.

Nach der ersten Lesung im Bundestag befassen sich als Nächstes die Ausschüsse mit dem Gesetzentwurf. Medienberichten zufolge könnte der Bundesrat bereits Ende März die Kabinettspläne abnicken.

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14 Ergänzungen

  1. Zitat:“Dass die Bundespolizei zur Überprüfung der Treffer genügend Personal hat, bezweifelte die Grünen-Politikerin Irene Mihalic in der Bundestagsdebatte.“

    Darum geht es doch gar nicht … das Personal ist egal, der Hebel muss etabliert sein, damit willkürlich erfasst werden darf!
    Ist das Gesetz erstmal etabliert, wird es ausgeweitet auf „unbegrenzt“ und „flächendeckend“, warum?
    Nun, da die Version „vorübergehend und nicht flächendeckend“ keine Treffer ergab und die Terroranschläge von Hamburg und Kiel nicht verhindern konnte!

    Die Kennzeichenerfassung in Brandenburg konnte z.B. das Attentat (Amri, LKW) von Berlin nicht verhindern … auch dessen Alternativlos notwendige Flucht nicht …

    Im übrigen müssen all diese Gesetze jetzt noch durch den Bundestag geprügelt werden, am besten noch unbemerkt vom Wähler, der noch immer, aus Unwissenheit die Parteien wählen wird, die ihm später die virtellen Handschellen/Fußfesseln anlegen werden!

  2. Und dabei haben sie wieder das Wichtigste vergessen: Loks, Triebwagen und Handhebel-Draisinen werden nicht erfasst. Das ist schon diskriminierend.

    Darüber hinaus braucht es endlich eine Kennzeichenpflicht für Fahrräder und Kinderwagen. Und das größte Übel ist der Fußgänger, dieses gemeine Wesen!

    Und wenn alle Neugeborenen tätowiert sind, dann geht es mit den Katzen weiter, diese Plagegeister.

    Nicht zu vergessen noch Schmeissfliegen und Stechmücken alles noch ohne Kennzeichen und unversteuert. Das geht doch gar nicht.

    1. Du hast da ein Detail vergessen … sich zu verkleiden ist leicht … zu „verduften“ ist da schon schwieriger!

      Was unsere Herrlichkeiten brauchen, ist ein elektronisches Riechorgan, das den Körpergeruch eines jeden Bürgers kennt!

      … Klar ist das völliger Blödsinn (Suchmaschine Suchstring: Stasi geruchs ) -> http://www.zeit.de/wissen/2010-12/stasi-duftarchiv
      … und klar, eine elektronische Nase gibt es nicht, sagt mein Unionsvertreter (Suchmaschine Suchstring: elektronisch riech ) -> http://www.ingenieur.de/Fachbereiche/Mess-Prueftechnik/Elektronische-Nano-Nase-riecht-besser-Spuerhund

  3. „…Darüber hinaus braucht es endlich eine Kennzeichenpflicht für Fahrräder und Kinderwagen. Und das größte Übel ist der Fußgänger, dieses gemeine Wesen!…“
    Du hast die absolut alternativlose Helmpflicht für Fußgänger vergessen. Ihr wisst ja: der Sicherheit wegen…

    Also, wenn ich ein Ganove oder oberfieser Terrorist wäre, ließe ich jemanden mit einem unverdächtigen Fahrzeug und Infrarotsensor (kostet fast nix) vorausfahren lassen. Wenn die Luft rein ist, wird der Rest der Gang per Funk nachbestellt. Dagegen hilft wohl doch nur eine lückenlose Dauerkontrolle. Und ich höre unsere Salamitaktiker in der Regierung jetzt schon danach rufen. Gerichtsurteile hin oder her…

  4. Gegen Terror hilft das ganz sicher nicht. Auf die Weise könnte man theoretisch den Autodieben das Handwerk erschweren. Aber Nummernschilder zu fälschen sollte nicht schwer sein. Somit ist es eine der vielen Maßnahmen, die nichts bringen können, aber Personal binden. Die Jobs sind zwar auch sinnlos, aber besser als Muttis Gästen beizubringen wie man sich den Hintern abwischt. Immerhin soll es im IT-Bereich 2016 laut Bundesanstalt 26000 Arbeitslose gegeben haben. Da sind die Cyberheere ein Tropfen auf den heißen Stein. Fachkräftemangel herrscht auch dort nicht.

    1. Hat dir deine Mutti wenigstens beigebracht, dir gelegentlich den Geifer von der Schnute zu wischen?
      Mit der Sozialisation wars ja nicht so doll.

    2. @Michel

      „.. aber besser als Muttis Gästen beizubringen wie man sich den Hintern abwischt.“
      Ob Sie Hygiene kennen,lassen wir mal im Raume stehen,zumal ihr Oberstübchen mehr als braun angehaucht ist.

  5. „Die Opposition bezweifelt den Nutzen für den Anti-Terror-Kampf.“

    Wie wäre es, wenn die Regierung erstmal belastabre Daten der letztn 10-15 jahre vorlegt?
    Wie stark sind Kriminalität und Terrorismus zurückgegangen, seit man massenhaft und anlasslos überwacht? Ich würde vermuten: in keinster Weise signifikant.

    Mir scheint eher das Problem zu sein, daß man AUFGRUND des Mehrs an Daten nicht mehr weiß was man machen soll und meint noch mehr Daten zu benötigen. S. z.B. der Fall Amri (einer von vielen der letzten Jahre).

    1. Nein nein nein … du siehst das falsch!
      Diese Daten müssen geheim bleiben, weil, sonst fällt auch dem IS auf, wie schnell und mit wie wenig Mitteln sie hier in Europa ein Kalifat errichten könnten, wenn es nicht schon unsere Politiker machen würden!
      … klar nennen unsere Politiker diese „neue Rrrrechtssssforrrm“ nicht Kalifat, weil sind ja Christen … aber hey, auch diese hatten schon die Inquisition!
      … und sicher wird es nicht lange dauern, bis diese unter einem neuen Namen wieder eingeführt wird!

    1. Ein Bekannter von mir hat im Rahmen einer zivilcouragierten Hilfeleistung, eine Anzeige mit Verurteilung erhalten … er hat sich vom urteilenden Richter eine schriftliche „Befreiung“ von der Zivilcourage geben lassen und hat ständig eine laminierte Kopie in seiner Tasche!
      Eines Tages, wurde er doch tatsächlich von der Polizei gefragt, warum er nicht helfend eingegriffen hätte, um schlimmeres zu verhindern! Er habe ja die Möglichkeit gehabt!
      Er versuchte zu argumentieren, das man die Polizei zu verständigen (was er gemacht hat) und sich zum Selbstschutz nicht einzumischen hätte!
      Der Polizist vermerkte dies und … bekam Post, Anklage wegen unterlassener Hilfeleistung!
      Er ging mit seinem Persilschein zum Gerichtstermin … und wurde vom Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung „Frei“ gesprochen, da es ihm gerichtlich Untersagt wurde, Hilfe zu leisten!

      … das ist deutsche Justiz live!

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.