„Arrogant, befremdlich, enttäuschend“ – Reaktionen auf das neue Staatstrojaner-Gesetz

Die Ausweitung von Staatstrojanern und Online-Durchsuchung hat abseits der Regierungsparteien vor allem kritische und empörte Reaktionen hervorgerufen. Ein Überblick.

Kommentatoren in Presse und Zivilgesellschaft fanden das Trojaner-Gesetz weniger erfreulich als dieser Mann im Zeitungskiosk. (Archivbild) – CC0 Johann Walter Bantz

Der Bundestag hat die „WhatsApp-Überwachung“ gegen das Votum der Opposition und zweier SPD-Abgeordneter beschlossen. Wir haben im Vorfeld ausgiebig berichtet.

Patrick Beuth und Kai Biermann haben bei Zeit Online analysiert, warum das Gesetz wohl verfassungswidrig ist. Schon in der Parlamentsdebatte hatte die Opposition das Vorhaben scharf kritisiert, der Linken-Abgeordnete Jörn Wunderlich sagte, dass er für das abgekürzte „Omnibus-Verfahren“ eigentlich nur Worte „jenseits der Fäkalsprache“ finden könne.

„Arroganter Umgang mit der Macht“

Dieses Verfahren nannte Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung „legislativen Quasi-Betrug“, der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar einen „arroganten Umgang mit der Macht zulasten der Demokratie und des Rechtsstaat“.

Die schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Hansen kritisiert den Beschluss des Bundestags, sogenannte Staatstrojaner einzusetzen. Sie zeigt sich „enttäuscht, dass die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern nicht beteiligt worden seien.“

Die Berliner Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk kritisiert das „Hauruckverfahren“, mit dem der Gesetzgeber „die verfassungsrechtlichen und technischen Probleme […] unter den Tisch [kehrt]“.

„Ein bis drei von Hand gezimmerte Pferdeattrappen“

Christian Bommarius kommentiert in der Frankfurter Rundschau, dass „Union und SPD glauben, dass ein Gesetz, das die geheime Ausspähung der Bürger regelt, auch im Geheimen zu verabschieden sei“. Und Andreas Herholz von der Nordwest-Zeitung ist angesichts des tiefgreifenden Eingriffs in Grundrechte und in die Privatsphäre befremdet von der „Art und Weise, wie Schwarz/Rot hastig die gesetzliche Grundlage für den Einsatz von Staatstrojanern und Online-Durchsuchungen auf Computern, Tablets und Handys durchgesetzt hat“.

Daniel Kretschmar bezeichnet in der taz die SPD angesichts solcher Gesetze als eine Partei, „die bald wirklich gemeinsam mit ihren WählerInnen in ein bis drei von Hand gezimmerte Pferdeattrappen passen mag“. Falk Steiner hingegen warnt im Deutschlandfunk, dass mit dem neuen Gesetz in der Landesverrat-Affäre „ein Einsatz von Staatstrojanern nach neuer Gesetzeslage grundsätzlich erlaubt gewesen“ wäre.

„Wertvolles Gut IT-Sicherheit verscherbelt“

Zivilgesellschaftliche Organisationen kritisieren den Beschluss heftig. Laut Dirk Engling vom Chaos Computer Club zeigt der Beschluss, „wie wenig die aktuelle Regierung von demokratischen Grundwerten hält“ und stattdessen „das in unserer Wissensgesellschaft wertvolle Gut der IT-Sicherheit zur Legalisierung fragwürdiger Machenschaften übereifriger Ermittlungsbehörden verscherbelt“ habe.

Das kritisiert auch Bernhard Rohleder vom Industrieverband Bitkom. Er geht davon aus, dass durch das Gesetz „das Sicherheitsniveau insgesamt sinkt – und dies obwohl man das verfassungsrechtlich geschützte Fernmeldegeheimnis weiter aushöhlt.“

„Gefährdung der Digitalisierungsprozesse“

Der Branchenverband eco schließt sich an: Das Gesetz könne wegen der Schwächung der IT-Sicherheit zu einer „Gefährdung der Digitalisierungsprozesse in Gesellschaft und Wirtschaft führen“. Zudem dürfe das Ausnutzen solcher Sicherheitslücken nicht zur gängigen Praxis in der Strafverfolgung werden.

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte plant eine Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz. Als bislang einzige zivilgesellschaftliche Organisation begrüßte der Deutsche Richterbund hingegen die Ausweitung des Einsatzes von Staatstrojanern.

„Witzig wie eine Wurzelbehandlung“

Die CDU erreicht in ihrem Umgang mit dem Gesetz einen neuen Tiefpunkt und verhöhnt die Kritiker des Gesetzes mit Überwachungsstaat-Witzchen. Die Partei lässt ihre Abgeordnete Winkelmeier-Becker ausrichten: „Wir halten die vorgesehenen Regelungen für erforderlich und auch für verfassungskonform.“ In der Huffington Post hält Lennart Pfahler dieses Spiel der CDU für so „witzig wie eine Wurzelbehandlung“. Den Tweet hat die CDU mittlerweile gelöscht.

Linksfraktionsvize Jan Korte sagte der Nachrichtenagentur AFP: „Wer die Grundrechte der Bevölkerung in einem solchen Maß angreift, sollte sich auch mindestens öffentlich dazu verhalten und eine gesellschaftliche Debatte zulassen“.

„Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ignoriert“

Bei der FDP kritisiert der stellvertretende Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki, dass der „Gesetzgeber regelmäßig die verfassungsrechtlichen Grenzen ausdehnt und Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts schlichtweg ignoriert“. Die von der Großen Koalition vorgenommene Ausweitung auf 38 Straftatbestände sei „ein tiefer Eingriff in die Privatsphäre des Einzelnen, wenn ohne konkreten Anlass Daten von beispielsweise einem Smartphone durch den Staat ausgespäht werden können“.

Die Grünen Konstantin von Notz und Hans-Christian Ströbele warnen davor, dass die Online-Durchsuchung die Möglichkeit biete Handys und Computer insgesamt auszuspähen und zu manipulieren, und dabei private und intimste Daten abzugreifen. Das Gesetz sei „ein radikaler und unverhältnismäßiger Einschnitt bei den Bürgerrechten, den die Große Koalition zum Ende der 18. Wahlperiode hiermit noch vornimmt.“


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20 Ergänzungen

  1. Heiko Maas (SPD) war der Umfaller, der die Vorratsdatenspeicherung möglich machte.
    Dieses mal war Heiko Maas der Steigbügelhalter für Abhör-Trojaner.

    Heiko Maas ist Justizminister der Bundesrepublik Deutschland. Höchstrichterliche Urteile und die Verfassung unseres Landes sind für ihn überwindbare
    Hürden, lästige Grundrechte aus dem Weg zu räumen. Dabei scheut er nicht, auch stalinistische Methoden anzuwenden, um seine Agenda durchzubringen, nämlich Fraktionszwang und Vermeidung einer demokratischer Diskussion.

    Heiko Maas wurde Justizminister, weil er die erforderliche Persönlichkeitsstruktur besitzt, jene Verhandlungsmasse bereitzustellen, welche die SPD benötigt um ihre Kernagenda gegenüber der CDU/CSU behaupten zu können. Bürgerrechte gehören dazu nicht. Von Bürgerrechten wird in der SPD nur zu Wahlkampfzeiten gesprochen, wenn überhaupt.

    Ein Idealist (bildungsspachlich für Träumer oder Dummkopf), wer von der SPD in dieser Hinsicht etwas erwartet. Die SPD verschachert Bürgerrechte für Rente, Mindestlohn und dergleichen, dafür legt einer wie Heiko Maas die Axt an und legt die nötigen Paragrafen um.

    Wahltag ist Zahltag!

    1. Heiko Maas dazu passend:

      „Die Menschen haben ein feines Gespür dafür, wer Inhalte und Substanz liefert.“
      Stimmt, Herr Maas!

    2. Die Kanzlerin ist aber immer noch die ehemalige FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda des SED-Unrechtsregime der DDR Angela Merkel. Und sie alleine hat die Richtlinienkompetenz.

      Meinst du wirklich Maas kann sich als einziger Minister gegen die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin stellen. Ich weiß ja nicht, welche politische Motivation dich veranlasst, ausschließlich die SPD zu bashen und den größeren Partner der Koalition gänzlich unerwähnt zu lassen. Oder willst du die Union sogar aus der, ihr noch viel mehr zustehenden Verantwortung, für die immer umfassenderen Überwachungsgesetze nehmen?

      Gesetze werden nicht nur von einem Minister im Alleingang verfasst. Sie müssen auch im Kabinett beschlossen werden. Und dort hat bekanntlich die Union das Sagen.

  2. Ein so spoettischer wie kluger Kommentar hat die beiden SPD-Stimmen als „trojanisches Pferd gegenueber dem Waehler“ bezeichnet.

  3. Ich persönlich finde diese Aktion, welche die Regierung sich erlaubt hat, mehr als Fragwürdig.
    Trojaner vom Staat wo sind wir denn hier? Mir fehlen da echt die Worte. Wie kann man nur auf so eine Idee kommen? Das ist nicht nur ein schwerer Eingriff in die Privatssphäre und des Datenschutzes, sondern auch wie ich finde ein Angriff auf Menschenrechte und der Würde des Menschen.
    Welche frage ich mir stelle, ist wann es soweit ist, dass wir alle einen Chip implantiert bekommen womit die uns noch besser überwachen können.

    Meine Meinung dazu:
    Wacht auf Leute und ihr werdet merken, dass wir nur von Vorne bis Hinten verarscht werden.

  4. Sie denken sie könne einfach alles so verabschieden, durchsetzen, ausführen. Doch sie bedenken dabei nicht die digitale Abwehr ihrer Maßnahmen. Sollte sich hier über Windoofsupdate ein illegaler Updateserver finden, wird er gekickt. Fertig. :D

    1. Der Grund wird blanke Angst bzw. Verfolgungswahn sein, alá „Warum mögen uns die Menschen nicht mehr? Wir lieben doch alle, alle Menschen!“, war bei der SED auch so, hinter jedem Wort konnte der Feind lauern!
      Feinde wie „Widerspruch“, „andere Meinung“, „anderer Blickwinkel“ und „andere Lebensumstände“!
      Klingt komisch?
      Ist es aber nicht, ein Hartz IV’ler muss mit 400 Tacken auskommen, ein Politiker kann sich mit seinen 8000 gerade so über Wasser halten und nimmt „Nebenjobs“ in der freien Wirtschaft an und vertritt deren Interessen!
      Dass das ein paar renitente Gefährder sehr wohl begreifen und auch aussprechen, das gefällt gewissen Seilschaften nicht und da sie die Macht inne haben, tun sie auch etwas gegen diese Gefährder!
      Der Staatstrojaner ist nur der Anfang, wenn Mielke geahnt hätte, wie leicht man Menschen mit Mobilfunkgeräten hätte abhören und per Funkmast hätte verfolgen können, dann wäre das „Smartphone“ Mitte der 70’er Jahre in der DDR auf den Markt gekommen!

    2. Auch Heiko Maas kann nur die Gesetze vorlegen, die zuvor vom Kabinett abgesegnet werden. Und da hat immer noch die Union das Sagen. Ich möchte mir nicht ausmalen, welche Überwachungsgesetze bei einem Minister der CSU gekommen wären.

      Die Richtlinienkompetenz hat noch immer die ehemalige FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda des SED-Unrechtsregime der DDR Angela Merkel als Kanzlerin.

      1. Nachtrag: Die Taktik der Union scheint voll aufzugehen. Die unbeliebten Gesetze werden Ministerien der SPD zugewiesen und die SPD bezieht dafür auch die Prügel. Auf der anderen Seite reklamiert die ehemalige FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda des SED-Unrechtsregime der DDR Angela Merkel als Kanzlerin die beliebten Gesetze wie etwa zum Mindestlohn in der Öffentlichkeit als Erfolg ihrer Regierung.

        Und auch hier auf netzpolitik.org gehen immer mehr der Union auf den Leim.

  5. Alles ist krass … ob nun der Staatstrojaner (die Staatstrojaner ? – sie öffnen jetzt sicherlich eine Schublade: wir haben da mal was vorbereitet), oder die VDS …
    Zeit den Provider zu wechseln, hin zu Providern, die sich wehren … Spacenet hat den Anfang gemacht.
    Oder hin zu Freifunk …

    Ich hoffe sehr, auf unser Bundesverfassungsgericht. Leider stand dieses Jahr auf der Agenda keine Entscheidung zum Thema … schande …
    Gewaltenteilung ? Manchmal könnte man meinen, sie existiert nicht.

    1. Gewaltenteilung gibt es sehr wohl, es gibt eine machtgierige Minderheit, die durch die Mehrheit an Wählern, die sich durch diese Leute gut vertreten fühlen, an der Regierungsmacht gehalten werden!
      Im Grunde übertragen Gruppen mit wenig Macht, ihre Macht an Seilschaften, die ihre Interessen vertreten sollen, was diese aber nicht wirklich machen, da diese Interessen stark von den Interessen der Seilschaften abweichen.

      Wenn du die Gewaltenteilung meinst von wegen Geheimdienst, Polizei und Militär, die wird dann aufgehoben, wenn der Staatstrojaner eine innerdeutsche Verschwörung aufdeckt, die eine Vermischung der Gewalten als „Alternativlos“ erscheinen lässt, naja, den Rest können wir uns ja Schenken oder Denken?

      Ist wie mit der VDS, die ist ja auch „Alternativlos“, nicht?
      Klar, ohne VDS bleibt der Terror auf dem Gleichen Niveau wie er war, mit VDS wird der Terror noch ansteigen, da unsere Seilschaften ja eine Begründung brauchen, nicht?

  6. „Schöne neue Zeugenwelt

    Es war keine Sternstunde des demokratischen Rechtsstaats, welche die Große Koalition den Bürgern dieses Landes gestern im Deutschen Bundestag bescherte. Der Bundestag beschloss einen Abbau von Grund- und Verfahrensrechten sowie einen Ausbau staatlicher Überwachung – in enormen Dimensionen.

    Schon zur Art und Weise des Gesetzgebungsverfahrens lässt sich einiges sagen. Leider nichts Positives. Deutliche Worte finden sich zum Beispiel in diesem Kommentar der Süddeutschen Zeitung.

    Aber das Gesetz ist jetzt in der Welt, die verabschiedeten Änderungen lassen sich hier nachlesen. Neben dem Staatstrojaner und der Online-Durchsuchung, die in den Medien zu Recht vorrangig thematisiert werden, enthält das Gesetz auch eine ganz andere gravierende Änderung: Zeugen sind künftig verpflichtet, Vorladungen der Polizei Folge zu leisten und zur Sache auszusagen.

    Bisher war das völlig anders. Mit der Polizei musste niemand reden, auch wenn das landläufig vielleicht gar nicht so bekannt ist. Es gab keinerlei Verpflichtung, sich auf Gespräche mit Polizeibeamten einzulassen. Das galt völlig unabhängig davon, ob dem Zeugen darüber hinaus noch besondere Zeugnisverweigerungsrechte (zum Beispiel Verwandtschaft mit dem Beschuldigten) oder Aukunftsverweigerungsrechte (Gefahr der Selbstbelastung) zustehen. Wer nicht mit der Polizei reden wollte, musste dies nicht. Die Polizei hatte keinerlei Zwangsmittel, um nicht aussagebereite Zeugen zu Angaben zu zwingen.

    Diese Zeiten sind nun vorbei, wenn auch mit gewissen Einschränkungen. Der Wortlaut der neuen Vorschrift lautet wie folgt:

    Zeugen sind verpflichtet, auf Ladung von Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und auszusagen, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt.

    Die große Frage in der Praxis wird zunächst sein, wie konkret dieser Auftrag der Staatsanwaltschaft sein muss. Das Gesetz bleibt hier unglaublich – man könnte auch sagen unverschämt – vage. Vom Wortlaut her würde es nämlich auch reichen, wenn ein Staatsanwalt der örtlichen Polizei vorab den pauschalen „Auftrag“ gibt, in allen seinen Verfahren die Zeugen zu laden und in eigener Regie zu vernehmen.

    Außerdem hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, eine schriftliche Ladung oder eine bestimmte Ladungsfrist einzuführen. So könnte es künftig tatsächlich möglich sein, dass Polizeibeamte bei Ermittlungen an Ort und Stelle eine „Ladung“ aussprechen und versuchen, den ja bereits anwesenden Zeugen zu einer Aussage zu bringen. Das alles unterläuft das mittlerweile Gesetz gewordene Recht jedes Zeugen, einen Anwalt als Beistand beizuzuiehen (§ 68b StPO).

    Denkbar ist weiterhin, dass die Polizei von ihrer Ladungsmöglichkeit auch in einer Art und Weise Gebrauch macht, welche die Lebensgestaltung eines Zeugen erheblich beeinträchtigt. Wer am Vortag in Düsseldorf angerufen wird und morgen um 11 Uhr beim LKA in Berlin zur Vernehmung antanzen soll, wird daran seine helle Freude haben. Auf entsprechende Präzedenzfälle werden wir sicher nicht lange warten müssen.

    Immerhin überlässt das Gesetz nicht der Polizei die Entscheidung darüber, ob ein Zeuge ein Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrecht hat. Laut der Gesetzesbegründung soll dann aber kein förmliches Verfahren in Gang kommen, sondern der Polizeibeamte soll mit der Staatsanwaltschaft „Rücksprache“ nehmen. Die Entscheidung des Staatsanwalts ist dann zunächst verbindlich.

    Dem Zeugen, der das anders sieht, bleibt in diesem Fall nur, sich schnellstmöglich um einen Anwalt als Zeugenbeistand zu bemühen und notfalls das Risiko eines Ordnungsgeldes einzugehen. Dieses Ordnungsgeld kann der Staatsanwalt verhängen; dagegen lässt sich dann erst mal gerichtliche Entscheidung beantragen (und dadurch eventuell ausreichende Zeit gewinnen, um den Anwalt einzuschalten). Immerhin bleibt es sowohl der Polizei als auch der Staatsanwaltschaft verwehrt, bei widerspenstigen Zeugen Ordnungshaft zu verhängen. Das darf nur der Richter. Was aber nicht heißt, dass die richterliche Entscheidung lange auf sich warten lassen muss. Theoretisch kann der Richter Zwangshaft auch telefonisch anordnen.

    Die größte Gefahr in der Neuregelung sehe ich aber in einem ganz anderen Bereich. Es geht um die Grauzone, die sich oft bei Ermittlungen auftut. Nämlich dann, wenn nicht ganz klar ist, welche Rolle eine Person eigentlich innehat. Ist sie Zeuge? Oder vielleicht doch schon Beschuldigter? Oder möglicherweise beides, wenn es um mehrere Tatkomplexe geht?

    Leider hängt diese Frage oft von der Einschätzung des zuständigen Ermittlers ab. Menschen, die vielleicht tatsächlich etwas mit der Tat zu tun haben (oder möglicherweise auch nur befürchten, dass sie fälschlicherweise in Zusammenhang damit gebracht werden), konnten sich einer Befragung durch die Polizei bisher entziehen. Es spielte ja keine Rolle, ob sie Zeuge oder Beschuldigter sind; niemand musste mit einem Ermittler reden.

    Nun gibt es für Polizeibeamte die Möglichkeit, jede Person erst mal als Zeugen vorzuladen – auch wenn im Hintergrund vielleicht schon ein gewisser Tatverdacht schwebt. Die Erscheinenspflicht führt zumindest zu erhöhten Möglichkeiten, den „Zeugen“ auf die Dienststelle zu bekommen und ihn dort entsprechend zu bearbeiten. Gerade bei Menschen, die sich ihrer Rechte nicht sicher sind, führt dies zu der Gefahr, dass diese als vermeintlich erscheinens- und aussagepflichtiger Zeuge erst mal Angaben zur Sache machen, die sie ohne Pflicht zum Erscheinen nie gemacht hätten.

    Der Zeitpunkt, in dem ein Zeuge dann zum Beschuldigten wird und entsprechend zu belehren ist, lässt sich somit kreativ weit nach hinten verlagern. Wobei sich in einem Land wie Deutschland, in dem man sich seit jeher nach Kräften vor Audioaufnahmen bei Vernehmungen wehrt, der Zeitpunkt einer Beschuldigtenbelehrung nachträglich ohnehin kaum festzustellen ist.

    Wer sich künftig auch nur ansatzweise Sorgen macht, zu Recht oder zu Unrecht in eine Sache reingezogen zu werden, wird es nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes nicht leichter haben. Zeuge kann innerhalb von Sekunden jeder werden, und das völlig unverhofft. Umso wichtiger wird es dann sein, dass man die dürftigen Rechte zumindest ansatzweise kennt, die man im Umgang mit der Polizei künftig noch hat.“

    Quelle: https://www.lawblog.de/index.php/archives/2017/06/23/schoene-neue-zeugenwelt/

    Glauben die, sie können uns mit diesem Gestapo-Scheiß beeindrucken?

    1. Erstmal, Danke für den ausführlichen Text :-)

      Anzumerken ist hier, wenn jemand als „Zeuge“ vernommen wird, seine Aussage trifft, diese auch auf Teufel komm raus beibehalten muss!
      Wenn ein Beamter die gestellten Fragen wiederholt, die man schon beantwortet hatte, dann ist es ein starkes Indiz dafür, das man den Zeugenstatus verloren hat und zu widersprüchlichen Aussagen genötigt werden soll!
      Die Aussage „Ich habe so vor mich hin geträumt und nicht auf meine Umwelt geachtet!“ kann da schon Lebensrettend sein, hakt der Beamte nicht nach, so ist alles in Ordnung, allerdings, sollte man doch zum Anwalt gehen und sich auf eine zweite Zeugenvernehmung vorbereiten lassen!

      „Jedes Wort kann und wird Ihnen im Munde umgedreht und gegen Sie verwendet werden!“

  7. Wie kann ich mich an der Verfassungsbeschwerde gegen diesen Oberspitzel Maas beteiligen, wegen diesem Gesetz mit dem Staatstrojaner?

  8. Finde ich jetzt alles nicht so Tragisch…

    Aber und jetzt kommts, um jemanden einen Trojaner unter zu schieben brauchts ja nun kein große Sachkenntnis ein bisschen Erfindergeist vielleicht das nicht jedes handelsübliche Antivirenprogramm den Trojaner gleich als solches erkennt und diese in die Quarantäne verschiebt.
    Ein Trojaner ist eigentlich auch nicht das große Problem sondern die Programme die der Trojaner nach lädt und dazu benötigt man ein Zero Day (einfach ausgedrückt eine Software Schwachstelle, am besten irgendwo im Betriebssystem womit sich das Betriebssystem angreifen und auch Fernsteuern lässt) die Zero Days sind in der Regel nicht gerade billig und man bekommt sie auch nicht um die Ecke bei Aldi oder Lidel nachgeschmissen.
    Also in der Regel kosten die nen paar Millionen und man kauft Zero Days in irgendwelchen Illegalen Bereichen im Internet, also ich glaube kaum das die NSA welche an das BKA Verschenkt.
    Im Übrigen werden solche Zero Days unter anderem auch für diese Ransomware Attacken wie in der letzten zeit mit Petya und WannaCry benutzt um Betriebssysteme zu verschlüsseln um nur gegen Bares wieder zu entschlüsseln genutzt.

    Also einfach ausgedrückt und worauf ich vor allem hinauswill, ist das sich unsere Strafverfolgungsbehörden mit diesem Trojaner und der Software auf sehr dünnem Eisbewegen sie machen sich nämlich selbst strafbar da sie illegale Software benutzen um anderen Illegales nach zu weisen. Dazu sollte man vielleicht auch noch sagen das es denkbar einfach ist jemanden Illegales unter zu schieben wenn es nicht gleich auf Anhieb klappt jemanden was illegales nachzuweisen.

  9. In letzter Zeit bemühe ich mich – um ein Minimum an Entspannheit aufrecht zu erhalten – nicht allen unangenehmen Themen direkt ins Gesicht zu blicken. Dass das Netz nun ein rosa Schleifchen trägt und sich über Befindlichkeiten und Meinungen meiner Zeitgenossen zu informieren deutlich mehr Investition an Zeit erfordert, habe ich ohne bewusstes Wissen über das geniale Gesetz des Herrn Maas ärgerlich zur Kenntnis genommen.
    Ist es noch erlaubt sich hierüber zu beschweren, wenn ich ein schönes Männchen dabei mache?
    Es ist so bedrückend in dieser Zeit sinnloser Regelwut als Teil der großen Masse, zum potentiellen Täter gestempelt, jederzeit kontrolliert, vorauseilend bedroht zu werden. Da kann ich so richtig genießen, dass es uns „so gut geht wie noch nie.“

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.