Lästiges Pfefferspray-Bild: US-Universität zahlte 175.000 Dollar für Suchmaschinenoptimierung

Montage des ikonografischen Bildes. Foto: CC-BY-NC 2.0 Quasimodo (Flickr)

Im November 2011 sorgte die kalifornische Universität UC Davis für negative Schlagzeilen. Bei friedlichen Studierendenprotesten im Rahmen der Occupy-Bewegung attackierten zwei Beamte der Campus-Polizei einen Sitzstreik aus nächster Nähe mit Pfefferspray. Nun wurde bekannt, dass die Uni-Leitung insgesamt 175.000 Dollar an externe Dienstleister gezahlt hat, um die negativen Berichterstattungen und Verlinkungen in den Google-Ergebnissen weniger sichtbar zu machen.

Der entsprechende Vorfall forderte damals 13 Verletzte, von denen zwei im Krankenhaus behandelt werden mussten. Über das Internet wurden Videos von der Pfefferspray-Aktion (YouTube) und anderen brutalen Übergriffen (YouTube) verbreitet und dadurch weltweit bekannt. Als Folge wurden die beiden Polizisten und ihr Vorgesetzter vom Dienst suspendiert. Linda Katehi, Leiterin der Universität, entschuldigte sich für den Vorfall. Das Foto des Pfefferspray-sprühenden Polizisten wurde per Photoshop in verschiedene populäre Szenen montiert und so zum Internet-Mem. Für den dadurch erlittenen „psychischen Schaden“ bekam der suspendierte Beamte 38.000 Dollar Schmerzensgeld von der Universität zugesprochen.

SEO-Kampagne zur Beseitigung negativer Berichterstattung

Von der Zeitung The Sacramento Bee veröffentlichte interne Dokumente belegen nun, dass die Universitätsleitung zwei Marketingunternehmen mit einer Suchmaschinenoptimierung (SEO) beauftragte. Durch gezielte Einträge und Parameter sollen dabei bestimmte Webseiten im Suchmaschinenranking auf höheren Plätzen erscheinen.

Die entsprechenden Dokumente wurden der kalifornischen Zeitung als Folge einer Anfrage übergeben, die letzten Monat in Berufung auf den „California Public Records Act“ (vergleichbar mit dem Informationsfreiheitsgesetz) eingereicht wurde. Den Verträgen zufolge beauftragte die Universität UC Davis das Unternehmen Nevins & Associates, für 15.000 Dollar monatlich sechs Monate lang die Online-Erscheinung der Bildungsstätte aufzupolieren. Anscheinend war deren Arbeit nicht erfolgreich genug. Denn der digitale Dienstleister idmloco wurde 2014 von der Universität für 82.000 Dollar damit beauftragt, „eine umfassende Suchmaschinenergebnis-Management-Strategie zu entwerfen und auszuführen“.

Die teuren Bemühungen scheinen sich nicht gelohnt zu haben.
Die teuren Bemühungen scheinen sich nicht gelohnt zu haben.

Durch diese Online-Kampagne sollten die negativen Berichterstattungen vertuscht werden. Dass eine öffentlich finanzierte Bildungseinrichtung zu solchen Maßnahmen greift, ist ungewöhnlich, wenn nicht sogar ein Novum.

Allerdings waren die Bemühungen offensichtlich nur von mäßigem Erfolg gekrönt. Berichten der Sacramento Bee und eigenen Recherchen zur Folge sind die ersten Ergebnisse bei einer Google-Suche nach „uc davis“ durchaus positiv, doch schon eine kleiner Zusatz in der Suchanfrage ändert dies. Laut der kalifornischen Zeitung wirft Google über 100.000 Suchergebnisse für „uc david pepper spray“ aus. Eigens durchgeführte Anfragen kamen auf über 300.000 Ergebnisse.

Ein mageres Ergebnis für eine Investition von umgerechnet gut 150.000 Euro an öffentlichen Geldern. Durch die jetzt veröffentlichten Dokumente ist der Schuss dann endgültig nach hinten los gegangen. Die Universität, allen voran Kanzlerin Linda Katehi, erleiden nun einen doppelten Imageschaden.

Laut The Sacramento Bee stieg das Budget für Öffentlichkeitsarbeit unter der aktuellen Leitung von Katehi in den vergangenen sechs Jahren von drei Millionen auf knapp 5,5 Millionen US-Dollar. Die Chefin der Universität ist ohnehin sehr umstritten, momentan halten Studierende Teile ihres Bürogebäudes seit Mitte März besetzt. Auf Grund ihrer Beschäftigung in gewinnorientierten Unternehmen und der ihr unterstellten brutalen Campus-Polizei fordert die Studierendenschaft ihren Rücktritt.

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13 Ergänzungen

  1. „erscheinen schon auf Seite 2 Beiträge zu dem Pfefferspray-Vorfall“

    seite 2 = wird nie jemand sehen

  2. Das war 2011 und heute erscheint dieser Vorschlag noch/wieder in den Ergebnissen? Das sollte zu denken geben. Nicht nur über diese Uni.

  3. Ich hatte ja erwartet, dass wenigstens Ihr den Begriff „Suchmaschinenoptimierung“ in diesem Kontext durch Anführungszeichen als Neusprech entlarvt…

  4. Wenigstens kann das in Deutschland nicht passieren. Hier ist der Rechnungshof so präsent, dass es sich kaum jemand traut, derartig Gelder zum Fenster raus zu schmeißen. Allerdings bräuchten unsere Unis auch keine Angst davor haben, dass denen die Studenten aussgehen. Selbst drittwertige Einrichtungen finden genügend Studienanfänger, für die die Hochschule vom Staat kassiert.

  5. Werden die jetzt wieder Geld ran schaffen um Firmen damit zu beauftragen die Suchergebnisse so zu manipulieren, dass man von der Suchmaschinenmanipulation nichts mehr findet? Werden die das notfalls nochmal machen?

  6. Übrigens der Polizist John Pike erhielt von der Uni eine Entschädigung in Höhe von 38.000 US-Dollar weil er aufgrund des Vorfalls ein „psychische Verletzungen und ein andauerndes Trauma“ erlitten hatte. Am Ende sind nur noch Opfer übriggeblieben

  7. Da geht es hin. Die es sich leisten können, werden Ihre Digitale Identität und Privacy mit Ihren Portmonie positiv pimpfen. Alle anderen müssen Ihre Digitale Identität und Privacy ungefragt, ungewollt und ohne Einfluß zur Gewinnvermehrung der Neoliberlaen als Produkt abgeben. Und Firmen wie die Thiels Paladir ( gleichzeitig der größte Sponsor der “ Netz Freiheits Kämpfer“ allerei “ Digitaler Bürgerrechts Initiativen “ ), oder SOROS allerei Gechäftsfelder, greifen diese Daten strukturiert ab, Verkaufen die Pakete an Krankenkassen, NSA, Versicherungen etc. etc. etc., oder nutzen die Daten zur Einflussnahme. Wer hier den Zusammenhang zwischen ( vorgeschobener) “ Digitale „Freiheit“ im Netz“, und den damit direkt zusammenhängenenden Business Case auch im Jahre 2016 nicht schnallen will, den ist nicht mher zu helfen. Bzw. wird vermutlich Tiel des Business sein. Und die Digitalen Freiheits Lämmer rennen halt hinterher.

  8. Es wird also lieber viel Geld verbrannt,
    als die Fehler einzugestehen und die Opfer zu entschädigen.
    Das ist für die USA eine sehr bedenkliche Entwicklung.
    Hier kann sich jeder rein-waschen, wenn er nur ehrlich Reue zeigt.
    Das Vertuschen, wie es ja auch VW gerade versucht,
    kommt bei AMIs gaaaanz schlecht an.

    Der Streisand-Effekt tut dann sein übriges ….

  9. Das ist wirklich peinlich…

    Speziell wenn Absehbar war, dass die Verträge veröffendlicht werden:
    „Die entsprechenden Dokumente wurden der kalifornischen Zeitung als Folge einer Anfrage übergeben, die letzten Monat in Berufung auf den „California Public Records Act“ (vergleichbar mit dem Informationsfreiheitsgesetz) eingereicht wurde.“

    Was Deutschland angeht: Zum einen hoffe ich das keine Hochschule hier Millionen für Marketing ausgibt, zum anderen Glaube ich aber, dass viele Unternehmen Gefallen an diesen Methoden finden könnten wenn sie solche Methoden nicht schon lange anwenden… Anfragen an SEO Argenturen gibt es in diesem Bereich viele…

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