Bundeskriminalamt speichert rechtswidrig kleine Kiffer

Polizeien dürfen Straftaten von erheblicher oder länderübergreifender Bedeutung in der „Falldatei Rauschgift“ beim BKA abspeichern. In der Datei landeten auch Kiffer, die einen Joint geraucht hatten. Das und viele weitere Mängel haben Datenschützer aus Bund und Ländern festgestellt.

Foto: CC-BY 2.0 Cannabis Culture

In der „Falldatei Rauschgift“ (FDR) haben die Bundesdatenschutzbeauftragte und die Datenschutzbeauftragten der Länder zahlreiche rechtswidrige Fälle gefunden, die nicht in der Datenbank hätten landen dürfen. Die Datenschützer, die die beim BKA angelegte Datenbank das erste Mal gemeinsam kontrollierten, fanden Einträge zu Bagatellfällen wie dem Konsum eines Joints. Auch die Daten des Gastgebers einer Privatparty wurden gespeichert, in dessen Toilette Gäste Drogen konsumiert hatten. Ein Apotheker wurde registriert, nachdem ein Kunde rezeptpflichtige Medikamente gestohlen hatte. Dies berichtet die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Andrea Voßhoff, in einer Pressemitteilung.

Ein Joint als Straftat von länderübergreifender und erheblicher Bedeutung?

Eigentlich ist die FDR dazu da, um weitere Straftaten zu verhindern und zukünftige Ermittlungen zu erleichtern. Gespeichert werden dürfen aber nur Straftaten mit „länderübergreifender oder erheblicher Bedeutung“. Jede Speicherung muss nach dem Gesetz einzeln geprüft und in einer sogenannten Negativprognose begründet werden. Bei einer Vielzahl von Einträgen fehlten die geforderten Negativprognosen, in denen begründet werden soll, warum mit weiteren Straftaten zu rechnen ist. In etlichen Fällen wurde nicht überprüft, ob Daten nach Freisprüchen oder Verfahrenseinstellungen gelöscht werden müssen. Häufig fehlten die dafür notwendigen Rückmeldungen der Staatsanwaltschaft. In der Praxis wurden die Vorgaben des BKA-Gesetzes (§8 BKAG) aber nicht immer umgesetzt.

Die FDR ist Teil der beim Bundeskriminalamt geführten INPOL-Datenbank, einem bundesweiten Informationssystem. Sie enthielt im vergangenen Jahr Informationen zu Drogendelikten von rund 680.000 Personen. In ihr speichern das Bundeskriminalamt, das Zollkriminalamt und die Polizeibehörden der Länder.

Datenschützer fordern Nachbesserung und Einhaltung der Regeln

Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Andrea Voßhoff, erklärt:

Die Polizei soll und muss die Drogenkriminalität effektiv bekämpfen können. Dabei muss aber auch in der täglichen Ermittlungsarbeit auf den Datenschutz geachtet werden. Die erste gemeinsame Kontrolle durch Datenschützer im Bund und in den Ländern zeigt, dass personenbezogene Daten einer Vielzahl von Menschen ohne Begründung bundesweit abrufbar sind. Die Kriminalämter müssen hier nachbessern und auch Daten löschen.

In einer gemeinsamen Entschließung fordert die Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder (DSK) deshalb, die beanstandeten Mängel zu beheben. Auch in anderen Verbunddateien der Polizei müssen diese grundlegenden Regeln für die Speicherung eingehalten werden.

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17 Ergänzungen

  1. Wie stehen die Chancen, für diese rechtswidrige Speicherung entschädigt zu werden? Bekommen die Betroffenen das überhaupt mitgeteilt? Ohne finanzielle Folgen für die Behörden ändert so etwas nicht…
    Außerdem: Wird es von der DSK noch einen Bericht geben, der genauere Angaben liefert als „Vielfach“?

    1. Nein, da gibt es keine Entschädigung, zumal ja die betroffene Person beweisen müsste, dass sie einen Nachteil hatte. Und eine Mitteilung dürfte auch nicht kommen. Die richtigen Zahlen, ob nun 5 oder 5000 Kiffer, fände ich auch spannend.

      1. Ist aber für § 8 Absatz 2 BDSG – auf das BKA als Behörde des Bundes anwendbar – nicht nur die schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts als Nachteil erforderlich und gerade kein Vermögensschaden o.ä.? Ob darin eine besonders schwere Verletzung liegt, kann natürlich unterschiedlich beurteilt werden.
        Voraussetzung ist aber ja immer, dass die Betroffenen davon auch wissen…

  2. Suchmaschinen Suchstring Google/DuckDuckGo: abdeslam site:n-tv.de
    -> http://www.n-tv.de/thema/salah-abdeslam

    Salah Abdeslam … ein kleiner Kiffer … wie seine Freunde!
    Diese kleinen Kiffer sind für den Verfassungsschutz wichtig … deswegen werden auch diese „Kleinigkeiten“ gespeichert … als Erpressungs- bzw. Repressionsmittel der Wahl!
    Außerdem kann man einem zugedröhnten Kiffer was von Allah und 72 Jungfrauen erzählen … klar, das diese Leute nicht sooo ganz genau zu hören, sich die Gürtel umhängen und wie „Achmed the Dead Terroist“ enden … also nix mit 72 Jungfrauen!
    Wo war ich?
    Klar sind diese Kiffer wichtig … als mögliche Terroristen … Gefährder … ist wie früher, „Abfüllen“ und dann Einlochen … schon hat man wieder was für die Sicherheit getan … evtl. noch ’ne Knarre aus dem Fundus und schon Glauben alle konservativen Wähler das, was der Herr Innenminister da vor sich hin brabbelt!

    … Kiffer sind also mutmaßliche Terroristen, die bei bedarf nur ordentlich animiert werden müssen!

  3. Ich seh das als nützliches Tool, um Kompromat über Personen zu sammeln, die man im Fall der Fälle dann „loswerden“ bzw. damit unter Druck setzen will…

    1. Oh ja, das war ein beliebtes Spiel unter Mielkes Freunden. Er hatte gut von Stalin und Heinrich Himmler gelernt.

  4. wenn man weis das ein drogentest positiv ausfallen wird kann man eine person in bestimmten situationen schützen.

  5. Find ich super, wenn dann endlich mal ein Hardliner wie in Philipinien an die Macht kommt, liegen die Todeslisten schon bereit.

  6. Das FDR ist reiner Denunziantendreck, das BKA sollte sich lieber um wichtigere Sachen kümmern !
    Z.B. einige Politdarsteller und Medienpapageien verhaften die Deutschland mehr schaden als paar kleine Kiffer.
    Aber wie man ja schon mitbekommt ist die Exekutive und die Justiz leider Blind und Taub gegenüber Gesetzesbrüche (Kriegshetze, Willkür, Denunziantentum, Korruption, Rassistisch gegen über dem Deutschenvolk, Meineid und Landesverrat) der Politdarstellern und Mainstream-Journalistenbrut.

    1. Dem einen folgt das andere. Wenn die Kiffer sich nicht mehr zudröhnen können, verstehen sie ihre wirkliche Situation besser. Dann geht es der Politmafia eher an den Kragen. Außerdem können auch die kleinen Kiffer Spuren zu größeren Händlern bis zu den Großhändlern hinterlassen. Wenn das Aufzeichnen kleiner Kiffer wirklich rechtswidrig ist, sollte das geändert werden. Auch kleine Kiffer werden eher früher als später zum Problem für die Allgemeinheit. Es geht überhaupt nicht an, dass heutzutage schon Kindern vor der Schule dieses dreckige Rauschgifthändlergesindel den Stoff andreht. Da sind asiatische Länder schon auf dem richtigen Weg. Bei denen wird man für Rauschgifthandel aufgeknüpft. Nicht ohne Grund, wenn man mal so etwas wie den Opiumkrieg zwischen England und China mal näher beleuchtet.

      1. Bei manchen Kommentaren sucht man echt verzweifelt die Ironie Tags.

        Es gibt nicht einen sinnvollen Grund den Menschen das kiffen verbieten zu wollen.

        Mal abgesehen davon, dass sie völlig ineffizient sind, sind unsere Antidrogengesetze auch verfassungswidrig.

  7. Wenn wieder die Diskussion „zuwenig Polizei laberfaselblah“ hochploppt,
    einfach nur lachen. Mehr lässt sich dazu, angesichts des unverschämt sinnlosen Aufwands zur Durchsetzung der Prohibition, wirklich nicht sagen.

  8. prohibition ist wichtiges instrument. es ist aufgabe des gesetzgebers uns hebel an die hand zu geben damit zugriff auch auf personen und personenkreise gesichert ist die sich ansonsten ausserhalb jeder zugriffsmöglichkeit befinden würden.

    heh sie da .. ja sie ..haben sie da gerade etwas fallen gelassen?

  9. Warum soll man „kleine Kiffer“ besser stellen als andere Rauschgiftnutzer?

    Ist es nicht gut, einen Überblick darüber zu erhalten, wer Rauschgifte nutzt?

  10. An alle hier, die das irgendwie „ganz okay“ finden Gelegenheitskonsumenten von Cannabis zu registrieren und zu kriminalisieren, macht euch doch mal Gedanken über süchtig machende Substanzen in eurem Leben: Lebensmittel, Technik (PC, Handys, Fernsehen), Konsum allgemein (Geldsucht, Sammel Manie, Trend Follower, Autos, Musik, Fankultur), Sport (Fittnessstudio Junkees), geschweige denn von den hier tolerierten Genussmitteln (Tee, Kaffee, Tabak, Alkohol). Wenn man es an der Schädlichkeit misst, lässt sich ein Verbot von Cannabis nicht begründen, da fallen einige der oben genannten Punkte wesentlich schwerer ins Gewicht. Mir geht es auch nicht darum Cannabis zu verharmlosen, nur die Verhältnismäßigkeit zu wahren.
    Paracelsus hatte hierzu vor 500 Jahren schon eine sehr einleuchtende Erkenntnis:
    „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die dosis machts, daß ein Ding kein Gift sei.“

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