Bürgerrechtler starten Klage-Serie gegen die Vorratsdatenspeicherung

Die Vorratsdatenspeicherung hat durch das Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW einen herben Rückschlag einstecken müssen. Das nutzt jetzt die Gesellschaft für Freiheitsrechte für eine Mitmach-Aktion, um die anlasslose Massenüberwachung zu kippen.

Könnte umfallen wie Dominos: Die deutsche Vorratsdatenspeicherung. CC-BY 2.0 Bro. Jeffrey Pioquinto, SJ

Das jüngste Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen macht es Providern denkbar einfach, bis auf Weiteres aus der Vorratsdatenspeicherung auszusteigen: Es reicht, einen Eilantrag an das Verwaltungsgericht Köln zu stellen, und schon muss man keine Vorratsdaten der eigenen Kunden vorhalten – bis das Bundesverfassungsgericht ein endgültiges Urteil über die anlasslose Datenspeicherung fällt, die Anfang Juli in Kraft treten soll.

Deswegen geht es jetzt darum, die Provider dazu zu bewegen, solche Eilanträge zu stellen – quasi ein „Opt-Out“ aus der Vorratsdatenspeicherung. Dafür braucht es Druck von den Kunden, die sich an ihre Provider wenden und sie dazu auffordern, es Spacenet gleichzutun.

Dazu gibt es jetzt eine Aktion von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF):

Die GFF plant daher eine Serie strategischer Klagen gegen die Vorratsdatenspeicherung. Dazu benötigen wir Freiwillige! Wenn Sie uns dabei unterstützen wollen, freuen wir uns, wenn Sie in dem Formular unten einige wenige Angaben zu Ihrem Provider (Telefon, Handy oder Internet-Zugang) machen.

Die Aktion verfolgt den Zweck, dass mehr Provider Eilanträge stellen. Das erhöht den Druck auf die Bundesnetzagentur. Wenn plötzlich einige hundert Verfahren winken, ist denkbar, dass sie die Speicherpflicht erst einmal für alle Provider aussetzt.

Am 29. Juni protestiert zusätzlich Digitalcourage vor dem Bundestag gegen die Vorratsdatenspeicherung.

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19 Ergänzungen

  1. Ich sehe nicht, dass andere Provider verpflichtet sind, gerichtliche Verfahren wegen der Entscheidung des OVG NRW einzuleiten. Hat jemand von Euch oder den Mitlesern einen Ansatzpunkt?

  2. Ich hatte meinen ISP bereits angeschrieben und heute eine Antwort erhalten:

    „Sehr geehrte……,

    vielen Dank für Ihre Nachfrage. Gerne geben wir Ihnen weitere Informationen.

    Wie alle Telekommunikationsanbieter in Deutschland ist 1&1 verpflichtet, zum 1. Juli das Ende 2015 verabschiedete Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung umzusetzen. Grundsätzlich sehen wir dies als eine staatliche Aufgabe, die nicht an die Privatwirtschaft delegiert werden sollte. Dennoch müssen wir uns an das geltende Gesetz halten.

    Das Urteil des OVG NRW ist zunächst eine Einzelfallentscheidung, die außerdem nur im Eilverfahren getroffen wurde. Wir rechnen damit, dass es noch zu einem Hauptsacheverfahren kommt. Wenn die Urteilsbegründung vorliegt, werden wir diese prüfen und dann über mögliche weitere Schritte entscheiden.

    Wir freuen uns, wenn Ihnen unsere Information weiterhilft.

    Mit freundlichen Grüßen“

    D.h. man sieht dort offenbar nicht die Notwendigkeit, ebenfalls den jetzt leicht wählbaren Weg des Eilantrages einzuschlagen.

    1. Gerade die Telekom braucht ganz viel „Liebe“ von ihren Kunden.
      Gebt der Telekom soviel Zuwendung wie es nur geht.

      Passt Eure Briefe den AGBs an, die man Euch vorsetzt:
      Kontrastarmes Grau und Schriftgröße 7pt.

  3. Wir dürfen uns nicht durch solche Antworten abwimmeln lassen.

    Geht den Providern ordentlich auf den (Post-) Sack!

    Wir müssen das Waschkorb-Maß erreichen, um etwas zu bewegen. Es muss den Providern richtig Arbeit machen, diese Korrespondenz. Also antwortet auf ihre Antworten und immer so weiter. So ergibt sich ein Arbeitsaufwand, der wächst wie ein Schneeball.

    Setzt 14-Tage-Fristen, in denen Ihr Antwort erwartet. Mahnt Antworten an, bei Verzug. Ihr kennt das von Anwälten, die Euch vielleicht auch schon mal zum Schwitzen gebracht haben.

    Beachtet dabei dass für so einen Kundenansturm die gute alte Briefpost das Mittel der Wahl ist. Email bietet den Anbietern zu viel Komfort in der Bearbeitung.

    Seid unbequem. Ihr müsst nicht gleich alle Fragestellungen in das erste Anschreiben packen. Spart Euer Pulver und nutzt es im Verlauf des Schriftwechsels.

    Provider haben ganz sicher eine Standardantwort für ihre Kunden parat. Ok, das könnt ihr schon mit einem harmlosen Brief „abrufen“. Habt ihr das erstmal in den Händen fängt die Briefschlacht erst richtig an.

    Sehr lästig ist, wenn Schriftwechsel durch zusätzliche Anschreiben (mir ist leider erst jetzt aufgefallen, dass …) sich Threads entwickeln. Wer dabei Glück hat bekommt Antwort von einem anderen Sachbearbeiter der es nicht bemerkt, dass schon ein anderer am rotieren ist.

    Das Prinzip lässt sich mit vielleicht mit eskalierende Salamitaktik beschreiben. Wichtig ist, ihr entwickelt eine Freude an den dümmlichen Antworten der Gegenseite und betrachtet diese als Geschenk und Anlass denen noch mehr auf die Nerven zu gehen.

    1. Und damit treibt man den Arbeitsaufwand der ISP in die Höhe – sorgt für höhere Kosten, sorgt für steigende Preise…

      Toller Ansatz. ;-)

    2. Das ist doch Quatsch, die großen Anbieter arbeiten mit Texterkennung und -klassifizierung etc. über externe Dienstleister. Und die paar hundert Briefe, die dort nun zusätzlich anfallen, fallen nichtmal in einem Tagesreport als sichtbare Erhöhung auf – aber schreib deinen Brief.

  4. Antwort von Unitymedia B2B auf meine Anfrage wegen SpaceNet und Nachfrage nach Status bei Unitymedia Business

    ================== schnipp ===================

    Sehr geehrter Herr XXX,

    danke für Ihre E-Mail, zu der wir gerne Stellung beziehen.

    Die Entscheidung des OVG im einstweiligen Rechtsschutz betrifft nur den klagenden Provider (Spacenet) und hat keine direkten Auswirkungen auf uns. Das „Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“ dürfte damit zum 1. Juli 2017 in Kraft treten und wäre ab dann geltende Rechtslage für Unitymedia.

    Wünschenswert für Unitymedia, aber auch alle anderen betroffenen Provider, wäre jetzt eine schnelle und dauerhaft verbindliche Klärung, ob sich nach der jüngsten Gerichtsentscheidung doch noch etwas an der vorgesehenen Einführung ändert.

    Bei Fragen, Anregungen und Wünschen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

    Herzliche Grüße
    XXXX
    ================== schnipp ===================

    Ich habe mich für Antwort bereits bedankt, aber nochmals nachgehakt mit der Frage, was sie bisher tun und daran appelliert, es SpaceNet nachzumachen und einen Beitrag zur Rechtssicherheit einzureichen.

    Mal abwarten, was diesmal als Antwort kommt!

    1. > Wünschenswert für Unitymedia, aber auch alle anderen betroffenen Provider,
      > wäre jetzt eine schnelle und dauerhaft verbindliche Klärung, ob sich nach der
      > jüngsten Gerichtsentscheidung doch noch etwas an der vorgesehenen Einführung
      > ändert.
      Das sie ein Stein genau dieses Anstoßes mit einem Eilantrag sein könnten,
      sehen sie nicht, oder?
      Jeder hofft darauf, dass der andere in die Gänge kommt, und damit dann das
      Problem (wenigstens temporär) für alle vom Tisch geschafft wird. Aber genau
      so läuft das in einer „Demokratie“ nicht.
      Bei der BNetzA kommt nämlich genau NICHTS davon an!

      1. Der Satz: „Demokratie heißt Selbstverantwortung jedes Einzelnen“, zeugt von wenig Kenntnis. Bestenfalls wäre es Merkels Ideologie der „marktkonformen Demokratie“, die nichts anderes besagt als: „Wir erfinden die „Demokratie“ neu, also von oben nach unten.“ Es ist bereits eine gelenkte Demokratie, die ausschließlich der Wirtschaft zu Gute kommt, s. EU-Politik als oligarchischer Klotz. Unsere Behörden sind zu reinen Interessenvertreter der Wirtschaft verkommen, s. Hartz IV, VW, Lebensmittelindustrie, Generalbundesanwaltschaft usw. Es ist Wirtschaftsfaschismus pur.

        Dieser Satz steht für „Hauen und Stechen“ oder „Der Stärkere gewinnt.“ Wie kann Selbstverantwortung übernommen werden, wenn existenzielle/ essenzielle Grundbedürfnisse nur über eine repressiv bevormundende Behörde (s. Hartz IV) nach reinen Ermessensspielräume befriedigt werden sollen? Sicherheitsbehörden, die die „Herrschaft des Unrechts“ manifestieren, s. NSA, NSU, größere Polizeibefugnisse usw. usw.

        Verlierer ist der Bürger in seiner Freiheit als soziales Wesen, der einst das demokratische Prinzip „von unten nach oben“ mitgestaltet und geprägt hat.

  5. Der deutsche Staat will mich schützen? Die Geschichte zeigt auf, dass der Bürger schon immer ein Untertan der Obrigkeit war und ist. Schaut man sich die Behörden näher an, egal welche, so versagt eine nach der anderen. Des weiteren sind sie nicht für den Bürger da, sondern dienen als Handlanger der Finanzwirtschaft. Seehofer (CSU) prägte einst den Satz: „Es ist die Herrschaft des Unrechts.“ Dieser Satz galt nicht nur im Zusammenhang mit Merkels Flüchtlingspolitik.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.