Auch für Kinder: Datenbank zu Asylsuchenden soll durchsuchbare Gesichtsbilder enthalten

Die Fingerabdruckdatei EURODAC war das erste Informationssystem der Europäischen Union mit biometrischen Daten. Nun sollen auch durchsuchbare Lichtbilder verarbeitet werden. Geflüchtete werden abermals zu Versuchskaninchen für mehr Überwachung.

Fingerabdrücke können unleserlich gemacht werden. Gegen ähnliche Tricks mit Gesichtsbildern wappnet sich deutsche Behörden im Forschungsprojekt „FeGeb“. (Bild: BMBF)

Die Europäische Union diskutiert derzeit die Neufassung der Verordnung für die zentral geführte Fingerabdruckdatei EURODAC. Geplant ist unter anderem die Einführung eines Gesichtserkennungssystems und die verpflichtende Abnahme geeigneter Lichtbilder von Geflüchteten. Bislang werden in EURODAC außer den Personendaten lediglich Fingerabdrücke für fünf Jahre durchsuchbar gespeichert.

Mit der um die Jahrtausendwende eingerichteten EURODAC-Datenbank wollten Ausländerbehörden zunächst Mehrfachanträge von Asylsuchenden aufdecken. Mittlerweile wurde die zugrunde liegende Verordnung geändert, die derzeit 4,9 Millionen Datensätze zu Personendatensätze werden jetzt auch von Polizeibehörden und Geheimdiensten genutzt.

Gesichtsbilder auch von Kindern

Die neue Verordnung befindet sich derzeit in der Abstimmung zwischen der Europäischen Kommission und dem Rat. Beide haben Entwürfe vorgelegt, die vorgeschriebene Verarbeitung von Gesichtsbildern ist dabei unstrittig. So sollten beispielsweise immer dann Lichtbilder angefertigt werden, wenn der Zustand der Fingerkuppen keine Fingerabdrücke in guter Qualität erlaubt. In einigen Fällen bearbeiten Geflüchtete ihre Fingerkuppen mit einem Messer oder machen diese durch Verbrennungen unleserlich. Hier soll die neue Verordnung abhelfen.

Die derzeit geltende Verordnung schreibt vor, auch Fingerabdrücke von Jugendlichen zu erfassen. Das Alter soll nun von 14 auf sechs Jahre herabgesetzt werden. Die Kinder könnten je nach nationaler Gesetzeslage auch zur Abnahme eines Gesichtsbildes gezwungen werden.

Die biometrischen Daten dienen einerseits zur Verifizierung. So wollen die Ausländerbehörden ermitteln, ob eine Person berechtigte Inhaberin eines vorgezeigten Ausweisdokumentes ist. Allerdings werden die Fingerabdrücke und bald auch die Gesichtsbilder von Sicherheitsbehörden für die Fahndung verwendet. Diese Möglichkeit wurde nachträglich in die EURODAC-Verordnung hinein verhandelt und wird nun ebenfalls ausgeweitet. Die in EURODAC eingegebenen Informationen sollen den Verordnungsvorschlägen zufolge unverzüglich an die Polizeien und Geheimdienste der übrigen Mitgliedstaaten weitergegeben werden. Dort würden sie mit einheimischen Datenbanken, in denen Personen zur Fahndung oder Beobachtung ausgeschrieben sind, abgeglichen. Das deutsche Bundeskriminalamt vergleicht biometrische Lichtbilder beispielsweise mit der INPOL-Datei.

Erweiterte Suchfunktion

Nach der neu gefassten Verordnung würde die Datei auch bei der Prüfung helfen, ob einem „illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen“ von einem anderen Mitgliedstaat ein Aufenthaltstitel erteilt wurde. Dann könnte die betreffende Person dorthin zurückgeschoben werden.

Schließlich wird auch der Kreis der in EURODAC gespeicherten Personen erweitert. Zukünftig sollen nicht nur Asylsuchende und irreguläre Einreisende erfasst werden. Hinzu kommen auch jene Personen, die in einem EU-Mitgliedstaat ohne Aufenthaltstitel angetroffen werden. Die Daten sollen auch zur Identifizierung von Personen genutzt werden, deren Staatsangehörigkeit nicht festgestellt werden kann.

Zwar enthält EURODAC zahlreiche Angaben zur Person, darunter Namen und Aliasnamen, Geburtsort und Geburtsdatum und die Nummern von Ausweisdokumenten. Nur die Fingerabdrücke und das Gesichtsbild sind jedoch durchsuchbar. Auch das soll sich ändern, indem die Datei eine Suchfunktion für alphanumerische Daten erhält. Unter anderem wird der Vorschlag von Deutschland forciert, während andere Mitgliedstaaten vor vielen falschen Treffern warnen. So könnten etwa falsche Schreibweisen oder gleiche Namen dazu führen, dass Personen zu Unrecht in der Datenbank „gefunden“ und Ziel weiterer Repressalien oder Überwachungsmaßnahmen werden.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

2 Ergänzungen

  1. All die grundlegende Unerträglichkeit mal kurz beiseite, eine kurze Nachfrage:
    Das Alter soll nun von 14 auf sechs Jahre herabgesetzt werden.
    Funktionieren biometrische Merkmale in einem solch jungen Alter überhaupt zuverlässig? Sind mit sechs Jahren bereits die relevanten Aspekte ausgeprägt genug, um Personen eindeutig zu identifizieren?

  2. Bitte setzt das „Versuchskaninchen“ wenigstens in Anführungszeichen. Sonst macht man sich diese unsägliche Zuschreibung zu eigen. Danke.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.