Finaler Rettungsroboter: Überlegungen zu bewaffneten Robotern bei Polizeieinsätzen

Bei einem Polizeieinsatz in Dallas wurde am Freitag ein Heckenschütze getötet. Ein Bombenentschärfungsroboter wurde ferngesteuert und mit einer Sprengladung versehen, durch die der Schütze ums Leben kam. Neue technische Möglichkeiten stellen unsere gesellschaftlichen Normen und unsere Gesetze vor Herausforderungen.

Ein Roboter eines ähnlichen Typs wurde in Dallas mit dem Sprengsatz versehen. Foto: CC-BY 2.0 Jay Tamboli
Ein Roboter eines ähnlichen Typs wurde in Dallas mit dem Sprengsatz versehen. Foto: CC-BY 2.0   Jay Tamboli
Ein Roboter eines ähnlichen Typs wurde in Dallas mit dem Sprengsatz versehen.
Foto: CC-BY 2.0 Jay Tamboli

Im Laufe eines Protestzuges der Black-Lives-Matter-Bewegung sind am letzten Freitag in Dallas mehrere Menschen ums Leben gekommen. Ein Heckenschütze hatte während eines Protestzuges von einem Parkhaus aus auf neun Polizisten und zwei Zivilisten geschossen, fünf der Polizisten wurden dabei getötet. Daraufhin versuchte die Polizei den Mann zu überwältigen, der Schütze wurde dabei durch eine gezielte Sprengung ums Leben gebracht.

Dieses Vorgehen sorgte für ein großes Medienecho. War es wirklich notwendig, den Schützen zu töten? Eine ebenso große Diskussion dreht sich um die Art und Weise des Vorgehens. Die Polizei setzte in Zusammenarbeit mit dem FBI einen Bombenentschärfungsroboter des Typs F-5 der Firma Remotec ein, um eine Sprengladung in die Nähe des Schützen zu bringen. Durch die folgende Detonation starb dieser.

Der letzte oder einfachste Ausweg?

Bei der rechtlichen Beurteilung des Falls gibt es Experten, die keine Probleme sehen. Es wurde zwar nicht aus Notwehr gehandelt wurde, aber um die starke Bedrohung weiterer Leben zu verhindern, sei tödliche Gewalt gerechtfertigt gewesen. Wie diese tödliche Gewalt aussieht, sei durch das amerikanische Recht nicht weiter bestimmt, so Seth Stoughton von der University of California. Ob diese Einschätzung am Ende wirklich stimmt, werden wahrscheinlich amerikanische Gerichte klären müssen. Nichtsdestotrotz wird diskutiert, ob die Benutzung eines Roboters nicht prinzipiell andere ethische Überlegungen notwendig macht.

Der Polizeichef von Dallas bezeichnete die Sprengung als „last resort“, also als letzten Ausweg, um andere Leben zu retten. Vorherige Verhandlungen sollen zwar gescheitert sein, dennoch stellt sich die Frage, ob nicht auch andere Wege zu einer Minimierung der Gefahr geführt hätten. Man kann befürchten, dass der Einsatz von solchen technischen Hilfsmitteln für eine andere Risikoeinschätzung sorgt. Wenn man die Wahl zwischen einem ferngesteuerten Roboter und einem anderen Szenario hat, in dem sich ein Beamter in nähere Gefahr begeben müsste, wäre der Roboter dann schon der letzte Ausweg? Auch wenn die andere Option den Täter eventuell am Leben lassen könnte?

Tötende Maschinen oder Menschen, die töten?

Bereits im letzten Sommer gab es einen Zwischenfall, in dem die Polizei von Dallas versuchte, zu einem Van zu gelangen, in dem Sprengstoff vermutet wurde. Auch hier wurde einer ihrer drei Roboter der Firma Remotec benutzt. Der Firmenchef des Marktkonkurrenten Robotex, John Ivers, zeigte sich nun über den tödlichen Gebrauch dieser Art von Roboter bestürzt. Sie seien gebaut, um Leben auf beiden Seiten zu retten. Es sei schrecklich, so etwas mit Robotern zu tun. Muss man nun auch bei diesen Herstellern umdenken? Sollten ihre Mitarbeiter ab jetzt erwarten, dass ihre Produkte nicht nur zur Abwehr, sondern auch zur Ausführung von Gewalt benutzt werden?

Was wäre zudem, wenn wir ein paar Jahre in die Zukunft schauen? Anstatt einer Sprengladung könnte eine von einer Software gesteuerte Pistole an dem Roboter angebracht sein. Die Software würde also autonom entscheiden, wann und wohin sie schießt. Würden wir dann immer noch die gleichen rechtlichen Bedingungen stellen? Schon jetzt gibt es Munition und Gewehre, die durch Software die Schussgenauigkeit extrem erhöhen. Die Markierung des Ziels muss zwar noch manuell vorgenommen werden, könnte aber auch durch Software erfolgen. Die Grenzen zwischen autonomen Geschützen und menschlichen Schützen fangen also schon jetzt an zu verschwimmen. Als Gesellschaft müssten wir uns fragen, ob es diese Grenze gibt, wo wir sie setzen wollen und was sie bedeutet.

Die Militarisierung der Polizei verstärkt das Problem

Man muss allerdings auch erwähnen, dass viele amerikanische Polizeieinheiten ein großes Ausmaß an militärischer Ausrüstung zur Verfügung haben. Das Verteidungsministerium kann überschüssiges Equipment verteilen und gebrauchtes Equipment an lokale Polizeieinheiten verkaufen. Es gibt viele Bedenken, dass gerade bei oft nicht ausreichend ausgebildeten Beamten die Hemmschwelle sinkt, diese Geräte zu benutzen. Ein vergleichbares Programm gibt es in Deutschland allerdings nicht.

Auch wenn in Deutschland der Schusswaffengebrauch der Polizei weitaus seltener als in den USA erfolgt, gibt es vergleichbare gesetzliche Regelungen. In 13 von 16 Bundesländern gibt es Regelungen zum „finalen Rettungsschuss“, der in bestimmten Umständen die gezielte Tötung durch die Polizei erlaubt. In den restlichen drei Ländern (Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein) kann eine gezielte Tötung allerdings ebenso mit dem Prinzip des Notstandes gerechtfertigt werden. Und auch in Deutschland ist der Gebrauch von ähnlichen Robotern beispielsweise beim Kampfmittelräumdienst gang und gäbe. Trotzdem scheint wegen der unterschiedlichen Ausstattung der Polizeien ein ähnliches Szenario in Deutschland unwahrscheinlicher. Dennoch, eine frühzeitige Diskussion, über welche technischen Möglichkeiten die Polizei verfügen soll und wie sie diese einsetzen darf, ist angebracht.

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30 Ergänzungen

  1. Es ist das dasselbe Drama wie mit den Robotern. Aus irgendwelchen mysteriösen Gründen verwechselt eine bestimmte, kleine aber laute, Gruppe Medienschaffender regelmäßig ferngesteuerte (fliegende oder fahrende) Roboter mit dem eigenständig tötendem Terminator. Regelmäßig wird das unbewiesene Argument aufgebracht, dass die Tötung auf Entfernung die Hemmschwelle zu Töten senkt. Seit dem der erste Affe den ersten Stein auf einen anderen Affen geworfen hat, steht der Beweis dieser Behauptung aus. Oder nimmt die Tötungshemmung proportional zur Entfernung ab? Sind Scharfschützen genauso schlimm wie Roboterfernsteuerer?
    Es ist übrigens einfach nur menschenverachtent von Polizei und auch Militär zu verlangen, Menschen nur dann töten zu dürfen, wenn das persöhnliche Risiko auf der eigenen Seite groß genug ist. Dort arbeiten Menschen, die wie alle anderen auch, einfach lebendig und unverletzt nach Hause kommen wollen. Diese Menschen haben Familien die genau das wollen. Warum sollten also diese Menschen ein völlig unnötiges Risiko eingehen, einen bis an die Zähne bewaffneten und an diesen Waffen ausgebildeten Menschen festzunehmen?

    1. Die Schwelle einen Stein nach jemandem zu werfen finde ich persönlich geringer, als ihm mit blosser Faust in das Gesicht zu schlagen. Es schafft Distanz.

      Ich denke es ist auch plausibel dass, die Distanzwaffe Bogen, Speer, Pistole, Gewehr, es wesentlich einfacher macht und eine niedrigere Hemmschwelle benötigt einen Menschen zu töten als ihn Beispielsweise zu erwürgen oder mit der Faust zu erschlagen.

      Werden die Kombatanten nun auch noch in VR abstrahiert und wie in einem Computerspiel dargestellt. Na – also man muss glaube ich weder Psychologie studiert haben, noch das Abitur absolviert um den Unterschied zu erkennen.

      Man stelle sich nur mal vor, reale Drohnen-Angriff in Afghanistan würden einfach live zu den „Top-Spielern“ gestreamt und als Game abstrahiert auf den Bildschirmen ahnungsloser Jugendlicher als Spiel dargeboten. Die Kids würden ein ganzes Land auslöschen mit Präzision und begeisterung und wüssten nicht einmal dass sie gerade reale Personen töten.

      Soweit kann Technik uns bringen. Und nur allein die Möglichkeit, lässt mich ganz real befürchten, this shit will happen.

      1. Du uebersiehst dabei, dass da keine „Normalbuerger“ in unklaren Situationen am Steuer sind, die man irgendwie dazu verfuehren muesste, die Waffen einzusetzen. Da agieren Profis, die genau dafuer ausgebildet wurden, genau dafuer gefuehrt werden und genau diesen Befehl haben.

        Der fuer unsere Verhaeltnisse hohe Waffeneinsatz der US-Polizei fuehrt jedem vor Augen, dass die direkte Naehe zum Gegenueber wenig Unterschied macht: die Leute werden idR auf kurze Distanz beschossen.

        1. @h s 13. Jul 2016 @ 15:41
          »Da agieren Profis, die genau dafuer ausgebildet wurden, genau dafuer gefuehrt werden und genau diesen Befehl haben.«

          Es mag sein, dass meine Gedanken da abgeschweift sind. Da hast du ganz sicher nicht unrecht.

          Ich möchte aber zu bedenken geben, je nach Definition ist ein Profi jemand der etwas mit Leidenschaft tut oder einfach nur jemand der für etwas bezahlt wird.

          Das Wort „ausgebildet“ hat für mich schon lange keine Bedeutung mehr. Die größten Schwachköpfe werden ausgebildet und wie viel Hirn gehört wohl dazu zum Töten ausgebildet zu werden? Was ist da wohl von Vorteil, viel oder wenig Nachdenken?

          Um vorschnellen Urteilen zuvor zu kommen, ich habe selbst gedient, den Wehrdienst als Kriesenreaktionskraft verlängert und mir selbst eine Meinung gebildet. Zumindest von unserer Truppe und dem was man „Ausbildung“ nennt.

          1. „Profi“ heisst in diesem Kontext, eine Taetigkeit mit hinreichendem gezielten Aufwand zum nachvollziehbaren Erreichen des gesetzten Ziels auszuueben. Das ist relativ unabhaengig von Leidenschaft und Bezahlung, allerdings macht es beides einer Organisation einfacher, das planbar hinzubekommen.

            Man bildet Leute als Soldaten aus und setzt sie entsprechend ein, und man bekommt ziemlich zuverlaessig hin, dass sie Auftraege ausfuehren. Ein Bomberpilot loest eine Bombe aus, ein Artillerist feuert ein Geschuetzt ab, ein Infanterist kaempft auf kurze Entfernung, ein Drohnenpilot steuert eine Drohne. Die toeten idR, wenn es der Auftrag erfordert, Distanz oder nicht macht keinen Unterschied. Wenn das nicht funktioniert, findet man als Armee heraus, warum, und aendert es. Das einzige, was eine Armee daran hindert, sind zu hohe Kosten personeller oder materieller Natur…und das ist letztlich eine Aenderung des Auftrags.
            Wenn eine Armee jemanden toeten will, dann setzt sie jemanden ein, der mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in der jeweiligen Situation abdruecken wird. Da agiert eben kein „Normalbuerger“, da agiert eine professionelle Organisation. Klar, da gibt es auch Deppen und die machen auch Fehler. Aber idR ist ihr Problem nicht, dass sie niemanden findern, der abdrueckt.

            Die Polizei ist kein Armee, aber je nach Land und Einheit ist der Unterschied groesser oder kleiner.

        2. @hs – ich befürchte, aufgrund meines abschweifenden und unzureichend kommunizierten Antwort Kommentars reden wir beide nun vollständig aneinander vorbei und ich entschuldige mich auch Stefan H. , denn ich habe sein Argument nicht entsprechend gewürdigt. Mein Gedanke war eine Dystopie. Doch ich bin auch der Meinung, der Zweck heiligt nicht die Mittel. Pauschalisiert zu sagen „Auge um Auge“, das ist ein Prinzip das ich ablehne.

          Um weiteren Missverständnissen vorzubeugen, ich bin der festen Überzeugung, wir benötigen quantitativ mehr und qualitativ besser qualifiziertes Personal bei der Polizei. Was wir nicht benötigen sind Tötungsmaschinen. Was wir nicht benötigen ist, eine Abkehrung von der Unschuldsvermutung. Was wir nicht benötigen ist jede Form Selbstjustiz, es darf nicht zur Gewalteskalation kommen , Hilfssheriffs sind keine Lösung, eine kreative Ausweitung der Befugnisse lehne ich ab.

          Ich bin der festen Überzeugung, wir benötigen keine „Profi Söldner“, sondern ein Sozialpflichtjahr oder alternativ das freiwillige Wehrpflichtjahr. Die Aussetzung der Wehrpflicht war ein riesengroßer Fehler. Ein Pflichtjahr sollte verpflichtend sein, für alle Bürger der BRD, ohne Ausnahme von Geschlecht, Religion oder Gesundheitszustand. Wer Rechte und den Schutz der Solidar-Gemeinschaft-Staat in Anspruch nehmen will, sollte auch Pflichten übernehmen können. Das ist für mich Sozial. Und es sollte ein Repräsentativer Querschnitt der Gesellschaft sein der uns nicht nur im Wehrdienst verteidigt, sondern auch Couragiert im Alltag oder Aussenpolitisch (kontext Böhmermann). Dabei sollte niemand zu etwas gezwungen werden, sondern dahin geführt werden etwas zu tun, dass dem Gemeinwohl nutzt und die Verbundenheit mit seinen Mitmenschen zum Ausdruck bringt.

          Denn wenn ich deine Beschreibung über „Befehlsgehorsam in einer Armee“ lese, wird mit Kotzübel. Jeder Soldat sollte ausschließlich nur seinem Gewissen verpflichtet sein. Wenn er keines hat, oder sich dem Befehl mehr verpflichtet fühlt als dem eigenen Gewissen, dann darf dieser, meiner Meinung, auf keinen Fall eine Waffe zur Hand bekommen.

          Solche Soldaten gibt es zu viele auf der Welt, die Gewissenlos befehle befolgen. Und nicht nur Soldaten – vor allem auch die „Profis“ die diese Befehle erteilen und zu verantworten haben.

          1. @yt
            „Solche Soldaten gibt es zu viele auf der Welt, die Gewissenlos befehle befolgen. Und nicht nur Soldaten – vor allem auch die „Profis“ die diese Befehle erteilen und zu verantworten haben.“
            Das beschriebene Problem ist systemimmanent.
            Militarismus beruht auf „Führer befiehl,wir folgen dir“ Prinzip,ansonsten wäre es kein Militär.
            Den Schmarrn von „Bürger in Uniform“können sich die Militärs schenken,zumindestens den eigenständig denkenden.

      2. „Man stelle sich nur mal vor, reale Drohnen-Angriff in Afghanistan würden einfach live zu den „Top-Spielern“ gestreamt und als Game abstrahiert auf den Bildschirmen ahnungsloser Jugendlicher als Spiel dargeboten. Die Kids würden ein ganzes Land auslöschen mit Präzision und begeisterung und wüssten nicht einmal dass sie gerade reale Personen töten. “
        Und wenn man den Spielern sagen würde sie hätten gerade echte Menschen getötet, dann wäre es wohl für die allermeisten eine Katastrophe. Und genauso wissen die Roboterfahrer und Drohnepiloten, dass sie in der Realität unterwegs sind.

        1. @Stefan H.
          „Die Kids würden ein ganzes Land auslöschen mit Präzision und begeisterung und wüssten nicht einmal dass sie gerade reale Personen töten. “
          Ersetze „Kids“ mit Drohnenpiloten/Actor… und Sie kennen die innigsten Wünsche des Militärs , welche Anforderungen das Personal erfüllen sollte.

      3. „Entmenschlichung“ des Gegners ist in Kriegen und gewalttaetigen Auseinandersetzungen eher die Normalitaet. Und ja, das sollte man verhindern, denn sonst sind Menschenleben nichts mehr wert.

        Das faengt aber mE bei den Entscheidungstraegern und der Oeffentlichkeit an. Solange die hunderte oder tausende unschuldige und unrechtmaessig Getoete akzeptieren, macht es keinen Unterschied, ob die ein high tech Krieger aus der Entfernung oder ein bezahlter lokaler Verbrecher im Auftrag getoetet hat. Ob man da Drohnen einsetzt, Kampfhubschrauber oder irgendwelche Warlords oder Fanatiker.

        1. »„Entmenschlichung“ des Gegners ist in Kriegen und gewalttaetigen Auseinandersetzungen eher die Normalitaet. «

          Das kann für gar nichts ein Argument noch Entschuldigung sein. Das ist ein nicht hinnehmbarer Zustand. Wer sich dagegen nicht aufs allerschärfste Verwehrt hat meiner Meinung starke soziale & empathische Defizite.

          Einen Roboter zur Tötung einzusetzen war mM falsch. Es hätte tausend andere Lösungswege geben können, da wurde ein Urteil gefällt über einen Menschen und der Mensch wurde ermordet. Ich bin der Meinung das war kaltblütig Mord. Ich lehne die Todesstrafe ab.

          Und ich sage auch klar warum: Es ist wichtig mit den Tätern zu reden, ihre Motive zu hinterfragen um die Ursachen effektiv bekämpfen zu können.
          Doch vielen scheint jedes Mittel recht, damit kann dann auch hinterher nicht mehr festgestellt werden, ob diese Täter nicht evtl von in oder ausländischen Geheimdiensten radikalisiert wurden.

  2. „Wenn man die Wahl zwischen einem ferngesteuerten Roboter und einem anderen Szenario hat, in dem sich ein Beamter in nähere Gefahr begeben müsste, wäre der Roboter dann schon der letzte Ausweg? Auch wenn die andere Option den Täter eventuell am Leben lassen könnte?“

    Ganz klar: Nein, muss der Beamte nicht. Weder in den USA noch in Deutschland. Er muss hier keine Gesundheits- oder gar Lebensgefahr in Kauf nehmen.

    Gerade was die Situation in Dallas angeht mussten die Beamten vor Ort davon ausgehen, dass der Täter Sprengstoff am Mann trägt (von ihm in den Verhandlungen angedroht). Das Heranführen bzw. Einsetzen von Tränengas oder ähnlichen nicht-tödlichen Waffen wäre auch hier untauglich gewesen, hätten Sie doch immer den Einsatz von Beamten im unmittelbaren Umfeld des Täters zwecks Festnahme vorausgesetzt. Eine absolute, sichere Handlungsunfähigkeit konnte nicht unter diesen Umständen nicht herbeigeführt werden. Man konnte als nicht Sicherstellen, dass er einen etwaigen Sprengstoff Vorrat zündet.

    Zum Vergleich: Ein Scharfschützeneinsatz wäre sicherlich nicht so in die Diskussion gekommen. In diesem Fall hatte sich der Täter verschanzt, ohne sonstige Wirkungsmöglichkeit.
    Es sollte auch beachtet werden, dass das Dallas PD über 2 Stunden mit dem Täter verhandelt hat. Die Hau-drauf Argumentation, die man immer so gerne bei der US Polizei anführt, zieht hier einfach nicht.

    Was den Einsatz solchen Taktiken in Deutschland angeht: Wer weiß, was die Zukunft bringt. Sollte man es ausschließen. Sicher nicht. Die Polizei verfügt nicht umsonst über Generalklauseln in ihren Ermächtigungsgrundlagen, sprich Polizeigesetzten. Die Polizei (oftmals in Form von Spezialeinheiten) ist das letzte Mittel bei solchen Szenarien. Danach kommt nichts mehr.
    Zudem: Verbieten kann man den Einsatz vielleicht aufgrund der Polizeigesetze, wenn es der Gesetzgeber will. Allerdings müsste man letztlich schon das StGB ändern. Notwehr bzw. Nothilfe könnte auch im Fall eines Robotereinsatzes greifen. Streicht man diese Regelungen darf man sich in DE grundsätzlich nicht mehr verteidigen. Notwehr und Nothilfe sind nämlich grundsätzlich nicht abschließend.

    Ein Einsatz sollte immer als Einzelfall entschieden. Die anschließende Bewertung hat immer konkret aus der Sicht des Einsatzleiters zu erfolgen. Hinterher kann man immer alles besser wissen.

    btw: Die Israelis führen schon was krasseres im Angebot https://www.youtube.com/watch?v=ElRioxx-rIY

  3. Ein finaler Rettungsschuss ist wie festgestellt meist erlaubt und in einigen Fällen auch sinnvoll. Das einzige was zu diskutieren wäre, ist ob Maschinen autonom Entscheidungen treffen dürfen. Das darf sollte möglich nicht sein und ausdrücklich ausgeschlossen werden. Die entsprechenden Regelungen sollten dahingehend konkretisiert werden, dass bei Einsatz technischer Mittel die „Bekämpfung“ – wie auch immer die aussieht – nur aufgrund Entscheidung des Steuerers/Piloten des technischen Mittels erlaubt sein darf. Die Voraussetzung der Entscheidung sollten den bestehenden Regelungen zum Schusswaffengebrauch entsprechen und zusätzlich ein Logging enthalten, am besten mit freigebender Person und nach Abarbeitung einer Checklist, die die rechtlichen Vorgaben bestätigt.

    1. Gedankensplitter und Fragen an Technikfetischisten.
      Es kann sich jeder den Schuh anziehen.
      Was geschieht, wenn Roboter mit Tötungspotential in falsche Hände geraten?
      Was ist ,wenn ein Roboter einen Unschuldigen erschießt,bringt dann der gleiche Roboter,oder aus Pietät ein anderer Roboter die Blumen demjenigen aufs Grab, oder macht das der Polizeipräsident persönlich?
      Darf vor Wahlkämpfen ein bisschen Mehr auf den finalen Knopf von Robotern gedrückt werden(,immerhin zeigt man dem Volk die Handlungsfähigkeit einer Regierung,da muss man ja Stärke zeigen)?
      Darf ein Polizeipraktikant ,wenn er den Polizeijob erlernen möchte auch einmal auf den Bummknopf drücken?
      Ganz ketzerisch gefragt ,ob die Technikliebhaber ebenso den Roboter als alternativlos ansehen,wenn der Roboter gerade ihre eigene Familie durch eine technische Panne niedergeschossen hat?
      Wie war das noch einmal mit dem Elfenbeinturm und den Schreibtischtätern ohne Moral,die nur Befehle ausgeführt haben?Eichmann war auch nur Befehlsempfänger?
      Ist das Milgram Experiment und das Stanford-Prison Experiment den Knopfdrückern und den Befehlsgebern bekannt?

    1. Sei es Reizgas oder ein Betäubungsmittel. Während ein Polizeibeamter auf Grund seiner eigenen Gefährdung relativ schnell gezielt schiessen muss, könnte (und müsste) ein Roboter deutlich länger damit warten. Kann man verlangen, dass sich ein Roboter selbst in erhebliche Gefahr begibt, um einen Angreifer nur kampfunfähig zu machen aber nicht zu töten? Auf jeden Fall!
      Im deutschen Recht gibt es das Gebot der Verhältnismässigkeit. Das wäre hier klar verletzt gewesen. Gleichzeitig wird auch der finale Rettungsschuss dann unzulässig, wenn sich der Angreifer durch den Einsatz von nicht-letalen Robotern kampfunfähig machen liesse.
      Das Problem sind also nicht die Roboter oder deren Bewaffnung. Das Problem ist der konkrete Einsatz. Analog dazu ist es unproblematisch, Polizist_innen zu bewaffnen, solange diese gut dafür ausgebildet werden, die Schusswaffen nur dann und so einzusetzen, wenn der Schusswaffeneinsatz notwendig und verhältnismässig ist. Schlecht ausgebildete schiesswütige Polizist_innen sind da genauso schlecht wie Polizist_innen, die beim Einsatz von Robotern jegliche Verhältnismässigkeit vermissen lassen.

      1. Indirekt wird in deiner Antwort von einem entscheidungsfähigem, autonomen Roboter ausgegangen. Noch sind wir da nicht, der ist ferngesteuert, mit 3 Möglichkeiten, Kabel, Glasfaser, Funk. Ist auf dem Foto auch deutlich erkennbar.
        Damit ist die Argumentation in die mögliche Zukunft gerichtet, was auch Fragen aufwirft, und diskutiert werden muss.
        Die Frage ist für mich aktuell aber schon wichtig genug, ist der Einsatz eines Roboters hier in dieser Form zum Töten gerechtfertigt gewesen? Dieses töten aus Distanz (vergl. Drohnen) ist hochkritisch.
        Aus meiner Sicht sollte die Tötung eines Menschen immer vermieden werden, ob in diesem Fall eine andere Lösung möglich war, kann ich nach den Informationen nicht sicher sagen.

    2. Weil kein nicht tödliches Kampfmittel so schnell wirkt, dass der Täter sofort bewusstlos umfällt (das funktioniert nur in Filmen). Wenn der militärisch ausgebildete Täter auch noch eine Gasmaske dabei gehabt hätte, wäre die Wirkung sowieso verpufft. Und welcher Polizist sieht als erstes nach ob der Täter, der angedroht hat Sprengstoff am Körper zu tragen, wirklich kampfunfähig ist oder nur so tut?

  4. Weshalb kein Betäubungsmittel, keine Blendgranate, kein Betäubungspfeil eingesetzt wurde, ist mir völlig unklar. Ich war nicht vor Ort. Aber dass die Amis lieber zuerst schiessen, bevor sie fragen, scheint mir ein Klischee nicht ganz ohne wahren Kern zu sein.

    Schliesslich gibt es neben tödlichen Waffen ein riesiges Arsenal an Mitteln, welche kampfunfähig machen.

    Oder haben die Amis keinen Platz mehr in ihren Gefängnissen?

    @Harald – Rache oder Wut könnten natürlich auch Gründe gewesen sein…

  5. Jemanden in die Luft sprengen, nur weil man nicht warten will, ist verwerflich. Niemand war in akuter Lebensgefahr, keine Geisel. Weiteres Abwarten hätte auch keine weiteren Gefahren mit sich gebracht.
    Das Sprengstoffpäckchen ablegen und als ultima ratio benutzen, wäre etwa noch vertretbar. Dazu wäre der Robotereinsatz auch moralisch vertretbar.
    Ich frage mich auch, welche Mittel hätten die schwarzen Opfer der Polizei einsetzen dürfen, um ihr Leben zu retten, ohne als Terroristen und Mörder durch die Presse zu gehen.

  6. Die Tatsache das die amerikanische Polizei immer mehr militärische Ausrüstung bekommt, Ist sicher auch den laxen Waffengesetzen in den USA geschuldet. Wenn Hinz und Kunz tödliche Waffen im Supermakt kaufen kann, muss man sich nicht wundern.

  7. „Und auch in Deutschland ist der Gebrauch von ähnlichen Robotern beispielsweise beim Kampfmittelräumdienst gang und gäbe. Trotzdem scheint wegen der unterschiedlichen Ausstattung der Polizeien ein ähnliches Szenario in Deutschland unwahrscheinlicher. Dennoch, eine frühzeitige Diskussion, über welche technischen Möglichkeiten die Polizei verfügen soll und wie sie diese einsetzen darf, ist angebracht. “

    Sehr richtig aufzuhorchen, aber dennoch muss die Diskussion nicht geführt werden. Denn dies ist durch die Vorrschriften der Polizeigesetze der Länder bereits geschehen.
    Am Beispiel der Landesgesetzlichen Regelungen in Niedersachsen will ich kurz zeigen, dass ein ähnlicher Einsatz nicht möglich wäre (ich gehe stark davon aus (habe es aber nciht überprüft), dass sich in den Polizeigesetzen der weiteren Bundesländer vergleichbare Regelungen finden werden)

    Nach §§ 76, 77 Nds. SOG ist der „klassische“ Schusswaffengebrauch gegen Personen durchaus möglich.
    Ein tötlicher Schuss darf dabei nur unter der Vorraussetzung der Abwehr einer gegenwärtigen Lebengefahr oder einer gegenwärtige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzungder körperlichen Unversehrtheit erfolgen, § 76 Abs. 2 S. 2 Nds. SOG.
    Der Schusswaffengebrauch im Allgemeinen ist erst zulässig, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs erfolglos geblieben sind, § 76 Abs. 1 S. 1 Nds. SOG.
    Blieb auch der klassische Schusswaffengebrauch (angriffs- oder fluchtunfähigmachen) erfolglos UND gebrauchte der Täter selbst vorher Schusswaffen oder Expolivmittel, können gem. § 79 Nds. SOG „BESONDERE WAFFEN“ zum Einsatz kommen. Dem muss weiterhin das Innnenministerium oder eine eigens dafür bestimmte Person zustimmen.
    Zu eben diesen besonderen Waffen zählen auch Spreng- und Explosivmittel.
    ABER: Gem. § 79 Abs. 4 Nds. SOG dürfen Sprengmittel gegen Personen NICHT angewendet werden.
    Weiterhin scheint es hier notwendig, § 69 Abs. 9 heranzuziehen. Nach dieser Vorrschrift aus den Regelungen des Unmittelbaren Zwangs (oben bereits erwähnt) ist der Gebrauch von Sprengmitteln nur gegen Sachen (also nicht gegen Personen, siehe § 79 Abs. 4 Nds. SOG) und auch NUR durch hierfür „besonders ermächtigte PERSONEN“ zulässig.
    Dies schließt m.E. das Verwenden eines ROBOTERS zur Detonation einer Sprengladung gegen eine PERSON eindeutig aus.

    Auf andere Ansichten bin ich gespannt

    1. Die Frage sollten wir uns nicht nur bei Robotern, die mit Sprengstoff bestückt sind, stellen. Wann dürfte man beispielsweise eine Drohne mit angebrachter Schusswaffe benutzen? Muss sie ferngesteuert bedient werden oder kann darf sie sogar autonom fliegen, anvisieren und „abdrücken“? Auch wenn es heutzutage bereits Regelungen gibt, die diese Szenarien abdecken, könnten wir uns als Gesellschaft entschließen, manche Formen der „besonderen Waffen“ auszuschließen. Genau dafür muss die Diskussion geführt werden.

      1. „Wann dürfte man beispielsweise eine Drohne mit angebrachter Schusswaffe benutzen?“
        Zur Zeit überhauptnicht, da es für ein solches polizeiliches Handeln z.B. in Niedersachsen (und ich vermute in den weiteren Bundesländern wird es ähnlich sein) keine Ermächtigung dazu gibt.
        Zugestanden: die §§ 71 ff. Nds. SOG verlangen beim Schusswaffengebrauch (anders wie beim Sprengmittelgebrauch (s.o.) ) nicht explizit die Benutzung durch „besonders ermächtigte PERSONEN“; dennoch: eine andere Auslegung ist m.E. nicht möglich.
        Eine Klarstellung im GEsetz könnte man aber durchaus fordern, schon richtig.

        Eine Korrektur aber noch: Die Frage ist eine rein rechtliche und keine gesellschaftliche. Entschließen tun sich die Parlamente der einzelnen Bundesländer. Diese können dabei einen gesellschaftlichen Tenor beachten: Einfluss hat die Gesellschaft jedoch nur durch ihre Wahl.

  8. Ruuuhig Brauner!
    Kein neues Roboterzeitalter ist angebrochen. Dass der „finale Rettungsschuß“ durch eine ferngesteuerte Maschine erledigt wurde, ohne dass sich noch mehr Beamte in Lebensgefahr begeben mussten, ist zu begrüßen.
    Die Maschine ist schlichtwerk ferngesteuert, also kein Roboter, der selbständige Entscheidungen treffen kann und darf.

    1. Der Punkt ist nur, dass das mE eben kein „finaler Rettungsschuss“ war. Ob durch ferngelenkte Maschine oder unmittelbare menschliche Handlung macht prinzipiell keinen Unterschied.

      Das Problem ist nur: wenn die Bereitschaft da ist, in solchen Situationen schnell und einfach zu toeten, dann wird es mit ferngelenkten Maschinen eben noch einfacher und risikoloser und entsprechend gemacht. „Leute reinschicken ist zu riskant, massiver Waffeneinsatz erzeugt zuviel Kollateralschaeden, aber statt Abwarten koennen wir jetzt auch so toeten. Der hat es ja nicht anders verdient und wir demonstrieren klare Kante.“

      Das Problem sind nicht die ferngelenkten Maschinen, das Problem sind die zu Grunde liegenden Entscheidungen und die Akzeptanz durch die Gesellschaft. Und das ist moerderisch.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.