Erfolg für Informationsfreiheit: Innenministerium muss 15.000 Euro an Antragssteller zurückgeben

Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz dürfen nicht in kleinere Anfragen gestückelt werden, um mehr Gebühren zu verlangen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht heute geurteilt. Dadurch muss das Innenministerium zwei Journalisten rund 15.000 Euro zurückzahlen.

Foto: FuFu Wolf, CC BY 2.0

Die Regeln sind eigentlich klar: Für die Bearbeitung von Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) dürfen Behörden in Ausnahmefällen Maximalgebühren von 500 Euro erheben. Ausgerechnet das für das IFG zuständige Bundsinnenministerium (BMI) sieht das allerdings anders. Es forderte vor fünf Jahren von den beiden Journalisten Daniel Drepper und Niklas Schenck Gebühren von 15.000 Euro für eine Anfrage zur Sportförderung.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass die Gebührenpraxis des Ministeriums rechtswidrig ist. Damit hat es die Urteile der beiden Vorinstanzen bestätigt. Besonders kritikwürdig ist nach Auffassung des Gerichts, dass das Innenministerium den Ursprungsantrags der Journalisten in 66 Einzelbescheide aufgeteilt hatte. Auf diese Weise bat das BMI die Antragssteller nicht nur einmal, sondern 66 Mal zur Kasse. Es habe damit gegen den Grundsatz verstoßen, dass Gebühren nicht abschreckend wirken dürfen.

Fragwürdige Milliardenförderung aufgedeckt

Drepper und Schenck hatten vor den olympischen Spielen 2012 in London Einsicht in Akten der deutschen Sportförderung beantragt, darunter Zielvereinbarungen der Sportverbände. Die Recherche der Journalisten zeigte, dass die eine Milliarde Euro Steuergeld, die pro Olympiazyklus im deutschen Spitzensport verteilt wird, völlig überhöht waren.

Das heutige Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist wegweisend: Es verhindert, dass Behörden künftig besonders hohe abschreckende Gebühren verlangen können. Dass Behörden in Deutschland für die Bearbeitung von Anfragen überhaupt Gebühren verlangen können, ist weltweit allerdings höchst ungewöhnlich. In fast allen der 111 Länder der Welt mit Informationsfreiheitsgesetz wird der Zugang zu staatlichen Informationen als Grundrecht gesehen – der dementsprechend auch gebührenfrei sein muss.

Kostenlos ist der Sieg von Drepper und Schenck freilich nicht: Wie in vielen Verfahren zuvor ließ sich die Bundesregierung vor Gericht nämlich nicht von Hausjuristen vertreten, sondern von der teuren Anwaltskanzlei Redeker Sellner Dahs. Deren Engagement kostete zum Beispiel in einem anderen Verfahren um Gutachten des Bundestags mehr als 90.000 Euro – bezahlt von Steuergeldern.

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13 Ergänzungen

  1. Wobei der Staat seine Kosten selbst trägt, weil er verloren hat. Die Kläger bekommen die Tätigkeit ihres Anwalts nach den Tabellensätzen erstattet.

    1. „Der Staat“ hat kein Geld. Das sind alles Steuergelder, die da verbraten werden. Den Kostenersatz für die Kläger zahlen auch wir, mit Steuern. Du zahlst also doppelt und in jedem Fall.
      Ich finde es richtig, dass die Kläger ihre Kosten erstattet bekommen, allerdings bin ich der Meinung, dass für solche Fälle die verantwortlichen Beamten einen Teil des Kostenrisikos tragen sollten. Damit werden solch hanebüchenen Entscheidungen vielleicht ein zweites mal überdacht. Ansonsten ist es wie in Ämtern üblich: derjenige, der die Entscheidungen fällt hat mit den Konsequenzen nichts zu tun.

      1. So funktioniert eben Obrigkeitsstaat, auch wenn er täuschend für „Demokratie“ ausgegeben wird. Der staatliche Entscheider trägt selbst für die ungesetzlichsten Entscheidungen, die evtl. vor Gericht als unzulässig auffliegen, kein Kostenrisiko.Und natürlich denkt Vater Obrigkeitsstaat nicht im entferntesten daran, Fehlentscheider je in Regress zu nehmen. So werden wir’s noch weit bringen, und der wehrlose brave Steuerzahler wird’s pekuniär schon richten, ohne gefragt zu werden.

    2. Ich bin auch gespannt, welche personellen Konsequenzen das hat. Gerade in einem Haus, das viele Juristen beschäftigt und viele Rechtskundige arbeiten, darf so etwas nicht passieren. Zum einen riecht es nach Böswilligkeit, um mit Gesetzesverstößen gesetzlich Ansprüche zu boykottieren. Zum anderen könnte man auch den Eindruck gewinnen, dass hier Unregelmäßigkeiten aus der Sportförderung vertuscht werden sollten. Im Licht der aufgeflogenen schwerwiegenden Korruption um Franz Beckenbauer stellt sich dann auch die Frage, ob hier nicht auch strafrechtliche Kosequenzen zu zeigen sind, neben den disziplinarischen, dass Beamte, die das Recht so beugen der Funktionen enthoben werden müssen.

  2. … das Todrüsten bzw. finanzielles Ausbluten ist ein probates Mittel, um sich Gefährder vom Hals zu schaffen!

    1. Ist übrigens ein Argument, warum es professionellen Journalismus weiterhin braucht:
      Blogger können so leicht zum Schweigen gebracht werden- Ein Chefredakteur legt die 15k hin, ruft die Verlagsanwälte an und „lässt es drauf ankommen“.

      1. Ein Chefredakteur wägt mit der Anzeigenabteilung ab ob die 15k€ und die virtuellen zukünftigen entgangenen Einnahmen aus den Inseraten der Regierung/Ministerien die Sache Wert sind.

        so kann mans auch sehen

  3. Herzlichen Glückwunsch zunächst. Das Urteil hilft ja auch NP.org :)

    Und dabei gleich wieder Vetternwirtschaft mit dieser Kanzlei öffentlich gemacht …

  4. Erst einmal Glückwunsch zum Sieg. Schön, dass hier für die Journalisten entschieden wurde.

    Was mich aber viel mehr interessiert sind diese „Staranwälte“, die man dann immer losschickt. Gibt es denn keine kompetenten Juristen im Staatsdienst? Das macht mich immer sauer, da dann tierisch viel Geld verprasst wird (für gerade einmal 15000€ oder sollte das eine neue Einnahmequelle sein?) und dann auch klar ist, weshalb es zu solchen Entgleisungen kommen kann, wenn es eine zu geringe Kompetenz im Hause gibt, die die Grenzen aufzeigen kann.

    1. Gibt es denn keine kompetenten Juristen im Staatsdienst?

      Oh doch! Sehr kompetente sogar! Doch wenn sie nicht der Fraktion der Unabhängigen angehören (z.B. Richter), dann gehört es zu ihren Aufgaben, die Interessen ihrer Institution zu vertreten.

      Gegen Übertreibungen im Gefecht widerstreitender Interessen hilft letztlich das Mittel der Klage. Die Kosten zahlen jene, die gegen Recht verstoßen haben. Rechtstaat funktioniert (noch)!

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.