Schwarz-grüne Koalition in Hessen: Entscheidung über Informationsfreiheit im Herbst

Mit der Transparenz tut sich Hessen schwer: Als eines von vier Bundesländern hat es noch immer kein Informationsfreiheitsgesetz. Laut Auskunft der Landesregierung soll ihr eine Evaluation im Herbst bei der Entscheidung über die Einführung eines IFG helfen. Dabei ist die Öffnung der Verwaltung im schwarz-grünen Koalitionsvertrag festgeschrieben.

Polizeikessel bei Blockupy-Protesten in Frankfurt 2013. Bild: Tim, Blockupy 2013 Kessel, CC BY 2.0

Drei Jahre lang hat die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen ihren eigenen Beschluss im Koalitionsvertrag ignoriert, ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG) zu verabschieden. Jetzt kommt aber unter Umständen etwas Bewegung in die Sache.

Laut einer Antwort des hessischen Innenministeriums auf eine kleine Anfrage von Ulrich Wilken aus der Linken-Fraktion will die Koalition bis zum „Herbst 2016“ eine insgesamt einjährige Evaluation zum Thema abschließen. Darin will die Landesregierung die „Chancen und Risiken“ für die Einführung eines solchen Gesetzes bewerten und abschätzen, welche Belastung für die Verwaltung entstehen würde.

Hessen zählt mit Bayern und Sachsen zu den Informationsverweigerern

Dass für die Klärung dieser Fragen eine gesonderte Evaluation nötig sein soll, mutet allerdings ziemlich skurril an. In Deutschland gibt es zum Beispiel in Brandenburg schon seit fast zwanzig Jahren ein IFG, auf Bundesebene seit zehn Jahren. Hamburg hat inzwischen ein Transparenzgesetz mit aktiven Veröffentlichungspflichten der Verwaltung verabschiedet, das international viel beachtet wurde. Eine übermäßige Belastung zeigte sich in keinem der Bundesländer, wie auch aus den unzähligen bereits erfolgten Evaluationen der jeweiligen Gesetze hervorgeht.

Dass allerdings ein großes Bedürfnis nach mehr Transparenz besteht, zeigte sich in der Vergangenheit etwa in Frankfurt: Dort haben die Behörden in den letzten Jahren regelmäßig Auskünfte verweigert, darunter zum stark kritisierten Vorgehen der Polizei bei den Blockupy-Protesten. Es liegt daher vor allem am grünen Koalitionspartner, die Öffnung der Verwaltung voranzutreiben. Auf Bundesebene gibt sich die Partei regelmäßig als Verfechter der Informationsfreiheit.

Zu welchen Schlüssen die Evaluation der hessischen Landesregierung kommt, bleibt übrigens geheim. Eine Veröffentlichung des Dokuments ist nicht beabsichtigt. Und ohne Informationsfreiheitsgesetz kann sie dann auch nicht angefragt werden.

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3 Ergänzungen

  1. Ja ja, die Grünen. Die richten sich gerne nach dem Wind aus. Hauptsache die Selbstversorgung stimmt. Ankommen in Deutschland hat diese Partei sehr gut gelernt.

  2. Über 100 Staaten in der Welt d. h. 2/3 der Weltbevölkerung haben Informationsfreiheitsgesetze. Es ist ein Skandal, dass es das Menschenrecht des Zugangs zu Dokumenten der Verwaltung in Hessen nicht gibt: https://www.rti-rating.org/country-data
    Ich habe jedenfalls Bayern beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verklagt: http://home.broadpark.no/~wkeim/files/durchsetzung_informationszugang.html
    Walter Keim
    Netizen: http://walter.keim.googlepages.com

  3. Bevor Schwarz-Grün sich zur Handlungsfähigkeit bereit sieht, muss die Evaluation als Geheimdokument anscheinend vor allem den Dienst leisten, geheim zu sein und eines noch einmal klarstellen: Die Regierung weiß es besser, weil sie sich die Informationen für sich reserviert. Mehr als ein schwarz-grüner Rohrkrepierer, der Informationsfreiheit nur in so weit zulässt, dass die einschränkenden Ausnahmen die freiheitlichen Regeln überwiegen, wird wohl nicht herauskommen. Zumal CDU-Abgrordnete offen für die Beibehaltung des obrigkeitsstaatlichen Amtsgeheimnisses eintreten. Goethes letzte Worte „Mehr Licht!“ wirken in Hessen nicht. Denn finster bleiben die Amtsstuben.

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