BKA startet „wiederholten und periodisch aktualisierten“ Austausch von „Gefährderdaten“ mit dem FBI

Ein im Mai beschlossenes deutsch-amerikanisches Abkommen soll Reiserouten von „potenziellen Terroristen“ aufdecken. Getauscht werden Informationen über „Gefährder/Relevante Personen“. Partner ist das auch von Geheimdiensten belieferte „Terrorist Screening Centre“. Als „Einzelfallübermittlungen“ deklariert wird die Praxis zur Regel.

Zum „Kampf gegen den Terrorismus“ hat das Bundeskriminalamt (BKA) mit dem Federal Bureau of Investigation (FBI) einen regelmäßigen Abgleich von Personendaten begonnen. So steht es in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag. Der Datentausch wird als „Informationsanbahnung“ bezeichnet und geht auf ein Memorandum of Understanding zurück, das der Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) im Mai mit der US-Justizministerin Loretta Lynch geschlossen hatte.

Ziel des reziproken Abkommens ist die Übermittlung zu Informationen über „Gefährder/Relevante Personen“. Auch mit Spanien, Italien, Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden, Österreich und Polen unterhält das BKA Verfahren zum bilateralen Austausch von „Gefährderdaten“. Im Falle der USA betraf dies bislang 299 Personen, darunter 159 deutsche Staatsangehörige. Die dabei mitgelieferten „Grunddaten zur Identität“ beinhalten Angaben zu Name, Geburtsdatum, Nummer von Reisedokumenten und Staatsbürgerschaft/-angehörigkeit. Im Trefferfall folgen „Hintergrundinformationen“, die von beiden Seiten gespeichert werden dürfen.

Abgleich mit „Terrorist Screening Database“

Der Begriff „Gefährder“ ist nicht einheitlich definiert. Es handele sich laut dem Bundesinnenministerium nicht um eine rechtliche Terminologie, sondern um eine „Arbeitsdefinition“ der Staatsschutzdienststellen von Bund und Ländern. Die Einstufung der gegenständlichen Personen sei im Rahmen der Gefahrenabwehr in den Bundesländern erfolgt. Dort befänden sich die Betroffenen in „präventiv-polizeilicher Bearbeitung“. Gegen keine der übermittelten Personen wurden Ermittlungsverfahren wegen Mitgliedschaft und/oder Unterstützung des Islamischen Staates geführt.

Die Daten würden unter anderem genutzt, um Reiserouten von „potenziellen Terroristen“ zu verfolgen. Welche Datenbanken konkret abgefragt werden, erklärt das Ministerium nicht. Vermutlich geht es um Register von Banken und Kreditinstituten, Passagierdaten- sowie sogenannte Terrorlisten.

Die Kontaktstelle des BKA ist das „Terrorist Screening Centre“ (TSC), das zum FBI gehört. Das TSC führt eine „Terrorist Screening Database“ (TSDB), die aus unterschiedlichen Informationssystemen von Polizeien und Geheimdiensten besteht. Dort enthaltene Informationen stammen auch von Drittstaaten. Für den geheimdienstlichen Informationsaustausch ist das TSC mit dem National Counterterrorism Center (NCC) verpartnert.

Einstufung als „politische Absprache“ erlaubt Geheimhaltung

Die Bundesregierung betrachtet das Memorandum of Understanding als eine „politische Absprache“, das keinen Vertrag im völkerrechtlichen Sinne darstellt. Vielmehr handele es sich bei den Übermittlungen „in rechtlicher Hinsicht um Einzelfallübermittlungen“. Jedoch sei der Einzelfall-Datentausch „auf wiederholten und periodisch aktualisierten Datenaustausch angelegt“.

Die Kategorisierung des Abkommens als „politische Absprache“ erlaubt es der Bundesregierung, sämtliche Details geheim zu halten. Wie häufig das FBI beim BKA anfragte, ist deshalb unklar. Laut dem Bundesinnenministerium unterliegt das Informationsinteresse des Parlaments dem Geheimhaltungsinteresse der US-Regierung, da ansonsten Rückschlüsse auf die „Gefährdungseinschätzung, Arbeitsweise und Methoden“ der Behörden gezogen werden könnten.

Über die abzufragenden Personen entscheiden das BKA und das FBI angeblich in eigener Verantwortung. Vergleichbare Abkommen unterscheiden zwischen einem „Push“- oder „Pull“-Verfahren, bei letzterem hat die Partnerbehörde direkten Zugriff. Der jetzige Abgleich scheint eine Mischform, das vom Ministerium als „eigenständiges Verfahren mit Push-Elementen“ bezeichnet wird.

Daten auch bei Europol

Das deutsch-amerikanische Memorandum of Understanding ergänzt bereits bestehende Abkommen zum Informationsaustausch. Hierzu gehört das 2008 in Washington unterzeichnete Abkommen über die „Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität“. Es ermöglicht automatisierte Abfragen der nationalen Polizeidatenbanken mit Fingerabdrücken und DNA-Profilen zu Zwecken der Verfolgung oder Verhinderung schwerwiegender Straftaten.

Daten zu „Gefährdern und relevanten Personen“ werden vom BKA auch an die EU-Polizeiagentur Europol übermittelt. Unter den nun mit dem FBI getauschten Daten befinden sich auch Personen, die bereits bei Europol gespeichert sind. Die Polizeiagentur ist in Einzelfällen ebenfalls ermächtigt, zu den Personendaten Anfragen bei US-Informationssystemen vorzunehmen.

4 Ergänzungen

    1. Ich frage euch: Wollt ihr den totalen de Maizière? Wollt ihr ihn, wenn nötig, totaler und radikaler, als wir ihn uns heute überhaupt noch vorstellen können?

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