Netzpolitischer Wochenrückblick KW 4: Österreichs neuer Geheimdienst

CC BY-NC-ND 2.0 via Flickr/Helena Constela

Der erste Monat des Jahres ist fast vorbei, und es ist schon einiges passiert. In unserem Wochenrückblick fassen wir die wichtigsten Ereignisse kurz zusammen und verlinken die Artikel zum genaueren Nachlesen.

Am härtesten hat es diese Woche Österreich getroffen. Dort wurde das fragwürdige Staatsschutzgesetz verabschiedet, mit dem sich das Land einen neuen Inlandsgeheimdienst mit besorgniserregenden Befugnissen erschaffen hat. Bei der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland hängen die Hoffnungen zur Zeit auf den Verfassungsbeschwerden. Es wurde diese Woche bereits die vierte Beschwerde eingereicht. Im Geheimdienst-Untersuchungsausschuss ging es auch wieder hoch her: Einer der Zeugen war Herr D.B., eine der Schlüsselfiguren mit einer dubiosen Geschichte, an der sich die Abgeordneten ziemlich die Zähne ausgebissen haben.

Unseren Wochenrückblick verschicken wir auch als Newsletter. Hier kann man sich anmelden.

Das Staatsschutzgesetz – Österreichs Überwachungs-GAU

Am Mittwoch hat der Österreichische Nationalrat das sogenannte Polizeiliche Staatsschutzgesetz verabschiedet. Ein Gesetz, das aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) einen unkontrollierbaren Geheimdienst mit weitreichenden Befugnissen macht. Überwachungsmaßnahmen und der Einsatz von V-Leuten brauchen in vielen Fällen keine richterliche Genehmigung, ein Verdacht ist meist auch nicht mehr nötig. Ein weiteres Problem des Gesetzes ist die kaum mögliche Kontrolle des Dienstes. Die vorgesehene parlamentarische Kontrolle wird kaum wirksam sein. Whistleblower haben ebenfalls schlechte Karten, denn das Gesetz sieht keinen Schutz für Journalisten vor, wodurch es ein Leichtes sein wird, etwaige Whistleblower zu enttarnen.

Bundestags-Gutachten befreien

Ein großer Erfolg wurde hingegen bei den Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages erzielt. Über das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) hat abgeordnetenwatch.de eine Liste aller Gutachten seit 2005 erhalten. Dadurch können die Gutachten, ebenfalls über das IFG, angefragt und veröffentlicht werden. Wer dabei mithelfen möchte, kann das bequem und einfach über fragdenstaat.de machen. Ziel ist es natürlich, alle Gutachten zusammenzubekommen und an zentraler Stelle verfügbar zu machen. Die Kosten für die vielen Anfragen werden auf etwa 184.000 Euro geschätzt, eine Summe, die deutlich geringer ausfallen würde, wenn der Bundestag die Gutachten einfach von sich aus veröffentlichen würde.

Im Geheimdienst-Untersuchungsausschuss

Der Zeuge Herr D.B. ist derjenige, der nach eigenen Aussagen den Schlamassel mit den Selektoren nicht an seine Vorgesetzten gemeldet hat. Da er damit Disziplinarmaßnahmen und Strafverfahren riskiert, kann er sich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Die Abgeordneten im Ausschuss haben sich daran ordentlich die Zähne ausgebissen. Die Geschichte von Herrn D.B. macht sie zudem ziemlich ratlos. Wer über die Ungereimtheiten genauer Bescheid wissen möchte, sollte mal einen Blick in den Live-Blog werfen.

Vorhabendokumentation der Bundesregierung

Einmal im Monat bringt die Bundesregierung ihre Vorhabendokumentation heraus, ein Papier, das die Arbeit und die Vorhaben der Ministerien zusammenfasst. Die Vorhabendokumentation ist nicht regierungsintern, auch ausgewählte Journalisten und Lobbyisten bekommen die Zusammenfassung. Wir gehören leider nicht dazu, uns wurde das Dokument aber zum wiederholten Mal von einer anonymen Quelle zugespielt. Die netzpolitischen Themen darin haben wir zusammengefasst und kommentiert und das Papier natürlich online zur Verfügung gestellt.

Vermeintliche Transparenz beim TTIP

Bei dem Handels- und Informationsabkommen TTIP gibt es Neuigkeiten im Hinblick auf die mangelnde Transparenz. Unsere Bundestagsabgeordneten sollen jetzt Einblick in einige der Verhandlungspapiere nehmen können. Das klingt nach Fortschritt, die Einsicht ist aber an strenge Bedingungen geknüpft: Die Abgeordneten dürfen nur in vorbereiteten Leseräumen Einsicht nehmen, sie dürfen sich nur Notizen machen, keine Abschriften und sie werden dabei permanent überwacht. Außerdem dürfen sie über ihre Erkenntnisse nicht reden. Damit endet die Transparenz bei unseren Abgeordneten, die Zivilbevölkerung bleibt weiter außen vor.

Polizeilicher Informationsaustausch in der EU

Die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten der EU arbeiten intensiv an der Verbesserung des polizeilichen Informationsaustauschs. So soll auch der Austausch von Beweismitteln neu geregelt werden. Im Zuge dessen sind Mindestvorschriften für die Forensik aller Mitgliedsstaaten geplant. Die EU fördert dafür Forensik-Abteilungen, die sich im „Europäischen Netz der kriminaltechnischen Institute“ (ENFSI) zusammengeschlossen haben. Die Forensik ist nur ein kleiner Teil der vielen Projekte, die die EU in dem Bereich der EU-weiten Strafverfolgung unternimmt. Für die, die an dem Thema interessiert sind, finden sich in dem Artikel noch viele weitere interessante Links.

Kritik am geplanten Vectoring

Das umstrittene Vectoring war diese Woche auch wieder Thema. Der Beirat der Bundesnetzagentur hat den Konsultationsentwurf der Agentur in einem Beschluss kritisiert. Insgesamt ging es in der Kritik darum, ein mögliches zukünftiges Monopol der Telekom zu mindern und den Wettbewerbern bessere Chancen zu geben. Der Beirat besteht aus Vertretern aus Bundestag und Bundesrat und kann der Agentur Ratschläge erteilen, bindend sind die jedoch nicht. Kritik am Vectoring selbst gab es von dem Beirat nicht.

Verfassungsbeschwerde gegen Vorratsdatenspeicherung

Seit dieser Woche liegt die vierte Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung in Karlsruhe, eingereicht von einer Gruppe, bestehend aus zwanzig FDP-Politikern. Die Gruppe war bereits mit mehreren Verfassungsbeschwerden erfolgreich, auch gegen den letzten Versuch der Bundesregierung, die Vorratsdatenspeicherung einzuführen. Mit dem 198 Seiten starken Gutachten gibt es also nun eine weitere Chance, dass die Vorratsdatenspeicherung von den Verfassungsrichtern gekippt wird.

Kommentar von Constanze zum Landesverrat

Constanze Kurz hat für die CLARA, das Magazin der Links-Fraktion im Bundestag, einen Kommentar zur Landesverratsaffäre geschrieben, den sie auch bei uns veröffentlicht hat. Die Ereignisse und Verantwortlichkeiten in der Geschichte sind nach wie vor nicht aufgeklärt und besserer Journalisten- und Whistleblowerschutz ist auch noch nicht erreicht. Was das für uns, den Journalismus und die beteiligten Personen und Behörden bedeutet, hat Constanze in dem Kommentar beschrieben. Wer dazu eine Zusammenfassung der Ereignisse haben möchte, kann sich Markus‘ Vortrag zum Thema auf dem 32. Chaos Communication Congress anschauen.

Kampagne gegen die Fluggastdatenspeicherung

Europa droht eine anlasslose Überwachung der Fluggäste. Die Digitale Gesellschaft hat deshalb eine Videokampagne gestartet, die die EU-Parlamentarier auffordert, mit Nein zu stimmen. Ende Februar soll bereits im EU-Parlament abgestimmt werden, es wird also höchste Zeit, das Ruder herumzureißen.

Neue Berliner Datenschutzbeauftragte

Berlin hat seit Donnerstag eine neue Datenschutzbeauftragte. Maja Smoltczyk ist Juristin, Bildhauerin und arbeitete bisher in der Verwaltung des Abgeordnetenhauses. Ihre Benennung erscheint ein bisschen wie eine Verlegenheitslösung, könnte aber auch einfach der Mangel an erfahrenem Personal innerhalb der SPD sein. Zum Thema Datenschutz ist von ihr jedenfalls noch nichts bekannt, es wird sich also erst herausstellen müssen, wie sich Frau Smoltczyk in ihrer neuen Position bewährt.

Eine Ergänzung

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.