EU-Kommission geht davon aus, dass Facebook bei der WhatsApp-Übernahme betrogen hat

Neue Diensteanbieter wie WhatsApp fressen der Telekom-Branche die Gewinne auf. CC BY-NC 2.0, via flickr/Jeso Carneiro

In einer überraschend ausführlichen Pressemitteilung hat die EU-Kommission heute darüber informiert, dass sie erhebliche Zweifel an Angaben hat, die Facebook 2014 zur Übernahme des Messaging-Dienstes WhatsApp gemacht hat.

Im Zuge der kartellrechtlichen Prüfung des Deals interessierte sich die Kommission damals demnach unter anderem dafür, ob das Unternehmen Daten und Konten der beiden Dienste zusammenführen würde. Das Unternehmen habe damals erklärt, dass es technisch nicht möglich sein werde, einen zuverlässigen automatischen Abgleich zwischen den Benutzerkonten beider Unternehmen einzurichten. Genau das tut Facebook aber spätestens, seitdem es sich in diesem Sommer durch eine AGB-Änderung von seinen Nutzer*innen das Recht einräumen ließ, ihre bei WhatsApp genutzten Telefonnummern mit ihren Facebook-Konten zu verknüpfen.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager sagte dazu:

Unternehmen sind verpflichtet, der Kommission im Rahmen von Prüfverfahren akkurate Angaben zu machen. Diese Verpflichtung müssen sie ernst nehmen. Wir können Unternehmenszusammenschlüsse nur dann fristgerecht und objektiv prüfen, wenn die beteiligten Unternehmen präzise Informationen bereitstellen. In diesem speziellen Fall vertritt die Kommission die vorläufige Auffassung, dass Facebook im Rahmen der Prüfung der Übernahme von WhatsApp falsche oder irreführende Angaben gemacht hat. Facebook hat jetzt die Gelegenheit zur Stellungnahme.

Facebook hat nun bis zum 31. Januar 2017 Zeit, um zur Mitteilung der Beschwerdepunkte Stellung zu nehmen. Sollten sich die vorläufigen Bedenken der Kommission in diesem Fall bewahrheiten, könnte die Kommission entsprechend der EU-Fusionskontrollverordnung eine Geldbuße von bis zu ein Prozent des Umsatzes von Facebook verhängen.

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9 Ergänzungen

  1. Uii, die werden bestimmt mit 500€ Bussgeld belegt. Da wird der Zuckerberg aber bittere Tränen weinen. Die EU will einfach betrogen werden (Apple & FB). Die USA hingegen knüpfen sich die DB & VW ordentlich vor.

  2. Also damit hat ja keiner gerechnet, dass so ein grundehrliches Unternehmen die Unwahrheit sagt, oder???
    Warum wird eigentlich keine Zustimmung unter Vorbehalt gegeben?
    Ach ja, dann müsste man bei Verstößen ja ernsthaft reagieren, statt nur „Auweia“ zu rufen und dann was zu prüfen.
    So hätte die Kommission schon 2014 was tun können.

  3. Werden eigentlich nie Expertenmeinungen hinzugezogen? Jeder Erstsemestler in Informatik würde vor Lachen zusammenbrechen bei der Behauptung es sei „technisch nicht möglich“.

  4. Als Vasallen-„staat“ der US&A müssen unsere Politiker sich schon was einfallen lassen, damit die versteckte Wirtschaftshilfe nicht so auffällt …

  5. Da kann Facebook ganz entspannt einem Verfahren beim EUGH entgegen blicken.
    Wann war die Zusage?
    Zum einen ist danach die EU-DSGVO in Kraft getreten, die ab 2018 das im deutschen Datenschutzrecht bisher nicht gewollte Konzernprivileg bringt.
    Zum anderen hat Facebook im November 2016 Änderungen vorgenommen:
    „Facebook hört Datenschützer an Whatsapp setzt Datenweitergabe aus“
    http://www.n-tv.de/technik/Whatsapp-setzt-Datenweitergabe-aus-article19052091.html
    Wahrscheinlich ist es für Facebook das Einfachste, bis Mai 2018 zu warten, bis die EU-Datenschutzgrundverordnung anzuwenden ist, dann hat die EU-Kommission keinen Grund mehr, Facebook daran zu hindern, europäisches Recht anzuwenden.
    Vielleicht sollte Facebook erwägen, WhatsApp in Europa bis dahin abzuschalten. Vielleicht tritt dann bei den Facebookhassern in der Kommission Vernunft ein, so wie es damals war, als Spanien aus Hass gegen Google da Leistungsschutzrecht einzuführen und Google darauf hin anbot, spanische Webserver der Einfachheit halber nicht mehr zu indizieren. Da war dann Ruhe bei den Google-Hassern.
    Aber es ist schon spannend, wie die EU-Kommission sich gegen die Datenschutzgrundverordnung aufbäumt. Heftige Zerstrittenheit in den EU-Organen? Das kann noch heiter werden mit diesen zersetzenden Digitalisierungs- und Globalisierungsfeinden. Vielleicht geben die erst Ruhe, wenn sie dasn Netz wie in CHina und Iran kontrollieren können, weil sie keine eigenen QWertvollen Beiträge auf die Reihe kriegen, sondern die Digitalisierungspolitik von entsorgten Politikern machen lassen, die auch noch nach Korruption riechen.
    Lösung wird sein, Facebook, WhatsApp und Google in Europa verbieten, so dass Europäer außerhalb keine Freunde haben dürfen. Argumentieren wie die Chinesen. Weil man keinen Bock hat auf die eine Welt.

    1. >> Vielleicht sollte Facebook erwägen, WhatsApp in Europa bis dahin abzuschalten. Vielleicht tritt dann bei den Facebookhassern in der Kommission Vernunft ein, so wie es damals war, als Spanien aus Hass gegen Google da Leistungsschutzrecht einzuführen und Google darauf hin anbot, spanische Webserver der Einfachheit halber nicht mehr zu indizieren. Da war dann Ruhe bei den Google-Hassern.

      Hä? Als WhatsApps in Brasilien gesperrt wurde, sind alle zu Signal gegangen…

    2. In Brasilien dauerte die letzte Sperrung von WhatsApp fünf Stunden, weil auf Antrag der Sozialistischen Partei ein Richter die Sperrung als rechtswirdig beurteilte:
      „Er bewertete die Blockade des von rund 100 Millionen Menschen genutzten Dienstes als unangemessen. Die Maßnahme schränke das verfassungsmäßige Grundrecht auf Meinungsäußerung und Kommunikation ein, urteilte Lewandowski. “
      http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/whatsapp-sperre-in-brasilien-aufgehoben-a-1103808.html
      Da mussten die sich aber beeilen, „alle“ zu Signal zu migrieren. :-)
      Aber gut, in der EU ist alles andere. Da machen die Politiker ständig rechtswidrige Gesetze, wie wir heute wieder bei der Vorratsdatenspeicherung gesehen haben. Weil wir die Guten sind. :-)

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.