Wikileaks: Reaktionen auf den jüngsten Leak

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Gestern Abend wurde auf der Enthüllungsplattform Wikileaks eine Liste mit Telefonnummern veröffentlicht, die von der NSA abgehört worden sein sollen. Die 56 Nummern enthaltende Liste enthält die Telefonnummern von hochrangigen Mitarbeitern des Bundeskanzleramtes, allerdings auch schon zu Zeiten vor dem Regierungsumzug von Bonn nach Berlin. Dazu gab es Reaktionen von diversen Oppositionspolitikern und des NSA-Ausschuss-Vorsitzenden Patrick Sensburg, hier eine kleine Zusammenstellung.

Jan Korte (LINKE) äußerte sich dazu:

„Langsam wird’s lächerlich. Die einzigen, die neben dem NSA-Untersuchungsausschuss Licht ins Dunkel bringen, sind Enthüllungsplattformen und Journalisten. Zur Belohnung werden die dann von Bundesbehörden auch noch verklagt. Auch die jahrzehntelange und vermutlich bis heute anhaltende Bespitzelung der eigenen Kommunikation hält die Bundesregierung nicht davon ab, weiter in Vasallentreue jegliche Aufklärung der Geheimdienstumtriebe zu behindern.

Konstantin von Notz (Grüne) spricht von einer Hochnotpeinlichkeit:

Die jüngsten Veröffentlichungen sind hochnotpeinlich für das Kanzleramt und Angela Merkel. Enthüllungsplattformen und investigative Journalisten führen Amt und Regierungschefin im Wochentakt vor. Dies ist auch das Ergebnis der anhaltenden Verweigerungshaltung der Kanzlerin.

Spätestens seit den Enthüllungen Edward Snowdens im Sommer 2013 wusste man um die gravierenden Probleme. Statt diese anzugehen, hat man versucht, die Affäre zu vertuschen, abzumoderieren und einfach auszusitzen. Das rächt sich heute bitter.

Martina Renner (Linke) spricht davon, dass die Bundeskanzlerin Merkel endlich aufhören müsse, das Ausmaß der NSA-Spionage zu verharmlosen und zu vertuschen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel muss aufhören, das Ausmaß der NSA-Spionage zu vertuschen und zu verharmlosen. Wir werden eine Sondersitzung des Untersuchungsausschusses beantragen, bei der Bundesinnenminister de Maizière und Kanzleramtschef Altmaier uns erklären müssen, was die Bundesregierung jetzt unternimmt, um die Spionage unter Freunden zu beenden und wann der Untersuchungsausschuss endlich selbst Zugang zur umstrittenen Selektorenliste erhält

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zitiert den Grünen Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele so:

Der Generalbundesanwalt muss jetzt endlich ein förmliches Ermittlungsverfahren wegen dieser Spionage einleiten. Er kann sich nicht mehr dahinter verstecken, dass es angeblich keinen ausreichenden Verdacht und keine Beweise gibt

Gegenüber dem Deutschlandfunk merkte Patrick Sensburg (CDU) an, vor dem Hintergrund der jüngsten Enthüllungen, dass deutsche Regierungsstellen und Politiker über Jahrzehnte ausspioniert worden sein könnten.

Ich glaube, wir sehen in diesen Tagen wieder, wie interessant doch die deutsche Politik für nachrichtendienstliche Ausspähung ist. Ich glaube, das politische Berlin steht im Zentrum vieler Nachrichtendienste. Wir liegen geografisch in der Mitte Europas, die transatlantischen Beziehungen sind intensiv. Ich glaube, wenn man schaut, wie weit diese Ausforschungen zurückgehen – und wir reden ja jetzt nur von den Amerikanern , dann kann man sich sicherlich vorstellen, dass Ende der 80er-Jahre, Anfang der 90er-Jahre in Zeiten der Wiedervereinigung, wie intensiv da die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten gewesen sein müssen.

Die Bundesregierung äußerte sich dazu so, dass sie keine Anhaltspunkte dazu habe. Hierbei stellt sich dann doch die Frage, was die Bundesregierung eigentlich noch dazu braucht?

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14 Ergänzungen

  1. [Zitat]
    Die Bundesregierung äußerte sich dazu so, dass sie keine Anhaltspunkte dazu habe. Hierbei stellt sich dann doch die Frage, was die Bundesregierung eigentlich noch dazu braucht?
    [/Zitat]

    Herr Altmeier hat doch auf Geheiß von Frau Dr. Merkel in Washington nachgefragt, was er Herrn Range denken, sagen oder tun lassen soll. Und da der große Bruder noch nicht geantwortet hat, will man weder selbst denken noch in Bezug auf die eigene Karriere selbst-schädigende Schritte einleiten: Denn schließlich besitzen die US-Organe ja nicht nur geheimes politisches Wissen aus den illegalen Bespitzelungen. Man muss doch davon ausgehen, dass ihnen bei der Totalüberwachung auch die eine oder andere Information mit Erpressungspotenzial in die Hände gefallen ist, z.B. über Intrigen, politische Manöver, persönliche Neigungen, Schwächen und Vorlieben, etc.

    Und da man nicht weiß, was die Freunde aus Übersee alles aus dem Hut zaubern können, hält man in voraus eilendem Gehorsam die Füße still – und lässt das Volk dumm sterben ..

  2. Man muss die Weigerungen der Bundesregierung dahingehend interpretieren das man zuviel Dreck am Stecken hat, um mit den gegebenen Zuständen aufzuräumen. Da geht es um persönliche Interessen und nicht um einen verantwortungsvollen Umgang mit den eigenen Bürgern oder gar darum das man sich verantwortlich für das Land fühlt.

  3. Die Bundesregierung hat keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie überwacht wird – wir aber schon.
    Wir haben keinen Anhaltspunkt, das wir überwacht werden – die Bundesregierung aber schon.
    Verrückt das alles …

  4. „und wir reden ja jetzt nur von den Amerikanern“
    Ach Hr. Sensburg! :-) Doch tun wir – seit JAHREN! Bei denen gibt es zumindest einen Anfangsverdacht und Indizien, wenn man sich auch, da sollten imho selbst wir Kritiker ehrlich sein, mit der Verifizierbarkeit der meisten Dokumente und Informationen schwer tut.

    Bei anderen Ländern stützt man sich, zumindest die Öffentlichkeit, auf Mutmaßungen. Es ist dürfte klar sein, dass andere Nationen auch spionieren. Ich tendiere aber immer noch dazu, diesen anderen Nationen die Qualität der Spionagemöglichkeit der USA abzusprechen (Einflussnahme auf einige der größten Hardwarehersteller der Welt, Einflußnahme auf einige der größten und einflußreichste) Internetunternehmen der Welt,…).

  5. Sensburg Quote: Wir liegen geografisch in der Mitte Europas[…]

    Ach so. Hatten wir ganz vergessen. Diese Sensburgsche Eingebung zur Plattentektonik-Entwicklung ändert natürlich Alles. Da wird der Bundesanwalt erst mal ein Geographiebuch 5. Klasse kaufen müssen und nach dessen Studium die Ermittlung wegen Überlastung der Behörde einstellen. Jetzt haben wir natürlich gelitten. Hätten wir uns mal eine andere geographische Lage ausgesucht. So müssen wir natürlich hinnehmen, dass die Mitte Europas abgehört wird.

    Wo bleibt die Sendung mit der Maus zu dem Thema?

    Das Ziel des Abhörens war ein Verhandlungsvorsprung. Punkt.
    Das Abhören war eine Straftat. Punkt.
    Dass es herauskam ein Glück für demokratische Prozesse. Punkt.
    Es gibt zwei Möglichkeiten: Aufklärung oder Neuwahlen. Brandt ist wegen weniger gescheitert.

    Pofalla wurde abgehört? Der arme Steno-Schreiber bekommt jetzt hoffentlich eine Berufsunfähigkeitsrente.

  6. Sensburg scheint sich in der aus der Überwachung geschlossenen Aufmerksamkeit zu sonnen. Das geliebte Deutschland ist so dolle wichtig, dass es massiv abgehört wird. Schön.

  7. „Ich glaube, wir sehen in diesen Tagen wieder, wie interessant doch die deutsche Politik für nachrichtendienstliche Ausspähung ist.“

    Das ist hier kein Contest, Herr Sensburg, in welchem herausgehoben wird, wer wirklich interessant ist.

    Der Untersuchungsausschuss /NSA ist eine Farce und das wird deutlich, wenn der Vorsitzende solche Worte liefert.

  8. dass Ende der 80er-Jahre, Anfang der 90er-Jahre in Zeiten der Wiedervereinigung, wie intensiv da die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten gewesen sein müssen.

    Will er damit eigentlich sagen, jetzt ist ja schon nicht mehr so schlimm?

  9. Irgedwo im TV hörte ich mal eine Frage: Wieviele Bundesstaaten hat die USA? Beantwortet wurde die Frage mit “ 51 “ – „Das ist falsch “ sagte der Reporter …
    Ich glaube der Reporter lag falsch …

  10. frei aus Wikipedia zitiert:
    Die Vereinigten Staaten sind ein Bundesstaat mit derzeit 50 (oh, sorry: 51!) teilsouveränen Einzelstaaten.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.