Grundrechte-Report 2016: Der wahre Verfassungsschutzbericht

In Karlsruhe stellen Bürgerrechtsorganisationen den jährlichen Grundrechte-Report vor. Das Handbuch ist auch im zwanzigsten Jahr seines Erscheinens vor allem eines: alarmierend.

Ausschnitt des Covers vom Grundrechte-Report 2016

Zum zwanzigsten Mal erscheint heute der Grundrechte-Report. Die jährliche Essay-Sammlung zeigt anhand von zahlreichen Beispielen aktuelle Einschränkungen und Gefährdungen der Grund- und Freiheitsrechte in Deutschland. Zum Jubiläum wagen die Autoren zudem einen Blick in die Vergangenheit.

Der Grundrechte-Report gehört seit Langem zur Pflichtlektüre für alle, denen eine freiheitliche Gesellschaft am Herzen liegt. Er ist darüber hinaus ein unverzichtbares Barometer für den Zustand der Demokratie in diesem Land.

Und um die steht es nicht gut, wenn wir Martin Kutscha glauben wollen. Er fragt in seinem Rückblick auf die letzten 20 Jahre geradezu bestürzt:

Kann angesichts einer Überwachung solchen Ausmaßes wirklich noch von einer »freiheitlichen demokratischen Grundordnung« gesprochen werden, wie sie das Grundgesetz als verpflichtendes Essential unserer Gesellschaft vorschreibt?

Grundsätzlich gehen die Autor/innen und Herausgeber nicht davon aus, dass der demokratische Rechtsstaat durch wie auch immer geartete Bestrebungen der Bürgerinnen und Bürger gefährdet wird. Sie konstatieren mit Bezug auf Montesquieu, dass Macht dazu neige sich auszubreiten und ihre Grenzen zu sprengen:

Die wirklichen Gefährdungen unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und damit der Grundrechte und des Rechtstaats gehen [..] im Wesentlichen von staatlichen Institutionen aus [..]

grundrechte-report-2016Deswegen versteht sich der Grundrechte-Report mittlerweile als „der wahre Verfassungsschutzbericht“. Wichtige Themen des Reports sind in diesem Jahr neben Migration und Asyl das Demonstrations- und Versammlungsrecht sowie die immer weiter ausufernde Überwachung. Der Report ist so aufgebaut, dass die 36 einzelnen Berichte jeweils den verletzten Grundrechten zugeordnet werden. So entsteht ein guter Überblick auf aktuelle Problemfelder.

Dabei kommen nicht nur Themen wie die problematische Twitter-Nutzung durch die Polizei zur Sprache, sondern auch die Einschränkung sozialer Grundrechte beispielsweise durch das Tarifeinheitsgesetz. Der Grundrechte-Report zeigt dabei die gesamte Bandbreite der Grund- und Freiheitsrechte – und beschränkt sich eben gerade nicht auf die „Digital Rights“. Für netzpolitisch Interessierte bietet das Buch damit auch einen wichtigen Blick über den Tellerrand. Lesen!

Der Grundrechte-Report 2016 erscheint im Fischer Verlag als Taschenbuch, hat 224 Seiten und kostet 10,99 Euro. Er ist ein Projekt der Humanistischen Union, Pro Asyl, dem Komitee für Grundrechte und Demokratie und vielen weiteren Organisationen.

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18 Ergänzungen

  1. Die Behauptung, dass „die wirklichen Gefährdungen unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und damit der Grundrechte und des Rechtsstaates … im Wesentlichen von staatlichen Institutionen“ ausgehen, ist in Anbetracht der diesjährigen Gefährdung durch den Terrorismus v.a. des IS sehr gewagt – aber vielleicht deswegen besonders bedenkenswert. In diesem Zusammenhang erscheint dann sicher auch die „Überwachung“ als eine Gratwanderung zwischen dem Schutz der Grundordnung und der Gesellschaft einerseits sowie der Begrenzung auf das Notwendige und dem Respekt vor der persönlichen Freiheit andererseits.
    Sicher ein Thema, das im Jahr 2016 besonders bewegt!

    1. Da wir keine SEO-Strategien mögen und in der Regel auch nicht akzpetieren, bitten wir Dich hiermit ein letztes Mal, darauf zu verzichten, hier immer mit praxislenz.TLD zu kommentieren. Weil die URL einfach in die SEO-Blacklist kommt.

  2. > Der Grundrechte-Report … Pflichtlektüre für alle, … unverzichtbares Barometer …

    Im Sinne der Schonung ökologischer und finanzieller Ressourcen: Wo ist bitte der Link zum freien pdf-Download?

    Es wäre doch schade, wenn ein so wichtiger Grundrechte-Report nur für zahlungskräftige Leser zugänglich ist?

  3. Schade, nicht mal ein Grundrechtereport ist heute noch offen zugänglich für alle Bürger und verlangt tatsächlich Daten und Geld. Printversion ok, würde ich verstehen, aber wo ist das Problem solch relevante Informationen unentgeltlich ins Netz zu stellen?

    1. Bitte stellt diese Fragen an die Herausgeber/innen der Reports. Wir haben hier nichts gegen eine Creative Commons Version als epub. Allerdings muss auch dann sichergestellt werden, dass die NGOs, die ihn machen, ausreichend finanziert werden. Denn solche Arbeit kostet Geld.

        1. Faulheit als Ausrede finde ich zwar blöd…
          * Suche mit ISBN: http://www.isbnsearch.org/isbn/9783596035885
          eBooks gibts auch **legal**:
          * https://www.amazon.de/Grundrechte-Report-2016-Till-M%C3%BCller-Heidelberg/dp/3596035880/
          … aber scheinbar ist der kürzeste Weg der beliebteste.

          Spendet doch einfach an die [beteiligten Organisationen](http://www.grundrechte-report.de/quermenue/herausgeber/):
          * https://www.humanistische-union.de/wir_ueber_uns/spenden/
          * http://www.grundrechtekomitee.de/spenden
          * http://www.bakj.de/
          * https://www.proasyl.de/spenden/
          * http://www.rav.de/
          * http://www.vdj.de/ueber-uns/mitglied-werden/
          * http://ilmr.de/spendeninformationen
          * http://www.nrv-net.de/

          Und versäumt nicht den ein oder anderen mal zu kontaktieren damit Sie mehr/bessere Möglichkeiten zur Unterstützungsannahme ermöglichen.

          Und zum Arbeiten mit der Literatur:

          Ich bin zunehmend der Überzeugung wenn ihr Buchvorstellungen macht, würde sich soetwas sehr gut machen:

          @book{GrundrechteReport2016
          author = “ Till Müller-Heidelberg (Herausgeber) „,
          title = „Grundrechte-Report 2016“,
          subtitle = „Der wahre Verfassungsschutzbericht“,
          pages = „224“,
          publisher = „FISCHER Taschenbuch“,
          edition = „1“,
          date = „2016-05-25“,
          ISBN10 = „3596035880“,
          ISBN13 = „978-3596035885“,
          url = „http://www.grundrechte-report.de/“
          }

  4. Frage in die Runde.

    Angesichts des Grundrechte-Reports: Welches Land in der Welt ist in dieser Hinsicht besser als Deutschland? Wohin emigrieren?

    1. @Brain Drain
      Ist Ihre Fragestellung eine Neufassung des 50-80 er Jahre Spruches „Wenn es dir hier nicht gefällt,dann geh doch nach drüben “ womit konservative bis reaktionäre Typen Kritiker als Systemgegner abkanzeln wollten?

      1. @wesendlich

        Äh? Sprung in der Schüssel? Da hast Du mich jetzt aber um 180 Grad missverstanden.

        Ich will wissen, ob es angesichts des Grundrechte-Reports andere Länder gibt, wo es in Bezug auf Grundrechte besser läuft. Vielleicht will man nicht ewig im Deutschland-Zug gen Abgrund fahren?

        Man hört oft, in den nordischen Ländern wie z.B. Norwegen oder Island sei die Welt „noch in Ordnung“. Beim genaueren Hinsehen sind die nordischen Ländern bei der Überwachung und Transparenz der Bürger dann aber ganz weit vorn. Deshalb frage ich mich, ob es überhaupt „bessere“ Länder für Emigration/Exil/Flucht gibt.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.