Steuert das Computersystem oder der Fahrzeuginsasse?

Um es fahrerlosen Autos zu ermöglichen, auf öffentlichen Straßen fahren zu dürfen, müssen sie nicht nur im unübersichtlichen Stadtverkehr klarkommen, sondern auch rechtlichen Regeln genügen. Das betrifft auch die autonomen Google-Autos. Die US-amerikanische National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) teilte nun der Firma Alphabet Inc. – wie Google sich jetzt nennt – am 4. Februar brieflich mit, dass sich auch Computersysteme als Fahrer im rechtlichen Sinne eignen.

Reuters meldet heute dazu: Exclusive: „In boost to self-driving cars, U.S. tells Google computers can qualify as drivers“.

Laut Reuters schreibt die Behörde, sie werde…

…interpret „driver“ in the context of Google’s described motor vehicle design as referring to the (self-driving system), and not to any of the vehicle occupants.

Es käme auf das steuernde Computersystem an, nicht auf den Fahrzeuginsassen. Wie man bisherige rechtliche Hindernisse, etwa die Notwendigkeit eines Fußpedals zum Bremsen, abbauen kann, soll neu geregelt werden: Die Anforderungen für verkehrstüchtige autonome Fahrzeuge sollen in den nächsten sechs Monaten entstehen, um sie in „großer Zahl“ zuzulassen.

Seit Google im Oktober 2010 verlautbart hatte, dass erstmals einige vom Konzern modifizierte Toyota Prius vollständig autonom gefahren seien, steht also bereits der nächste wichtige Schritt bevor, nämlich die fahrerlosen Autos in den normalen Verkehr zu integrieren. Es gibt einen gewissen Wettlauf der Hersteller für autonome oder teilautonome Fahrzeuge, in dem die rechtlichen Regeln beim Testen der Prototypen natürlich hinderlich sein können. Die Zeit drängt, denn Alphabet/Google plant den Verkauf der selbstfahrenden Gefährte in etwa zwei Jahren.

Alphabet/Google hat sich bisher nicht zum Brief der NHTSA geäußert, man „evaluiere“ noch den Inhalt. Man werde aber wahrscheinlich mit den traditionellen Autobauern kooperieren, um fahrerlose Autos auf die Straßen zu bringen.

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14 Ergänzungen

  1. Es wird sehr spannend, wenn sich autonome Fahrzeuge gesetzes- und verordnungstreu im Strassenverkehr bewegen. Zum einen stellen sie ab einem gewissen Anteil vermutlich ein regulierendes Element dar, was sehr positiv waere. Zum anderen erfassen sie natuerlich jede Gefaehrung durch andere ziemlich beweissicher, und es wird sich die Frage stellen, ab wann sie Verstoesse anderer zur Anzeige bringen sollten…

      1. Das ist inhaltlich wie qualitativ etwas anderes. Es geht nicht um das verdachtsunabhaengige Speichern von Daten fuer den spaeteren Zugriff aus welchen Gruenden und eber welche Mechanismen auch immer. Die Frage stellt sich natuerlich auch, ist aber eben eine andere Frage.

        Ein autonomes Kfz kann Verstoesse mit hoher Sicherheit feststellen, dokumentieren und aktiv anzeigen(sic!), und es kann das alles auch technisch ohne nennenswerten weiteren Aufwand. Es hat die Sensorik, Speicher, Connectivity und eine Identitaet.

        Wie heute jeder Autofahrer auch, nur viel besser dokumentiert. Und die Frage ist legitim, ob man hinreichend gefaehrliche Verstoesse zur Anzeigen bringen laesst, im Interesse aller Verkehrsteilnehmer.

      2. Schlagen wir eine Brücke zur VDS … schon länger taucht immer mal die Frage wieder auf, ob man nicht eigentlich verpflichtet wäre Fußgänger anzuzeigen, wenn diese bei ROT über eine Fußgängerampel laufen. Voraussetzung dafür wäre natürlich, dass jeder Fußgänger auf dem Rücken und der Brust eine eindeutige IP trägt. Mit dem vernetzten Verkehr ist das nicht mehr nötig, das System erkennt automatisch, wenn einer bei rot drüber geht, wer sich weigert, die Vernetzungselektronik mit sich zu tragen, ist bei einem Unfall automatisch schuldig, was wegen Vorsatz auch noch den Verlust der Haftpflichtversicherung beinhaltet.

  2. Also, ich glaube nicht, das ein Mann sich vom Auto die Erlaubnis nehmen lassen wird, auf der Strasse selbst zu steuern.
    Etwas anderes ist es, wenn das Auto abhebt und den Luftweg benutzt.
    Dann wird vermutlich jeder dankbar sein für den Autopiloten.
    Vor allem, wenn wie bei Karlsson vom Dach jeder über das eigene Haus fliegt, bis er den Landeplatz gefunden hat.
    Bin gespannt, wann google dazu die ersten Bilder aus Amerika veröffentlicht – Universal Minions :-)
    Lieben Gruß Susi

    1. Die allermeisten Leute haben erstaunlicherweise durchaus oft besseres zu tun, als ihr Auto zu pilotieren. Das findet naemlich im Gegensatz zur Werbung idR in stark reguliertem, ueberfuellten und oft von massiven gegenseitigen Behinderungen gepraegten Raum statt. Selbst die Gernfahrer in meinem Bekanntenkreis legen keinen gesteigerten Wert auf den ueblichen Berufsverkehr…

  3. solange der computer die führerscheinprüfung besteht (den sehtest beim arzt nicht zu vergessen)
    und bei jedem update der software muss dieses natürlich wiederholt werden ;)

    warum nicht? gerne!

    falls man am ende doch noch selber fahren will/darf, schlage ich ein punktesystem gemäß stvo vor:
    1. vergehen = verwarnung (x jahre gültig)
    2. vergehen = keine manuelle fahrt mehr erlaubt (2*x jahre gültig)

  4. EX CSU Generalsekretär Wiesheu bräuchte sich dann nicht mehr besoffen ans Steuer setzen und Menschen totfahren.
    .

  5. Aber die traditionellen Autobauer werden einen Teufel tun, sich mit Google einzulassen. Im Gegenteil. Nicht ohne Grund wurde „HERE“ gegründet. Der Verbund wird zukünftig Daten aus den Fahrzeugen auslesen können, da wird Google bleich und neidisch werden. Und Zudem wird das datenschutzsicher auf Deutschen Servern gelagert werden. Autobauer wollen Autos verkaufen, nicht wie Google Daten. Es ist das Horroszenario traditioneller Autobauer, dass Kunden den verdacht haben könnten, das Auto liefert ein Bewegungsprofil an andere. Zudem gilt Google car in Fach automotive bzgl technologie und Design Kreisen als absolute Lachnummer. Zu Recht. Diesmal hilft das Marketing und die PR wenig weiter. Das Ei ist einfach lächerlich, und die Indention hinter dem Auto als Datensammeldrohe, schlicht zu durchschaubar. Aber es kann natürlich zur Verdeitigung der Bürgerrechte lächerlicher fahrender Eier auf die Straße gehen.gehen.

    1. Die traditionellen Autobauer werde die Daten nur genauso vermarkten, vielleicht so noch aggressiver weitergeben, denn sie haben nicht das Ecosystem zum selber Nutzen. Und natuerlich hat Google eine um Welten bessere Geschichte zum Thema IT- und Datensicherheit als jeder Autobauer.

      Und wer sich die Fertigungstiefe von Zulieferern ansieht weiss, dass es nicht wirklich schwer ist, ein akzeptables Auto bauen zu lassen. Das hat nicht das Prestige der bekannten Marken, aber dafuer eben auch nicht deren Einschraenkungen und Aufpreise. Und davor haben die wirklich Angst: dass Kunden vielleicht nicht mehr fuer den Stern zahlen, sondern fuer Funktion.

      1. Keine Ahnung, was „Netzkreise“ so denken. Ich rede ueber das Thema primaer in RL mit Leuten, die in der Branche arbeiten…

  6. So wie bei bargeldlos, wo der Staat jederzeit jeden per Knopfdruck mittellos machen kann, kann hier die USA per GPS jeden gewünschten Bereich mobilitätslos machen, oder sollen wir hier in D dann mit russischem oder chinesischem GPS uns rumfahren lassen?

    Computersysteme als Fahrer im rechtlichen Sinne? Der Fahrer hat ja so was wie ein Hausrecht, er kann bestimmen, wen er mitnimmt, und wen nicht ;)

    Fahrerlose Autos? Der nächste Schritt ist dann wohl das passagierlose Auto …

  7. Sobald das Thema Zulassung und Fahrerlaubnis geregelt ist werden imho die Versicherungen in den Markt einsteigen. Dann wird es spannend was sich schneller durchsetzt: das autonome KFZ oder der Elektroantrieb. Der Schwerpunkt der Lobby Arbeit der deutschen Kfz-Hersteller scheint bei letzterem zu liegen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.