Vereinte Nationen: Sonderberichterstatter kritisiert neues BND-Gesetzespaket

Es wurde nicht einmal der Versuch unternommen, die parlamentarische Kontrolle zu stärken. So lautet das Fazit des UN-Sonderberichterstatters zum BND-Gesetzespaket. Außerdem stellt er zwei Verstöße gegen völkerrechtliche Verträge fest.

Selbst die Vereinten Nation kritisieren das BND-Gesetzespaket.
Selbst die Vereinten Nation kritisieren das BND-Gesetzespaket. – CC BY-NC 2.0 via flickr/isriya

Der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Privatsphäre, Joseph Cannataci, legte der UN-Generalversammlung vergangene Woche seinen ersten Bericht vor. Darin zieht er Bilanz über die bisherige Arbeit und geht auf aktuelle Entwicklungen ein. Cannataci äußert sich auch zum verabschiedeten BND-Gesetzespaket.

Der Posten des UN-Sonderberichterstatters für das Recht auf Privatsphäre existiert erst seit Juli 2015. Sein Aufgabenbereich stützt sich auf Artikel 12 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Daraus leiten sich unter anderem die Aufgaben ab, die Entwicklung der Privatsphäre zu überwachen und über mögliche Verstöße dagegen zu berichten. Er soll sich außerdem aktiv für den Schutz und die Verbesserung der Privatsphäre einsetzen.

„Mehr als enttäuschend“

Cannataci äußert Bedenken gegenüber dem BND-Gesetzespaket, zum Beispiel gegenüber dem neu geschaffenen Kontrollgremium. Schon in der Vergangenheit gab die parlamentarische Geheimdienstkontrolle in Deutschland Anlass zur Sorge. Er teilt die Sorge des Menschenrechtskommissares des Europarats (pdf), Nils Muižnieks, inwieweit eine kleine Gruppe von Abgeordneten die rund 6.500 Mitarbeiter starke Behörde überhaupt kontrollieren kann.

Als Gegenbeispiel führt Cannataci den von der britischen Regierung geplanten „Investigatory Powers Bill“ an. Anders als bei dem BND-Gesetzespaket wird hier wenigstens versucht, die parlamentarische Kontrolle teilweise zu verbessern. Dementsprechend vernichtend fällt sein Fazit dazu aus:

(Deutschland) ist auf dem besten Weg, Großbritannien als Land mit dem schwächsten Kontrollapparat in der westlichen Welt, im Verhältnis zur Größe seines Geheimdienstes, abzulösen.

Er prangert außerdem die Unterscheidung zwischen Bürgern und Ausländern bei der Überwachung durch den Bundesnachrichtendienst an. Das würde einen Verstoß gegen Artikel 17 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte darstellen. Dieser gewährt allen Bürgern der Mitgliedsländer ein Recht auf Privatsphäre.

Cannataci fasst seine Kritik in vier Punkten zusammen.

  1. Die Voraussetzungen für eine Überwachung sind zu vage und weit gefasst.
  2. Die Massenüberwachung durch den BND wird legalisiert.
  3. Es wird keine unabhängige Kontrolle geschaffen.
  4. Das neu geschaffene Kontrollgremium ist „hoffnungslos unzureichend“.

Das Gesetzespaket kommentiert er abschließend mit folgenden Worten:

Anstatt dem Sonderberichterstatter ein Musterrecht zu bieten, das als gutes Beispiel für andere Länder dienen könnte, hat die Bundesregierung etwas geschaffen, das mehr als enttäuschend ist.

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6 Ergänzungen

  1. Who the fk is Cannataci,schallt es unisono aus der BND Zentrale,Kanzleramt und im deutschen Innenministerium und man ging zur Tagesordnung über.

  2. Die UN fand auch den Irakkrieg nicht gut, trotzdem sind 600k Zivilisten gestorben. Kommt doch da bitte nicht mit Überwachung, die Geheimdienste scheren sich einen Dreck um Menschenrechte.

  3. Bitte, Daten sind ja wohl kein Schriftverkehr und das Internet findet ja wohl im rechtsfreien Weltcyberraum statt! :D

    Artikel 17
    (1) Niemand darf willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie,
    seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen seiner Ehre
    und seines Rufes ausgesetzt werden.
    (2) Jedermann hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder
    Beeinträchtigungen.

    1. Das ginge heute eigentlich nur noch dann, wenn man auf digitale Kommunikation übers Internet vollkommen verzichten würde. Ansonsten hat man alle unliebsamen Folgen vor Augen, da das Internet sich um Rechtsräume und Gesetze nicht scherrt. Geheimdienste sind zudem nur ein kleiner Teil dessen, der in die Wohnung als ungebetener Gast eindringen kann bzw. den Schriftverkehr aus dem Schreibtisch unsichtbar klauen kann, weil viele Nutzer gar nicht wissen, wie sie ihren Schreibtisch oder die digitale Wohnungstür überhaupt sicher verschließen können. Das ist auch teilweise genau so gewollt durch gezielte Desinformationen, insbesondere zu IT-relevanten Dingen insbesondere in Foren, Gruppen in Sozialen Netzwerken, Vermarktung von unsicherer IT durch Medien (Windows 10 und Co.) usw.

      Streng genommen ist das Internet nicht vereinbar mit unserem GG. Und das war es auch noch nie. Es hat schlicht nur eine lange Zeit keine große Rolle gespielt, da man auch gut ohne diesen Sachen leben konnte. Heute wird es allerdings langsam zum gesellschaftlichen Zwang und nun kollidieren alle möglichen Faktoren miteinander. EGovernment, GKV, KFZ-Versicherer, Kameraüberwachungsfreaks, alle springen sie auf den Zug auf, der ganz klar keinerlei Schutz der Daten, bzw. der neuen innovativen digitalen Akten bieten kann. Somit ist alles offen für fast jede auch noch so ungemütliche Zielgruppe. Man könnte das auch scherzhaft als Designfehler bezeichen :-)

  4. Massenüberwachung, keine unabhängige Kontrolle, sind zu vage und weit gefasst – ja, das ist abartig.
    Erinnert sich noch jemand an die NSA-eigene Dokumentation, wie verseucht die IT
    der UN mit NSA-Wanzen gewesen ist? Und wahrscheinlich noch ist?
    Wie POTUSSE in spe Hillary Clinton die Anweisung gab, biologisches Material
    von UN-Mitarbeitern zu sammeln.
    Widerlich. Normal? Wie soll sich da etwas ändern?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.