Wikipedia zur kostenlosen Tauschbörse umfunktioniert

Infrastruktur in Angola. CC BY 2.0, via flickr/Malcolm Manners

Internetnutzer in Angola haben einen Weg gefunden, um kostenlos (mitunter urheberrechtlich geschützte) Dateien auszutauschen – und das in einem Land, in dem Mobilfunkanbieter 2,50 Dollar für 50 Megabyte verrechnen, bei einem Medianeinkommen von 720 Dollar pro Jahr.

Wie Motherboard berichtet, haben die Nutzer kurzerhand Wikipedia und das Zero-Rating-Angebot des Netzbetreibers Unitel zusammengerührt, das Zugriffe auf die Plattform vom monatlichen Transfervolumen ausnimmt. Das manchmal in JPEG- oder PDF-Dateien versteckte Material landet dann in Wikipedia-Artikeln, die Links darauf werden über eine geschlossene Facebook-Gruppe weiterverbreitet.

It’s an undeniably creative use of two services that were designed to give people in the developing world some access to the internet. But now that Angolans are causing headaches for Wikipedia editors and the Wikimedia Foundation, no one is sure what to do about it.

Bisherige Versuche, die Praxis zu verhindern, indem etwa ganze IP-Adressbereiche aus Angola für das Editieren von Wikipedia-Artikeln gesperrt wurden, sind bislang relativ erfolglos und nicht ohne Nebenwirkungen für konventionelle Wikipedia-Nutzer geblieben. Wo ein Schlupfloch, findet sich schließlich meist auch ein Weg – was auch für die leicht zu umgehenden Netzsperren gilt, die in Europa immer wieder auf der Tagesordnung stehen.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

10 Ergänzungen

  1. Danke für den Link. Es lohnt sich sehr den Artikel vollständig zu lesen. Letztendlich ist das Agieren der Angloanischen Wiki Nutzer nur konsequent. Der Systemfehler im Denken Wikis wird in diesen Fall nur einfach offensichtlicher als das gleiche Verhalten von Google oder Amazon. Ist aber identisch. Es ist eine Scchimäre zu glauben, facebook oder WIKIMEDIA würden der 3. Welt etwas „schenken“ im Bestreben der Weltbildung. Jetzt haben die Afrikaner halt das System, bei dem nur Weiße aus dem Valley profitieren sollten, gekapert.

    1. Die Angolaner können doch problemlos die Wikipedia-Inhalte spiegeln und auf die Nutzung der bösen Wikimedia-Foundation-Server verzichten. Das wäre konsequentes Handeln, würde man ein Angebot nutzen wollen ohne dafür durch ‚Daten‘ zu zahlen. Wieso die Nutzung von Wikipedia als Fileserver für Nicht-Wikipedia-Inhalte ein sachlich und logisch folgerichtiges (a.k.a. konsequent) Vorgehen ist, erschließt sich mir hier nicht.
      Ich kann auch der Argumentation nicht folgen, dass dies ein Zweiklassen-System schafft. Das Zweiklassen-System ist doch schon längst da – die, die sich Internet leisten können und die, die es nicht können.
      Übrigens, Datenfernübertragung war ja auch in Deutschland nicht immer für 20 EUR zu haben. Meine Telefonrechnungen lagen bei bis zu 500DM im Monat als Fido-Node. Entweder konnte man sich das leisten oder halt nicht.

  2. Die Wikipedia wird echt immer schlimmer. Erst die unzähligen Löschorgien wegen fragwürdiger Relevanzkritieren und jetzt noch das komplette Blocken eines Landes. In meinen Blog sammle ich solche Vorfälle.

  3. Steganographie in Bildern und Videos ist nichts Neues. Weshalb aber spürt Wikipedia sowas nicht auf? Es sollte doch ersichtlich sein, wenn ein Bild mit bestimmten Pixeln (ungefähre Größe berechnen) zu groß ist. Oder etwa nicht?

  4. Geil. Ich freue mich darüber, dass Leute dort das zero-rating unterminieren. Hoffentlich sind die Auswirkungen derbe genug, dass die Anbieter das ganze Modell wieder verklappen können. Netzneutralität aushebelnde Kacke, elende!

  5. Eine der Dinge, die Kritiker vorausgesagt haben, als die Verletzung der Netzneutralität durch das ominöse Wikipedia Zero diskutiert wurde.

    Die Wikimedia Foundation, die eigentliche Treiberin dieses auch in anderer Hinsicht gescheiterten fragwürdigen Deals mit Mobilprovidern, wird aber auch hier keinerlei Einsicht zeigen.

    1. Die Einsicht wird wohl dann kommen, wenn Sie in Deutschland über die Störerhaftung, und in US über die ( üppige ) Verwertungshaftung zur Kasse gebenten werden. Selbst wenn es „Nur“ US mäßig auf die Anwendung des DMCA als Ausrede hinauslaufen sollte, das bindend enorme Kapazitäten und finanzielle Mittel. Lustig ist wie die üblichen Verdächtigen diesen Mißbrauch ,und den betriebenen Digitalen Kolonialismus in Afrika rechtfertigen wollen. Da wird allen ernstes über den tollen Nebeneffekt schwadroniert, dass die Afrikaner dadurch proaktiv lernen, die Funktionsweise des Internets zu verstehen, und das abzuwägen sei gegenüber den Interessen von copyright geschädigten. Dazu 2 cents. Zunächst, da ist ein übler Valley Rassismus der zumindest mich wenig wundert. Untermenschen in Afrika, vermutlich denken die auch, da die nie aus dem valley hinausgekommen sind, dort wird üblicherweise über digerredoo kommuniziert. Aber ich bin mir sicher, auch hier werden die üblichen Verdächtigen wieder den Nonsens Floskeln der Valley neoliberlaen folgen.

  6. Ich sagte ja zum Thema „Jeder kann absolut geheim kommunizieren“ …
    niemand, absolut niemand, prüft ob an einer .jpeg eine .rar hängt …
    die Angolianer (ist das richtig so?) beweisen Verstand und Willen zum „um die Ecke denken“.
    Chapeau … hacking at its best. :D
    Leider wird das evtl. dazu führen das hier ein Filter kommt.
    Aber auch dafür findet sich dann ein Workaround. ;)

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.