NATO-Drohnenflotte auf Sizilien bald einsatzbereit, US-Luftwaffe startet erste Flüge Richtung Russland

Die erste der fünf an die NATO ausgelieferten Drohnen des Typs „Global Hawk“. Sie trägt noch die Kennung „NATO 1“.

Die US-Luftwaffe hat mit ihrer neuen Aufklärungsoffensive an der NATO-Ostgrenze begonnen. Zum Einsatz kam eine Riesendrohne des Typs „Global Hawk“. Nach Angaben der Bundeswehr fand die Mission über der Ostsee statt. Eine mit optischen und radarbasierten Sensoren zur Überwachung kleiner, beweglicher Ziele bestückte Drohne startete auf Sizilien.

In einem eigens eingerichteten Korridor flog die „Global Hawk“ über Italien, Frankreich und Deutschland. Der Flug erfolgte im Rahmen der „European Reassurance Initiative“, mit der die USA mehr Truppenpräsenz gegenüber Russland demonstrieren wollen. Wie nahe die Drohne dabei der russischen Grenze kam ist unklar.

Das US-Militär operiert derzeit mit zwei „Global Hawk“ von Sizilien. Sie bilden die Vorhut einer Drohnenflotte der NATO, die ebenfalls fünf „Global Hawk“ auf dem Militärstützpunkt Sigonella stationieren will. Alle bestellten Drohnen sollen noch in diesem Jahr nach Italien überführt werden. Eigentlich sollte die Auslieferung bereits ab 2012 erfolgen. Die erste vom US-Rüstungskonzern Northrop Grumman bereits fertig gestellte Drohne trägt die militärische Kennung „NATO 1“ und wird auf der US-Luftwaffenbasis Edwards in Kalifornien für das Zulassungsverfahren in Italien getestet.

Die NATO-Drohnen gehören zum Programm „Alliance Ground Surveillance“ (AGS). Nicht alle 28 NATO-Mitglieder nehmen daran teil, erhalten jedoch dort anfallende und analysierte Daten. Die Investitionen von rund 1,45 Milliarden Euro werden vor allem von den Regierungen der USA (42%), Deutschlands (33%) und Italiens (15%) übernommen. Erklärtes Ziel ist vor allem der Aufklärung Russlands.

Zwei Drohnen können gleichzeitig operieren

Zum AGS-Programm gehört auch ein Bodensegment zur Steuerung und Flugkontrolle und zur Auswertung übermittelter Daten. Die hierfür auf Sigonella benötigten Anlagen werden von den Rüstungsfirmen Northrop Grumman, Finmeccanica und Airbus errichtet. Sie werden 2017 vollständig an die NATO übergeben.

Das Programm "Alliance Ground Surveillance" der NATO.
Das Programm „Alliance Ground Surveillance“ der NATO.

Nach derzeitigem Stand wird die NATO 600 SoldatInnen für das AGS auf Sizilien stationieren. Sie planen die Missionen, steuern die Drohnen, bedienen die mitgeführte Sensorik, besorgen den Empfang und die Weiterleitung der Aufklärungsdaten und werten diese aus. Jeweils zwei der fünf Drohnen können gleichzeitig aufsteigen. Eine Bodenstation auf Sigonella besteht aus je elf Arbeitsplätzen für „Operatoren“.

Die Bandbreite der Aufklärungsdaten ist enorm und erfordert breitbandige Satellitenverbindungen. Die anfallenden Bilder werden können auch von mobilen Bodenstationen („Transportable General Ground Stations“) empfangen werden, die laut dem Hersteller Finmeccanica in Zelten untergebracht sind. Die Datenübertragung erfolgt mit Systemen von Airbus. Auch diese Anlagen sind mobil und werden auf sechs LKWs montiert. Die Fahrzeuge sind hierfür mit 16 Empfängern ausgerüstet.

Betrieb der Aufklärungssensorik im deutschen Korridor „strikt untersagt“

Die geplante NATO-Drohnenflotte und die bereits auf Sigonella stationierten „Global Hawk“ sind zu 95% baugleich. Laut einem Sprecher der Herstellerfirma Northrop Grumman ergeben sich durch die gemeinsame Stationierung auf Sizilien Synergieeffekte. So würden die Drohnen der US-Luftwaffe helfen, Überflugverfahren für das bald beginnende NATO-Programm zu entwickeln. Die US-Drohnen waren bereits für die NATO-Manöver „Unified Vision“ und „Trident Juncture“ in europäischen Lufträumen unterwegs. Auch das deutsche Verteidigungsministerium hatte hierfür Genehmigungen erteilt. Die Freigabe für die neuerlichen Überflüge war eigentlich bis Januar 2016 befristet und wurde zunächst bis Ende April 2016 verlängert.

Der von der US-Luftwaffe beantragte Korridor über deutschen Bundesländern. (Bild: BMVg)
Der von der US-Luftwaffe beantragte Korridor über deutschen Bundesländern. (Bild: BMVg)

Der nun erstmals genutzte Korridor verläuft über den Bundesländern Saarland, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Laut der Bundeswehr hielt sich die „Global Hawk“ dabei auf dem Hin- und Rückflug jeweils 85 Minuten im deutschen Luftraum auf. Zukünftig sollen monatlich bis zu fünf Überflüge stattfinden. Für etwaige Notlandungen sind die Militärflugplätze Nörvenich und Schleswig vorgesehen.

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurde der Betrieb der Aufklärungstechnik beim Transit über Deutschland „strikt untersagt“, überprüfen wolle die Bundesregierung dies jedoch nicht. Da die „Global Hawk“ in Höhen von bis zu 15 Kilometern fliegen, könnte die US-Luftwaffe von der Ostsee aus nicht nur Russland, sondern auch die übrigen Anrainerstaaten ausspähen.

Noch mehr „Global Hawk“ für NATO-Staaten

Ursprünglich war geplant, dass auch die Bundeswehr in sieben Jahren Drohnen des Typs „Global Hawk“ in Dienst stellt. Sie werden auf dem Militärflugplatz Jagel in Schleswig-Holstein stationiert, sind aber dem NATO-AGS unterstellt.

Die „Global Hawk“ des NATO-AGS sind nicht zu verwechseln mit der beinahe baugleichen Drohne „Euro Hawk“. Sie ist mit Technik zur signalerfassenden Aufklärung (SIGINT) bestückt und kann mit einem vom Airbus-Konzern gebauten Spionagemodul jede funkgebundene Kommunikation abhören.

Die Bundeswehr wollte mehrere „Euro Hawk“ beschaffen, nachdem die Zulassung aber scheiterte, ist das Verteidigungsministerium auf die Drohne „Triton“ umgeschwenkt, die ebenfalls von Northrop Grumman gebaut wird. Laut der Firma erwägen auch Norwegen und Großbritannien, „Global Hawk“ bzw. deren Derivat „Triton“ zu ordern.

14 Ergänzungen

  1. Der Korridor wurde über das Saarland gelegt. Ramstein Airbase liegt in unmittelbarer Nähe. Neben einer Anflugoption wird damit auch direkte Kommunikation mit dem Relais Ramstein möglich.

    Bei dem Überflug über Deutschland werden die Sensoren nicht abgeschaltet. Der volle Downlink läuft unverändert weiter. Das völlige Abschalten der Aufklärungstechnik wäre viel zu riskant und könnte dazu führen, dass die Drohne im Aufklärungsgebiet nicht voll einsatzfähig ist. Alles, was der Bundesregierung bleibt, ist das Versprechen der betreibenden US-Dienste, dass die Daten nicht ausgewertet werden. Nachfolgend erst kommt die Produktlieferung an NATO-Mitglieder.

    Aber von der Mentalität her befürwortet die Bundesregierung ja eine Vorratsdatenspeicherung.

    Bei der Operation im Bereich der Ostsee ist übrigens nicht nur eine Aufklärung in Richtung Russland möglich, sondern ausgezeichnet auch in Richtung Polen. Nach politischen Verwerfungen in Polen besteht verständlicherweise auch ein erhöhtes Aufklärungsinteresse der NATO gegenüber dem Mitgliedsland Polen.

    1. … na es wäre richtig genial, wenn das Dänische ~ oder das Polnische oder Finnische Militär ohne Rücksprache mit dem NATO“Partner“ beim an der Global Hawk einen Probeller oder einen Flügel fern-„demontieren“ würde. :))

  2. Fragt sich nur,ob Russland die Spionaschenflüge einfach so hinnimmt.Das sei zu bezweifeln, wenn Hoheitsgebiet überflogen wird,könnte das die angespannte Lage noch verschärfen.Fragt sich nur wie lange die Provokationen noch hingenommen werden,seitens der Russen.Das verhalten der Nato erweist sich immer mehr,dass ein auslösen eines Krieges gewollt ist.

    1. Ein Zitat von P.J. Dunning (1860), das Karl Marx in einer Fußnote im „Kapital“ bekannt machte, wird oft zur Charakterisierung des Profits gebraucht: „Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit, oder sehr kleinen Profit, wie die Natur von der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv und waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens.“

    2. > Fragt sich nur,ob Russland die Spionaschenflüge einfach so hinnimmt.

      Russland fühlte sich durch die NATO-Ost-Erweiterung stets bedrängt. Dass die Expansion der NATO keine Bedrohung Russlands sein soll wurde von den Russen nie geglaubt.

      Dann gab es Bestrebungen der USA, Raketenabwehrstationen z.B. in Polen/Tschechien zu bauen, zur Abwehr einer angeblich nuklearen Bedrohung durch den Iran. Heute wissen wir um den Wahrheitsgehalt dieser damals Behaupteten Bedrohung, und niemand kümmerte sich um das Befinden der Russen damals.

      Diese Ereignisse trugen maßgeblich dazu bei, das Verhältnis zwischen Russland und „dem Westen“ nachhaltig zu beschädigen. Russland fühlte sich gedemütigt und an der Nase herumgeführt. Dann gab es noch Ambitionen den westlichen Einfluss in Georgien zu stärken. All dies hat den Russen nicht viel Freude bereitet.

      Angela Merkel verstand es von Anfang an nicht, die damals noch guten Beziehungen zu Russland zu pflegen, die von Kohl gewollt und später von Schröder ausgebaut wurden. Dies kann man nur mit einer gewissen transatlantischen Hörigkeit der damals unerfahrenen Merkel-Regierung verstehen. Den USA waren allzu gute Beziehungen Deutschlands zu Russland schon immer ein Dorn im Auge. Mit kleinen Stichen wurden die Beziehungen zu Russland konterkariert.

      Als dann auch noch die Ukraine „an den Westen zu fallen drohte“ war das Maß für die Russen voll. Dass es so weit kommen konnte ist in einer Russland-Politik der EU begründet, die man rückblickend nur als naiv und wenig klug bezeichnen kann.

      Die Sowjetunion scheiterte damals in erster Linie wirtschaftlich. Heute treibt man durch wirtschaftliche Sanktionen die Russen vor sich her. Der Verfall der Öl- und Gaspreise rüttelt am Fundament der russischen Wirtschaft. Damit wurde aber auch der Treibstoff für Flugzeuge und Kriegsgerät recht günstig.

      Die heutige Ost-West Lage kann man vielleicht so beschreiben: Man versucht sich gegenseitig zu destabilisieren und lässt keine Gelegenheit aus, den anderen zu provozieren. Dies führt zu einer Polarisierung zwischen den Völkern, und die ist gewollt. Eine schwierige außenpolitische Lage schweißt das Volk zusammen und bringt eine gute Dividende bei Wahlen.

      Doch zurück zu den NATO-Drohnen: Nein sie werden kein gegnerisches Hoheitsgebiet überfliegen. Das ist auch völlig überflüssig, denn die Sensorik reicht sehr weit in das Gebiet hinein, an dem ein Aufklärungsinteresse besteht.

      Droht ein Abschuss durch die Russen? Grundsätzlich ja, aber nur bei Verletzung des Hoheitsgebiets.

      > Fragt sich nur wie lange die Provokationen noch hingenommen werden,seitens der Russen.

      USA und Russen sind Großmeister der Provokation. Sie spielen das Spiel mit Hingabe.

      > Das verhalten der Nato erweist sich immer mehr,dass ein auslösen eines Krieges gewollt ist.

      Einen Krieg wollen sowohl Russen als auch die NATO ganz sicherlich nicht. Beide wollen aber die Grenzen der Zumutungen und Demütigungen des anderen austesten. Dies kann zu sehr gefährlichen Zwischenfällen führen, wie der Abschuss des russischen Kampfjet durch die Türkei beweist. Solche Zwischenfälle werden auch in Zukunft keinen sofortigen Krieg auslösen, aber sie vergiften das politische Verhältnis auf viele Jahre. Solange die Politik auf beiden Seiten Profit aus „frozen conflicts“ ziehen kann, wird der Frost anhalten.

      1. „Als dann auch noch die Ukraine „an den Westen zu fallen drohte“ war das Maß für die Russen voll. “ Der Satz eines typischen Putinpropagandisten. Die Ukraine ist ein souveräner Staat und nicht der Vorhof Russlands. Dementsprächend kann dieses Land zusammenarbeiten mit wem es will. Wer aber will schon Freunde haben die einfach so eine Halbinsel militärisch besetzen und die die Hälfte des Landes destablilisieren? Selbst wenn die EU nicht Lupenrein demokratisch und rechtsstaatlich ist – Russland auf der anderen Seite ist es garantiert nicht.

      2. Horst Kevin, jemand der die Souveränität der Ukraine als „steile These“ oder den Standort eines Verdächtigen als irrelevant für polizeiliche Ermittlungen bezeichnet, ist mir nicht wirklich immer eine Antwort wert. Ich hoffe du hast Verständnis dafür. Keine Sorge ich habe deine Antwort gelesen.

      3. Mit steiler These meinte ich hier, daß Du es dir zutraust, ganz klar definieren zu können, wer hier „das dumme Schwein“ ist und mit den Sauereien des Einen die Sauereien des Anderen rechtfertigen zu können.
        Leider passt in deine einfachen Erklärungsmuster nicht, daß man das Eine kritisieren kann, ohne das Andere gutzuheißen.
        Diese Einfachheit sorgt für das Akzeptieren dieses kriegstreibenden Säbelrasselns und sowas halte ich für leichtfertig, dumm und gefährlich.

  3. @Hanspeter Waldmann, @eismann

    Die USA provozieren definitiv einen Krieg gegen Russland. Es begann damit, dass man einen demokratisch gewählten ukrainischen Präsidenten, der pro-russisch war, gestürzt hat. In diesem Zusammenhang dürfte auch klar sein, wer für die Schüsse auf den Maidan verantwortlich war. Von den USA geschmierte, wenn nicht sogar speziell ausgebildete Leute. Berkut-Uniformen an, und schon hat man was gegen den Präsidenten in der Hand.

    Seit Jahrzehnten war die Krim ukrainisch, seit Jahrzehnten hatte Russland kein Problem damit. Doch seit die USA und deren deutsche Helfershelfer aus der Politik Bestrebungen erkennen liessen, den pro-russischen Präsidenten Janukowitsch – zur Not gewaltsam – zu stürzen, reagierte Russland und sicherte sich den Zugang zur strategisch wichtigen Schwarzmeerflotte auf der Krim.

    Die Frage ist nur, was bezwecken die Amerikaner mit einer massiven Provokation der Russen? Warum wollen Sie einen Krieg gegen Russland forcieren?

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