Internet ausgedruckt: Künstler bringt deutsche Wikipedia in Buchform

Eine Kunstausstellung in Berlin präsentiert die deutschsprachige Wikipedia in gedruckter Form. Sie visualisiert dadurch die gigantischen Mengen an akkumuliertem Wissen und zeigt gleichzeitig die Nachteile analoger Nachschlagewerke auf.

Quelle: Lizenz: CC BY-SA 3.0

Seit diesem Wochenende kann man in der Ausstellung „Print Wikipedia: from Aachen to Zylinderdruckpresse“ Wikipedia-Artikel in ausgedruckter Form bewundern. Der US-amerikanische Künstler Michael Mandiberg will die riesige Menge an Wissen veranschaulichen und hat deswegen die deutschsprachigen Beiträge der Enzyklopädie in Buchform gebracht – insgesamt sind 3.406 Bände entstanden.

Allein fünf Bände sind lediglich den 800.000 freiwilligen Mitschreibern gewidmet.

Wenn ich sage, dass die deutschsprachige Wikipedia so und so viele Gigabyte Daten umfasst, sagt dir das gar nichts. Aber wir verstehen, wie viele Informationen in einem Buch stecken.

Einhundert Bände hat er tatsächlich drucken lassen, die restlichen hängen als Fototapete an der Wand der Galerie und runden das Gesamtkunstwerk ab.

Kunst trifft Datenvisualisierung

Letztes Jahr druckte Mandiberg bereits die englischsprachige Wikipedia und zwar tatsächlich alle Artikel in 7.600 Bänden. In einer US-amerikanischen Universität lassen sich die englischen Artikel in physischer Form begutachten. Die ersten 525 Bände beginnen allein mit Sonderzeichen oder Zahlen.

Das Projekt führt einem auch die Nachteile von gedruckten Wissenssammlungen vor Augen. Während man sich in der digitalen Wikipedia per Link durch zusammenhängende Artikel klicken kann, muss in der Bibliothek lange gesucht und sogar mal auf die Leiter gestiegen werden. Zudem sind Wissensarchivierungen in Buchform statisch. Digitale Enzyklopädien können stets um gewonnene Erkenntnisse ergänzt, aktualisiert und umgeschrieben werden. „Die Wikipedia wächst die ganze Zeit“, sagt Programmierer Jonathans Kiritharan. „Sie ist unendlich.“

Die Ausstellung läuft noch bis einschließlich kommenden Donnerstag in der Keithstraße 10 in 10787 Berlin.

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3 Ergänzungen

  1. „Das Projekt führt einem auch die Nachteile von gedruckten Wissenssammlungen vor Augen“

    Hat übrigens nicht nur Nachteile in einem Buch zu lesen, auch nicht in einem Fachbuch oder Lexikon zu lesen. Zudem frage ich mich, ob hier wie so oft der Fehler gemacht wird, ein Digitalprodukt im Analogen (oder andersrum) abzubilden und dann zu sagen wie schlecht das da ja darzustellen/zu lesen ist. Das ist immer so, dass man Produkte aus der einen Welt nicht einfach so in die andere übertragen kann, da sind schon viele Leute überraschend dran gescheitert (siehe Zeitungsverlage, Kartenhersteller….)

  2. Hm, ich habe schon vergeblich in Buchhandlungen nachgefragt, weil ich nur 28 Bänder Fischer-Lexikon als Taschenausgabe haben wollte. Ich muss gestehen, selbst die habe ich als Kind nicht alle gelesen. Aber sobald das Fernsehen mal wieder Worte gebraucht hat, die ich nicht kannte, oder Dinge nicht erklärte, die erklärt werden mussten, half mir unser Fischer Lexikon.
    Heute gibt es so etwas für Kinder leider nicht mehr, obwohl immer mehr Kinder nicht wissen, wie sie ohne smartphone in der Hand durch die Stadt navigieren sollen um einen Treffpunkt zu finden.
    Schade, die ungeprüfte Wikipedia Sammlung ist Kunst – schön anzuschauen, aber wertvoll?
    Lieben Gruß SUSI

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