Netzneutralität: Niederlande verbieten Zero Rating

savetheinternet.net

In der bislang ungeklärten Frage, ob bestimmte Anwendungen vom monatlichen Transfervolumen ausgenommen werden dürfen, ist das niederländische Parlament mit einem Gesetz vorgeprescht, das solche Zero-Rating-Angebote auf nationaler Ebene verbietet. Schon bisher galten in den Niederlanden starke Regeln zur Netzneutralität, die mit dem jetzigen Verbot von Preisdiskriminierung zusätzlich gestärkt werden. Die im Vorjahr verabschiedeten EU-Regeln zur Netzneutralität haben offengelassen, ob solche Angebote europaweit zulässig, verboten oder überhaupt nicht von der EU-Verordnung erfasst sind.

Derzeit arbeiten die europäischen Regulierer unter der Federführung der Dachorganisation BEREC am Feinschliff der EU-Verordnung, die strittige Punkte wie Zero Rating, bezahlte Überholspuren („Spezialdienste“) oder Verkehrsmanagement offengelassen hat. Sollte die Regulierungsbehörde entscheiden, dass „kommerzielle Praktiken“ wie Zero Rating in den Geltungsbereich der Verordnung fallen und von dieser erlaubt werden, dann wäre der niederländische Vorstoß freilich hinfällig.

„Die heutige Entscheidung des niederländischen Parlaments stellt klar, wie die EU Verordnung zur Netzneutralität ausgelegt werden muss. Verbraucher werden davor geschützt, dass Telekom-Betreiber entscheiden, welche Dienste sie nutzen können“, erklärte netzpolitik.org-Autor Thomas Lohninger von der Initiative für Netzfreiheit, einer Organisation für digitale Bürgerrechte. Eine für Juni 2016 geplante öffentliche Konsultationsphase soll zusätzliche Meinungen der Zivilgesellschaft einholen. Über die Seite SaveTheInternet.eu lässt sich dies ohne großen Aufwand erledigen.

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8 Ergänzungen

  1. Spezialdienste (Article 3 (5)) – „… services other than internet access services …“ – sind keine Überholspuren. Spezialdienste sind eine zum Internet separate Infrastruktur und können daher nicht als Überholspur innerhalb des Internet angesehen werden. Spezialdienste sind gesonderte (bezahlte) Transportdienstleistungen.
    Wenn es innerhalb des Internetzugangs so etwas wie Überholspuren gibt, dann sind dies die „specific categories of traffic“ (Article 3 (3) subpara 2). Das ist der eigentlich strittige Punkt, der die Netzneutralität gefährden kann und bezahlte Sondertransportbedingungen eröffnet. Und eben nicht die Spezialdienste!

    1. Bis BEREC ein Machtwort spricht ist der Punkt leider nicht ganz so klar wie man gern hätte. Die Deutsche Telekom etwa sieht es ganz anders.

      1. Grundsätzlich sind Spezialdienste erlaubt. Da besteht gar kein Zweifel, bzw. kann BEREC nichts ändern. Diese Spezialdienste werden dann auch einen besseren Transport („schnelle Spur“) bieten als der Internetzugang. Das ist ja gerade der Gag dabei.

        Mir ging es darum, dass eine Überholspur – innerhalb des Internetzugangs (z.B. Videostreaming von Netflix wird priorisiert) – von der Systematik her vom ISP nicht über die Spezialdienste begründet werden wird, sondern über die Regeln zum Verkehrsmanagement (categories of traffic). Die categories of traffic (Überholspuren) sind ja in der TSM Regulation grundsätzlich erlaubt. Da werden natürlich die BEREC-Guidelines spannend werden. D klar stellen ob und inwieweit man die categories of traffic „missbrauchen“ kann.

        Die Spezialdienste sind ausdrücklich erlaubt. Das wird BEREC auch nichts dran ändern. Die kommen auf jeden Fall, bzw. sind schon da. Z.B. die Fernseheinspeisung im Breitbandkabelnetz, die parallel zum Internetzugang erfolgt oder Firmen- und Behördennetze, Seefunk und vieles mehr.

  2. „Die heutige Entscheidung des niederländischen Parlaments stellt klar, wie die EU Verordnung zur Netzneutralität ausgelegt werden muss. Verbraucher werden davor geschützt, dass Telekom-Betreiber entscheiden, welche Dienste sie nutzen können“, erklärte netzpolitik.org-Autor Thomas Lohninger

    Selbstzitat?

    1. Nein, aber ich wollte Thomas Lohninger nicht als „externen Experten“ darstellen, der mit uns nichts zu tun hat.

  3. Wozu braucht man Zerorating?
    Für VoIP, selbstverständlich!, damit der Abgehörte nicht an seinem Datenvolumen feststellen kann, das sein Mikro permanent nach Hause (Dienst, wie z.B. BKA, BfV …) telefoniert!

    1. Danke. Das ist ja mal ein interessanter Punkt. Dafür wäre ein ‚Einzelverbindungsnachweis‘ (falsches Wort, ich weiß) ja mal sinnvoll.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.