Oberlandesgericht Köln: Adblocking legal, bezahltes Whitelisting verboten

Für die einen bringen Adblocker ein schnelles und werbefreies Internet ohne lästige Ablenkung, für die anderen weniger Einnahmen durch Werbung. Der Axel-Springer-Verlag klagt gegen die Eyeo GmbH, die das populäre Browser-Addon Adblock Plus vertreibt. Doch Adblocking an sich bleibt erlaubt.

Mit der Kombination aus „Blacklist“ und „Whitelist“ könne die Adblocker-Firma den Zugang zu Werbefinannazierung kontrollieren, sagt das Gericht Foto: CC-BY-SA 2.0 luckyfotostream

In der gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen dem Axel-Springer-Verlag und der Adblock Plus Firma Eyeo, hat Springer vor dem Oberlandesgericht Köln einen Teilerfolg erzielt.

Die Eyeo GmbH macht damit Geld, dass sie Werbetreibenden gegen Umsatzbeteiligung den Adblocker für so genannte „Acceptable Ads“ mit einer Whitelist öffnet. Dies nannte das Gericht eine „unzulässige aggressive Praktik“, da Eyeo seine Machtposition ausnutze. Adblock Plus hat nach Angaben von Eyeo etwa 100 Millionen Nutzer.

Der Axel Springer Verlag hatte erreichen wollen, dass Adblock Plus nicht mehr vertrieben wird und die Pflege der Werbe-Blacklist „Easylist“ verboten wird. Dem folgte das Gericht jedoch nicht, sondern stellte fest:

Die Ausschaltung der Werbung an sich stelle keine gezielte Behinderung des Wettbewerbs dar. Die Parteien seien zwar Mitbewerber, weil sie sich in einem Wettbewerb um Zahlungen werbewilliger Unternehmer befänden. Eine Schädigungsabsicht der Beklagten könne nicht vermutet werden. Anders als beim Abreißen von Plakaten werde nicht physisch auf das Produkt des Anbieters eingewirkt. Vielmehr würden der redaktionelle Inhalt der Website und die Werbung mit getrennten Datenströmen angeliefert, die als solche unverändert blieben. Es werde lediglich im Empfangsbereich des Nutzers dafür gesorgt, dass die Datenpakete mit Werbung auf dem Rechner des Nutzers gar nicht erst angezeigt werden. Es gebe aber keinen Anspruch, dass ein Angebot nur so genutzt wird, wie es aus Sicht des Absenders wahrgenommen werden soll. Auch die Pressefreiheit gebe nicht die Befugnis, dem Nutzer unerwünschte Werbung aufzudrängen.

Vor Gericht gaben sich laut heise.de beide Seiten als Sieger des Verfahrens aus. Eyeo wird in Revision gehen und vor den Bundesgerichtshof ziehen. Sein Produkt Adblock Plus soll an die Vorgaben des Gerichtes angepasst werden.

Die Urteilsbegründung (Az. 6 U 149/15) soll in den nächsten Tagen veröffentlicht werden.

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14 Ergänzungen

  1. Mal wieder ein neuer Grund, sein Unternehmen lieber außerhalb von Deutschland (und der EU) zu betreiben. Dann könnte Eyeo der Richterspruch vollkommen egal sein.

  2. Ihr seht da etwas falsch. Bei Werbeblockern geht es heutzutage nicht nur darum, „lästige Ablenkung“ zu vermeiden, sondern vor allem darum, einen der wichtigsten Verbreitungswege für Schadsoftware zu verschließen.

  3. Du siehst da etwas falsch. Nicht die Werbung ist ein Einfallstor für Schad-Software, sondern eine amateurhafte Sicherheitspolitik auf dem eigenen Rechner, einschließlich veralteter Plugins und/oder nicht aktivierter Plugin-on-Demand-Funktion.

    1. Verstehe ich das richtig: nicht der schadsoftware ausliefernde Werbe-Server ist schuld sondern der dumme 0815 User weil er so blöd ist und Bspw eine Nachrichten Webseiten aufruft, die ihn dann mit dem Werbe-Server verbindet. Denn nur wenn er seinen Rechner zunagelt und Webseiten nur im Plain Text anzeigen lässt dann hat er alles richtig gemacht?

      1. Nein, das verstehst du falsch. Man muss nicht auf Javascript, Plugins und anderes Zeugs verzichten, um sich vor kompromittierten Webseiten und Adservern zu schützen. Aber es ist nun mal Fakt, dass Malware via Browser nur eine Chance auf Erfolg hat, wenn das Anwendersystem unzureichend abgesichert ist. Wer beispielsweise Flash Player oder Java nicht hinter eine Plugin-on-Demand-Funktion sperrt und das Zeug am besten noch nur alle paar Monate aktualisiert, muss sich nicht wundern, wenn er sich früher oder später beim Surfen was einfängt.

        Ergo: Mit einer soliden PC-Sicherheitspolitik bedarf es keines Adblockers, um sich vor Drive-by-Malware zu schützen. Lieber Werbung zulassen und den Großteil der Online-Angebote damit unterstützten, statt für einen vermeintlichen Sicherheitsgewinn die Existenz eben jener Online-Angebote zu gefährden und maßgeblich zum Abbau journalistischer Qualität beizutragen.

        1. Wenn eine Malware eine Zero-Day Lücke im Browser ausnutzt dann hilft dir auch die allerneuste Version von allem Nichts. Dann hilft nur noch beten, das die Heuristik des Virenscanners rechtzeitig zur Stelle ist. JavaScript abschalten könnte auch noch helfen, ist aber im modernen Web ein wirklich schmerzhafter Kompromiss. Da kille ich lieber die Werbung und gewinne dazu noch massiv an Komfort weil ich die Werbung erst gar nicht über meine dünne Leitung schieben und keine Blinkenenden/Lärmenden Banner vor dem Content wegklicken muss.

          1. Gegen nicht Plugin-basierte 0-Day-Lücken setzt man beispielsweise Microsoft EMET ein. Wenn man sich etwas über Drive-by-Downloads informiert, merkt man aber, dass Plugin-basierte Lücken den Bärenanteil ausmachen.

  4. Das Urteil find ich ok – es hat mich sowieso genervt, dass ABP nach der Installation weiterhin Werbung durchgelassen hat. Whitelisting für faire Werbung klingt nicht so schlecht, aber nicht als default, nicht als Geschäftsmodell und nicht nur optisch zumutbar sollte sie sein, sondern auch von den abgegriffenen Daten her.

    1. Du kannst das Verhalten des ABP frei konfigurieren. Wenn dir das Whitelisting nicht gefällt, ist es mit einem Häkchen deaktiviert.

  5. Ich finde die Entscheidung richtig und fair für beide Seiten, das sie dies jetzt weiter durchfechten ist m.e. unnötig. Die Praxis mit den Acceptable Ads und ihrer Whitelist gegen Zahlung fand ich schon mehr als Grenzwertig. Letztlich wohl auch ein Zeichen dafür das beim Hersteller auch das Geld regiert, und nicht Altruismus. Und die Argumentation der Verlage mit einem Gesamt“kunstwerk“ das dadurch unzulässig entbündelt würde ist sowieso eine Lachnummer für jeden der auch nur eine Ahnung hat von der Technik dahinter.

    Aber faktisch geht es doch um folgendes. Die Anbieter wollen alle Geld verdienen mit ihrem Content (wenn er gut ist sei’s ihnen gegönnt), aber weil ihnen das nicht reicht pflastern sie ihre Sites mit Werbung aus AdNetzwerken zu – und verdienen auch daran (Hmm: wie VIEL wäre interessant!). Jetzt ist da einer der die Adnetzwerke ausbremst, und ihnen damit an den Geldbeutel geht. Das passt denen nicht und sie wollen ihn weg beißen. Stattdessen geht der hin und sagt „Ihr müllt seiten mit Ads zu die nerven. Macht es unauffälliger und wir lassen sie durch“ Aber das kam nicht an – ging ja schliesslich um Kohle machen. Also hat der andere gesagt „wenn ihr nichts ändert, ändern wir was. Lösegeld oder Weg vom Fenster!“ Und jetzt sind die Verlage empört und wollen immer noch nicht Schnallen das Ihre Aufdringlichkeit mit Werbung der eigentliche Knackpunkt ist.

    Erinnert irgendwie an die Musikbranche die auch lange zeit den Schuß nicht gehört hat mit dem ihr die Sicherungen durch knallten – und die Felle weg schwommen.

    Ich hoffe die Verlage/Content-Anbieter werden es noch lernen – oder sie müssen eben einfach untergehen. So wie dereinst die Dinosaurier!

    Den Aspekt von Gehäckten Adservern o.a. lasse ich mal außen vor. Denn das kann genau so passieren wenn die Ads auf dem gleichen server wie der Content liegt. Das war m.E. mal üblich, in den Anfangstagen der Internet-Werbung.

    1. „Letztlich wohl auch ein Zeichen dafür das beim Hersteller auch das Geld regiert, und nicht Altruismus.“ Irgendjemand muss ja das Gehalt für die Mitarbeiter bezahlen. Es ist immer wieder traurig zu sehen wie dieser einfache Zusammenhang nicht verstanden wird.

  6. Letztlich wohl auch ein Zeichen dafür das beim Hersteller auch das Geld regiert, und nicht Altruismus.

    Ja, das nennt man Kapitalismus. Davon ernähren sich und leben die Menschen. Im Gegensatz zu Richtern. Die werden mit geraubtem Geld bezahlt.

    Ich persönlich hoffe, ABP fechtet das sehr wohl vor Gericht durch. Alternativ bietet es sich an, mit dem Unternehmen außerhalb der EU umzuziehen. Dann interessiert eh kein deutsches Gericht mehr.

  7. Die sog. Werbetreibenden sind selbst schuld, wenn sich der private Nutzer gegen penetrante Werbung wehrt. Von daher stehe ich auf der Seite der Adblock Macher.
    Ich habe gar nichts gegen Werbe Bildchen, wenn sie behutsam platziert sind.
    Aber nein, lästige Popups, Bildfüllende Einblendungen, Seiten auf denen man vor Werbung gar nicht vorwärts kommt sind kontraproduktiv.
    Letztendlich schadet sich der Springer-Verlag doch selber, wenn man mich nicht auf seine Seite lässt weil ein Adblocker läuft. Dann eben nicht.
    Für mich ist das Notwehr.

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