Smart TV und Datenschutz: Es geht ums Geschäft

Das Landgericht Frankfurt am Main entscheidet morgen über eine Klage von Verbraucherschützern gegen Samsung. Der Vorwurf: Datenschutzverstöße und Intransparenz. Im Interview mit Datenschützern nehmen wir das Thema mal genauer unter die Lupe.

CC BY-SA Hans Olav Lien

Nach einer Musterklage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gegen die Samsung Electronics GmBH verhandelt das Landgericht Frankfurt derzeit einen Fall mit möglicher Symbolwirkung. Die Verbraucherschützer bemängeln am Beispiel eines konkreten Samsung Smart TV (Modell UE40H6270) im Wesentlichen zwei Punkte: Die Übermittlung personenbezogener Daten noch vor Zustimmung zu den Geschäftsbedingungen und der Datenschutzrichtlinie sowie intransparente Allgemeine Geschäftsbedingungen. Nachdem der Elektronikriese auf eine Abmahnung nicht reagiert hat, klagte die Verbraucherzentrale im vergangenen Jahr auf Unterlassung. Seit 19. Mai 2016 wird verhandelt, morgen Mittag soll das Urteil verkündet werden.

Zur Einordnung der Thematik haben wir mit Thomas Kranig und Andreas Sachs vom Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) gesprochen. Die unabhängige Landesbehörde hatte 2014 bis 2015 in einer mit anderen Datenschutzbehörden bundesweit abgesprochenen Prüfaktion unterschiedliche Smart TVs von 13 Herstellern auf die Einhaltung von Datenschutzstandards getestet. Außerdem hat sie für den „Düsseldorfer Kreis“ (die Aufsichtbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich) die Orientierungshilfe zu den Datenschutzanforderungen an Smart-TV-Dienste [PDF] verantwortet. Thomas Kranig ist Präsident des Landesamtes, Andreas Sachs ist Leiter des Technikreferats.

Berechtigte Vorwürfe

netzpolitik.org: Im Fall „Verbraucherzentrale NRW gegen Samsung Electronics“ geht es um den Umgang eines Smart-TV-Herstellers und -Betreibers mit persönlichen Informationen. Ein zentraler Punkt der Klage ist die Übermittlung personenbezogener Daten an Server von Samsung Electronics noch vor Zustimmung zu den Geschäftsbedingungen und der Datenschutzrichtlinie. Konkret geht es um die Übermittlung von IP-Adressen. Wie schätzen Sie den Vorwurf ein?

Thomas Kranig: Wir Datenschutzbehörden sagen klar, dass die IP-Adresse ein personenbezogenes Datum ist. Andere sehen das anders. In einem Verfahren, das der Bundesgerichtshof an den Europäischen Gerichtshof überwiesen hat, steht eine Entscheidung zu genau dieser Frage noch aus.

Andreas Sachs: Wir haben bei unserer Prüfung (PDF) vor eineinhalb Jahren festgestellt, dass tatsächlich fast alle Geräte beim Erstanschluss an das Internet eine Kommunikation mit den Servern der Gerätehersteller aufbauen und dabei technisch notwendigerweise auch die IP-Adresse übertragen. In manchen Fällen wurden dabei bereits erste allgemeine Internetinhalte auf den Fernseher geladen, etwa Wetterdaten für die Übersichtsanzeige. In den meisten Fällen ging es dabei jedoch darum, Nutzungsbedingungen und Datenschutzerklärungen, die nicht im Speicher des Gerätes abgelegt sind, in der aktuellsten Form herunterzuladen.

netzpolitik.org: Das gibt im aktuellen Fall auch Samsung an. Gibt es für diese Übermittlung noch vor der Zustimmung zu den AGB einen triftigen Grund?

Andreas Sachs: Das haben wir die Gerätehersteller natürlich auch gefragt. Begründet wird dies mit der Auswahl der richtigen Sprachoption und der notwendigen Aktualität der Datenschutzbestimmungen.

netzpolitik.org: Ist das Ihrer Meinung nach ein valides Argument?

Thomas Kranig: Aus unserer Perspektive ist das eher nicht zulässig. Der Kunde muss die Möglichkeit gehabt haben, vorher zu wissen, was mit seinen Daten passiert und müsste dafür natürlich die Datenschutzbestimmungen gelesen und ihnen zugestimmt haben.

Thomas Kranig und Andreas Sachs, Bayerisches Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA)
Thomas Kranig und Andreas Sachs. Foto: Bayerisches Landesamt für Datenschutzaufsicht

Andreas Sachs: Unser Test hat zudem ergeben, dass manche Geräte beim Erstanschluss ebenfalls die eindeutigen Geräte-IDs mit übertragen. Das ist in jedem Fall unzulässig, weil diese für den Download der Nutzungsbedingungen und der Datenschutzbestimmungen in der aktuellsten Form und der richtigen Sprache nicht notwendig sind.

netzpolitik.org: Wie stehen Sie zum zweiten zentralen Vorwurf der Verbraucherschützer, dass die mindestens 56-seitigen AGB und die Datenschutzbestimmungen, die am Fernsehbildschirm durchblättert werden müssen, eine angemessene Information der Nutzer nicht gewährleisten?

Thomas Kranig: Diese Datenschutzbestimmungen werden ja in erster Linie nicht für Kunden gemacht, damit diese sie verstehen, sondern damit Rechtsanwälte sich ausreichend informieren und keine Lücken finden können. Deshalb sind sie so umfangreich, worunter dann die Nutzerfreundlichkeit leidet. Rein aus der Brille des Datenschutzes sind die Anforderungen zwar erfüllt, wenn dort irgendwo drin steht, was mit den Daten passiert. Im Idealfall weiß der Kunde dann, worauf er sich einlässt, wenn er diese Dienste nutzt. Aus verbraucherschutzrechtlicher Sicht muss aber eben geklärt sein, dass Nutzer die Texte tatsächlich verstehen. Transparenz wäre in dem Bereich das oberste Gebot: Die Kunden müssen die Chance haben, zu verstehen, welche Daten zu welchen Zwecken erhoben werden und wie damit umgegangen wird. Deshalb ist gut, dass die Verbraucherverbände intensiv prüfen, ob das noch lesbar und angemessen ist und den Vorschriften des AGB-Rechtes entspricht. Die AGB und Datenschutzbestimmungen zu dem konkreten Gerät, um das es in der Klage geht, habe ich nicht gelesen, deshalb will ich da nicht spekulieren. Aber es ist eben ein grundsätzliches Dilemma, das wir da haben.

netzpolitik.org: Das Transparenzproblem besteht natürlich nicht nur im Fall Samsung.

Thomas Kranig: Es gibt gute Überlegungen, solche Nutzungsbestimmungen zweistufig zu gestalten: Vorweg zum Beispiel eine Art Management Summary, mit dem über die wichtigsten Punkte informiert wird. Oder Informationspiktogramme, wie es sie inzwischen beim Herunterladen von Apps gibt, um einfach verständlich zu machen, welche Berechtigungen erteilt werden. Und für die wirklich Interessierten gäbe es dann noch die Langfassung, in der alles nachvollziehbar ist. Wir sehen dem Urteil jedenfalls mit Interesse entgegen, gerade weil der Fall auch als Musterprozess mit Symbolwirkung angelegt ist.

Umfangreiche Profilbildung möglich

netzpolitik.org: Lassen Sie uns nochmal über diesen Fall hinausschauen und etwas grundsätzlicher über Smart TVs und Datenschutz sprechen. Wer bekommt meine personenbezogenen Daten, wenn ich einen Smart TV nutze?

Andreas Sachs: Der Empfängerkreis hängt stark davon ab, wie die Smart TVs genutzt werden. Es kommen hier unterschiedlich Akteure zusammen: Zum einen Gerätehersteller und die Betreiber der Smart-TV-Plattformen, was häufig die selben Unternehmen sind. Dann gibt es die Betreiber der App-Stores – im aktuellen Fall ist das ebenfalls Samsung – und die App-Anbieter wie Youtube oder Amazon. Außerdem im Fall von HbbTV auch die jeweiligen Fernsehsender.

HbbTV im Einsatz. CC BY 2.0, Acid Pix
HbbTV im Einsatz. CC BY 2.0 Acid Pix

netzpolitik.org: HbbTV ist in Zusammenhang mit Datenschutz ein häufig genannter Aspekt. Die Hybrid-broadcast-broadband-TV-Funktion ermöglicht es Nutzern, parallel zum linearen TV-Signal auch Webinhalte aufzurufen, die von den Fernsehsendern bereitgestellt werden. Sie wird durch Knopfdruck auf den sogenannten „Red Button“ auf der Fernbedienung aktiviert und ermöglicht zum Beispiel parallele Social-Media-Diskussionen. Welche Daten werden hier an wen übermittelt?

Andreas Sachs: Diese Funktion ist mittlerweile Standard in allen Geräten. Beim Abruf der HTML-Inhalte können die Fernsehsender damit Daten erfassen, die auch bei der Nutzung eines normalen Browsers erfasst werden. In unserem Test haben wir festgestellt, dass auch Cookies gesetzt werden, die die Basis für umfangreiches Tracking darstellen. Es ist damit also zumindest potenziell eine Bildung von Nutzungsprofilen auf Seiten der Programmanbieter möglich.

netzpolitik.org: Wie steht es in diesem Zusammenhang um den Einsatz Third-Party-Trackern wie Google Analytics?

Andreas Sachs: Würden die einzelnen Fernsehsender ein Verfahren wie Google Analytics für das HbbTV-Tracking nutzen, dann würden zumindest theoretisch bei Google die Informationen zu einem Gesamtbild zusammengeführt werden können. Wir haben das bei unserer Prüfung aber nicht mehr festgestellt. Die Fernsehprogrammanbieter haben früher wohl Google Analytics genutzt, inzwischen setzen sie aber auf eigene Tracking- und Analyseprodukte. Vor allem Sendergruppen haben selbst Verfahren entwickelt, die senderübergreifendes Tracking bei allen Sendern der eigenen Gruppe ermöglichen.

netzpolitik.org: Gibt es denn Informationen darüber, wofür die Fernsehsender das Tracking einsetzen? Wird personalisierte Werbung geschaltet?

Thomas Kranig: Offiziell haben wir noch keine Erkenntnisse, dass die via HbbTV gewonnen Daten für personalisierte Werbung eingesetzt werden. Die Fernsehsender haben den Datenschutzaufsichtsbehörden mitgeteilt, dass sie nur an einer Messung der technischen Reichweite interessiert sind, um zu prüfen, ob und wie HbbTV überhaupt genutzt wird und ob sich das Angebot lohnt. Es ist allerdings schon so, dass personalisierte Werbung hier das Potenzial hat, ein sehr attraktiver Markt zu werden. Wir beobachten deshalb die Entwicklung sehr genau. Man muss allerdings auch sagen, dass die Möglichkeiten zur Personalisierung auf Grundlage von HbbTV auch Grenzen hat: Die Fernsehsender können darüber nicht auf die Smart-TV-Plattform des Geräts zugreifen. Sie können zum Beispiel nicht sehen, welche Programme mit dem Rekorder aufgezeichnet werden oder welche Apps installiert sind. Das Tracking bezieht sich hier nur auf das eigene Angebot und das parallele Surfverhalten.

netzpolitik.org: Aber die Plattformbetreiber und Gerätehersteller haben diese Informationen?

Thomas Kranig: Ja, HbbTV ist davon aber isoliert zu betrachten. Die Programmanbieter haben nicht die Möglichkeit, Daten über das komplette Nutzungsverhalten zu sammeln. Anders bei den Plattformbetreibern: Je nach Gerät erfahren sie, wann ich mit dem digitalen Rekorder eine Aufnahme mache, was ich aufnehme, welche Apps ich runterlade und wie ich sie nutze. Sie können auch die Informationen sammeln, welches Programm wann geschaut wird. Die umfangreichen Nutzungsprofile entstehen also eher auf Seiten der Plattformbetreiber beziehungsweise der Gerätehersteller. Sie nutzen diese Informationen etwa für den Betrieb von personalisierten Programmempfehlungen: Jemand, der sich in der Vergangenheit für Krimis interessiert hat, wird wohl auch den Krimi heute Abend interessant finden. Das ist jedenfalls potenziell möglich – je nachdem, ob die Nutzer sagen, sie möchten diese Dienste nutzen oder nicht.

netzpolitik.org: Gerätehersteller wie Samsung sind häufig sowohl die Betreiber der Smart-TV-Plattformen als auch die Anbieter dieser Elektronischen Programmführer. Gibt es hier schon Erkenntnisse, inwieweit die personenbezogenen Daten, Tracking und Profilbildung auch für personalisierte Werbung eingesetzt werden?

Thomas Kranig: Zunächst muss man sagen, dass diese personalisierten Empfehlungsdienste eigene Produkte sind, sodass man der Datennutzung hier nochmal extra zustimmen muss. Falls man das tut, haben die Betreiber tatsächlich sehr umfangreiche Möglichkeiten der Profilbildung. Vor eineinhalb Jahren, als wir unsere Prüfung gemacht haben, stand das noch eher in den Kinderschuhen, sodass wir dazu kaum Erkenntnisse haben. Aber personalisierte Werbung ist ganz sicher ein zentraler Punkt.

Profilbildung oder Einbahnstraßen-TV

netzpolitik.org: Kann man in Anbetracht der datenintensiven (potenziellen) Geschäftsmodelle im Bereich Smart TV noch davon sprechen, dass Smart-TV-Nutzer beim Fernsehen anonym bleiben?

Andreas Sachs: Im Allgemeinen: Nein. Sobald der Smart-TV an das Internet angeschlossen wird, ist eine anonyme Nutzung bei den meisten Geräten nicht mehr möglich – da zumindest immer die IP-Adresse übertragen wird. Eine anonyme Nutzung wäre dann weiterhin möglich, wenn der Ansatz „Privacy by Design“ und „Privacy by Default“ konsequent umgesetzt würde.

Thomas Kranig: Alle Produkte sollten bei der Auslieferung immer die datenschutzfreundlichste Voreinstellung haben. Die Datenübermittlungstüren sollten alle erstmal zu sein, sodass sie vom Nutzer jeweils geöffnet werden müssten, wenn er die Dienste nutzen will. Dieses begrüßenswerte Prinzip ist jedoch erst mit Inkrafttreten der EU-Datenschutzgrundverordnung im Mai 2018 verbindlich.

EFF-Aktivist Parker Higgins stellt einen Abschnittt aus Samsungs Endbenutzer-Lizenzvertrag einer Passage aus Orwells 1984 gegenüber
EFF-Aktivist Parker Higgins stellt einen Abschnittt aus Samsungs Endbenutzer-Lizenzvertrag einer Passage aus Orwells 1984 gegenüber

netzpolitik.org: Wie sähe das denn konkret aus?

Andreas Sachs: Dies würde bedeuten, dass dem Nutzer die vollständige Konfigurationsmöglichkeit der Nutzung der einzelnen smarten Komponenten, also zum Beispiel Empfehlungsdienste, zentrales Startmenü oder HbbTV, möglich ist. Bei HbbTV würde dies beispielsweise auch bedeuten, dass die erste HbbTV-Seite nicht über das Internet, sondern über das Rundfunksignal übertragen wird. Erst mit einer aktiven Handlung des Nutzers, zum Beispiel dem Drücken des Red-Buttons, würde dann eine Internet-Kommunikation notwendigerweise aufgebaut. Da mit einem solchen Verfahren gewisse Einschränkungen, etwa in Hinblick auf Latenzzeit und Bandbreite, verbunden sind, sowie ein Tracking nicht mehr möglich ist, wird dieses von den Programmanbietern nicht vorangetrieben – der HbbTV-Standard würde das aber schon unterstützen.

Thomas Kranig: Grundsätzlich gilt natürlich schon heute, dass Verarbeiter sich für jedes Datum überlegen sollten, ob sie es wirklich benötigen. Letztendlich ist es aber so, dass die eben besprochenen Prozesse in Ordnung sind, wenn sie transparent sind und der Nutzer sagt, dass er sie billigt. Ein Programmführer, der mich immer auf Sportveranstaltungen hinweist, der braucht die Informationen.

netzpolitik.org: Rein datenschutzrechtlich gibt es also nicht so viel zu bemängeln. Naiv gefragt: Gibt es bei Smart TVs denn auch alternative Modelle, die nicht nach dem Prinzip „Persönliche Daten gegen Dienstleistung“ funktionieren? Zum Beispiel ein Programmführer, dem ich selber sage, was meine Präferenzen sind, anstatt dass ich getrackt werde?

Thomas Kranig: Grundsätzlich ist das natürlich denkbar und wenn jemand das anbieten möchte, kann er das machen. Aber hier geht es um das Geschäftsmodell: Wer Smart-TV-Plattformen oder elektronische Programmführer anbietet, will damit etwas verdienen.

netzpolitik.org: Was können Verbraucher tun, die sich vor Profilbildung schützen wollen?

Thomas Kranig: Die Fernseher, die heute verkauft werden, sind im Prinzip ja alle Smart TVs. Samsung hat mit dem veröffentlichten Statement gewissermaßen recht, dass niemand gezwungen ist, den Fernseher ans Internet anzuschließen. Für diejenigen, die keine Datenübertragung und -verarbeitung möchten, heißt es dann aber eben weiter Einbahnstraßen-TV. Wichtig ist, dass man sich vorher informiert. Möchte ich die App nutzen? Möchte ich den Empfehlungsdienst aktivieren? Personenbezogene Daten sind hier eben die Gegenleistung. Die Betreiber machen ein Angebot und die Nutzer müssen entscheiden, ob sie sich darauf einlassen. Es muss aber eben Transparenz vorherrschen. Von daher verfolgen wir interessiert, wie das Urteil in Frankfurt ausfällt.

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24 Ergänzungen

  1. Das ist das Problem, dass wir keine klare Gesetzgebung haben, die das verbietet und unter massive Strafen stellt (massiv = bei einem Massenverstoss droht eine so hohe Geldstrafe, dass das Unternehmen faktisch liquidiert wird).

    Früher haben Unternehmen Produkte verkauft und über die Nutzung keinerlei Informationen bekommen. Und alles war gut. Jetzt, dank Internet, erlauben sich Unternehmen, Produkte herzustellen und mit ihren „Nutzungsbedingungen“ zu verknüpfen: „Ja, also wenn Du das gerade für viel Geld erworbene Gerät auch tatsächlich benutzen willst, dann sind wir als Unternehmen aber gefälligst mindestens dazu berechtigt, alles an Daten anzusammeln, was mit diesem Gerät gemacht wird.“
    Es gibt auf dem Markt faktisch keine Alternativen, denn alle Unternehmen rauben dem Nutzer diese Daten. Bei diversen Unternehmen ist das gar Geschäftsmodell.
    Ich halte das für schwer kriminell. Der Staat guckt dabei tatenlos zu bzw. schlimmer noch, freut sich sogar, wenn diese Daten gesammelt werden. Denn die können dann wiederum von geheimen Geheimdiensten geheim genutzt und ausgewertet werden.

    Der Bürger ist dabei nahezu komplett entrechtet.

    Wir brauchen ein ganz klares und eindeutiges Gesetz:
    Daten, die nicht zwingend zur Nutzung notwendig sind, dürfen gar nicht erst erhoben werden. Punkt. Bei Verstössen hat das Opfer grundsätzlich ein Recht auf Schadensersatz (und zwar in einer Höhe, die auch annehmbar ist und nicht wie in Deutschland: „Wie? Auge verloren? Na, das sind 5.000 Euro wert.“ Sowas ist weltfremd) und das Unternehmen sollte entsprechend zu astronomischen Strafzahlungen verpflichtet werden.

    Nur dann wird sich etwas tun. Vorher nicht.
    Da kann der Bürger mündig sein, wie er möchte. Wenn er solche Datenschleudern nicht will, muss er sich alternativ in eine Höhle setzen und die Fackel anzünden. Denn künftig sammeln vermutlich auch e-Glühbirnen Audioaufzeichnungen und leiten diese zur „Produktverbesserung“ an den Hersteller weiter. Denn eine normale Glühbirne tuts ja nicht.

    Da der Bürger jedoch an seiner eigenen Existenz offensichtlich kein Interesse zeigt, wird sich daran auch nichts ändern. Würden die Leute Erdbeerjoghurt mit Sägespänen nicht kaufen, würden Unternehmen so etwas nicht produzieren. Und so verhält sich das bei allen Produkten. Aber auf alles kann man leider nicht verzichten, auf Sägespänen-Erdbeerjoghurt dagegen schon, da gibt es Ausweichprodukte.

    1. Du bist nicht entrechtet und kannst die Schnüffellei selbst steuern / deaktivieren. Wer allerdings aus Angst vor Garantieverfall lieber die Überwachung nimmt hat halt Pech gehabt.

  2. Bei aller Liebe, aber das ist ne erschreckende Nummer. „Es geht ums Geschaeft“… ja worum denn sonst? Um den Weltfrieden? Und dass ein ans Internet angeschlossenes Geraet die IP an den Hersteller uebermittelt…. gab es da bei Android, iOS, Windows, MacOS und Co. eine aehnliche Klage?

    Smart-TVs sind Smartphones in gross. Alleine, dass dies ein Thema fuer dt. Gerichte ist zeigt doch, mit welcher Paranoia meine ehemalige Heimat sich den vermeintlichen Herausforderungen des 21. Jahrhundert stellt. #firstworldproblems waere da noch eine Verniedlichung

    1. Paranoia? Aus der Geschichte wohl nichts gelernt. Die Enthüllungen von Snowden sind wohl auch an der vorüber gegangen. Bis jetzt wurde noch alle angebliche Paranoia bezüglich Totalüberwachung von der Realität übertroffen.

  3. „Warum muss zum Beispiel BMW wissen, wie oft der Fahrer eine CD oder einen USB-Stick in die Multimedia-Anlage einsteckt? Oder wie viele Fahrer das Auto nutzen? Registriert werden nämlich auch die Verstellvorgänge des elektrischen Fahrersitzes, daraus sind entsprechende Rückschlüsse möglich.“
    https://www.tagesschau.de/wirtschaft/adac-ueberwachung-auto-101.html

    Smart-TV, PKW, Internet der Dinge…. Big Data rules. Feuchte Träume für staatliche Sicherheitsextremisten. Die machen mir am meisten Sorgen. BMW oder Samsung oder Google werden potentielle Kunden nicht in ein Lager stecken. Nationalstaaten schon.

    1. So läuft es. Zuerst kommt die Wirtschaft. Weil es die meisten Kunden so wollen, wenn man sie vor die Wahl stellt, bauen sie Produkte, die auf dumme Kunden zugeschnitten sind und dem Nutzer scheinbar das Denken abnehmen. Wird der Müll trotzdem nicht gekauft, wird an den Rahmenbedingungen geschraubt und die Politik solange bearbeitet, bis sie den Einsatz vorschreibt, oder die vernünftigen, einfachen, datensparsamen Dinge, an denen auch Menschen, die gern selbst denken, Freude haben können, werden nach und nach vom Markt genommen. Wenn der Datenrausch voll im Gange ist und die dreckige Datenindustrie voll loslegt, steigen selbstverständlich staatliche Datengeier mit ein. Wie könnten sie auch nicht, wenn die Kontrollmechanismen systematisch zerstört werden, um mit „Sicherheit durch Willkür“ einen großen Pool verwirrter Wähler anzusprechen.

  4. Der Praktiker regelt das anders. Er schraubt den Smart-TV auf und entnimmt das Wifi-Modul, deaktiviert Bluetooth und schließt das Gerät nicht ans LAN an, fertig. Fernseher, die dann nicht funktionieren wollen, sollte man unverzüglich zurückgeben und nicht in den Betrieb nehmen.

  5. Das Interview finde ich sehr gut. Aber sorry, das sind ja größtenteils hysterische Kommentare darunter (Smart-TV aufschrauben und Wifi-Modul entnehmen, pfffff …). Ich finde, unter Einhaltung von Datenschutzbestimmungen (natürlich!) ist das Sammeln von Nutzungsinformation absolut sinnvoll, um seine Produkte zu verbessern und individuell an den Nutzer anzupassen. Wenn ich ein Hersteller wäre, würde ich das auch so machen. Was daran per se so schlimm sein soll, erschließt sich mir wirklich nicht.

    1. Wieso ist das Entnehmen von Wifi-Modulen denn schlecht? Der Kommentar beschreibt zudem keinereli Hysterie, sondern eine effektive Möglichkeit So kann man eben sicher sein, dass nur das übermittelt wird, was man explizit auch möchte durch LAN-Kabel einstecken, oder eben gar nichts, weil kein Sender / Empfänger aktiv ist. Smarthome funktioniert nun mal drahtlos. Ohne Modul kein Kontakt und keine unnötigen Probleme mit Datenschutz, der eh nicht existiert, da die Daten aus der EU laufen nach Taiwan und sonst wo hin und zudem noch unzählige Phisingstationen auf dem Weg sind ob nun durch Deutsche VDS oder andere Sachen.

    2. Schlimm? Ihre Lebenswelt (Kommunikation, Informationsaufnahme, Mobilität,…) besteht aus Sensoren, die (potentiell?) alles aufzeichnen könne, was sie tun. Datenschutzbestimmungen funktionieren nicht, wie im Interview ja auch beschrieben wurde. Ja, Hersteller können das so machen. Nur hat man unterdessen als Kunde keine Alternativen mehr.

      Und all diese Daten können verknüpft werden und daraus neue Schlüsse gezogen werden. Sie lesen die Taz oder die Welt? Sie schauen gerne Pornos? Sie sind immer um 18Uhr zuhause? Sonntags in der Kirche? Sie fahren mit dem Auto, nicht angeschnallt, zur 1.Mai-Demo?… http://www.zeit.de/datenschutz/malte-spitz-vorratsdaten

    3. Ich brauch keine Empfehlungen, ich kann selbst entscheiden, was ich als nächstes sehen will. Zum Produkte verbessern lassen die Hersteller massiv Gelegenheiten aus:

      – weniger Verbrauch
      – sinnvoll nutzbare Fernbedienung
      – Möglichkeit des Umschaltens der Tonspur bei Medienwiedergabe über DLNA
      – Aufnahmenfunktion ohne DRM

      etc.

  6. Hm, klingt so, als wenn 1984 BIG Brother nun Realität wird.
    Noch kann ich ja als Konsument entscheiden, ob ich mitmache, oder nicht.
    Aber ist schon unpraktisch, wenn mein z.B. W-LAN gesteuerter Kühlschrank mit direktem Kontakt in den Supermarkt und angeschlossener Lieferkette jedem verraten würde, welche Eissorte ich am liebsten mag.
    War ja schon erschreckend, als die ersten Tests mit dem elektronischen Portemonnaie auf dem Handy – my wallet – zeigten, dass einer auf der Rolltreppe dem anderen das Geld hinten aus der Hosentasche (Handy) ziehen konnte :-)
    Vielleicht ist Bargeld und zu Fuß einkaufen doch nicht so unsicher?
    Lieben Gruß SUSI

  7. AGBs sind praktisch gesehen Bullsheet weil mehrfach, z.T. mit recht ironischen Tests nachgewiesen wurde das diese inhltlich zu über 95% überhaupt nicht gelesen werden.

    Branchen AGBs (welche von Verbraucherschutzorganisationen geschrieben) welche im positiven Sinne, des Kunden (max 2 Seiten) mit Kundenvorteilen (z.B. längere Garantie) erweitert werden dürfen.

    Rest ist rechtswiedrig und für ungültig zu erklären.
    Das Volk muss Herr im eigenen Haus bleiben und der Brötchen-Lieferant darf nicht die Hausordnung übernehmen, wie es jetzt gelebt wird !

  8. … isss doccchhh deppppeeeerrtttt,
    warum soll ich meinem Fernseher alles sagen, warum soolllll ich iiihhhhmmm erlauben, meine Gespräche aufzuzeichnen und weiterzuleiten
    – wenn homo oeconomicus nicht so stinkend faul wär, bräuchte man nicht teutsche „Schein“-Gerichte zu bemühen oder sich um solcherlei Schwachsinn Gedanken zu machen – Leute, fangt wieder an zu leben, schaut nicht ständig auf irgendeinen Bildschirm, dessen „innewohnenden“ Eigenschaften EURE Unfreiheit begründen! Schaut auf Eure Mitmenschen, sagt ihnen, was hier so läuft und wie man sich hier verhält ( ohne den HH-zu zeigen).
    Wir haben hier eine Kultur, weit vor dem braunen Gesocksch!!!
    Aber auch eine Kultur ohne Halbmond und Stern – warum lässt sich die „teutsche Masse“ so von einem „Migrantenkind“ wie A.M. einlullen und zu irgendwelchen gutmenschliche Schwachmaten-Taten verleiten???
    … prost Teutschland, skol Täuschland! vG Ralf

  9. Ich habe mal meinem „Smart TV“ (ein Gerät von LG, genauer LG 32LF6509 LED-TV) beim Nachhause-Telefonieren zugeschaut. Ohne dass ich irgendeiner der AGBs oder Datenschutzeinwilligungen von LG oder von HbbTV zugestimmt hätte, hat der Fernseher versucht mit folgenden Sites Verbindungen aufzubauen:
    lgtvonline.lge.com
    srv.giraffic.com
    itv.ard.de
    clients3.google.com
    ssl.gstatic.com
    safebrowsing.google.com
    alt1-safebrowsing.google.com

    In weiteren Sessions war zu beobachten, dass neben ARD Sites auch die anderer Sender besucht wurden. Inhaltsabrufe über Videotext (zB Fußballergebnisse) wurden übers Internet geroutet – wie gesagt ohne Zustimmung zu HbbTV meinerseits. Es findet also eine Übertragung von Inhalten statt und nicht nur eines Identifizierungscookies um Einschaltquoten zu erfassen.

    Daneben versucht der Fernseher immer wieder Namen aufzulösen, die er nach einem Zufallsmuster auswürfelt. Diese Namen sind aber (man beachte die fehlende TLD) nicht auflösbar (es sei denn, es gibt genau einen solch seltsamen Namen in meinem lokalen LAN). Beispiele:
    oksdzuhdklm
    oksdzuhdklm.fritz.box
    bveuglachb
    bveuglachb.fritz.box
    sasudoekefksjga
    sasudoekefksjga.fritz.box

    Am nächsten Tag sind es dann wieder andere ausgewürfelte Namen, immer als zufallstring und dann zufallstring.fritz.box . Einen Reim auf dieses verhalten kann ich mir nicht machen, außer das der TV in Erfahrung bringen kann wie lange eine erfolgreiche und wie lange eine erfolglose Namensauflösung dauert.

    Details sind hier zu finden: https://debianforum.de/forum/viewtopic.php?f=30&t=159565

    1. Ich würde das Gerät vom Netz trennen und dem Händler auf den Ladentisch stellen.

  10. Vom Netz ist es durch eine entsprechend restriktive Firewall-Einstellung der FritzBox getrennt. Über Rückgabe habe ich schon nachgedacht, aber das alte Röhren-TV ist nicht mehr im Haus und ganz ohne TV findet der Rest der Familie nicht gut.
    Hast du einen Alternativvorschlag für ein Gerät mit 80cm Bilddiagonale , welches den neuen DVB-T2 Standard unterstützt und USB Recording kann? Meine Recherche vor einem guten halben Jahr (Datenbank der Stiftung Warentest) war, dass genau 3 (in Worten drei!) Geräte diese Anforderungen gleichzeitig erfüllten und zudem teilweise nicht lieferbar waren.

      1. Und wie spielt man dann vom NAS die Aufnahmen ab? Geht also nur mit LAN-Kabel und Blacklist im Router.

      1. Ich habe schon viel gebraucht gekauft, aber bei DVB-T2 und den anderen o.g. Anforderungen ist der Gebrauchtmarkt doch sehr übersichtlich.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.