Berliner SPD-Innensenator will Videoüberwachung ausbauen – und stellt sich damit gegen Koalitionspartner

Foto: CC0 1.0 | Rob Sarmiento

Laut einem sicherheitspolitischen Konzept, das dem Tagesspiegel vorliegt, plant die Berliner SPD im Nachgang zum jüngsten Terroranschlag den Ausbau der Videoüberwachung in der Hauptstadt. Der Tagesspiegel berichtet über das Vorhaben des Innensenators Andreas Geisel:

Der Senator schlägt eine Ergänzung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG) vor, um künftig Videoüberwachung „anlassbezogen und temporär sowie an ausgewählten kriminalitätsbelasteten Orten“ als zusätzliches Instrument der Polizei zu ermöglichen.

Die Videoüberwachung ist Teil eines fünfseitigen Konzeptes, das bei einer Klausurtagung des Senates am Montag diskutiert und beschlossen werden soll. Hierbei könnten sich die Sozialdemokraten Streit in der Koalition einhandeln. Im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag steht zwar nichts zum Thema Videoüberwachung, doch heißt es dort wörtlich: „Der Schutz der Grundrechte steht für die Koalition an oberster Stelle.“ Dieser Satz verträgt sich äußerst schlecht mit einem Ausbau von Überwachungsmaßnahmen. Das Vertragswerk der Koalitionäre hatte die Latte in Sachen Grund- und Freiheitsrechte erfreulich hoch gelegt.

Es gibt keine empirischen Belege, dass Videoüberwachung bei der Prävention von Terroranschlägen hilft. Dies musste zuletzt auch die Bundesregierung eingestehen. Datenschützer und Bürgerrechtler sehen eine Ausweitung der Videoüberwachung als verfassungsrechtlich bedenklich an, unter anderem weil unbescholtene Bürger überwacht werden.

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52 Ergänzungen

  1. Joa so ist das Tradition bei den etablierten Parteien (SPD/Union) mit dem „Schutz der Grundrechte“ Wahlkampf machen und nach der Wahl die Grundrechte einschränken und die Überwachungsmaßnahmen ausbauen!

  2. SPD ist CDU und CDU ist SPD……die Unterschiede sind marginal….wir haben keine echte Opposition in Deutschland und da wundern sich welche das Rechtspopulisten immer mehr zuspruch erfahren.

    Die SPD stand früher für den kleinen Angestellten, Arbeiter….hat Sozialwohnungen gebaut und für gute Löhne gestritten…heute streicht man lieber unangenehme Zeilen im Reichtums & Armutsbericht…mit Schröder ist die SPD ins Neoliberale Lager gewechselt.

  3. Also wenn die polizei das nächste mal einen Stadtteil wie in der rigaer Strasse terrorisiert dann demnächst auch mit videotechnik, schön. Moment mal, war das nicht die forderung einer partei die bei der letzten wahl damit geworben hatte und explizit nicht gewählt wurde?

  4. Da haben die Leute von freiheitsfoo bei Bekanntwerden des Koalitionsvertrags in dessen Bewertung (leider) offenbar richtiger gelegen als die vielen Jubelstimmen hier und anderswo:

    „Forderung: Keine Installation stationärer polizeilicher Kameras zur Überwachung des öffentlichen Raums

    Dazu findet sich im Koalitionsvertrag kein einziges Wort.

    Bewertung: Doppel-Minus

    Das bedeutet faktisch, dass sich die rot-rot-grüne Koalition dazu nicht festlegen möchte. Eine Absage an dieses Vorhaben hätte man ansonsten im Vertragsentwurf dokumentieren können.“

    Siehe:

    https://freiheitsfoo.de/2016/11/18/bewertung-berliner-koalitionsvertrag/

  5. Verzeihung, aber für eine Diskussion wäre es vielleicht hilfreich wenigstens einige der duzenden Artikel zu dem Thema zu verlinken. Jedes Nachrichtenportal (außer taz) hat mindestens einmal die neue Koalition kritisiert, dass sie fast gar nicht nach den Anschlägen reagiert haben oder die Diskussion verschieben wollten. Auch die Zustimmung in der Bevölkerung zu mehr Kameras ist doch noch mal gestiegen, oder ?

    1. Ja, aber nur weil die Bevölkerung sich vom Videoüberwachungsaktionismus anstecken lässt, muss das doch noch lange nicht gut sein. Videoüberwachung ist kein Allheilmittel und erst recht schützt sie nicht vor Terroranschlägen. Sie ist aber ein immenser Eingriff in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung.

      Ich verstehe nicht, warum in der Sicherheitsdebatte so selten nach Effizienz und Evidenz der Mittel gefragt wird. Bei einer solchen Überprüfung wird sich Videoüberwachung erstens als unverhältnismäßig, weil anlasslose Massenüberwachung, und zweitens als vollkommen ineffizientes Mittel für die Terrorprävention erweisen. Gerade wenn Grundrechte beschnitten werden sollen, darf eben nicht Symbolpolitik und emotionale Sicherheitsesoterik zur Befriedigung eines irrationalen Unsicherheitsempfindens Leitbild von Politik sein.

      1. … aber mit solcher „Politik“ ( https://netzpolitik.org/2017/snowden-massenueberwachung-verhindert-keinen-terrorismus/#comment-2081007 ) lässt sich trefflich Profit generieren!
        Profite in den Bereichen Geld und Macht (Entmachtung des Bürgers) … die wiederum die Möglichkeiten erhöhen, noch mehr monetären Profit zu generieren!
        Politische Seilschaften streben nicht die Bekämpfung von Verbrechen (z.B. Terrorismus) … warum?
        Nun, sind solche Verbrechen nicht die Grundlage für die aktuelle Handlungsweise/Aktionismus „unserer“ Vertreter?
        Die Grundlage, die Gesetze zu verschärfen, die Rechte einzuschränken und die Überwachungsmaschinerie sehr sehr sehr teuer einzukaufen?
        „Den Terrorismus“ bekämpfen?
        Wozu?
        „Der Terrorismus“ ist die Begründung für all diese Maßnahmen … und wenn „der Terrorismus“ ausgemerzt würde, mit was würden „unsere“ Vertreter den Fortbestand dieser „temporären“ Antiterrormaßnahmen begründen?

        Ergo … wird „der Terrorismus“ nach der Etablierung der neuen „Antiterrorgesetze“ und der Überwachungsmaschinerie … sich zu wehren wissen, nicht?
        Genau, die terroristischen Inszenierungen in diesem Bereich werden intensiviert, um den Fortbestand der Maßnahmenpakete begründen zu können!

      2. @Markus Reuter
        „Ich verstehe nicht, warum in der Sicherheitsdebatte so selten nach Effizienz und Evidenz der Mittel gefragt wird. “

        Weil viele Abgeordnete eher um ihr eigenes Wohl ,als um das Wohl der Bürger besorgt sind.
        Karriere,Kompromat und Lobbyismus heißen die Zauberwörter,welche den Abgeordneten „katholisch“ machen.

        1. Manchen reicht es vielleicht als Evidenz, dass der U-Bahntreter und die Obdachlosen-Anzünder in Berlin dank VÜ geschnappt wurden. Emotionale Sicherheitsesoterik von Politikern, auf die die Bevölkerung hereinfällt, greift daher vielleicht etwas zu kurz als Erklärung für die Zustimmung zur VÜ. Die Vorstellung dass so ein Treppentreter frei rumläuft, bereitet vielen offenbar mehr Unbehagen, als in der Öffentlichkeit(!) von einer Videokamera aufgenommen zu werden. Vollkommen irrational ist diese Haltung jedenfalls nicht. Zumal ja die Evidenz für die Schädlichkeit der VÜ auch nicht klar ist (neben dem emotionalen Schaden durch die Grundrechtsverletzung), für die meisten jedenfalls in der eigenen Erfahrung. Sonst sähen die Umfragen sicher anders aus, und daran würden auch keine emotionalen Sicherheitsesoteriker etwas ändern können.

          1. Warum kümmert sich der Staat immer nur dann um meine Sicherheit und meinen Schutz, wenn dabei nebenbei meine Rechte und Freiheiten verletzt werden?

            Warum tut der Staat nicht alles Menschenmögliche, um mich im Krankenhaus vor tödlichen Krankenhauskeimen oder im Berufsleben vor armutsinduzierender Berufsunfähigkeit zu schützen?
            Warum investiert der Staat nicht massiv in mehr Krankenhauspersonal, dass dann mehr Zeit für gute Hygiene und Behandlung hat?
            Wo ist die echte soziale Sicherheit, wenn man unverschuldet in Armut abzustürzen droht?
            Warum will der Staat immer nur dann so viel für meine Sicherheit tun, wenn es mich Freiheiten und Rechte kostet?

            Da Du ja der Überwachung hier oft und gerne das Wort redest, möchte ich das mal von Dir wissen.

          2. „dass der U-Bahntreter und die Obdachlosen-Anzünder in Berlin dank VÜ geschnappt wurden“

            Sollen wir mal die Rechnung aufmachen, wer so alles trotz Videoüberwachung NICHT geschnappt wurde? Und sollen wir die Gewaltopfer mal fragen, wie sie es finden, dass die versprochene KriminalitätsVERHINDERUNG doch nicht so gut funktioniert bei dieser Videoüberwachung?

            „Die Vorstellung dass so ein Treppentreter frei rumläuft, bereitet vielen offenbar mehr Unbehagen“
            Und danach sollen wir uns richten? Ist es den meisten Menschen denn nicht auch egal, dass zahllose sich des Kindesmissbrauchs schuldig gemachten Täter aus der katholischen Kirche frei herumlaufen? Wo ist da in der Bevölkerung der Aufstand und die Forderung nach härterem Durchgreifen des Rechtsstaats?

            „Zumal ja die Evidenz für die Schädlichkeit der VÜ auch nicht klar ist (neben dem emotionalen Schaden durch die Grundrechtsverletzung)“
            Wenn Frauen in den Ausschnitt gefilmt wird, ist das nur ein vernachlässigbarer „emotionaler Schaden“? Wenn jedes peinliche Missgeschick im Blickfeld von Videoüberwachung zum viralen Hit auf Youtube werden kann, ist das nur ein vernachlässigbarer „emotionaler Schaden“? Wenn jeder intime Moment (Umarmung, Küssen) wie durch Paparazzi dokumentiert wird, ist das nur ein vernachlässigbarer „emotionaler Schaden“? Wenn dank sich ausbreitender Gesichtserkennung ein Bewegungsprofil erstellt werden kann, ist das nur ein vernachlässigbarer „emotionaler Schaden“?

            Sollten wir dann nicht auch in Deiner Wohnung, in Deinem Schlafzimmer und insbesondere im Kinderzimmer eine Videoüberwachung installieren? Solange Du Deine Frau nicht vergewaltigst und Deine Kinder nicht verprügelst, kann Dir außer einem „emotionalem Schaden“ doch nichts passieren?

            „für die meisten jedenfalls in der eigenen Erfahrung“
            Kennen die meisten Menschen die Straßenkriminalität nicht auch nur aus dem Fernsehen und anderen sensationsgeilen, panikschürenden Medien?

            „Sonst sähen die Umfragen sicher anders aus“
            Schon mal Umfragen so zurechtgeschneidert, dass das gewünschte Ergebnis rauskommt? Machen das nicht manche beruflich?

          3. @Fraktur: sehr gut auf den Punkt gebracht, wie real die breite Schneise der psychischen Schädigung ist, die durch Videoterror verursacht wird und wie unangebracht die emotionalisierende Einzelfall-Argumentation der Gegenseite.

            Neben Krankenhauskeimen verweise ich auch gern auf Druckwasserreaktoren. Dass diese gefährliche Bauweise für die zivile Atomkraft gewählt wurde, liegt vor allem daran, dass sie sich auch für U-Boote eignet. Diese U-Boote dienen dazu, mit nuklearer Zerstörung drohen zu können. Und die Vertreter dieses Systems faseln von „Menschenleben“ und „Sicherheit“! Solche vergessenen Hintergrund-Tatsachen rücken die ganze Diskussion ein Wenig in den richtigen Rahmen.

          4. @Fraktur

            „Warum kümmert sich der Staat immer nur dann um meine Sicherheit und meinen Schutz, wenn dabei nebenbei meine Rechte und Freiheiten verletzt werden?“

            Was ist mit Bundeswehr, Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz… verletzen die alle „immer“ deine Rechte und Freiheiten? Aber auch wenn es nicht „immer“ so ist, manchmal müssen tatsächlich Grundrechte „verletzt“ (bzw. darin eingegriffen) werden, um andere Grundrechte (z.B. Leben und Unversehrtheit) zu schützen. Die StVO z.B. ist ja eine Ansammlung von Verboten und Geboten, die massiv deine Rechte und Freiheiten verletzen (allg. Handlungsfreiheit, inf.Selbstbestimmung…). Und du glaubst, diese Verletzungen sind der wahre Zweck der StVO, und nicht wie vorgegeben die Sicherheit im Verkehr? Und der gleiche Schwindel steckt hinter der Videoüberwachung?

            „Wenn Frauen in den Ausschnitt gefilmt wird, ist das nur ein vernachlässigbarer „emotionaler Schaden“? Wenn jedes peinliche Missgeschick im Blickfeld von Videoüberwachung zum viralen Hit auf Youtube werden kann, ist das nur ein vernachlässigbarer „emotionaler Schaden“?“

            Natürlich nicht, aber wie gesagt, es geht (auch) um Evidenz, und Evidenz fragt nicht „Welchen Schaden könnte die VÜ anrichten?“ sondern „Welche Schäden hat die VÜ bisher angerichtet, und wie oft?“. Wir sollten also z.B. fragen: Wie oft haben die Polizei, oder die Bahn, solche peinlichen Aufnahmen bei Youtube hochgeladen? Genauso wie man ja umgekehrt nicht nur fragen sollte, „Was kann die VÜ (angeblich) alles leisten?“, sondern auch „Was hat sie bisher geleistet, wie sind die Zahlen?“. Nur so ergibt sich doch eine sinnvolle Gesamtabwägung, die ja gerade weil es um Grundrechte geht, möglichst umfassend sein sollte, und nicht nur die Theorie sondern auch die Praxis berücksichtigen sollte.

          5. @gedy

            „Was ist mit Bundeswehr, Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz… verletzen die alle „immer“ deine Rechte und Freiheiten? Aber auch wenn es nicht „immer“ so ist, manchmal müssen tatsächlich Grundrechte „verletzt“ (bzw. darin eingegriffen) werden, um andere Grundrechte (z.B. Leben und Unversehrtheit) zu schützen.“

            Was haben Feuerwehr, Katastrophenschutz und Bundeswehr mit der Überwachung meines Lebens zu tun? Nichts, oder?

            Nochmal: Warum konzentriert sich der Staat vor allem auf die „Sicherheits“maßnahmen, die gleichzeitig meine Rechte und Freiheiten verletzen?
            Wo tut denn der Staat alles Menschenmögliche, um mein Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit im Gesundheitswesen zu schützen? Wo sind die Sofortprogramme zur Aufstockung des Ärzte- und Pflegepersonals in unseren Krankenhäusern? Wo ist der sofortige Stopp der Durchökonomisierung von Krankenhäusern, die heute mehr darauf achten müssen, ob sich eine Behandlung für das Krankenhaus rechnet, und nicht, ob es dem Patienten bestmöglich hilft? Wo ist das Ende des permanenten Drucks auf Ärzte und Pfleger/innen? Wo bekommen die Krankenhausärzte und -pfleger endlich mehr Zeit für gute Hygiene, um gegen MRSA und andere multiresistente, tausendfach tödliche Krankenhauskeime anzukämpfen?

            Wo tut der Staat alles Menschenmöglich, um mich vor u.a. krebserregenden Schadstoffen in Luft, Grundwasser und Lebensmitteln zu schützen? Warum sind die Profitinteressen von Dieselmotorherstellern wichtiger als mein Recht auf saubere, nicht gesundheitsgefährdende Luft?

            Wenn das „Totschlagargument“ Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrheit sonst immer herhalten muss, um mehr Überwachung und Kontrolle bei gleichzeitig weniger Freiheit und Privatsphäre zu rechtfertigen, warum tut der Staat dann in so vielen Bereich eben nicht alles Menschenmögliche, um die Gesundheit und das Leben der Menschen zu schützen?

            „Die StVO z.B. ist ja eine Ansammlung von Verboten und Geboten, die massiv deine Rechte und Freiheiten verletzen (allg. Handlungsfreiheit, inf.Selbstbestimmung…). Und du glaubst, diese Verletzungen sind der wahre Zweck der StVO, und nicht wie vorgegeben die Sicherheit im Verkehr?“

            Die Straßenverkehrsordnung? Beschneidet „massiv“ meine Rechte und Freiheiten? Solange es keine anlasslose, verdachtsunabhängige Überwachung gibt, wo wird mein Recht auf überwachungsfreies Leben, wo wird meine Freiheit vor Überwachung verletzt? Siehst Du den Unterschied?
            Ach so, warum gibt es eigentlich kein allgemeines Tempolimit auf deutschen Autobahnen, wie in allen anderen Ländern der Welt? Wie viele Menschen müssen noch durch Raser sterben? Ist es nicht wichtiger, das legale Rasen über 150 km/h zu verbieten, als der deutschen Autoindustrie kostenlose, öffentliche Teststrecken zu gewähren?

            „Und der gleiche Schwindel steckt hinter der Videoüberwachung?“

            Welcher Schwindel? Wem nützt Videoüberwachung primär? Verdienen die Hersteller/Anbieter von Videoüberwachungssystemen nicht prächtig? Sichern sich so manche Politiker nicht lukrative Posten bei solchen Firmen für ihre Zeit nach der aktiven Politik? Ist Videoüberwachung nicht eine Art von Versicherung für Politiker, die bei Vorfällen dann immer sagen können, dass sie ja etwas für die Sicherheit getan haben, auch wenn es oft nichts nützt? Ist Videoüberwachung nicht vor allem ein Instrument, um echte Sicherheit schaffende Polizisten und Wachleute einzusparen?

            „Natürlich nicht, aber wie gesagt, es geht (auch) um Evidenz, und Evidenz fragt nicht „Welchen Schaden könnte die VÜ anrichten?“ sondern „Welche Schäden hat die VÜ bisher angerichtet, und wie oft?“.“

            Wir sollten also erstmal ein Atomkraftwerk bauen und dann mal schauen, ob tatsächlich Schäden auftreten? Hat uns die Geschichte in diesem Ansatz bestätigt? Erstmal Risiken ignorieren?

            „Wir sollten also z.B. fragen: Wie oft haben die Polizei, oder die Bahn, solche peinlichen Aufnahmen bei Youtube hochgeladen?“

            Kennst Du die Websites, wo man weltweit IP-Webcams anzapfen und u.a. in Schlafzimmer und Kinderzimmer(!) schauen kann?
            Kennst Du die Gaffer, die alles Peinliche oder Entwürdigende fotografieren oder filmen und bei Youtube hochladen?
            Kennst Du die Geheimdienstler, die Filmaterial mit sexuellen Inhalten aus visueller Überwachung untereinander tauschen?
            Kennst Du die Supermarktmitarbeiter, die Aufnahmen (bevorzugt im leicht bekleideten Sommer) von schönen Frauen untereinander tauschen?
            Kennst Du die Polizisten, die merkwürdigerweise immer dann Videoaufnahmen „verlieren“ oder „aus Versehen löschen“, wenn es um die Polizei belastendes Bildmaterial geht?
            Kennst Du die weitere technische Entwicklung mit Gesichtserkennung, automatischen Bewegungsprofilen, automatische Erkennung von „verdächtigem“ Verhalten („Herumlungern“, „schnelles Laufen“, „langsames Gehen“ etc.)?
            Kennst Du die heutigen technischen Möglichkeiten, Fotos und Videos fast spurenlos zu manipulieren? Soll ich Dich mal in das Überwachungsvideo eines Banküberfalls reinmontieren? Findest Du Videoüberwachung dann immer noch gut?

            „Genauso wie man ja umgekehrt nicht nur fragen sollte, „Was kann die VÜ (angeblich) alles leisten?“, sondern auch „Was hat sie bisher geleistet, wie sind die Zahlen?“.“

            Warum sperren sich die Videoüberwachungsapologeten dann so sehr gegen unabhängige, empirische, nach wissenschaftlichen Standards durchgeführte Evaluationen von Nutzen und Schaden von Videoüberwachung? Warum ignoriert man die Erkenntnisse aus dem seit Jahren beinahe totalüberwachten London? Warum wird bei den manchmal präsentierten, vermeintlich wegen Videoüberwachung zurückgegangenen Vorfallszahlen das Phänomen der natürlichen statistischen Schwankung geflissentlich ignoriert?

            „Nur so ergibt sich doch eine sinnvolle Gesamtabwägung, die ja gerade weil es um Grundrechte geht, möglichst umfassend sein sollte, und nicht nur die Theorie sondern auch die Praxis berücksichtigen sollte.“

            Aha, eine Gesamtabwägung soll es also sein? Fair and balanced? Warum verliert das Recht auf massenüberwachungsfreies Leben so oft in dieser Gesamtabwägung? Trotz der negativen, praktischen Erfahrungen, die wir Deutsche mit Überwachung in unserer Geschichte gemacht haben?

          6. @ Fraktur

            „Was haben Feuerwehr, Katastrophenschutz und Bundeswehr mit der Überwachung meines Lebens zu tun? Nichts, oder?“

            Nein aber mit deiner Sicherheit und deinem Schutz. Du hast gefragt: „Warum kümmert sich der Staat immer nur dann um meine Sicherheit und meinen Schutz, wenn dabei nebenbei meine Rechte und Freiheiten verletzt werden?“

            Und das stimmt nicht, z.B. die Feuerwehr sorgt für deinen Schutz, ohne deine Rechte und Freiheiten zu verletzen. Dass der Staat IMMER NUR DANN für deine Sicherheit sorgt, wenn dabei deine Rechte verletzt werden, ist als einfach nicht wahr. Manchmal schon, aber nicht immer. Und falls du erwartest, der Staat solle für deine Sicherheit sorgen, ohne dabei jemals deine Rechte und Freiheiten zu verletzen (weil: es sind ja Grundrechte!), dann ist das unmöglich, s. StVO.

          7. @gedy

            Aha, jetzt möchtest Du also auf der zitierten Formulierung „immer nur dann“ herumreiten, um der sich aufdrängenden Systemfrage auszuweichen?
            Was habe ich später geschrieben? -> „Nochmal: Warum konzentriert sich der Staat vor allem auf die „Sicherheits“maßnahmen, die gleichzeitig meine Rechte und Freiheiten verletzen?“

            Wie erklärst Du Dir diese Diskrepanz in der staatlichen Aufmerksamkeit und Ressourcenverteilung? Warum erklärst Du nicht, weshalb der Staat in Sachen Krankenhauskeime, Behandlungsfehler, Schadstoffbelastung oder sozialer Sicherheit sich auffallend oft desinteressiert zeigt oder sich mit fadenscheinigen Ausreden aus der Verantwortung zieht? Warum ist der Staat immer dann sehr schnell zur Stelle, mich zu schützen, wenn diese Maßnahmen mehr Macht für den Staat und weniger Freiheit, Macht und Autonomie für mich als Bürger bringen?

          8. @Fraktur … die Bedrohungslage im kalten Krieg war klar … das Böse war stets im Osten!
            Warum funktionieren die Gesetze aus dieser Zeit für die etablierten Politiker nicht mehr?
            Nun, bis zur Wende gab es ein Drei Parteien System … SPD, Union und FDP/Grüne als Opposition … in dieser Zeit haben sich innerhalb der Parteistrukturen Seilschaften gebildet, die sich mittels der Parteipolitik sich selbst die Posten und der parteinahen Wirtschaft die Aufträge zu schanzten … doch jetzt kann der Wähler aus 3 Oppositionsparteien und zwei Seilschaftsparteien wählen … nicht gut für die gewachsenen Seilschaften!

            Somit hat sich die Bedrohungslage für die etablierten Parteien drastisch geändert!
            Der Feind ist der „falsch“ wählende Bürger … der plötzlich Koalitionen unter den ehemaligen Oppositionsparteien ermöglicht und die Seilschaften der etablierten Parteien lebensgefährlich gefährdet!
            Der Wähler muss also animiert werden, wieder die alten Seilschaftsparteien zu wählen!

            Wir dürfen gespannt sein, mit welchen Terrormaßnahmen unsere etablierten Seilschaftsparteien aufwarten!

          9. @Habo

            Bitte halte Dich mit Deinen abschweifenden Äußerungen hier zurück. Ich möchte mich mit dem Thema hier beschäftigen, nicht mit Deinen Theorien (um es moderat auszudrücken).

            @netzpolitik
            Es wäre schön, wenn man abschweifende Kommentare wie hier von Habo ausblenden könnte…

          10. @ Fraktur
            „Aha, jetzt möchtest Du also auf der zitierten Formulierung „immer nur dann“ herumreiten, um der sich aufdrängenden Systemfrage auszuweichen? Was habe ich später geschrieben? -> „Nochmal: Warum konzentriert sich der Staat vor allem auf die „Sicherheits“maßnahmen, die gleichzeitig meine Rechte und Freiheiten verletzen?““

            Was du Herumreiten nennst, war die Antwort auf deine Frage: „Was haben Feuerwehr, Katastrophenschutz und Bundeswehr mit der Überwachung meines Lebens zu tun? Nichts, oder?“, und die war unmöglich ohne Bezugnahme auf deine ursprüngliche Systemfrage. Und die hast du ja jetzt abgemildert. Auf die erste („Warum kümmert sich der Staat immer nur dann um meine Sicherheit und meinen Schutz, wenn dabei nebenbei meine Rechte und Freiheiten verletzt werden?“), konnte die Antwort nur lauten: Weil er böse ist, denn warum sollte der Staat ausschließlich(!) dann für deine Sicherheit sorgen, wenn er gleichzeitig deine Freiheiten verletzen kann? Das könnte ja kein Zufall mehr sein, wenn es IMMER so wäre, sondern ein Staat benutzt die Sicherheit offenbar nur als Vorwand, um deine Freiheiten verletzen, und so ein Staat ist offensichtlich böse. Aber wie gesagt, die Prämisse war falsch, darüber sind wir uns offenbar einig.

            Die geändert Frage ist deutlich unschärfer in der Prämisse. Dass der Staat für deine Sicherheit sorgt, auch dann wenn er deine Freiheiten nicht nebenbei verletzen kann, wird immerhin nicht völlig ausgeschlossen, auch wenn es zu selten so ist. Und damit ist Bosheit nicht mehr die einzige mögliche Antwort, es kommen auch Dummheit, Trägheit, Kosten, Koalitionsgezänk, Kompetenzgewirr, Komplexität der Probleme, verschiedene Weltanschauungen der Akteure (Umverteilung: gut oder schlecht?), Profilierungssucht, Populismus, Lobbyismus und vieles andere in Frage, für die verschiedenen ungelösten Probleme sind verschiedene Erklärungen denkbar. Und nicht, nur die eine, dass der Staat böse ist.

  6. Die Medien und Politik haben nach Kräften versucht die Bevölkerung zu radikalisieren und die innere Sicherheit zu gefährden. Dazu hat Merkel persönlich schon seit 2010 viel beigetragen. Die Medien haben sich disqualifiziert. Es ist daneben, wenn diverse Politiker nach mehr Polizei und Überwachung krähen. Das bringt erwiesenermaßen nichts.

    Es ist Wahljahr. Die Parteien versprechen jedem alles. Die Wahlen zu den Landtagen zeigten ein deutliches Ergebnis. Die Linken und Grünen verloren Stimmen. Die Zahl derer, die für SPD und CDU stimmten, war konstant. Ihr Anteil sank mit der zunehmenden Wahlbeteiligung. Merkel als Parteiprogramm ist mager. Der rechte Rand wurde stärker. Enttäuschte Links- und Grünwähler wechselten die Fronten. Zahlreiche ehemalige Nichtwähler wurden politisiert. Die etablierte Politik hat nicht geschnallt, dass die Rechtswähler nicht etwa Angst haben, sondern eine Kehrtwende von der Veranstaltung der vergangenen 15 Jahre fordern. Daran ändern weder Kameras in Berlin noch intensive Spizelei im Internet und Mobilfunk etwas.

    Die Wirtschaft macht die Musik. Die ist weltweit so schwach, dass zunehmend eine Abkehr vom bisherigen Establishment zu beobachten ist. Die Statistiken mögen schön aussehen, die Arbeitslosigkeit niedrig, die Beschäftigung hoch sein, nur mit Abermillionen Wanderarbeitern, Tagelöhnern und ähnlichen Auswüchsen weltweit sieht es zappendüster aus.

    1. Die Arbeitslosigkeit ist in Deutschland niedrig. ABER: Atypische und prekäre Arbeitsverhältnisse haben stark zugenommen. – Rund 39% aller abhängig Beschäftigten, das ist fast die Hälfte! Und Selbständige haben oft ebenfalls ein geringes Einkommen und sind vermutlich noch stärker von Altersarmut bedroht.

      Das Thema Armut wird also zunehmend wichtiger. Ob es da reicht, auf mehr Videoüberwachung zu setzen?

      Die Schwaben haben jetzt einen Niedrigpreis-Zug, der fährt einmal täglich von Stuttgart bis nach Berlin. Um sich die vielen schwarzen Luxuslimosinen und riesigen Ministerienbauten vor Ort anzuschauen, in denen sich so viele Steuergelder in nichts auflösen. Ok, jetzt geht meine Phantasie mit mir durch. Letztlich will doch jeder nur ein Stückchen vom Kuchen erhaschen…

  7. Wenn linke, buergerrechts- und liberale Parteien einen weiteren Ausbau der Massenueberwachung verhindern wollen, werden sie sich offensive mit dem Thema Innere Sicherheit auseinander setzen muessen und gute Vorschlaege machen wie die Sicherheit, trotz bzw gerade auf Grund der Wahrung der Privatsfaehre erreicht werden koennen. Auch wenn es ein daemlicher Begriff war, es ist etwas wahres and dem Begriff „Supergrundrecht Sicherheit“. Aus psychologischer Sicht, ist das Gefuehl der Angst ein extrem starke Emotion, die nahezu alles andere uebertrumpfen kann. Wenn sich die Buerger also unsicher fuehlen (dabei spielt es noch nicht einmal gross eine Rolle ob sie tatsaechlich gefaertet sind oder nur so fuehlen) dann wird linke/ liberale / buergerrechts Politik leider immer verlieren. Die Parteien werden also es schaffen muessen das Vertrauen der Buerger zu gewinnen das sie und ihre Politik die Sicherheit gewaerleisten koennen und das sie nicht nur gegen Sicherheitsmassnahmen sind. Umgekehrt, sollten sie es schaften die Buerger zu ueberzeugen das sie die echten, praktischen Loesungen haben die gleichzeitig ihre Privatsfaehre schuetzen, und nicht nur populistische Parolen bieten und dann in der Umsetzung versagen, gibt es eine echte Moeglichkeit mit dem Thema zu Punkten.

    Als ein Beispiel wuerde ich gerne die Nutzung von Bodycams nehmen. Es ist klar das es zum Teil sowohl Probleme damit gibt das die Polizei ungerechtfertigt aggressiv gegenueber Buergern auftritt, als auch das es einige Buerger gibt die sich in inakzeptabler weise gegenueber Polizeibeamten benehmen. Mit Hilfe von Bodycams, koennen beide Probleme langfristig wahrscheinlich reduziert werden und die Aggressivitaet in den Auseinandersetzung mit der Polizei reduziert werden, wenn alle Beteiligten wissen, das sie bei Fehlverhalten bestraft werden, gleichzeitig aber auch wissen, das sie nicht unfair falsch beschuldigt werden koennen.

    Allerdings ist es auch klar, das die permanente Aufzeichnung mit Bodycams eine Massenueberwachung ist, die streng reguliert werden muss um Missbrauch zu verhindern. Ich faende zum Beispiel einen guten Kompromiss, wenn die Bodycams 100% der Zeit aufzeichnen, also es keine Entscheidung des Polizizten gibt wann aufgenommen wird (und somit bei z.B. Fehlverhalten des Polizisten „zufaellig“ gerade nicht aufgenommen wird). Allerdings wird die Aufzeichnung automatisch auf der Kamera per public key verschluesselt. Den benoetigten private key, dann besitzt ein dafuer zustaenderig Richter. Die Aufzeichnungen koennen also nur mit Zustimmung eines Richters angesehen werden. Ein Richter kann die Aufzeichnungen nur frei geben wenn eine Strafanzeige vorliegt. Entweder von der Polizei gegenueber einem verdaechtigen Buerger, oder wenn ein Buerger ein Anzeige wegen unverhaeltnissmaessiger Gewalt einreicht. Wenn ein Richter die Aufnahmen dann frei geben, muessen die Zeit, die Kamera/Location und die Begruendung oeffentlich protokoliert werden (z.B. in einer art Blockchain). Somit koennen alle Buerger ueberpruefen ob die Aufzeichnungen unverhaeltnismaessig oft verwendet werden.

    1. „Aus psychologischer Sicht, ist das Gefuehl der Angst ein extrem starke Emotion, die nahezu alles andere uebertrumpfen kann.“

      Ach, und warum sterben dann tausende Menschen jedes Jahr durch Krankenhauskeime und Behandlungsfehler, die durch Personal- und Zeitmangel und ökonomischen Druck mitverursacht werden? Warum gibt es hier noch keinen Aufstand gegen die Angst vor tödlichen multiresistenten Keimen?
      Warum gibt es noch keinen Aufstand gegen die Angst vor dem sozialen Abstieg durch Arbeitslosigkeit, Niedriglohnjobs oder Berufsunfähigkeit?

      Was ist für Dich Sicherheit? Soziale Sicherheit? Behandlungssicherheit im Krankenhaus?

      „gute Vorschlaege machen wie die Sicherheit, trotz bzw gerade auf Grund der Wahrung der Privatsfaehre erreicht werden koennen“

      Wie wird die Sicherheit erhöht, wenn Verschlüsselung geschwächt wird? Macht es uns sicherer, wenn Kriminelle noch leichter IT-Systeme mangels starker Verschlüsselung angreifen können?
      Wie wird die Sicherheit erhöht, wenn immer mehr Daten gesammelt werden? Macht es uns sicherer, wenn Kriminelle immer öfter reich gefüllte Datenbanken abfischen und unsere Daten im illegalen Schwarzmarkt gehandelt und anschließend für Identitätsdiebstahl, Stalking, Erpressung oder Schlimmeres missbraucht werden?

    2. “ Ich faende zum Beispiel einen guten Kompromiss…“

      Ach so, warum wird das wohl nicht so umgesetzt, wie von Dir vorgeschlagen? Warum werden viele Überwachungsmaßnahmen nicht so umgesetzt, wie es einerseits privatsphäreschonend und anderererseits trotzdem wirksam wäre? Geht es vielleicht gar nicht um echte Sicherheit für „uns“, sondern um Macht und Kontrolle für „die da oben“?

    3. Warum müssen sich diejenigen Gedanken zur sog. inneren Sicherheit machen, welche gegen eine weitere Erodierung der Menschen- und Grundrechte sind. Diejenigen, welche der Meinung sind, solche Maßnahmen bringen einen nennenswerten Zuwachs an „Sicherheit“ müssen das zunächst einmal BELEGEN.

  8. Fraktur: Ich stimme Dir zu, auch wenn Huffe einen durchaus akzeptablen Kompromiss vorgeschlagen hat.
    Mir fällt zum Thema eine Äußerung von Rainer Wendt ein, dem Chef der dt. Polizeigewerkschaft. Er meinte in einer Phoenix-Runde, es sei absurd, wenn die Berliner Polizei Bürger nach Handyaufnahmen vom Breitscheidplatz fragen müsse – mit einer Videoüberwachung des Platzes würde sich das erledingen.
    Das Argument ist aus zwei Gründen falsch. Erstens könnte man dann argumentieren, es müssten mehr Beamte eingestellt werden, wenn in XY die Bürger um Mithilfe gebeten werden. Und zweitens hätte sich der Täter mit Sicherheit einen anderen Ort für die Todesfahrt ausgesucht, wenn der Berliner Breitscheidplatz videoüberwacht würde und der Täter ein Gefilmtwerden hätte vermeiden wollen (es sei denn, ihm wäre die Aufmerksamkeit als Selbstmordattentäter wichtig gewesen, was hier offensichtlich nicht der Fall war). Und es ist nicht schwer zu erraten: WENN letztes so gewesen wäre und der Täter wäre einfach auf einen Gehweg voller Leute gefahren, wäre ganz sicher die Forderung laut geworden, man müsse alle Straßenzüge/Gehwege mit Kameras ausstatten!
    Ich muss ehrlich sagen: Wenn ich in Berlin an Bahnhöfe kommen, an denen mal keine Kameras hängen, ist es so, als würde ich aus einer Smogluftzone mit einem Schlag in einen Frischluftkurort versetzt werden!
    Und noch ein wichtiger Punkt: Bis jetzt wird der Bürger vollkommen im Unklaren darüber gelassen, ob a) die Aufzeichnungen in Bahnhöfen, Zügen usw. automatisch erfolgen und – wenn ja, wie lange und von welchen autorisierten/qualifizierten Personen – gespeichert werden, b) oder ob Überwachungsteams live alles beobachten und dann bei Bedarf bestimmte Situationen mitschneiden usw., und c) inwieweit und mit welchen Methoden diese Daten geschützt werden und unter wer und welchen Bedingungen den Zugriff von welchen Personen erhält! Dasselbe gilt für Kaufhäuser, Drogerien und andere Örtlichkeiten.
    Es fehlt also massiv an Transparenz, die das, was eingangs als Hauptkritikpunkte an der Videoüberwachung erwähnt wurde, nur noch verstärken!!

    1. „Mir fällt zum Thema eine Äußerung von Rainer Wendt ein, dem Chef der dt. Polizeigewerkschaft. Er meinte in einer Phoenix-Runde, es sei absurd, wenn die Berliner Polizei Bürger nach Handyaufnahmen vom Breitscheidplatz fragen müsse – mit einer Videoüberwachung des Platzes würde sich das erledingen.“

      Was ist der Unterschied zwischen freiwilligem Sex und Vergewaltigung? Genau das, was der Unterschied zwischen anlassbezogenen, freiwilligen Videoaufnahmen und zwangsweiser, anlassloser Dauervideoüberwachung ist, oder? Und genau das, was der Unterschied zwischen freiwilliger Handynutzung und einer zwangsweisen elektronischen Fußfessel ist, nicht wahr?

      „Und noch ein wichtiger Punkt: Bis jetzt wird der Bürger vollkommen im Unklaren darüber gelassen, ob (…)“

      Komisch, nicht? Die selben Leute, die uns zu unserer eigenen Sicherheit videoüberwachen, wollen aber keine Sicherheit vor Datenmissbrauch gewährleisten? Sicherheitsmaßnahmen, die Unsicherheit schaffen? In Fällen von Datenmissbrauch wollen diese „Sicherheits“leute keine Haftung übernehmen? Komisch, nicht?

  9. Meiner Ansicht nach kann die Normalisierung von (Video-)lüberwachung ebensowenig gerechtfertigt werden, als wolle man alle Menschen vorsorglich „zu ihrer eigenen Sicherheit“ in Gefängniszellen sperren. Gewiss käme es bei konsequenter Einzelhaft zu weit weniger gewaltsamen Übergriffen der Insassen des Gefängnisplaneten untereinander. Alternativlos!!!

  10. Wer hat uns verraten! Die *demokraten!

    Wie wärs mal mit umsichtiger und menschenfreundlicher Politik? Wär mal was ganz neues.

  11. @gedy

    „Aber wie gesagt, die Prämisse war falsch, darüber sind wir uns offenbar einig.“

    Sollten wir uns nicht viel eher darüber einig sein, dass zwei einzelne Wörter („immer nur“) nicht auf die Goldwaage gelegt werden sollten? Oder wolltest Du nur geschickt vom Rest meiner Dich ungünstig da stehen lassenden Entgegnung ablenken?

    „Die geändert Frage ist deutlich unschärfer in der Prämisse. Dass der Staat für deine Sicherheit sorgt, auch dann wenn er deine Freiheiten nicht nebenbei verletzen kann, wird immerhin nicht völlig ausgeschlossen, auch wenn es zu selten so ist. Und damit ist Bosheit nicht mehr die einzige mögliche Antwort, es kommen auch Dummheit, Trägheit, Kosten, Koalitionsgezänk, Kompetenzgewirr, Komplexität der Probleme, verschiedene Weltanschauungen der Akteure (Umverteilung: gut oder schlecht?), Profilierungssucht, Populismus, Lobbyismus und vieles andere in Frage, für die verschiedenen ungelösten Probleme sind verschiedene Erklärungen denkbar. Und nicht, nur die eine, dass der Staat böse ist.“

    Hat irgendjemand behauptet, dass der Staat „böse“ sei? Niemand, richtig?

    Ach, und warum sind die von Dir genannten Hinderungsgründe „Dummheit, Trägheit, Kosten, Koalitionsgezänk, Kompetenzgewirr, Komplexität der Probleme, verschiedene Weltanschauungen der Akteure (Umverteilung: gut oder schlecht?), Profilierungssucht, Populismus, Lobbyismus und vieles andere“ plötzlich und ganz zufällig kein Problem mehr, wenn es darum geht, die Rechte und Freiheiten der Bürger zu beschneiden und dem Staat zu mehr Macht zu verhelfen?

    1. @gedy

      Noch was: Warum gilt der von Politikern (bis hin zu Angela Merkel) oft geäußerte Satz „Wir werden alles Menschenmögliche tun, um die Menschen zu schützen bzw. die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten.“ IMMER NUR DANN (hier ist diese Formulierung exakt), wenn das Ergebnis mehr Überwachung und Kontrolle von unbescholtenen Bürger und weniger Freiheiten und Rechte für ebendiese ist?
      Warum gilt der Satz „Wir werden alles Menschenmögliche tun, um die Menschen zu schützen bzw. die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten.“ NIE, wenn es um Krankenhauskeime, Behandlungsfehler, Atomenergie, Schadstoffe aller Art, soziale Sicherheit und sichere Lebensperspektiven geht?
      Warum gilt der radikale Ansatz „alles Menschenmögliche tun“ immer nur dann, wenn es die Grundfesten unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung und unsere rechtsstaatlichen, menschenrechtsorientieren Prinzipien angreift?
      Zufall? Oder doch Kalkül, günstige Gelegenheiten für Machterweiterung auszunutzen?

    2. @Fraktur,
      Lies noch mal dein erstes Posting, du hast mir die Frage am Anfang und am Ende noch mal gestellt, also 2x die gleiche sorgfältig formulierte Frage warum der Staat „immer nur dann“ für deine Sicherheit sorgt…, und ärgerst dich seitdem, dass ich auf exakt diese Frage geantwortet habe, bzw. auf deine entsprechenden Nachfragen geduldig antworte, so auch hier?

      Du schlägst nun vor (ich hoffe du interpretierst mein Eingehen auf deinen Vorschlag nicht als „Herumreiten“, aber ohne mich dazu zu äußern, kann ich ja nicht darauf antworten), deine 2x so formulierten Worte nicht auf die Goldwaage zu legen, also nicht zu unterscheiden, ob der Staat immer das gleiche tut bezüglich der Sicherheit, oder ob er das nur manchmal tut. Du meinst also, es ist nicht so wichtig, ob der Staat *vorsätzlich* deine Freiheiten einschränkt, oder nur *fahrlässig*? Das ist doch ein fundamentaler Unterschied, aus dem sich erst ergibt, ob und wie man das Problem am besten löst.

      1. @gedy

        Nette Ablenkungsmanöver. Du magst nun abermals versuchen, mich persönlich anzugreifen und Dich in Wortklauberei zu verlieren.

        In der Zwischenzeit hat jeder Mitlesende schon längst verstanden, was Du partout nicht eingestehen willst und worauf Du auch keine Antwort zu geben vermagst. Unsere Regierenden kümmern sich einen Scheißdreck um unsere Sicherheit, solange es ihnen nicht irgendeine Form von Machtgewinn verspricht. Die auffallende Fehlallokation von Aufmerksamkeit und Ressourceneinsatz bezüglich unserer Sicherheit lässt sich nicht mehr länger leugnen.

        Ich habe schon einige Menschen aus meinem Umfeld fast durch Krankenhauskeime verloren, ein paar haben es nicht geschafft. Meine Kinder werden es schwer haben, den Lebensstandard meiner Frau und mir zu erreichen. Und was passiert, wenn die maroden Atomkraftwerke im In- und Ausland sowie die Atommüll“end“lager nicht mehr unter Kontrolle zu halten sind, das kann sich jeder in seinen Albträumen ausmalen.

        Die Regierenden sind so oft nicht da, wenn wir sie brauchen. Aber wenn es darum geht, dass uns wieder ein Stück Freiheit genommen wird, dann sind sie sofort da. Die Prioritäten sind verschoben. Wenn wir uns anschauen, woran unsere Leute in unserem Land jedes Jahr zu Tausenden sterben, dann müssten wir über ganz andere Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen sprechen. Aber um Sicherheit für uns geht es offenbar nicht immer und in erster Linie. Sonst wäre Berufsunfähigkeit in unserem Land nicht das soziale Todesurteil. Sonst wäre eine eigentlich risikoarme Routinebehandlung in unseren Krankenhäusern kein Spiel mit dem Tod.

  12. Wir haben in Deutschland ein Tollversagen der Presse. Und darüber ist auch zu sprechen!!!
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    Seit die Medien eine Symbiose mit der Regierung eingegangen ist, werden keine kritischen Fragen mehr gestellt.
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    Nein, die Presse bockt mit ihren Fragen die Politik noch zusätzlich auf, dass man sich fragen muss, wo haben diese Pressevertreter ihren Job gelernt. Wenn Fragen wie, „Wie wollen sie die Sicherheit der Bürger garantieren“ usw., was wird wohl die Antwort sein. Wenn als Antwort kommt, wir bauen die Videoüberwachung und VDS weiter aus, stellt niemand der Presse die Frage,
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    „An welcher Stelle hören wir mit Überwachung auf.“
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    Nein, es wird weiter gebohrt bis die letzte noch so schwachsinnigste Idee auf dem Tisch liegt. Die Presse in Deutschland ist im Arsch, sorry für den Ausdruck, aber das ist meine Meinung zu dem Trauerspiel.

    1. Seit die Medien eine Symbiose mit der Regierung eingegangen ist, werden keine kritischen Fragen mehr gestellt.

      Da wir auch Teil der Presse sind, möchtest Du uns etwa sagen, dass wir eine Symbiose mit der Regierung eingegangen sind und auf welche Artikel beziehst Du Dich?

      1. Ich meine damit nicht die 5 Instanz, sondern 95% der Massenmedien haben eine gleichgeschaltete Berichterstattung. Oder finden Sie kritische Äußerrungen in ARD/ZDF/RTL/N-TV/N-24. Die Pressehäuser erspare ich mir. Diese sind für mich eine Symbiose mit der Regierung eingegangen.
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        Oder haben sie eine andere Wahrnehmung? Ich lasse mich gerne überzeugen.

        1. Offensichtlich konsumiere ich andere Medien und habe eine andere Wahrnehmung. Und kritische Äuerungen finde ich in jedem der von ihren genannten Medien. Also außer bei RTL, aber das schau ich auch nie und kann mir eigentlich auch keine Meinung dazu erlauben.

          1. Ich habe die Medien bei der Volkszählung in den 80er Jahren erlebt und war selbst davon betroffen. Dagegen ist das heute ein Kuschelkurs. Und eine Kritik der Medien an den geplanten Maßnahmen kann ich nicht wirklich erkennen. Es ist im Moment opportun die Bürgerrechte weiter zu schleifen, um mehr Sicherheit zu suggerieren. Damit wollen die Parteien mehr Wählerstimmen gewinnen. (Was ja legitim ist)
            Aber kein großes Medium klärt die Massen darüber richtig auf, was die ganzen Maßnahmen in Summe bedeuten und wie sich dies auf den Alltag eines jeden auswirkt. Der Interessierte erfährt dies, wenn es sich die Mühe macht.
            Blogs und kleine Verlage haben nun mal nicht die Reichweite wie es das Fernsehen oder große Zeitungen haben.
            Vielleicht bin ich auch zu alt dafür und bin aus den 80er 90er Jahren eine andere Streitkultur gewohnt, aber die halbseidene Kritik ist für mich keine.

          2. Es ist im Moment opportun die Bürgerrechte weiter zu schleifen, um mehr Sicherheit zu suggerieren. Damit wollen die Parteien mehr Wählerstimmen gewinnen. (Was ja legitim ist)

            Es gibt nicht „Die Parteien“ ebenso wie es „Die Medien“ nicht gibt. Es gibt die Parteien SPD, CDU/CSU und AFD, die mehr Sicherheit und Überwachung fordern. Und es gibt die Parteien Linke, Grüne, FDP und Piraten, die Bürgerrechte in den Vordergrund stellen.

            Und die Kritik in den „großen Medien“ ist zu finden, man muss sie nur finden wollen. Wir finden sie regelmäßig.

        2. @Meine Meinung
          Gleichgeschaltet ist übelstes Nazi Vokabular,welches der vorhandenen kritischen Presse Unrecht tut.
          Was die kritische Presse angeht,wer suche, der findet.
          Die Kunst des Suchens will aber gelernt sein.

          1. Also ich kenne das Wort vom SED Staat. Aber „Staat“, „Überwachung“ ist dann wahrscheinlich auch „übelstes Nazi Vokabular“.
            Am besten sprechen wir gar kein Deutsch mehr und schaffen Deutschland ab. Wäre doch dann in ihrem Sinne und wir müssten nicht krampfhaft nach neuen Wörtern suchen.

          2. @Meine Meinung
            „..wir müssten nicht krampfhaft ..“
            Wenn Sie krampfhaft nach Worten suchen müssen,liegt es wohl an Ihrem Vokabular,meine Wortwahl ist unverkrampft.,auch verfalle ich nicht in den Sarrazin Sprechmodus von Deutschland und Abschaffung, „oder das muss man doch mal sagen dürfen „…
            Vielleicht zuerst etwas reflektieren,bevor markige Worte ausgestossen werden,aber da sage ich Ihnen sicherlich nichts Neues.

      1. Und, hat es geholfen? Nichts hat es geholfen, weil der Druck nicht erhalten bleibt. Es wird ein- zweimal etwas darüber berichtet um dann anschließend sich den Kochrezepten wieder zu zuwenden. Wenn jeden Abend dieses Thema in den Tagesthemen wäre, könnte sich etwas ändern. So wird über die Angst der Bürger berichtet und mit Umfragen untermauert. Was macht dann die Politik, die an ihren Stühlen klebt. Den Bürgern die Angst mit mehr Überwachung nehmen. Das ganze Paket stimmt nicht mehr. Einzelne Berichte sind schön, haben aber Null Durchschlagskraft. Ein Artikel ist heute ein durchlaufender Posten und nicht mehr. Die Warnungen vor einem „Überwachungsstaat“ erreicht die Menschen nicht. Und zu den Grünen habe ich eine ganz besondere Meinung. In den Landtagen reißen die mal gar nichts und richten ihr Fähnchen nach dem Wind aus. Wo wird denn etwas durch die Länder abgelehnt, in denen die Grünen am Machttischlein sitzen. Solange es wichtiger ist, dass ein Käfer ökologisch gut lebt, braucht mir keiner etwas von den Grünen zu erzählen. Da habe ich vor den Linken mehr Respekt. Die haben ihre Linie und bleiben sich dieser treu.

        1. Selbst wenn die Presse täglich vor dem Überwachungsstaat warnen würde, das bewirkt nicht viel, solange sich das nicht entsprechend in der Realität widerspiegelt, also z.B. die praktischen Nachteile von Videoüberwachung oder VDS.

          1. Da muss ich ihnen zustimmen. Überwachung riecht, schmeckt und sieht man nur bedingt. Selbst Journalisten die gegen die Videoüberwachung waren, befürworten diese zum teil nun.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.