Bundeskartellamt: Facebooks Datensammelei aus Drittquellen ist missbräuchlich

Facebook ist marktbeherrschend und sammelt missbräuchlich Daten auf Millionen von Webseiten. Die vorläufige Einschätzung des Kartellamts hat es in sich. Eine abschließende Entscheidung kündigt das Amt für den Frühsommer 2018 an.

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. (Archivbild) CC-BY-NC 2.0 Wired Photostream

Das Bundeskartellamt hat dem Unternehmen Facebook seine vorläufige rechtliche Einschätzung in dem Verfahren wegen des Verdachts auf Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung übersandt. Die Kartellbehörde geht davon aus, dass Facebook auf dem deutschen Markt für soziale Netzwerke marktbeherrschend ist. Außerdem stellt das Amt fest, dass Facebook missbräuchlich handelt, indem das Unternehmen die Nutzung davon abhängig macht, unbegrenzt jegliche Art von Nutzerdaten aus Drittquellen sammeln und mit dem Facebook-Konto zusammenführen zu dürfen.

Zu diesen Drittquellen gehören nicht nur konzerneigene Dienste wie WhatsApp oder Instagram, sondern auch Webseiten und Apps anderer Betreiber, auf die Facebook über Schnittstellen zugreifen kann. Dabei hält das Amt vor allem die Verwertung von Daten für problematisch, die Facebook millionenfach auf anderen Internetseiten sammelt.

„Keine wirksame Einwilligung der Nutzer“

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagt: Mithilfe von Schnittstellen fließen auch dann Daten an Facebook und werden dort gesammelt und verwertet, wenn man andere Internetseiten besucht. Dies geschieht sogar schon, wenn man z.B. einen „Gefällt Mir-Button“ gar nicht nutzt, aber eine entsprechende Seite aufgerufen hat, in die ein solcher Button eingebettet ist. Dies ist den Nutzern nicht bewusst.“

Hier bemängelt die Behörde auch, dass dafür keine wirksame Einwilligung der Nutzer vorliegt. Das Ausmaß verstoße gegen zwingende europäische Datenschutzwertungen. Als marktbeherrschendes Unternehmen müsse Facebook berücksichtigen, dass die Nutzer nicht auf andere soziale Netzwerke ausweichen können. Bei Facebook wird der Nutzer aber vor die Wahl gestellt, entweder das „Gesamtpaket“ zu akzeptieren oder auf die Nutzung des Dienstes zu verzichten.

Nach der vorläufigen Bewertung des Bundeskartellamtes sind die Nutzungsbedingungen von Facebook zumindest in diesem Punkt nicht angemessen und verstoßen zu Lasten der Nutzer gegen datenschutzrechtliche Wertungen. Weil Facebook marktbeherrschend sei,  könne auch nicht von einer wirksamen Einwilligung der Nutzer zu dieser Form der Datensammlung und Weiterverarbeitung ausgegangen werden.

Verfahren hat Drittquellen im Fokus

Das Bundeskartellamt konzentriert sich in diesem Verfahren auf die Sammlung und Verwendung von Nutzerdaten aus Drittquellen.  Die Behörde lässt offen, ob nicht auch bei der Datensammlung und -verwendung auf dem sozialen Netzwerk Facebook selbst Datenschutzverstöße und ein Missbrauch der Marktbeherrschung vorliegen oder nicht.

Facebook müsse sich an Regeln und Gesetze halten, sagt Andreas Mundt: „Das Kartellrecht verbietet es, dass ein Unternehmen seine Marktmacht missbräuchlich ausnutzt.“ Das jetzt versandte Anhörungsschreiben bildet zunächst einen Zwischenschritt im Missbrauchsverfahren. Es räumt dem Datenkonzern die Möglichkeit ein, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen und weitere Rechtfertigungsgründe oder Lösungsvorschläge vorzutragen. Das Bundeskartellamt führt gegen Facebook ein Verwaltungsverfahren. Am Ende des Verfahrens kann es zu einer Einstellung des Verfahrens, Verpflichtungszusagen des Unternehmens oder einer Untersagung durch die Kartellbehörde kommen. Eine abschließende Entscheidung in der Sache wird nicht vor Frühsommer 2018 ergehen.

Die Behörde stellt ein Hintergrundpapier & FAQ mit weiteren Informationen zum Download bereit.

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10 Ergänzungen

  1. Guten Tag,

    ich möchte zu diesem Thema gerne etwas ausholen und zwar aus der Unternehmerseite.

    Ich bin Gewerbetreibender und im Online- bzw. Affiliate-Marketing tätig, d.h. ich bewerbe aktiv Produkte im Internet.

    Dabei habe ich stets den Anspruch an mein Gewerbe, dass ich keinen über den Tisch ziehe und nur Produkte bewerbe, die für die jeweilige Zielgruppe auch nützlich und relevant sind.

    Hat ein Ehepaar beispielweise gerade ein Kind bekommen, so ist m.E. Werbung für Babykleidung, Kinderwägen oder Windeln nichts verwerfliches. Ein Paar, das sich gerade frisch verlobt hat, wird auch nichts gegen seriöse Angebote bezüglich des Flitterwochen-Urlaubsziels einzuwenden haben.

    Wir Verkäufer (vor allem im Internet) werden ja wo es geht als „die Bösen“ hingestellt.
    Schauen Sie sich in dem Zimmer, in dem Sie sich gerade befinden, um. Alles was Sie darin sehen, wurde von irgendjemandem mal verkauft.
    Ich gehe davon aus, dass die Sachen, die sich darin befinden, genau Ihren Bedürfnissen entsprechen. Sonst hätten Sie sie ja nicht gekauft, oder?

    Wie stelle ich als Verkäufer also sicher, dass ein Produkt auch genau den Menschen erreicht, der aus diesem Produkt einen Nutzen zieht? Am einfachsten geht dies mithilfe von Facebook Ads!

    Im oben genannten Beispiel kann ich als Windelverkäufer bei Facebook eine Werbeanzeige erstellen, die nur Eltern mit Kindern zwischen 0-1 Jahren angezeigt wird. Als Reisebüro kann ich auch messerscharf selektieren, dass meine Anzeige an alle Leute gehen soll, die seit ein Paar tagen verlobt sind. Damit spare ich mir Unmengen an Werbekosten, die sonst ins Leere laufen würden.

    „Oh mein Gott! Woher weiß Facebook das alles?! Datenschutz! DATENSCHUUTZ!!!“ höre ich den paranoiden deutschen Michel schreien, der erst vorgestern das Ereignis der Geburt seiner Tochter auf Facebook veröffentlicht oder das Paar, welches die kürzliche Verlobung allen Freunden und Bekannten auf Facebook kundgetan hat.

    Zu Nutzungsbedingungen, in diesem Fall bei Facebook, habe ich eine klare Meinung. Wer sie akzeptiert, ohne sie vorher durchzulesen, darf danach nicht jammern, wenn gemäß der Nutzungsbestimmungen mit diesen Daten verfahren wird. Wenn mir eine Strafe oder ein Bußgeld droht und mir deshalb ein Schaden ensteht, weil meine Steuererklärung Ungereimtheiten aufweist, kann ich schließlich auch nicht behaupten, das Steuergesetz sei undurchsichtig und schwer verständlich. Das Steuergesetz gilt für mich auch wenn ich es nur mit Mühe verstehe.

    Ich habe meine Webseite datenschutzkonform erstellt, d.h. ich weise auf die erhobenen Daten und das Facebook Pixel Trackingtool VOR Erhebung hin und erst mit Einwilligung des Besuchers wird die Seite mit allem drum und dran neu geladen.

    Das alles geht ja noch, auch wenn durch diese Vorkehrung bereits deutliche Einbrüche in der Conversion zu verzeichnen sind (=die Umsetzungsrate „wie viel Prozent der Webseitenbesucher werden zu Kunden“)

    Ich habe nur die Befürchtung, dass man als Online-Unternehmer früher oder später in die USA oder nach Dubai auswandern muss, um dem zunehmenden Datenschutzwahn in Deutschland und der EU zu entkommen und noch rentabel zu bleiben.

    Wahrscheinlich muss in ein paar Jahren jeder meiner Webseitenbesucher zunächst ein 10-seitiges Formular unterzeichnen, in dem er mir zu allen darin enthaltenen Punkten seine Einwilligung erklärt, bevor ich ihn um seine E-Mail-Adresse bitten darf.

    Zusammenfassend will ich damit sagen: Datenschutz, ja bitte! Aber in vernünftigem Maß. Jemand, der seine E-Mail-Adresse bei einer Webseite eingibt, wird wohl auch selbst wissen, dass er diese damit dem Betreiber der Webseite preisgibt, oder irre ich?

    1. Ein schöner langer Text. Nur leider am Thema vorbei. Denn es geht nicht darum, das Facebook, oder jemand anderes, Daten verwendet, die ihm gegeben wurden, sondern das FB seine Marktmacht ausnutzt um Daten zu bekommen die anderen mitgeteilt wurden.
      Das könnte man auch Diebstahl oder Erpressung nennen.

    2. Also, wenn Sie auswandern müssten, damit Ihnen so etwas Lapidares wie unsere Privatleben nicht im Wege stehen, dann sollten Sie das in Erwägung ziehen.

    3. Naja, brauch ich was kann ich mich selber kümmern.
      Im Regelfall finde ich da X Angebote und wähle selber aus.
      Entweder ist der Preis, der Service oder das Produkt besser.
      Oft kommt dies in Kombination vor.
      Habe ich mal danebengegriffen ist das meine Schuld und ich kaufe dort nicht mehr.
      Will heißen, ich zumindest brauche keine Werbeeinblendungen.
      Wie heißt es so schön, wer nicht wirbt der stirbt aber die Werbeagentur stirbt zuerst :-).
      Interessant ist, ich lebend in einer Großstadt mit noch funktionierender Verkaufsinfrastruktur inzwischen vermehrt feststelle, das die Angebote vor Ort oft besser sind als über das Internet.
      Von Spezialfällen wie Akku xyz mal abgesehen.
      Einzig die Aussage das ja grundsätzlich in den AGBs drinsteht das man bespitzelt wird lasse ich gelten. Das stimmt. Deshalb nutzt, zumindest in meinem Umfeld, fast niemand Facebook mit korrekten Namen und ebenfalls nicht auf Mobilgeräten. Eigentlich geht die Nutzung bei fast allen stark zurück.

      PS Man kann so ziemlich alles von Facebook und anderen Datenkraken im Browser wegblocken. Die Seiten funktionieren fast immer anstandslos weiter.

  2. Ich bin ja nu so was von überrascht. Ich erwarte jetzt einen Brennpunkt oder HartAberFair zum Datenschutz. Und ganz öffentlich rechtlich wichtig: Zuschauerbeteiligung und Moderationskärtchen. Wir sagen ihnen, wie sie ihre Daten schützen: „Lieschen Müller schreibt auf Facebook. Ich hab nichts zu verbergen…“ Diskutieren sie mit….

  3. Ich finde es sehr gut, dass Frank Ebenholzer hier seine Position geschildert hat.
    Klar wird dabei, dass man die Diskussion nicht auf Datenschutz beschränken darf.
    Facebook sammelt keine Daten weil man an unserem Privatleben als solches Anteil nehmen will, sondern weil man die Daten dazu nutzt um kommerziellen Gewinn daraus zu ziehen.
    Facebook hat nicht nur bei den Social Media eine Marktbeherrschende Position, sondern geht allmählich dazu über eine Marktbeherrschende Vertriebsplattform zu bilden an der Menschen wie Herr Frank Ebenholzer nicht mehr vorbeikommen wenn sie jemals noch was verkaufen wollen. Ich weiß nicht weshalb das Kartellamt sich lediglich auf die Bemängelung des fehlenden Datenschutzes verlegt. Facebook agiert wesentlich weitreichender.

    1. Guter Kommentar, tuxnix,

      es ist eben wirklich so, dass Facebook-Werbung für jemanden, der zukünftig im Internet gegen den Wettbewerb bestehen will, in naher Zukunft unerlässlich werden wird.

      Dabei nutze ich Facebook Ads nicht primär vor dem Hintergrund des Wettbewerbs, sondern weil es wie bereits erwähnt die genaueste Targetierung aller Werbemittel bietet.

      Mithilfe von Facebook Insights kann ich z.B. recherchieren, wie die Alters- und Geschlechtsverteilung der Leute ist, die einen Hund besitzen und in einem Familienhaushalt leben, welche Vorlieben diese Menschen haben, in welchem Verhältnis sie PC oder Smartphone benutzen, welches Smartphone sie benutzen, wieviel Prozent dieser Leute welchen Bildungsgrad besitzen, wie oft diese Leute Werbung klicken, ob sie innerhalb der letzten Woche über Facebook Ads einen Kauf getätigt haben (hiermit bekommt man die kaufbereite Zielgruppe heraus) und vieles mehr.

      Mit diesem Recherche-Tool kann ich mir meine perfekte Zielgruppe für mein Produkt zusammenbauen, die dann meine Werbung angezeigt bekommt.

      Allen die jetzt gleich wieder aufschreien sei gesagt, dass all diese Daten für mich als Werbetreibender anonymisiert sind. Ich kann also nicht herausfinden, welche Vorlieben Max Mustermann in der Musterstraße 1 hat. Ich erhalte lediglich eine statistische Übersicht der Gesamtgruppe zu Gesicht.

      Habe ich meine Zielgruppe zusammengestellt, sehe ich beispielsweise nur, dass meine Zielgruppe aus 10.000 Leuten besteht. 4.000 davon sind weiblich, haben folgende Vorlieben etc.

      1. Solange die Zielgruppe aus Daten zusammengestellt wird, die die Benutzer willens und wissentlich bereitgestellt haben spricht ja auch nicht wirklich viel dagegen. Zu einem Problem wird es dann, wenn,
        a) Facebook so groß ist, dass Benutzer die Plattform nutzen müssen, um am sozialen Leben teilnehmen zu können, und/oder
        b) Facebook intime Daten sammelt, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass die Nutzer sie eben nicht wissentlich zur Verfügung stellen.

  4. Du kannst die Zielgruppen aber so feingranular anpassen, dass nur noch ein Individuum übrigbleibt.

    Auf diese Weise kann man sogar zielgerichtet Werbung an einzelne Individuen ausspielen und sie so dauerhaft tracken. Für ein paar Dollar pro Monat kann ich beispielweise dauerhaft alle Bewegungsdaten einer Person aufzeichnen, vorausgesetzt sie hat eine App mit einem Trackingframework auf ihrem Smartphone installiert und ich kenne Ihre MacAdresse.

    Was facebook da treibt, ist offener Rechtsbruch.

  5. Wenn man sich freiwillig auf Facebook bis aufs Hemd auszieht ist man selber schuld. Ich habe insgesamt 40 Jahre in der IT gearbeitet und weiß, was alles möglich ist. Genau deswegen bin ich nicht dabei, weil ich mein Leben und meine Vorlieben nicht „ans schwarze Brett“ hängen will. Ich will schon selber steuern, wer … was … und wieviel über mich weiß. Viele verstehen das nicht, aber beklagen sich immer wieder über „zielgruppengenaue Werbung“ – dann sollten genau diese Leute mal überlegen, ob man jeden Schuser mit dem eigenen Hund, jeden Internetfund (Schnäppchenjagt), jeden Restaurantbesuch und jeden OneNightStand posten muß. Wer sowas macht, degradiert sich selbst zum gläsernen Menschen ohne jegliche Privatsphäre – nicht nur für Facebook – auch für Arbeitgeber und Kunden. Vielleicht kommt diese altmodische Einstellung mal wieder in das Gewissen der Menschen zurück – es gibt auch Telefon… und da kann man einfach miteinander reden :-)

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.