Grüne: Anbieter sollen Bußgeld bei zu langsamen Internetverbindungen bezahlen

Deutlich langsamere Internetverbindungen als angekündigt, sind für viele Verbraucher in Deutschland der Normalfall. Während in der Werbung von 50 Mbit/s oder sogar 200 Mbit/s geträumt wird, sieht die Wirklichkeit zumeist anders aus. Die Grünen-Fraktion im Bundestag fordert jetzt Bußgelder bei zu langsamen Internetzugängen.

Credit: CC BY-SA 2.0, via flickr/Groman123

Was in der Werbung noch so schön klang und zum Vertragsabschluss geführt hat, erweist sich in der Realität oft als Mogelpackung. Von der versprochenen Bandbreite ist nichts zu spüren; Webseiten laden langsam und das Streamen in hohen Qualitäten ist ein Graus. Dagegen wehren können die Verbraucher sich nicht. Das liegt an der „bis zu“ Klausel in den Verträgen, wonach beispielsweise Geschwindigkeiten „bis zu“ 50 Mbit/s angeboten werden. Also auch alles darunter. Die Bundestagsfraktion der Grünen will diese Klausel jetzt de-facto abschaffen.

In ihrem Antrag (pdf) fordert die Grünen-Fraktion ein Recht auf Erfüllung der angepriesenen Bandbreiten. Als erfüllt gilt ein Vertrag demnach, wenn „mindestens 90% der vertraglich vereinbarten maximalen Bandbreite den Verbraucherinnen und Verbrauchern auch tatsächlich zur Verfügung stehen.“ Ist dies nicht der Fall, sollen die Unternehmen Bußgelder zahlen.

Verbraucher sollen außerdem nicht mehr die Katze im Sack kaufen, d. h. vor Abschluss des Vertrags wissen, in welche Qualitätsklasse die angebotenen Internetzugänge fallen. Das würde die Vergleichbarkeit der Angebote deutlich erhöhen.

Nur 16 Prozent der Kunden erreichen beworbene Leistung

In ihrem Gesetzentwurf bezieht sich die Grünen-Fraktion dabei auf eine Studie (pdf) der Bundesnetzagentur, wonach im Jahr 2013 nur rund 16 Prozent der Kunden die volle versprochene Leistung erreichten. Eine überwältigende Mehrheit der Kunden hat also nicht die ihnen bezahlte Geschwindigkeit der Datenübertragung erreicht. Immerhin die Hälfte der angepriesenen Bandbreite erreichten rund 77 Prozent der Kunden.

Gegenüber der FAZ sagte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner: „Wenn ich aber für 50 Megabit in der Sekunde zahle, will ich das auch bekommen. Wie würde wohl der Anbieter reagieren, wenn ich im Gegenzug nur ‚bis zu‘ 100 Prozent meiner Telefonrechnung bezahle?“

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Bundesnetzagentur wieder eigene Qualitätsstudien unternimmt und dafür die von ihr betriebene Seite breitbandmessung.de nutzt. Auf Basis der Messergebnisse sollen Verbraucher dann Schadensersatzforderungen bei ihrem Internetanbieter gelten machen können.

Spezialdienste schwächen Breitbandstandards

Die Grünen-Fraktion verweist in ihrem Antrag auf die jüngst reformierte Verordnung zur „Harmonisierung des europäischen Binnenmarktes in der Telekommunikation“ des Europäischen Parlaments. Neben Regelungen zur Netzneutralität und Roaming enthält sie auch Vorgaben zu Sanktionen bei Abweichungen der realen von der vertraglich zugesicherten Bandbreite des Internetanschlusses. Die Bundesregierung habe es bislang versäumt, solche Sanktionen im Telekommunikationsgesetz festzuschreiben, kritisieren die grünen Bundestagsabgeordneten.

Zudem sehen sie angesichts der drohenden Aufweichung der Netzneutralität eine weitere künstlich herbei geführte Verknappung der Bandbreite kommen. Im Antrag heißt es dazu:

Es besteht jedoch ein direkter Zusammenhang zwischen der Förderung hoher Bandbreiten(standards) und der Wahrung der Netzneutralität, da bei Aufhebung des Grundprinzips der Netzneutralität die Gefahr besteht, dass Bandbreiten künstlich verknappt werden, um zusätzlich eingeführte Spezialdienste zu monetarisieren. Anreize für den dringend notwendige Breitbandausbau für das „Best-Effort-Netz“ werden so geschwächt.

Die Grünen-Fraktion fordert daher, Spezialdienste nur zu erlauben, wenn die zugesicherte Bandbreite zu mindestens 90 Prozent erreicht wird. Dies entspricht den Forderungen von Verbraucherschützern. Dass der Bundestag den Antrag der Grünen annimmt, ist allerdings unwahrscheinlich.

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7 Ergänzungen

  1. Ich denke wenn das durchgesetzt wird, wird es der Endkunde bezahlen. Die Unternehmen werden die Bußgelder einkalkulieren und die Preise entsprechend anheben. Es ist eine nette Idee aber den Unternehmen wird das nicht Wehtun, zumal der Verwaltungsaufwand auf Staatsseite groß sein wird und der Steuerzahler so noch mehr an Personal für die öffentliche Stellen bezahlen darf.

    1. Es kommt auf den Anbieter an. Beispiel:

      Bei Vodafone hatte ich tatsächlich die versprochenen 16 Mbit/s, aber extrem instabil. Sie mussten auf 12–14 Mbit/s herunterregeln, damit nur noch ein Verbindungszusammenbruch pro Woche auftrat. Irgendwann hatte ich die Schnauze volk von deren Mätzchen und Betrugsversuchen (Vertragslaufzeit immer wieder manipuliert) und wollte kein Dauergast in deren Hotline mehr sein. Mein neuer Anbieter HTP (hängt mit EWE und SWB zusammen) liefert jetzt im bester Qualität sogar 17,5 Mbit/s … komisch, was?

      Also ist es nicht zu viel verlangt, den Kunden ein ordentliches Produkt für den gleichen Preis zu liefern, die Easyboxen vllt. gegen geringen Aufpreis in Fritzboxen zu tauschen, oder ganz einfach nur das zu Bewerben, was man leisten kann … ohne dass es zu Strafzahlungen kommen muss. Die Provider haben es selbst in der Hand, ob sie Arschlöcher sein wollen, die müssen nichts einkalkulieren.

  2. Guten Morgen. Die gelieferten Bandbreiten sind bereits Bestandteil des Vertrages, siehe Telekom Magenta zuhause: min 6, normal 9,8, max 16MBit/s beworben mit ‚bis zu 16Mbit/s‘ … Baugleich bei Kabel Deutschland.

    1. Es ist eher gemeint, das bei Abschluss des Vertrages die voraussichtliche Bandbreite am Anschluss dem Kunden bekannt sein soll und diese dann auch zu min. 90% eingehalten werden muss. Bei der DTAG ist es technisch kein Problem dem Kunden vorher zusagen was für eine voraussichtliche Bandbreite am Ende am Router ankommt. Das gesamte Leitungsnetz der TAL ist dokumentiert (Länge und Querschnitt) und daraus lassen sich Aussagen über die tatsächliche Bandbreite treffen die dann max 10% abweichen darf. Ich vermute das die Kabelanbietern da eher in die Bredouille kommen da sie auf einem shared Medium übertragen und die Garantie der Bandbreite schwieriger wird. Außer alle am Kabel bekommen nur so viel, dass alle Nutzer bei Nutzung ihrer max Bandbreite nicht die max Bandbreite des Kabels übersteigen. Ich behaupte jetzt einfach mal das die Kabelanbietern den Leuten mehr Bandbreite verkaufen als am Ende bei voller Auslastung im Kabel zur Verfügung stehen würde.

  3. Ich finde da die Vorgehensweise von Easybell ganz ok. Da kann man auf Wunsch sich eine Bandbreite garantieren lassen und die gibts dann idr. auch.
    Die Grünen sind für mich eine „Verbotspartei“ die wollen alles per Gesetz regeln und durch Strafandrohung. Ich finde es besser Entwicklungen durch Anreize politisch zu steuern. z.B., dass ein Anbieter, wenn er in einem unatraktiven ländlichen Gebiet Glasfaser ausbaut XYZ Euro kriegt für die nächsten 10 Jahre o.Ä. und somit sich der Ausbau auch finanziell halbwegs rechnet. Geld dafür gibt es ja, wenn man das nicht der Telekom in den Po blasen würde für Vectoringausbau und Monopolsicherung.
    Dieser blinde Verbotsaktionismus ohne begründeten Hintergrund, bringt doch keinem was.. Siehe z.B. Tempolimit 120 in BaWü oder so lustige Dinge wie das geforderte Heizpilzverbot oder Standby Verbot bei Elektrogeräten.. Wtf… Das härteste ist, dass sie das Glühbirnenverbot unterstützen.. Das ja nun bekantlich nur der Industrie hilft und keinesfalls der Umwelt..

  4. Ach, Bußgelder, Papperlapapp. Ich sollte als Kunde schlicht und ergreifend meine Zahlungen entsprechend der Untererfüllung des Bandbreitenversprechens mindern dürfen. 50% der Bandbreite, 50% des Rechnungsbetrages. Basis dafür könnte z.B. ein behördlich betriebener speedtest sein, den ich dann an y verschiedenen Tagen zu x unterschiedlichen Tageszeiten dokumentiert verwendet haben müsste. Ab dem Zeitpunkt müsste die Beweislast über die Erfüllung des ursprünglichen Versprechens wieder beim Anbieter liegen. So wird ein Schuh draus. Alles was ich erst monatelang aufwändig einklagen muss, ist im Endeffekt Utopie.

  5. Hm, wofür brauche ich eigentlich soviel Bandbreite?
    Ich dachte Firmen müssen gut übertragen können.
    Brauche ich das auch? Wenn ja wofür?
    Lieben Gruß SUSI

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.