Bürgerrechtsorganisationen kritisieren geplante Ausweitung von Online-Überwachung

Von allen Seiten hagelt es Kritik am Vorhaben der Bundesregierung, den Einsatz von Staatstrojanern und der Online-Durchsuchung deutlich auszudehnen. Nun melden sich Bürgerrechtsorganisationen mit einer geharnischten Stellungnahme zu Wort und warnen vor schwersten Grundrechtseingriffen.

Die Bundesregierung will vor der Wahl weitere schwere Grundrechtseingriffe durchpeitschen. CC-BY 2.0 Garry Knight

Auf den letzten Drücker will die Bundesregierung noch vor dem Ende der Legislaturperiode den Einsatz der Online-Durchsuchung und von Staatstrojanern massiv ausweiten. Der Großen Koalition scheinen Grundrechte dabei egal zu sein: Ihr Gesetzentwurf ignoriert Urteile des Bundesverfassungsgerichts und sie fand es nicht einmal die Mühe wert, die Bundesdatenschutzbeauftragte rechtzeitig über das drastische Vorhaben zu informieren.

Gegen diese „schwere[n] Grundrechtseingriffe, die im Eilverfahren durch die Hintertür“ eingeführt werden sollen, protestieren nun sechs Bürgerrechtsorganisationen, darunter die Humanistische Union, die Internationale Liga für Menschenrechte und die Neue Richtervereinigung.

Überwachungsmaßnahme mit totalitärem Potenzial

Wenn Ermittlungsbehörden heimlich mittels Trojanern in Computer, Tablets oder Handys eindringen, dann erhielten sie praktisch eine umfassende Einsicht in das Leben der Betroffenen bis hinein in deren Gedanken- und Gefühlswelt, heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme. Dies gelte besonders für die Online-Durchsuchung. Eine Überwachungsmaßnahme mit derart totalitärem Potential, die in der Praxis zudem kaum zu kontrollieren sei, habe in der Strafprozessordnung nichts zu suchen.

Es ist ein Skandal, dass die Regierung praktisch heimlich und ohne öffentliche Debatte versucht, schwerste Grundrechtseingriffe in die Strafprozessordnung einzuführen, erklären die Unterzeichnenden. Nach jahrelangen Diskussionen über eine StPO-Reform und verschiedenen aktuellen Änderungsgesetzen zum Strafverfahren wird ausgerechnet diese hochproblematische Verschärfung über einen knappen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen in ein laufendes Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Innerhalb weniger Wochen und ohne jede öffentliche Debatte, ohne Möglichkeiten der Beteiligung der Zivilgesellschaft soll einer der intensivsten Grundrechtseingriffe, der der Polizei überhaupt gestattet ist, zum Gesetz gemacht werden.

2 Ergänzungen

  1. schwerste Straftaten erfordern mitunter schwerste eingriffe in die Grundrechte. und das ist keine frage der individuellen menschenrechte, sondern der fortschreitenden Digitalisierung der Gesellschaft. und da fast jeder sein ganzes leben inzwischen freiwillig online postet, ist der eingriff im grunde gar nicht so darstisch wie dargestellt. erst auf facebook sein Tagesablauf schreiben und anschliessend für mehr Rechte kämpfen. was für ein quatsch.

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