Musikindustrie warnt vor Ende der Störerhaftung – wegen Datenschutz!

Die Musikindustrie ist sonst immer ganz vorne dabei, wenn es um die Aushebelung des Datenschutzes für die Durchsetzung von Urheberrechten geht. Bei der Störerhaftung ist dies nun anders.

Unfreiwilllige No-Wifi-Zonen dank Störerhaftung? CC BY-NC 2.0 via flickr/Amber Case

Die Musikindustrie spielt gerade Datenschützer, zumindest wenn es darum geht, fadenscheinige Argumente gegen das Ende der Störerhaftung zu finden. In einer Pressemitteilung warnt man vor großen Risiken, wenn denn die Störerhaftung fallen würde. Die Argumentation dazu ist lustig:

Im Übrigen bedeuteten offene Netze ohne Registrierungsvorrichtungen auch für Verbraucher erhebliche Risiken. „Viele Nutzer werden sich künftig nicht mehr damit beschäftigen, über welchen Hotspot sie gerade im Netz sind. Ein potentieller Angreifer kann sich hier ohne weiteres mit einem eigenen Hotspot unter vermeintlich vertrauenswürdigem Namen wie beispielsweise Vodafone Hotspot unter die Anbieter mischen. Anschließend kann er den gesamten Datenverkehr, der über seinen Router läuft, auslesen und aufzeichnen, einschließlich Login-Informationen und Kreditkartendaten. Auch könnte der Nutzer über einen manipulierten Router (Fake DNS) automatisch zu gefälschten Seiten umgeleitet werden.“

Ja, die Musikindustrie hat insofern Recht, als dass man im Idealfall nirgendwo ungeschützt in einem fremden Netzwerk unterwegs sein sollte. Eine VPN-Software kann dabei helfen, geschützt zu kommunizieren.

Aber das Problem von Fake-Hotspots hat doch gar nichts mit der Störerhaftung zu tun – ganz im Gegenteil: Wenn alle WLAN-Netzwerke wegen der Störerhaftung geschlossen sind, ist es doch sogar viel einfacher, einen Honeypot in Form eines offenen WLANs zu betreiben. Der ist dann ganz konkurrenzlos – und wird dann um so mehr genutzt.

Wir würden uns ja freuen, wenn die Lobby der Musikindustrie häufiger den Datenschutz hochhalten würde. Bisher ist es ja leider so, dass die Branche sich immer gegen den Datenschutz stellt, um die Durchsetzung von Urheberrechten zu erleichtern. Von Netzsperren über 3-Strikes bis hin zur Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung.

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17 Ergänzungen

  1. … ganz davon abgesehen, dass die meisten Hotspots mit Portal-Login ja auch unverschlüsselt sind.

    1. Aber genau das kann ja in Zukunft weg fallen. Und dadurch, dass Hierdurch kosten entstehen, werden sich sicherlich viele Cafés etc. Gegen einen solchen login entscheiden..

  2. Zum „Pflicht“-VPN in öffentlichen Hotspots kommt aber glücklicherweise eine heute deutlich gestiegene Verbreitung von HTTPS- und TLS-verschlüsselten Services und Angeboten, zumindest gegenüber vor nur wenigen Jahren.

    Die Argumente mögen valide sein, tatsächlich dürfte das praktische Risiko gegenüber früher aber schon um einiges kleiner geworden sein!

    1. Die Musikindustrie geht wahrscheinlich davon aus, das viele Banken und User eine unverschlüsselte Verbindungen nutzen … wie die Musikindustrie!

  3. jemand könnte also einen offenen Hotspot betreiben und den Datenverkehr mitlesen ? ich fall hier gleich vom Stuhl. Mal ernsthaft wer von euch hat sowas noch NICHT gemacht ? nen offenen Router an die 2. Lan Schnittstelle und Wireshark drauf loslassen ? oder nen transparenten Proxy ? mittlerweile bekommt der User dann haufenweise Fehlermeldungen wegen unbekannter oder fehlerhafter Zertifikate weil das meiste über HTTPS läuft. Wenn ich Login Daten abgreifen will indem ich das Telekom oder Vodafone Portal nachbaue dann hat mich da auch in Zeiten der Störerhaftung niemand dran gehindert. Wer mich da eventuell dran hindert wären die genannten Provider selbst indem sie die Portale nur über Https ausliefern und eine Fälschung so dann auffällt.

    Tja netter Versuch aber das die Musikindustrie genau diese Probleme bekommen wird davor hat schon David Bowie gewarnt und zwar vor Jahrzehnten. Hat wohl keiner ernst genommen und nun ist es dann soweit. Die Betroffenen trifft es natürlich wieder wie aus heiterem Himmel, wer konnte auch sowas ahnen ? richtig, alle Beteiligten.

    1. Au ja … auf solche „VT’s“, wie die von D. Bowi … verlinke ich auch öfter mal gern!

  4. Nun ja und den Ländern ohne Störerhaftung herrscht Anarchie! :-) Es ist ja auch verwerflich wenn man durch die Städte dieser Welt laufen kann und mittels offenen WLAN Informationen und Wege ergründet. Schon allein das Gesicht des Taxifahrers, wenn mann ihm auf GoogleMaps seine Umwege zeigen kann, ist mit nichts zu bezahlen…..Die Musik und Filmindustrie als Retter der Armen…zuviel Robin Hood Filme gedreht oder was?

  5. „auslesen und aufzeichnen“ der der durch den User imitierten Musik Downloads – ist ja fast wie Radio!

  6. Zitat: „Ein potentieller Angreifer kann sich hier ohne weiteres mit einem eigenen Hotspot unter vermeintlich vertrauenswürdigem Namen wie beispielsweise Vodafone Hotspot unter die Anbieter mischen.“

    Das ist ein alter Hut!
    Kali Linux hat eine noch perfidere Funktionalität!
    Es wartet wie eine Spinne im Netz, brüllt nun ein Client sein Verlangen nach einem bestimmten Netzwerk heraus, so bietet Kali Linux es kurzerhand an!
    … und mit einer Modifikation … hat man dann auch gleich das Passwort des nachgefragten Netzwerkes im Protokoll!

    Wozu WPA2 versuchen zu Knacken, wenn man das Passwort von einem Endgerät bekommt?
    Surfen beim Nachbarn? Wo ist das Problem?
    Was man dagegen machen kann?
    Einfach „Automatisch Verbinden“ abschalten … klar ist das nervig … aber hey … was nervt heute schon nicht?

  7. Die Störerhaftung gehört abgeschafft. BTW: Kann man eigentlich die Post in Störerhaftung nehmen, weil sie das Transportsystem für die Briefbombe eines unbekannten Absenders zur Verfügung gestellt hat?

    1. Oder den Verkehrsminister, weil er dem Bankräuber die Straße gebaut hat … Hier wirds deutlicher, worum es geht: „Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 10.03.2016 eine Mutter als Anschlussinhaberin wegen einer Urheberrechtsverletzung zum Schadensersatz und zur Erstattung von Anwaltskosten verurteilt.“ internet-law de. Auf dieses Gesetz darf man wirklich gespannt sein, wer macht das eigentlich, der Justizminister, der Wirtschaftsminister oder doch der Innenminister …

      1. Nein, unsere Gesetze werden von zahlenden Lobbyseilschaften erstellt, die zu bezahlende Koalition hat sie dann lediglich nur noch in geltendes Recht umzusetzen! Google Suchstring: lobby gesetze site:n-tv.de

    1. Zitat:““Anreize zum Eingreifen“
      Haftungsprivilegien sollten an „Anreize zum Eingreifen“ geknüpft werden, schlug Spindler vor. Sie könnten etwa weiter gelten für Anbieter, die eine „automatisierte Rechtsverfolgung mit ID-System“ ermöglichten.“

      ID System? Internetführerschein? An den Führerschein geknüfte Geräte/Zugangsmöglichkeiten?
      Das habe ich doch schon vor 7 Jahren irgendwo gelesen … ach ja, damals war es eine VT, wie jetzt aktuell auch noch, noch!

      Zitat: „Es gebe keinen Anspruch auf Anonymität im Internet, sekundierte Matthias Lausen vom Institut für Urheber- und Medienrecht Spindler. Im öffentlichen Raum herrsche ein Vermummungsverbot, …“

      … aber ich brauche meinen Personalausweis nicht gut sichtbar an meiner Kleidung zu tragen!
      Hmmm … aber ich könnte meine eineideutig ID’entifizierbare Steueridentifikationsnummer als QR bzw. als Strich Code an meine Kleidung pappen!
      … oder Tätowieren?
      Tja … evt. dann doch der RFID Chip im Hintern, wie bei Hunden und Katzen …

      1. Yo, Strichcode auf die Stirn tätowieren oder besser noch einbrennen, und den Chip im Ar*** :P

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.