Australien überwacht Journalisten, um ihre Quellen zu finden

Der australische Guardian-Reporter Paul Ferrell ist durch seine Arbeit ins Visier der Polizei geraten. Weil er über die Behandlung von Asylsuchenden im Internierungslager auf Nauru recherchierte, verschaffte sich die Polizei Zugriff auf seine Meta- und E-Mail-Daten.

Die gesamte Republik Nauru.

Menschen, die in Australien Asyl suchen, kommen meist über das Meer. Es ist offizielle Linie der australischen Regierung, dass niemand dieser Flüchtenden australischen Boden betreten soll. Wer es versucht, wird dann beispielsweise auf der Kleinstinsel Nauru inmitten des Pazifiks festgehalten. Dass diese Praxis illegal und menschenverachtend ist, wurde bereits von vielen Organisationen wie den Vereinten Nationen oder Amnesty International kritisiert. Ein Journalist des Guardian wollte noch mehr über diese Lager erfahren und systematisches Fehlverhalten dokumentieren.

Diese Recherchen waren Anlass für die australische Bundespolizei, Zugriff auf seine Kommunikationsmetadaten zu suchen — mit Erfolg. Unter dem „Government‘s Data Retention“-Gesetzen ist genau dies möglich. Durch sie sollen Whistleblower bzw. die Quellen von Journalisten ausfindig gemacht werden können. Im Februar kam bereits heraus, dass die Polizei über 200 Seiten an Material über ihn gesammelt hatte und begonnen hatte, mögliche Quellen aufzuzählen.

Im April musste die Polizei dann auch zugeben, dass sie sich Zugang zu den Metadaten seines Mobiltelefons verschafft hatte. Ebenso wurden Daten seines E-Mail Kontos ausgewertet. Selbst wenn dies, wie die Polizei sagt, rechtlich erlaubt war: Unklar ist weiterhin, auf welche Daten genau zugegriffen wurden und ob versucht wurde, noch weitere Befugnisse bezüglich seiner Überwachung zu bekommen.

Auch wenn die Geschehnisse schon etwas zurückliegen, sind sie eine gute Mahnung, in welcher Art und Weise Sicherheitsbehörden eigene Befugnisse auslegen. Während also ein Journalist die Menschenrechtsverletzungen einer Regierung aufdeckt, nutzt diese Gesetze — die ursprünglich nur zur Verteidigung der „nationalen Sicherheit“ eingesetzt werden sollten — gegen ihn. Paul Ferrell schrieb dazu:

Over the years, under both Labour and Coalition governments, sensitive stories by journalists that embarassed or shamed governments have often been referred to the AFP.

(In der Vergangenheit wurden heikle Geschichten von Journalisten, welche die Regierungen bloßgestellt oder beschämt haben, oft der Bundespolizei weitergeleitet — sowohl während der Regierungen von Labour als auch denen der Koalition.)

Die Ergebnisse der Arbeit, als „Nauru Papers“ bekannt, sind übrigens seit Anfang des Monats hier einzusehen.

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7 Ergänzungen

  1. Tja, seit Snowden, Panama und Co. machen die den Sack zu. Sobald die Journalisten an einer schmutzigen Sache dran sind, kommen die Überwachungsorgane zum Einsatz. Möglich machts die Verkommerzialisierung und Standardisierung der Überwachungsmethoden im Internet.

    Mal gucken, was Journalisten noch machen dürfen, wenn bald überall Videokameras hängen, die in Echtzeit die Daten der Gesichter abgleichen. Da kommt der Journalist nicht weit.

    Aber unerheblich. Machen tun die großen Verlage dagegen auch nichts. Zumindest nicht im Mainstream. Folglich alles soweit die logische Folge. Mal schauen wie es dem Journalismus in 2 – 3 Jahren geht. Brav eingeschlossen hinter hübschen Kamerahecken ;-)

  2. Und deshalb sollten manche Daten einfach nicht gespeichert oder gar erhoben werden.
    Was ich mich aber Frage, warum komuniziert er mit seinen Qullen nicht über Kanäle die schwerer zu überwachen sind, z.B. über das TOR netz?

    @Netzpolitik wie sieht das eigentlich bei euch aus mit anonymer Komunikation, wie können Whistleblower euch kontaktieren, ohne eine Aufdeckung zu befürchten?

    1. Wenn man kann, dann sollte man TOR mit PGP-Mail versuchen. Demnächst gibt es noch unseren digitalen Briefkasten, der so was auch ermöglichen wird. Wenn man keine Ahnung von Technik hat, sollte man es offline auf den üblichen Kanälen machen, wie man früher auch solche Infos übermittelt hat.

      1. Hallo Herr Beckedahl,

        Kleine Ergänzung dazu. Am besten einen TOR – Gateway betreiben und mit einem VPN-Service durch.

        Whonix ist recht komfortabel, Tails kann man auch nehmen. Das ist heute eigentlich verpflichtend für den Journalismus, um eben den Quellenschutz überhaupt betreiben zu können. Alles was „direkt“ kommuniziert mit solch sensiblen Informationen kann jederzeit kompromittiert werden.

        1. Aktuell befindet sich auch der Tails Server in der Entwicklung/Endphase (mittlerweile abgeschlossenes GSOC Projekt), d.h. man kann Tails Server booten und diverse Server-Dienste starten (z.B. auch mumble), die dann über Tor Onion Services erreichbar sind.
          Statt via Mobiltelefon zu kommunizieren, kann man zukünftig also mumble zwischen Onion Services verwenden. Es werden (standardmäßig) keine Daten lokal gespeichert und die Nutzung von Tor wir erzwungen.
          (nitpicking: es heißt „Tor“ nicht „TOR“, genau so wie es „Tails“ statt „TAILS“ heißt. Früher wurde jeweils mit all-caps geschrieben, schon vor Jahren aber geändert)

  3. Die in Lager zu stecken und IHR Land zu schützen, ist nicht nett aber ok. Abgesehen von Deutschland und Schweden will die Illegalen eben niemand haben – aus gutem Grund. Aber zum Thema: Australien ist für mich mittlerweile ein schlimmerer Überwachungsstaat als die USA, einfach nicht mehr normal was bei denen abgeht.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.