Verbraucherschützer kritisieren Hotspot-Pläne des Kabelanbieters Unitymedia (Update)

Der Kabelnetzbetreiber Unitymedia springt auf den WLAN-Hotspot-Zug auf. Ähnlich wie seine Mitbewerber möchte das Unternehmen ein deutschlandweites Netz an WLAN-Hotspots bei seinen Kunden aufbauen. Verbraucherschützer kritisieren die automatische Einrichtung und erteilten eine Abmahnung.

CC BY 2.0 via flickr/Nicolas Nova

Wer in den deutschen Ballungsgebieten wohnt, kennt es zur Genüge: Die Mobilfunknetze sind oft überlastet und bieten nur langsames Internet. Die Netzbetreiber kommen mit dem Ausbau nicht hinterher. Da bietet sich der Ausbau der in Deutschland auf Grund der Störerhaftung immer noch wenig vorhandenen WLAN-Hotspots an. Nach Deutscher Telekom und Vodafone Kabel Deutschland springt nun auch Unitymedia auf den Hotspot-Zug auf. Weil der Aufbau tausender konzerneigener Sendeanlagen kostspielig und aufwendig ist, sollen stattdessen Kunden ihren heimischen Router für einen WLAN-Hotspot bereitstellen.

Dafür schaltet Unitymedia laut Webseite einen zweiten Anschluss am Router, der getrennt vom privaten Internetzugang ist. Bandbreite und Sicherheit sollen darunter nicht leiden, da privates und öffentliches Netz innerhalb und außerhalb des Routers voneinander getrennt sind. Von der Änderung sind nur Privatkunden betroffen.

Bedenklich ist dabei die Art der Verbreitung: Bei Unitymedia müssen sich Kunden aktiv gegen die Installation von „WifiSpot“ an ihrem Router durch einen Widerspruch wehren. Sonst wird er automatisch bereitgestellt. Informiert wurden die Kunden nach Medienberichten über die Änderungen nur über einen einzelnen Brief. Wer der Bereitstellung eines Hotspots an seinem Gerät widerspricht, kann allerdings auch keine anderen Hotspots des Unternehmens nutzen.

Verbraucherschützer kritisieren Vorgehen von Unitymedia

Kurioserweise ist aber selbst in den Geschäftsbedingungen (pdf) von einer Zustimmung der Kunden die Rede: „Der Kunde stimmt der Einrichtung und dem Betrieb eines WifiSpot Zugangspunktes an dem vom Anbieter dem Kunden bereitgestellten WLAN-Router neben dessen privater WLAN-Schnittstelle zu (Homespot)“, heißt es dort in Punkt 4.

Für sein Vorgehen erhielt Unitymedia am Mittwoch eine Abmahnung von der Verbraucherschutzzentrale NRW. „Es ist ein missbräuchlicher Umgang mit dem Vertragsverhältnis, wenn die Umwandlung von Kunden-Routern zu Hotspots von Unitymedia ohne ausdrückliche Zustimmung der Kunden erfolgt“, kritisieren die Verbraucherschützer in ihrer Pressemitteilung. Sie bemängeln noch eine weitere Klausel in den Geschäftsbedingungen:

Dem Unitymedia-Schreiben beigefügt sind Allgemeine Geschäftsbedingungen, die unter anderem vorsehen, dass Kunden die Nutzung des Hotspots nicht beeinträchtigen oder unterbinden und die Stromversorgung ihres Routers nicht über einen längeren Zeitraum unterbrechen dürfen. Die Verbraucherzentrale NRW hält diese Vorgaben für eine unangemessene Benachteiligung der Kunden und mahnt diese Klauseln ebenfalls ab.

Unitymedia-Sprecher Helge Buchheister erklärte dazu gegenüber netzpolitik.org: „Natürlich kann der WLAN-Router kurzzeitig ausgeschaltet werden. Wir haben hier wohl eine zu scharfe Formulierung gewählt. Hier werden wir möglicherweise nachsteuern, um weiteren Irritationen vorzubeugen.“

Carola Elbrecht vom Bundesverband der Verbraucherschutzzentralen kritisiert das Vorgehen von Unitymedia ebenfalls. Einseitige Änderungen der Vertragsbedingungen in Form der neu geschaffenen Geschäftsbedingungen zum WLAN-Hotspot seien unzulässig, kommentierte sie gegenüber netzpolitik.org. Im übrigen handele es sich bei der Klausel, die den dauerhaft zu gewährleistenden Betrieb des Hotspots betrifft, um eine rigorose Einschränkung. In Folge der Abmahnung müsse Unitymedia nun eine Unterlassungserklärung abgeben und die strittigen Teile ändern, erklärte Elbrecht zum weiteren Vorgehen.

Auch die Bundesnetzagentur prüft das Vorgehen von Unitymedia. Nach Beschwerden von Verbrauchern stehe sie mit dem Unternehmen in Kontakt: „Nach Rückmeldung durch Unitymedia wird die Bundesnetzagentur das weitere Vorgehen festlegen“, sagte Pressesprecher Michael Reifenberg gegenüber netzpolitik.org.

Ähnliches Vorgehen bei Vodafone Kabel Deutschland

Dabei ist Unitymedia nicht der erste Kabelbetreiber, der ein Netz von Hotspots mittels der Router seiner Kunden aufbaut. Ganz ähnlich lief die Einführung der „Homespots“ von Vodafone Kabel Deutschland ab. Der damals noch nicht zu Vodafone gehörige Kabelnetzbetreiber kündigte bereits 2013 die Einführung von öffentlichen WLANs an privaten Routern an. Eine explizite Zustimmung der Kunden wurde ebenso nicht eingeholt. Unterbleibt der Widerspruch, erfolgt die Installation des „Homespots“ automatisch. Im Falle eines Widerspruchs können Kunden aber auch die anderen WLAN-Hotspots nicht nutzen. Wie auch bei Unitymedia gilt hier das Prinzip der Gegenseitigkeit.

Verbraucherschützerin Carola Elbrecht ist auf Nachfrage vom ähnlichen Vorgehen Vodafone Kabel Deutschlands nichts bekannt. Die Bundesnetzagentur hat ebenfalls keine relevanten Beschwerden erhalten.

Ausnahmsweise ist es die Telekom, die zeigt, wie es richtig ablaufen sollte. Die Funktion „WLAN To Go“ müssen Kunden selber im Online-Kundenzentrum beauftragen. Die Bundesnetzagentur sieht das positiv: „In verbraucherrechtlicher Hinsicht wäre aus Sicht der Bundesnetzagentur ein ‚Opt-in-Verfahren‘ einem ‚Opt-out-Verfahren‘ gegenüber zu bevorzugen“, kommentierte sie gegenüber netzpolitik.org.

Routerzwang durch die Hintertür?

Und noch ein weiteres Problem gibt es: Die Hotspots können nur mit den Routern der Internetanbieter betrieben werden. Wenn ein privat gekaufter WLAN-Router angeschlossen ist, funktioniert die Teilnahme an wahlweise Homespot, WLAN To Go oder WifiSpot nicht. Nach Abschaffung des Routerzwangs im letzten Jahr bleibt also weiterhin ein Schlupfloch für Internetanbieter, ihren Kunden die Unternehmensgeräte unterzujubeln. Unitymedia weist dies gegenüber netzpolitik.org jedoch zurück: „Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Gesetz und der Einführung unserer WifiSpots. Das entsprechende Projekt startete bereits lange vor Bekanntwerden der Pläne für diese Gesetzesänderung.“

Kunden von Unitymedia, die ihren Router nicht als öffentlichen Hotspot zur Verfügung stellen möchten, können jederzeit telefonisch unter 0800-0009991 oder im Online-Kundencenter Widerspruch einlegen.

Update (23.5.16): Unitymedia hat auf die Abmahnung der Verbraucherschutzzentrale NRW reagiert und angekündigt einige der kritisierten Klauseln zu ändern, berichtet Heise Online. Im Interview erklärt Unitymedia-CTO Vorbeck:

In den angepassten Regelungen werden wir insbesondere klarstellen, dass nur eine dauerhafte Beeinträchtigung oder Unterbrechung des HomeSpots bewirkt, dass der Kunde dann seinerseits andere WifiSpots nicht nutzen kann. Ein vorübergehendes Abschalten des Routers, etwa während des Urlaubs, ist für den Kunden natürlich jederzeit möglich.

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15 Ergänzungen

  1. Ich habe auch gleich Einspruch bei UnityMedia eingelegt.
    Es ist schon eine Frechheit, wenn der Konzern mir nicht die Kontrolle über das Gerät lässt und ich genötigt werde, einen nervigen Anruf zu tätigen oder den Einspruch schriftlich einzureichen…

  2. Möglicherweise lag es an meinem Leseverständnis, aber wichtig wäre noch zu erwähnen, dass Kunden mit Business-Produkten von UM von dieser Regelung ausdrücklich NICHT betroffen sind.
    Für Router von Businesskunden ist die Einrichtung der Hotspots nicht vorgesehen. So jedenfalls die Antwort, die ich gerade telefonisch von der Kundenhotline auf meinen Widerrufswunsch bekam.

  3. Zählt das auch für KabelBW Kunden? Oder ausschliesslich den Bereich von Unitymedia? (Glaube NRW war UM-Land)

    1. Seit dem 01.04.2015 gibt es den Markennamen KabelBW schon nicht mehr und wird ebenso unter Unitymedia geführt. Von daher sollte sich die Frage von selbst beantworten.

  4. Ausländische Nachrichtendienste haben bei Unitymedia-Netzen Zugriffsmöglichkeiten, von denen Verfassungsschutz und BND nur träumen können.

  5. Ich als Unitymediakunde und Vielsurfer (Stichwort Tethering) kann das Vorgehen nur begrüßen.

    Da der Kunde sowohl eine Leistung erhält, als auch eine leisten muss, findet hier keine einseitige Belastung einer Vertragspartei statt.

  6. Hm, wann fängt den das PSI Amt an (unerklärbare Phänomentale IT), mal zu überlegen, ob wir in Deutschland auch noch erfahrene Programmierer (alte Hasen) haben, die wissen was so ein Computerprogramm kann?
    Warum suchen die denn immer nur junge unerfahrene Leute?
    Lieben Gruß SUSI

    1. > Warum suchen die denn immer nur junge unerfahrene Leute?

      Der IT-Kommerzielle-Komplex braucht formbare Biomasse.
      Konditionierung mittels positivem Verstärken ist bei jüngeren wirksamer.

      1. hätt ich nicht besser formulieren können… mit 36 nenn ich mich mal „alter hase“ Berufserfahrung oder so ist da aber nicht das entscheidene (die machen 30 jahre das gleiche) – nein, man muss den scheiß einfach begreifen, und gerne machen… Routingprotokolle, C#, PHP, Server – Admin, Zertifikate, echtes know how, das meiste auch selbst angeeignet…).
        Und mich will keiner… ich mach meine klappe auf, naja, und das was ich wirklich kann behaupten andere auch…. zum WLAN Hotspot… s.u.

  7. > Wenn ein privat gekaufter WLAN-Router angeschlossen ist, funktioniert die Teilnahme an wahlweise Homespot, WLAN To Go oder WifiSpot nich

    Den Quatsch braucht doch auch niemand. Wieviel kostet ein Freifunk-fähiges WLAN-Teil? 20 Tacken?
    Erstaunlich, dass man etwas, das frei und selbstorganisiert funktioniert, sich als Kommerzprodukt andrehen lassen will. Markt kaputt …

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.