„Gravierende Mängel“ – Berliner Datenschutzbeauftragte kritisiert Stille SMS

Ihr Einsatz ist oft nicht erforderlich, in den Ermittlungsakten nicht ersichtlich und Betroffene werden kaum benachrichtigt. Die Liste der Mängel bei der Überwachung mit der Stillen SMS ist lang.

Durch das Versenden von stillen SMS können Personen geortet werden. (Symbolbild) Foto: CC-BY-SA 3.0 OSM

Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Maja Smoltczyk, hat die Praxis der Stillen SMS in Berlin scharf kritisiert. Bei der Stillen SMS wird eine besondere Form der SMS versandt, die nicht auf den Bildschirmen sichtbar ist und auch keine Benachrichtigungstöne auslöst. Durch den Empfang fallen Verbindungsdaten an. Auf Grundlage dieser Daten können unter anderem Bewegungsprofile erstellt werden, wenn die Stillen SMS in gewissen zeitlichen Abständen geschickt werden.

Die Berliner Datenschutzbeauftragte hatte den Einsatz dieser SMS-Ortungsimpulse stichprobenartig anhand von Ermittlungsakten überprüft (Prüfbericht). Dabei stellte sie folgende Mängel fest:

  • In über 80 Prozent der geprüften Fälle war der Einsatz von Stillen SMS aus den Akten
    selbst nicht erkennbar.
  • In etwa jedem dritten geprüften Fall war die Erforderlichkeit des Einsatzes von Stillen
    SMS nicht ersichtlich.
  • Die Staatsanwaltschaft beantragte regelmäßig gerichtliche Beschlüsse für die
    Durchführung von TKÜ-Maßnahmen oder die Abfrage von Verkehrsdaten, die sie
    anschließend zum Einsatz von Stillen SMS verwendete, ohne in diesen Anträgen auf den
    geplanten Einsatz einzugehen oder zumindest allgemein die Zulässigkeit und die
    Erforderlichkeit der Maßnahmen zu begründen oder in sonstiger Weise zu
    dokumentieren.
  • In der überwiegenden Anzahl der geprüften Fälle wurden entgegen den gesetzlichen
    Vorgaben die Betroffenen nicht benachrichtigt bzw. Gründe für nicht erfolgte
    Benachrichtigungen nicht aktenkundig gemacht.

Den Strafverfolgungsbehörden empfiehlt die Datenschutzbeauftragte nun mittels Dienstanweisung, Belehrungen und Einführung bestimmter Verfahrensschritte bei der Fallbearbeitung zukünftig eine Dokumentation des Einsatzes von Stillen SMS sowie die Erfüllung von Benachrichtigungs- und Löschungspflichten sicherzustellen.

Vom Abgeordnetenhaus wünscht sich die Datenschützerin „die Schaffung einer normenklaren, bereichsspezifischen, bundesgesetzlichen Rechtsgrundlage für den Einsatz von Stillen SMS in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren“. Sie verwies in der Pressemitteilung auf die herrschende wissenschaftliche Meinung, die derzeit den Einsatz von Stillen SMS mangels einer Rechtsnorm, die hierauf konkret Bezug nähme, für unzulässig halte:

Der Einsatz von Stillen SMS in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist ein tiefer Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, weil er ohne Kenntnis der Betroffenen erfolgt und die Erstellung präziser Bewegungsprofile ermöglicht. Es bedarf daher hierfür klar definierter gesetzlicher Grenzen sowie einer sorgfältigen und nachprüfbaren Durchführung der Maßnahmen.

Der gesamte 21-seitige Bericht zur Stillen SMS kann auf den Seiten der Datenschutzbeauftragten heruntergeladen werden. Im Jahr 2015 wurden in Berlin 137.905 Stille SMS verschickt.

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5 Ergänzungen

  1. [wegen Beleidigungen und Unsachlichkeit gelöscht. Bleib doch bitte einfach sachlich und spare Dir NS-Vergleiche in Richtung Berliner Innenpolitiker. Danke und viele Grüße, Die Moderation]

  2. Wir benötigen dringend ein Beweisverwertung Verbot nach dem Muster der „Fruit-of-the-poisend Tree“ Muster, um den Bürger zu schützen.

    Ebenso dringend wird ein Sanktionssystem bis zum Rauswurf und Haftstrafen unter Aberkennung der Pensionsansprüche für beteiligte Beamte, Staatsanwälte und Richter benötigt.

    Wer sich an den Grundrechten vergreift ist ein Verfassungsfeind und hat im Staatsdienst in keiner Funktion was verloren!

  3. … nach wie vor scheint unser Rechtssystem zu Ungunsten
    der normalen Bürger ausgelegt zu werden.
    Es gibt nichts Gutes im Schlechten.
    Es tun sich immer mehr Gerechtigkeitslücken auf.
    Eine Bürgerschaft, welche durch die politischen Zustände
    immer mehr eingeschüchtert ist,
    oder einfach nur ums überleben kämpft,
    ist nicht in der Lage, für die eigenen Rechte einzustehen.
    Möglicher Weise ist es das Stockholm Syndrom der Bürgerschaft,
    welches uns kaum noch erkennen lässt,
    wie eng die Schlingen um unsere Hälse bereits geknüpft sind.

  4. „Stockholm Syndrom der Bürgerschaft“
    Angst kann ganz schnell irrational werden, echte Probleme in das Unterbewusstsein verdrängt. Dort herausschwappen dann unverdaute, unreflektierte Ängste, die auf alles mögliche projeziert werden.

    Siehst du in der vergleichsweisen breiten Unterstützung der neuen Rechten.
    Die einstmals breite bürgerliche ‚Mitte‘ gerät ökonomisch immer weiter unter Druck. Sukzessive, die letzten 20 Jahre und als normal vermittelt, quasi als ‚Naturgesetz‘ muss die Masse der Bürger ökonomisch immer weiter zurückstecken, anders als Kapitalbesitzer, jeder ist nur für sich selbst verantwortlich. DU bist immer selbst Schuld, wenn Du es nicht schaffst, dann bist Du ganz schnell auf ALG2/Grundsicherung angewiesen, wenn Du Deine Familie versorgen willst.
    Rente gesichert? Lach, die meisten sind froh, überhaupt über die Runden zu kommen und eine wachsende Zahl von aktuellen Rentnern braucht Minijobs -natürlich freiwillig….. .
    Das, bzw. der Gedanke daran macht natürlich Angst, besonders wenn Lösungen dieser Probleme kaum bis gar kein Thema sind.
    In den Medien eher unter Ferner liefen, im Nachtprogramm.
    Der reichere kleine Teil der Bevölkerung kümmert sich sowieso nur um sich selbst.

    Guggst Du RTL, IndustrieTV, oberflächlich und leicht extasyverstrahlt, gab es noch nie so viel
    arbeitende Menschen in Deutschland. Super, sagt zwar wenig bis gar nichts, eben RTL, aber hauptsache Arbeit.
    Das von Erwerbsarbeit immer weniger Arbeitnehmer gut leben können und vorsorgen, nicht nur überleben, egal. Dass immer mehr Kinder auf Grundsicherung angewiesen sind, fällt zwar denen auch auf; ansonsten egal. Gibt ja noch Tafel, Charity und Kirche.
    In den öffentlich rechtlichen mal ne kleine Doku, oder im Nachtprogramm das zurechtrücken der Arbeitslosenzahlen auf reale Maße. Das wars dann aber auch.
    So was erzeugt gesellschafftlichen Druck, der dann in allen Möglichem mündet, wie AfD wählen oder eben die Unionsparteien, einen Mitverursacher dieser Probleme -die SPD rennt denen leider ebenfalls hinterher.
    Aber Hauptsache mehr Überwachung, das löst einfach alle Probleme……..

  5. „Stockholm Syndrom der Bürgerschaft“
    Angst kann ganz schnell irrational werden, echte Probleme in das Unterbewusstsein verdrängt. Dort herausschwappen dann unverdaute, unreflektierte Ängste, die auf alles mögliche projeziert werden.

    Siehst du in der vergleichsweisen breiten Unterstützung der neuen Rechten.
    Die einstmals breite bürgerliche ‚Mitte‘ gerät ökonomisch immer weiter unter Druck. Sukzessive, die letzten 20 Jahre und als normal vermittelt, quasi als ‚Naturgesetz‘ muss die Masse der Bürger ökonomisch immer weiter zurückstecken, anders als Kapitalbesitzer, jeder ist nur für sich selbst verantwortlich. DU bist immer selbst Schuld, wenn Du es nicht schaffst, dann bist Du ganz schnell auf ALG2/Grundsicherung angewiesen, wenn Du Deine Familie versorgen willst.
    Rente gesichert? Lach, die meisten sind froh, überhaupt über die Runden zu kommen und eine wachsende Zahl von aktuellen Rentnern braucht Minijobs -natürlich freiwillig….. .
    Das, bzw. der Gedanke daran macht natürlich Angst, besonders wenn Lösungen dieser Probleme kaum bis gar kein Thema sind.
    In den Medien eher unter Ferner liefen, im Nachtprogramm.
    Der reichere kleine Teil der Bevölkerung kümmert sich sowieso nur um sich selbst.

    Guggst Du RTL, IndustrieTV, oberflächlich und leicht extasyverstrahlt, gab es noch nie so viel
    arbeitende Menschen in Deutschland. Super, sagt zwar wenig bis gar nichts, eben RTL, aber hauptsache Arbeit.
    Das von Erwerbsarbeit immer weniger Arbeitnehmer gut leben können und vorsorgen, nicht nur überleben, egal. Dass immer mehr Kinder auf Grundsicherung angewiesen sind, fällt zwar denen auch auf; ansonsten egal. Gibt ja noch Tafel, Charity und Kirche.
    In den öffentlich rechtlichen mal ne kleine Doku, oder im Nachtprogramm das zurechtrücken der Arbeitnehmerstatistik auf reale Maße -Nachtmagazin. Das wars dann aber auch.
    So was erzeugt gesellschafftlichen Druck, der dann in allen Möglichem mündet, wie AfD wählen oder eben die Unionsparteien, einen Mitverursacher dieser Probleme -die SPD rennt denen leider ebenfalls hinterher.
    Aber Hauptsache mehr Überwachung, das löst einfach alle Probleme……..

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