USA: Wie misst das FBI seine Terrorabwehrfähigkeiten?

440 „gestörte“ Terrorgefahren – wie kommt das FBI zu dieser Zahl? | CC BY-NC-ND 2.0 by Jonathan

Das FBI (Federal Bureau of Investigation) ist dazu übergegangen, seine Erfolge im „Krieg gegen den Terror“ danach zu messen, wie viele Terrorgefahren sie „stören“ konnten. Wie Jenna McLaughlin bei The Intercept jedoch beschreibt, ist es gar nicht so leicht, herauszufinden, wie diese Zahl zustandekommt, was sie bedeutet und wie sie zu den Zahlen angeklagter oder verhafteter Terrorverdächtiger passt.

Für das Jahr 2015 gibt das FBI an, 440 Terrorgefahren gestört zu haben – doppelt so viele wie 2014 (2014), und drei Mal so viele wie für 2015 anvisiert worden waren. Wie die Washington Post berichtet, hat es im vergangenen Jahr jedoch nur 60 Verhaftungen im Zusammenhang mit Terrorismus gegeben. Eine Studie der George Washington University (pdf) zählte 71 Verhaftungen zwischen März und Dezember 2015, die mit der Terrormiliz ISIS verbunden waren. Viele von diesen Inhaftierungen betrafen Menschen, die versuchten auszureisen, materielle Unterstützen bereitzustellen oder Angriffe zu planen, die „im Wesentlichen imaginär“ waren.

Einem Dokument des Ministeriums für Innere Sicherheit zufolge hat es nur einen vereitelten Anschlag gegeben. Dabei handelte es sich um den Versuch von Elton Simpson und Nadir Soofi im Mai 2015, im US-Bundesstaat Texas eine Ausstellung von Mohammed-Karikaturen anzugreifen. Beide wurden von der lokalen Polizei erschossen, ein unspezifischer Hinweis des FBI auf einen der Angreifer wurde erst nach dem Vorfall bemerkt.

Auf Nachfragen, was eine Störung von Terrorgefahren darstellt und warum die Zahl so viel höher als die der Verhaftungen und Anklagen ist, reagierte das FBI nicht. In einem Dokument von 2013 kündigte die Sicherheitsbehörde an, die Anzahl an „Terrorgefahr-Störungen“ aus Transparenzgründen angeben zu wollen. Die Definition liest sich allerdings eher vage:

A disruption is defined as interrupting or inhibiting a threat actor from engaging in criminal or national security related activity. A disruption is the result of direct actions and may include but is not limited to the arrest; seizure of assets; or impairing the operational capabilities of key threat actors.

Von The Intercept befragte Expert_innen sehen zwei Möglichkeiten für die hohe Anzahl der vom FBI gestörten Terrorgefahren: Einerseits könnte sie dem Prestige des FBI dienen sowie seine Ausgaben rechtfertigen. Hierbei sei vor allem problematisch, dass das FBI Zielangaben für seine Terrorabwehr angibt. Dies könne dazu verleiten, Fälle, die eigentlich keine echte Gefahr darstellen, hochzuspielen um die eigenen Vorgaben zu erfüllen. Andererseits könnte die hohe Zahl auch für eine neue Herangehensweise des FBI stehen: Man gehe von „beobachten und berichten“ dazu über, Verdächtige einfach in irgendeiner Weise auszuschalten, so ein ehemaliger FBI Agent.

2013 stellte der Congressional Research Service fest, dass Strafverfolgungsbehörden immer aggressivere und proaktivere Techniken nutzen, um Terrorverdächtige zu fassen. So gebe es den „Al Capone“-Ansatz, nach dem Personen eher für minderschwere Verbrechen verhaftet werden, anstatt sie über einen längeren Zeitraum im Auge zu behalten, um Beweise für eine tatsächliche terroristische Gefahr zu sammeln. Einer anderen Methode nach stiftet ein „Agent Provocateur“ den Verdächtigen zu einem terroristischen Akt an, um ihn dann in flagranti zu ertappen.

Die American Civil Liberties Union (ACLU) warnte in einem Bericht von 2013 (pdf) vor den aggressiven Methoden des FBI und den möglichen Auswirkungen auf Unschuldige:

The FBI’s overbroad and aggressive use of its investigative and surveillance powers, and its willingness to employ ‘disruption strategies’ against subjects not charged with crimes can have serious, adverse impacts on innocent Americans. […] Being placed under investigation creates an intense psychological, and often financial, burden on the people under the microscope and their families, even when they are never charged with a crime. […] All the more so when a heinous crime like terrorism is alleged, and when the investigators are convinced the subject of their investigation is guilty but they just don’t have the evidence necessary for arrest.

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6 Ergänzungen

  1. Zitat:“Die American Civil Liberties Union (ACLU) warnte in einem Bericht von 2013 (pdf) vor den aggressiven Methoden des FBI und den möglichen Auswirkungen auf Unschuldige:“

    … sind wir nicht alle ein bisschen Schuldig?
    Ist es nicht die Aufgabe einer Institution (FBI, CIA, BND, VS, usw. usf.) den Grad und die Verwerflichkeit unserer Schuld zu bestimmen und uns Schuldige einer gerechten Gerichtsbarkeit zu überantworten?
    Was ist schon dabei, wenn man wegen knapp 91€ und einer veralteten Zündvorrichtung (Casio Uhr) in Guantanamo landet?
    Schließlich dient man so der Gesellschaft, nicht?

  2. Seit dem Frühstück habe ich schon (wieder) 415 Terrorgefahren gemindert – so ganz echt jetzt! Wie diese Zahl zustande kommt und welche Methoden ich dabei anwende, kann ich aus Gründen der persönliche Sicherheit nicht sagen. Zudem würde ein Teil meiner Antworten die Bundesregierung verunsichern und könnte geeignet sein, meinem Ansehen im Ausland zu schaden.
    (Hm – wäre angesichts der Bedrohungslage® eigentlich ein guter Zeitpunkt, von der Bundesregierung ein paar hundert Millionen für meine aufopferungsvolle Arbeit zu fordern…)

  3. Man kann Erfolg also an nicht geschehenen Dingen messen? Aha. Das ist ein sehr kontroverser Ansatz. Ich denke, dass man den Erfolg von Anti-Terror Maßnahmen so nicht messen kann. Und genau erklären was eine „Störung des Terrors“ den nun ist, kann das Militär auch nicht. Also ich halte da nicht viel von.

    1. Doch „der Amerikaner“ kann das!
      Wie?
      Nun, die CI&A hat bisher jede der anerkannten Terrororganisationen von den Taliban bis zum IS unterstützt und ausgebildet!
      Böse Zungen behaupten, das sie es auch jetzt noch tun, so für zum Lenken dieser Leute …
      Hat man solche grundlegenden Einblicke, dann ist es leicht … öhhmmmm … jahhhmmmm … daran seine Terrorabwehrfähigkeiten zu messen!

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.