Strafanzeige wegen NSA-Spionage: Die Antwort des Generalbundesanwalts

Nach den kaum mehr zählbaren Veröffentlichungen zur NSA-Spionage und der anhaltenden Kritik an der Untätigkeit des Generalbundesanwalts Harald Range und seiner Behörde, gibt es nun erstmalig eine Antwort auf die Strafanzeige mehrerer NGOs aus seinem Haus. Der CCC veröffentlicht das Schreiben, zusammen mit einer Pressemitteilung: Generalbundesanwalt verschleppt Ermittlungen wegen NSA-Massenüberwachung.

Um den Geheimdienst-Schattenwelten juristisch beizukommen und die Grenzen von deren rechtsfreien Räumen herauszufinden, hatten bereits im Februar 2014 die Internationale Liga für Menschenrechte, der CCC und Digitalcourage eine Strafanzeige gestellt. Darin werden Ermittlungen gegen US-amerikanische, britische und deutsche Geheimdienstagenten und ihre Vorgesetzten, die BND-Präsidenten, mehrere Bundesminister und die Bundeskanzlerin gefordert. Der Strafanzeige schlossen sechs weitere NGOs und mehr als 1.800 Personen an.

Der Generalbundesanwalt „zögert ein Ermittlungsverfahren weiter hinaus“, konstatiert nun der CCC nach Erhalt des Schreibens der Bundesanwaltschaft.

Range hatte um Juni dieses Jahres mitteilen lassen, die Ermittlungen zum abgeschnorchelten Mobiltelefon von Bundeskanzlerin Merkel einzustellen, denn Dokumente im Original zu beschaffen, war ihm nicht gelungen.

Range schreibt nun in dem Schreiben an die NGOs, es fehle weiterhin „an zureichenden und tatsächlichen Anhaltspunkten“ für strafbare Handlungen sowie an „Zugangsmöglichkeiten zu den von Edward Snowden an verschiedene Medien übergebenen ‚Original‘-Dokumenten“.

Ob sich der Generalbundesanwalt auch in Zukunft weiter schützend vor die Verantwortlichen der Geheimdienstskandale stellen und eine ernsthafte Untersuchung der massenhaften Überwachung sabotieren wird, ist dem Schreiben aber nur mittelbar zu entnehmen. Denn in der Strafanzeige ging es inhaltlich insbesondere um die massenhafte Überwachung der Bevölkerung sowie in einem zweiten Schriftsatz explizit um die Datensammlung der NSA, die auf Tor-Nutzer zielt. Wie mit Hilfe von XKeyscore versucht wird, den Datenverkehr von und zu 
Tor-Servern zu analysieren, wurde nach der Veröffentlichung in den Medien in diesem zweiten Schreiben dargelegt. Die NGOs hatten den GBA in insgesamt drei Schriftsätzen wegen der anhaltenden Berichterstattung aus den Snowden-Papieren immer wieder neue Erkenntnisse mitgeteilt und ihn aufgefordert, endlich Ermittlungen aufzunehmen.

Der CCC bemängelt daher, dass Ranges Schreiben am Inhalt der Strafanzeige weitgehend vorbeiginge:

„Die in der Strafanzeige und weiteren Schriftsätzen von uns ausführlich dokumentierten Belege für die Totalüberwachung der Bevölkerung waren ihm nur zwei dürftige Absätze wert.“

Range schreibt stattdessen seitenweise über den bedauerlichen Einzelfall Angela Merkel. Dabei geht es doch in Wahrheit um die massenhafte Ausspähung durch die NSA, auch mit Hilfe des BND. Die neuen NSA-Leaks sind allerdings erst nach Absenden des Schreibens von Range öffentlich geworden. Hand hoch, wer von Euch denkt, dass der Generalbundesanwalt die neuen Dokumente von Wikileaks für Ermittlungen nutzt!

Immerhin wissen wir nach dem Schreiben, dass bei der Bundesanwaltschaft überhaupt noch gearbeitet wird.

There is also an English version: Federal Prosecutor General protracts investigations regarding NSA spying

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36 Ergänzungen

  1. Da wohl die wenigsten der fraglichen Dokumente per Hand oder Schreibmaschine sondern am Computer verfasst wurden, stellt sich mir die Frage, was die „Originaldokumente“ sein sollen? Möchte Herr Range die Original Festplatte von der NSA, auf der das Dokument erstmals gespeichert wurde?

    1. Ja ich geh auch mal davon aus, dass diese Dokumente nicht in irgend welchen Ordnern lagern, sondern auf den Festplatten der NSA. Die Forderung ist davon abgesehen total realitätsfern, die Reaktion der Amerikaner spricht ja auch schon für sich. Wie kann es eine Anklage gegen Snowden wegen Geheimnisverrat geben, wenn die Geheimnisse eventuell gar nicht echt sind? So viel Fähigkeit für Rückschlüsse kann man auch von Herrn Range noch erwarten.

    2. Ranges „Original-Dokumente“ Quatsch ist so mit das peinlichste an dieser ganzen „Spionage-Abwehr gegen unsere NSA Freunde geht gar nicht!“ Farce.

      „Das Oberlandesgericht (OLG) München
      hat in seiner Entscheidung vom 28.05.2013
      (Az.: 1 U 844/13) festgestellt, dass das Ge-
      richt im Rahmen seiner freien Beweiswür-
      digung darüber entscheidet, ob nur den
      Original-Behandlungsunterlagen oder
      auch einer Kopie ausreichend Beweiskraft
      zukommt.“

      Range entzieht so einem ordentlichen Gericht durch sein Vorurteil über ein Beweismittel die Möglichkeit der freien richterlichen Beweiswürdigung. Und so können sich die Büttel dann alle völlig unschuldig um die Arbeit drücken.

      Und alle waschen ihre Hände in Unschuld. Obwohl…, eigentlich doch in Sünde und nicht in Unschuld, die Farbe der Sünde ist doch rot, oder? So rot wie das Blut der unschuldigen kollateralen Drohnenbeschuss-Opfer, gesteuert aus / über Deutschland.

      Deutsche Kontinuität, nach oben buckeln, nach unten treten.

  2. Ich lese die Reaktion als „Strafvereitelung im Amt“ und als Komplizenschaft zum Landesverrat begangen durch den Generalbundesanwalt.

    Nicht mehr und nicht Weniger.

    1. … und wie geht man jetzt dagegen vor?
      Ernstgemeinte Frage: Wer ist zuständig, wenn man den Generalbundesanwalt wegen so etwas verklagen – und sein Vorgehen somit juristisch überprüfen lassen will?

  3. Merke: Wenn man die Original-Dokumente über seine Handlungen jedes mal ausdruckt, einscannt und schreddert, dann ermittelt niemals jemand gegen dich.

  4. Ah, der General Bundesanwalt „…untersteht der Dienstaufsicht des Bundesministers der Justiz.“ (Heiko Maas, der mit der Vorratsdatenspeicherung …). Und: „Als weisungsgebundener politischer Beamter hat er mit den politischen Zielen der Bundesregierung übereinzustimmen.“ Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Generalbundesanwalt_beim_Bundesgerichtshof

    Also, er soll quasi, dem vors Schienbein treten, der ihn ernennt und dem er mit seinen politischen Zielen übereinstimmen soll. Mmmh, das scheint mir ein kleiner Interessenkonflikt zu sein. Was tun? sprach Zeus.

    1. Der GBA ist ebenso wie die Staatsanwaltschaften der Länder zumindest indirekt dem Justizministerium unterstellt. Die Unabhängigkeit der Justiz bedeutet nur die Unabhängigkeit der Gerichte. Dem GBA könnten also Weisungen erteilt werden, sofern diese nicht ihrerseits rechtswidrig sind.

      Bei der Bewertung dieser Praxis sollte aber auch bedacht werden, dass es andere Bereiche im Beamtenapparat gibt, in denen sensible Entscheidungen getroffen werden, für die die jeweilige Hausspitze gerade stehen muss.

  5. Man kann also nur zu dem Schluss kommen das die Politik korrupt und weitgehend gleichgeschaltet ist, die Politik als Kasperletheather um uns Demokratie vorzuspielen.

  6. Da sieht man mal wieder wie eng verwoben unsere „freie“ Justiz mit den Herrschenden ist! Wenn Merkel nicht will das ermittelt wird dann wird eben nicht ermittelt! Das, was man hier eine Zeit lang Demokratie nannte, geht langsam den Bach herunter. Dank unserer gegenüber den USA devoten Kanzlerin! Scheiss auf die Rechte der Bürger.

  7. >Immerhin wissen wir nach dem Schreiben, dass bei der Bundesanwaltschaft überhaupt noch gearbeitet wird.
    Wussten wir das nicht schon seitdem gegen eure Quellen ermittelt wird? Ansonsten sieht diese vollbrachte Leistung von Range aus wie in der Pause zwischen zwei Schulstunden schnell hingekritzelt.

  8. kann man den Generalbundesanwalt nicht anzeigen wegen unterlassenden Ermittlungen oder irgend sowas ?

      1. Dienstaufsichtsbeschwerde glaube ich ist nicht der richtige Terminus, auch juristisch das falsche Mittel.

  9. „Immerhin wissen wir nach dem Schreiben, dass bei der Bundesanwaltschaft überhaupt noch gearbeitet wird.“

    DAS nennt Ihr Arbeit?! Das ist schlecht verschleierte Arbeitsverweigerung, wenn Ihr mich fragt.

  10. Von einem weisungsgebundenen, senilen Greis, der NSA von NASA nicht unterscheiden kann und der nichtmal in einer Pressekonferenz fehlerfrei GCHQ vorlesen kann, erwarte ich nun mal wirklich nichts. (höchstens, dass über den Regenbogen sein Amt verlässt)

  11. Laura Poitras verklagt jetzt die USA wegen der über 50 Durchsuchungen an amerikanischen Flughäfen in den letzten Jahren. Recht hat sie. Anscheinend wird sie jedesmal rausgepickt und ohne Angaben von Gründen gefilzt.

  12. Au prima. Die Antwort bitte an netzpolitik.org leaken oder alternativ beim deutschen Lyrik-Preis einreichen.

  13. Appell an Spiegel & Co.:
    Bitte drängt dem Generalbundesanwalt mal die Originale auf. Und wenn der die Annahme dann immer noch verweigert, dann habt ihr was Neues zum Veröffentlichen. >:->

  14. Vor zwei Jahren hab ich mir einen jungen Rüden aus dem Tierheim geholt. Deutscher Schäferhund mit Pudelanteilen. Meine Partnerin wollte ihn Snowden nennen. Damals meine ich, dass Edward das nicht verdient. Wir haben ihn dann „Range“ getauft. Das ruft sich besser und macht weniger Aufsehen, weil gerufen muss der Hund immer dann werden, wenn er dummes Zeug macht oder sonstiges Ungemach droht.
    Range geht schön bei Fuß, und folgt sogar auf Pfiff. Er stellt die Nackenhaare prächtig, hat aber einen Hang zur Trägheit. Er schnüffelt an allen Joggern herum, und wir rufen dann immer „Der macht nix! Der will nur schnüffeln.“ Wenn es mal mit ihm durchgeht, so wird er zurück gepfiffen. Klappte bisher immer.
    Nur zu Hause ist er ein Sicherheitsrisiko. Er macht zwar zuverlässig Lärm, aber wenn es ernst wird, klemmt er sie Rute (Schwanz einziehen). Zur Arbeit muss man ihn tragen, aber stinkende Knochen oder sonstige Häufchen, die liebt er. Da hilft auch „Range! Pfui!“ nix.
    Beim Gassi gehen hören wir „Oh der Range, der macht ja nichts!“ Gelegentlich wünschte ich mir, er würde den richtigen kräftig an die Eier gehen.

    1. Es gab eine Zeit in der Bundesrepublik, da wurden mit deutlich seriöseren Generalbundesanwälten ganz andere Sachen angestellt.

  15. Versucht es mit folgender Anfrage:
    Für wieviel Teile bzw. Staffeln der Neuauflage von „Nonstop Nonsens“ Herr Harald Range von der Bundesregierung verpflichtet wurde und welche Nachfolger gegebenenfalls vorgesehen sind.

    „Hand hoch, wer von Euch denkt, dass der Generalbundesanwalt […] dass bei der Bundesanwaltschaft überhaupt noch gearbeitet wird.“

  16. Was macht man in einem Land, in der die Bundesanwaltschaft nicht ihre Arbeit tut und Strafvereitelung im Amt betreibt? Solches Nicht-Handeln erschüttert gewaltig das Vertrauen in den Rechtsstaat. Wie kann man da sich nach Dienstschluß in den Spiegel blicken und wie kann man ohne sich zu schämen das Geld der Steuerzahler auf seinem Konto finden?

    Es fehlt einfach diesen Beamten an der juristischen Gesinnung. Es ist unglaublich beschämend. Ich denke der Bundespräsident sollte sich dazu einmal äußern.

  17. Die Bundesanwaltschaft macht ihre Arbeit genau so wie die Schattenregierung das möchte !
    Verzögern, aussitzen, Gründe finden nichts zu tun … Wenn sich das Wahlvieh erst an die Bespitzelung gewöhnt hat und nichts mehr daran findet, kann der 2. Gang eingelegt werden.

  18. Klappe halten, Alles abnicken, bloß nicht aufmüpfig werden. Das wären aus Sicht unserer „demokratisch“ gewählten Volksvertreter wünschenswerte Verhaltensweisen ihrer Wähler. Leider sind die Vertreter unseres Rechtsstaats nicht einmal mehr dazu zu bewegen Unrecht zu ahnden. Statt dessen werden diejenigen „verknackt“, die die Straftaten aufdecken. Beihilfe und Mitwisserschaft gepaart mit krimineller Energie, um diejenigen zu schützen, die unsere Grundrechte mit Füßen treten. Liebe Mitbürger, wacht auf und jagt diese Bande aus ihren Ämtern. Wann gehen wir mal wieder auf die Straße und kämpfen für Demokratie und Meinungsfreiheit?

  19. Hallo erstmal!

    Also das hier jetzt immer nur auf ein paar Personen rumgehackt wird, find ich nicht in Ordnung!
    Fakt ist doch, das seit über 60 Jahren von den Siegern des 2 Weltkriegs spioniert und bespitzelt wird.
    Spätestens seit 1968 und dem G10 Vertrag müsste doch jedem der davon wusste klar gewesen sein wo die Reise hingeht, nämlich da wo sie heute ist, totale Überwachung mit dem Wissen unserer jetzigen NGO!
    Die werden den Teufel tun zuzugeben das sie davon wussten!

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.