sehrgutachten: 1.500 Bundestags-Gutachten online, auch zum Nacktbaden

Nacktbaden bleibt legal

Nach dem Erfolg von #FragDenBundestag hat der Deutsche Bundestag inzwischen mehr als 1.500 Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes auf seine Webseite gestellt.

Da die Dokumente jedoch auf der Bundestags-Webseite nur als reine Linksammlung verfügbar sind, hat die Plattform sehrgutachten.de alle bereits veröffentlichten Gutachten in einer Datenbank abgebildet. Auf der Seite, die von der Open Knowledge Foundation Deutschland betrieben wird, sind sie im Volltext durchsuchbar, können per Feed abonniert und unter anderem von Abgeordneten selbst, Journalisten und Entwicklerinnen weitergenutzt werden. Auch eine wissenschaftliche Analyse der Gutachten ist möglich, da alle Dokumente neben der PDF-Version gleichzeitig automatisch als TXT- und JSON-Version vorliegen – dazu einfach die URL eines Gutachtens mit .txt bzw. .json ergänzen.

Missbrauch des Wissenschaftlichen Dienstes für Doktorarbeiten und Schrebergärten

In der Datenbank ist auch das neunseitige Gutachten „Zu den rechtlichen Möglichkeiten gegen das Nacktbaden auf einem benachbarten Grundstück“ zu finden, das 2005 von einer im Dokument nicht genannten Person im Bundestag in Auftrag gegeben wurde. Die Ausarbeitung ist deswegen besonders interessant, weil sie mutmaßlich für den Nachbarschaftsstreit eines Abgeordneten genutzt wurde und nicht wie vorgesehen für die parlamentarische Arbeit.

Das Gutachten prüft ausführlich, unter welchen Umständen das Nacktbaden in einem benachbarten Grundstück eines Schrebergartens eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit sein könnte und ob „eine Anzeige bei den entsprechenden Behörden erfolgversprechend sein könnte“. Das Ergebnis: Vermutlich würde eine Anzeige ins Leere laufen, jedoch könne über die Satzung des Schrebergartenvereins das Nacktbaden geregelt werden.

Ungeklärte Fragen zum Urheberrecht der Dokumente

Der Wissenschaftliche Dienst erarbeitet Gutachten mit seinen etwa einhundert Mitarbeiterinnen in der Regel auf Anfrage von Bundestagsabgeordneten und -ausschüssen. Dabei prüft er nicht, ob der Inhalt auch für parlamentarische Arbeit genutzt wird, wie sich aus dem „internen Leitfaden“ des Bundestags erschließt. Das wurde bereits im Zusammenhang mit der Plagiatsaffäre von Ex-Minister zu Guttenberg deutlich, der den Wissenschaftlichen Dienst zu Themen seiner juristischen Dissertation arbeiten ließ. Die dazugehörigen Gutachten sind noch nicht online zu finden.

In Bezug auf netzpolitische Themen finden sich Dutzende Dokumente in der Datenbank des Bundestags, darunter zu Leistungsschutzrecht, Überwachung, Internet, Informationsfreiheit und TTIP.

Der Bundestag hat angekündigt, schrittweise tausende Gutachten aus den letzten Jahren online zu veröffentlichen und zudem alle neuen Ausarbeitungen nach einer Schonfrist von vier Wochen ebenfalls auf seiner Webseite bereitzustellen. Dabei ist aber noch unklar, wie es der Bundestag mit der Weiternutzung der Gutachten hält und ob er gerichtlich gegen Plattformen wie sehrgutachten.de oder Personen vorgehen würde, die die Gutachten anderweitig nutzen. Auf seiner Webseite weist er daraufhin, dass für alle Inhalte Haftungsausschluss und Urheberrechtsschutz gelte. Eine Presseanfrage von netzpolitik.org zur Durchsetzung des Urheberrechtsschutzes hat der Bundestag nicht beantwortet.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

5 Ergänzungen

  1. Die Frage ist, ob es wirklich sinnvoll ist, hier eine externe Datenbank aufzubauen. Warum arbeitet Ihr nicht endlich einmal mit dem Bundestag zusammen. Es war von Anfang an klar, dass eine Seite wie fragdenbundestag nur dazu fuehrt, dass die Dinge nicht nutzergerecht abgelegt und als Datenmuellhalde vergammeln. Die Laender haben schon vor Jahren eine gemeinsame Plattform fuer alle Drucksachen aufgebaut, die komfortabel ist und auch die Drucksachen von Bundestag und Bundesrat beinhaltet.

    Warum kann man von Eurer seite nicht endlich einmal mit den Institutionen zusammenarbeiten, anstatt durch Radikalmethoden diese bestaendig zu provozieren. Denn: Ihr werden nicht die Finanzmittel haben, dies dauerhaft durchzuhalten. Da ist die Frage des Urheberrechts ganz nebensaechlich!

    1. „Die Frage ist, ob es wirklich sinnvoll ist, hier eine externe Datenbank aufzubauen.“
      Wenn es nicht so wäre, gäbe es sie hier nicht.
      „Warum arbeitet Ihr nicht endlich einmal mit dem Bundestag zusammen.“
      Weil der daran gar kein wirkliches Interesse hat, das haben die Klagen bewiesen.
      „Ihr werden nicht die Finanzmittel haben, dies dauerhaft durchzuhalten.“
      Lassen Sie sich darüber keine grauen Haare wachsen.
      „Da ist die Frage des Urheberrechts ganz nebensaechlich!“
      Eine bewusste Falschbehauptung.
      Einfach mal oben lesen.
      mfg R.K.

      1. Lieber Rudolf K.

        wer immer nur mit Radikalkeule der Klage gegen den Bundestag vorgeht und eine Massenmail an den Bundestag schickt, um diesen lahmzulegen, zeigt, dass er kein gesondertes Interesse an einer Zusammenarbeit, jedoch dafuer umsomehr an einer oeffentlich Aufmerksamkeit heischenden Aktion hat. Jenes, was der Aktivist Semsrott hier fabriziert, ist jedoch nichts anderes, als was der Bundestag bereits macht – eine listenmaessige Aufstellung. Er verwendet sogar die gleiche Systematik. Eine systematische Aufbereitung, die eine Suche (ausserhalb von Suchmaschinen) bietet, ist damit nicht verbunden.

        Es geht auch nicht um meine grauen Haare. Nur: wer so etwas anfaengt, muss auch die Finanzmittel langfristig haben … diese Aktivisten haben sie jedoch nicht, dies kann man ganz unbeschwert sagen, auch wenn sie sich im Gegensatz zu den Forderungen an Andere bislang weigern, die Herkunft ihrer Mittel offenzulegen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.