BND-Theorien brechen zusammen

Die BND-Abhörstation in Bad Aibling – CC BY-NC 2.0 via novofotoo

Ein schlechter Tag für die juristischen Theorien des BND: In Bad Aibling wurde wohl doch die Datenerfassung dokumentiert und nur zur Tarnung die Weltraumtheorie erfunden und die Bundesdatenschutzbeauftragte rügt die Funktionsträgertheorie als „nicht verfassungskonform“.

Für Zeit Online hat sich Kai Biermann mit der Entstehungsgeschichte der Weltraumtheorie befasst. Zur Erinnerung: Die Weltraumtheorie besagt, dass per Satellit durch den BND in Bad Aibling erfasste Daten nicht unter die Anwendung des BND-Gesetzes fallen. Schließlich sei die Erfassung im rechtsfreien Weltraum geschehen, in dem deutsches Recht nicht gelte.

Die Mär von der Weltraumtheorie

Kreiert wurde diese juristisch sehr umstrittene These allerdings erst, nachdem durch die Snowden-Enthüllungen bekannt geworden war, dass der BND jahrelang die in Bad Aibling abgehörten Daten an den US-amerikanischen Geheimdienst NSA weitergeben hat. Doch warum hat sich der BND plötzlich auf solch ein juristisch wenig haltbares Konstrukt wie die Weltraum-Theorie berufen und nicht auf andere bestehende Gesetze? Weil er sonst eine Dokumentation hätte vorzeigen müssen, die genaue Informationen über die Art, Menge, Zeit und Weitergabe der abgehörten Daten beinhaltet, schreibt Biermann.

Dass es eine Dokumentation der Ergebnisse gibt, bestreiten Nachrichtendienst und Bundesregierung rundweg. Der NSA-Ausschuss hat keine entsprechenden Akten bekommen, auch auf Nachfrage nicht. Die Weltraumtheorie diente offensichtlich genau diesem Zweck: abstreiten zu können, dass das Abhören dokumentiert wurde. Denn nach der Weltraumtheorie gelten deutsche Gesetze nicht und damit auch keine Dokumentationspflichten.

Datenschutzbeauftragte rügt Abhörpraxis

Neben der Weltraumtheorie geht es aber auch einer weiteren BND-Theorie an den Kragen: der Funktionsträgertheorie. Sie besagt, dass deutsche Staatsbürger überwacht werden dürfen, wenn sie für eine ausländische Firma oder Organisation arbeiten. Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff sieht das nicht so unproblematisch, wie es Bundeskanzleramt und BND selbst tun und bezeichnet die Abhörpraxis in einer aktuellen Stellungnahme als „nicht verfassungskonform“. Schon seit längerem gibt es über die Funktionsträgertheorie Streit, nun hat sich auch endlich Voßhof auf Bitten der G-10-Kommission des Bundestags geäußert, berichtet der Rechercheverbund von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung.

Die Aussage des Zeugen lasse „vermuten“, so die Datenschutz-Beauftragte Voßhoff, dass der BND bei dieser Theorie einer „überkommenen Vorstellung“ anhänge. Eigentlich müsste auch für den Nachrichtendienst die Maxime gelten: „Im Zweifel für den Grundrechtsschutz“. Der BND meine aber offenbar: „Im Zweifel für die Erfassung“. Der für den Schutz des Fernmeldegeheimnisses wichtige Grundgesetzartikel 10 mache aber „keinen Unterschied“ zwischen privater, geschäftlicher oder politischer Kommunikation.

Über die Zusendung der in den Artikeln erwähnten Dokumente über die üblichen sicheren Wege würden wir uns sehr freuen.

13 Ergänzungen

  1. Über die Zusendung der in den Artikeln erwähnten Dokumente über die üblichen sicheren Wege würden wir uns sehr freuen.

    Sicher sind nur Wege, die auch anonym sind. Welche elektronische Wege gibt es anonymisiert zu netzpolitik.org?

    1. Falls dir eine verschlüsselte Mail an submit (at) netzpolitik.org nicht sicher genug ist, empfehlen wir den Gang zur guten alten Post. An einem anonymen elektronischen Briefkasten mittels SecureDrop arbeiten wir gerade noch.

  2. Hm, also im Notfall bin ich ehrlich gesagt froh, wenn der liebe Gott die Chance erhält zuzuhören.
    War ja schon mal so, dass hier bei uns vor über 70 Jahren nicht alles juristisch optimal ablief – vorsichtig ausgedrückt.
    Ist das jetzt ganz arg schlimm, wenn der liebe Gott mithört und im Notfall die kleinen „Teufelchen“ darauf hinweist, dass er schon einen gefallenen Engel hat und nicht weitere benötigt?
    Der Erzengel ist namentlich bekannt, oder nicht?
    Lieben Gruß SUSI
    P.S. Wenn sich dann anstatt dem Öttinger, der Teufel und der Gabriel kurzschliessen, dann weiß ich auch nicht was passiert :-)

  3. Könnte man nach der Weltraumtheorie legal mt einer Laserkanone die BND-Zentrale Einäscherung,wenn es von einem Satelliten aus passiert? Oder die NSA-Zenrale.
    Eine erfreuliche Auslegung der Rechtslage

  4. „Falls dir eine verschlüsselte Mail an submit (at) netzpolitik.org nicht sicher genug ist, empfehlen wir den Gang zur guten alten Post.“
    Ein Hinweis zur „guten alten Post“. Schon im Buch „Überwachtes Deutschland“ von Josef Foschepoth wurde die Überwachung der Post seit Gründung der BRD aufgezeigt. Damals beim Erscheinen des Buches wurde Herr Foschepoth als Verschwörungstheoretiker diffamiert und mehrere Jahre nachweislich vom BND deswegen überwacht.
    Daran hat sich bis zum heutigen Tage nichts aber auch rein gar nichts geändert! Wir sind so auf die elektronische Wege der Kommunikation fixiert das wir diese Tatsache völlig ausblenden!
    Das heißt das bei der Post und den vielen privaten Anbietern im Segment automatisch jeder Brief, Karte und Paket von außen abfotografiert und dokumentiert wird. So lässt sich auch der zum Einwurf benutzte Briefkasten ermitteln. Whisleblower welche die „gute alte Post“ benutzen (wollen) sollten das immer bei ihren Planungen berücksichtigen damit nichts schief geht!!!

    1. Vor allem sollte man auch keine cd reinstecken, da findet sich immer auch was vom os drauf, Papier ist die Währung, fällt dann auch nicht unter vds-Datenhehlerei.

    2. Naja, wenn ich das ganze ausdrucke und mit Handschuhen angefasst in der NAchtbarstadt ohne absenderausgabe in einen briefkasten werfe kann man eigentlich keine rückschlüsse auf mich ziehen..

  5. Lieber Simon, großartig – du studierst Politikwissenschaft, noch großartiger wäre es, enthielt dein Abschlusssatz statt eines Konjunktiv eine aktive Botschaft: Wir freuen uns über ihre /eure Zusendungen –
    Sprache will lebendig sein und auch so wirken – verzichten wir einfach auf Konjunktive und sagen was wir wirklich denken. Das „wie“ ist entscheidend. – keep it short and simple
    Mit freundlichen Grüßen aus Berlin
    Dagmar Collinet

  6. … so langsam kommt unsere Datenschutzbeauftragte richtig in Fahrt.
    Wer hätte das gedacht; war sie doch sehr flach gestartet.
    Bei einigen Regierungsmitarbeitern scheint sich
    dann doch ein Wissen und ein Gewissen zu bilden.
    Darauf folgt bei wenigen eine Verantwortung gegenüber der Bürger,
    welche wohl nur von den wenigsten umgesetzt wird.

    1. Bevor einige Foristen anfangen De Maiziere auf den Leim zu gehen und Voßhoff über den grünen Klee zu loben.
      In erster Linie ist Frau Voßhoff eine von De Maiziere ins Amt gepflanzte Erfüllungsgehilfin.,sein Feigenblatt des Datenschutzes.
      Frei nach Helmut Kohl „Sie ist sein Mädchen“.
      In Ihrem Stellenprofil steht geschrieben, sie muss nur ab und an in der Öffentlichkeit ein Lebenszeichen von sich geben,damit Sie nicht total in Vergessenheit gerät..

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