Strafanzeige: Geheimnisverrat im Kanzleramt

In den USA erfolgreich: Protest für Netzneutralität. Bild: Wolfgang Staudt. Lizenz: Creative Commons BY-NC 2.0.

Die Staatsanwaltschaft Berlin soll wegen des Verdachts des Verrats von dienstlichen Geheimnissen gegen die Bundesregierung ermitteln. Diese Forderung wird in einer Strafanzeige erhoben, die im Nachgang der Äußerungen von BND-Präsident Gerhard Schindler und Geheimdienstkoordinator Klaus-Dieter Fritsche gegenüber den Obleuten im BND-NSA-Untersuchungsausschuss gestellt wurde.

Schindler und Fritsche berichteten über eine gemeinsame, natürlich geheime Operation des BND mit dem GCHQ, über die nichts nach außen dringen dürfe. Beide hatten den Politikern Mittwochabend, also kurz vor der Ausschuss-Sitzung am 5. Februar, gedroht, die britischen Partner beim GCHQ würden die Zusammenarbeit aufkündigen, falls der BND die vom Ausschuss angeforderten Akten zur Kooperation herausgebe oder Details an die Öffentlichkeit gelangten.

Die Obleute waren nicht amüsiert und witterten auch die Unterstellung, die Indiskretionen würden auf ihre Kappe gehen. Focus-Online berichtete brühwarm von der geheimen Operation sowie von der Drohung gegenüber den Obleuten, noch bevor die Sitzung am Donnerstag überhaupt begann.

Auf diese Berichterstattung bezieht sich die Strafanzeige, in der argumentiert wird, die Durchstecher für den Artikel des Focus seien bei der Bundesregierung selbst oder im Kanzleramt zu suchen. Anhaltspunkt dafür sei neben dem zeitlichen Verlauf auch der Focus-Journalist Josef Hufelschulte, der in den neunziger Jahren enge Kontakte zum BND pflegte. Er und andere Medienvertreter waren Teil des Berichts im damaligen parlamentarischen BND-Untersuchungsausschuss, in dem es um BND-Observationen von Journalisten, aber auch um Informanten in Redaktionen ging.

By the way: Was macht eigentlich Generalbundesanwalt Harald Range, ob er zu Hilfe eilen wird?

Wir dürfen jedenfalls gespannt sein, ob die Staatsanwaltschaft Berlin nun Ermittlungen wegen Geheimnisverrats aufnimmt. Die dafür drohenden Strafen sind nicht unbeträchtlich:

§ 353b Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht.

(1) Wer ein Geheimnis, das ihm als

  1. Amtsträger,
  2. für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder
  3. Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt,

anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Hat der Täter durch die Tat fahrlässig wichtige öffentliche Interessen gefährdet, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

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19 Ergänzungen

  1. Hallo, ich glaube, was du ein wenig unterschlägst ist, dass, zumindest nach Zeit-online, die Behauptung der Zusammenarbeit in einer „nicht geheimen“ Sitzung gemacht wurden.
    Ansonsten ist die angebliche „Forderung“ des britischen Geheimdienstes nach eine Nicht-Beaufsichtung, nicht nur eine unglaubliche Frechheit, sie passt auch nur zu gut zu den totalitären, strikt anti-demokratischen, Tendenzen in dem Königreich.

    1. Man sollte mal lieber die Leute, die das in die nicht-geheime Sitzung getragen haben, wegen Geheimnisverrats anklagen. Verraten an Leute ohne Sicherheitsfreigabe, tsts.

  2. Hallo Constanze, auf welche Quelle stützt Du Dich denn? Gibt es eine undichte Stelle in der Staatsanwaltschaft, oder hast Du gar die Strafanzeige gestellt?

  3. Ob Schindler und Fritsche bereits ihr Ticket nach Moskau gebucht haben? Diese Verräter!!11einseinself

  4. Man sollte mal den unabhängigen Paragraphen einführen:§ 353b Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht.

    (1) Wer ein Geheimnis, das ihm als

    Amtsträger,
    für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder
    Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt,
    anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, _nicht_ offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Hat der Täter durch die Tat fahrlässig wichtige öffentliche Interessen gefährdet, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

  5. Dieser Artikel ist wohl eher an Insider gerichtet, oder?
    Mir wird zumindest nicht klar, wie die Autorin von A nach B zu C kommt.
    Schade, würde es ja gerne nachvollziehen können, was sie eigentlich sagen möchte.

    PS.: Durchstecher musste ich erstmal dudeln, immerhin fand ich Durchstecherei.
    Scheinbar ist mein ganz normaler Universitätsabschluss nicht ganz ausreichend…

    1. Man kann es durchaus diplomatischer fomulieren, aber ja der Artikel ist sehr verwirrend.

      BND Leute sagen den Leuten im Untersuchungsausschuss, falls Akten öffentlich werden machen die Briten Schluss. Focus bekommt davon noch vor der Sitzung (bevor es überhaupt passiert?!) Wind und veröffentlicht die Geschichte.

      Jemand stellt Strafanzeige.

      1. Dankeschön. So macht es ja schon Sinn.
        Bzgl. Diplomatie; ich will die Dame ja nicht angreifen, ich schätze ein Journalist der etwas programmieren soll, wäre genauso hilflos…

    2. Uniabschlüsse sind halt auch nicht mehr was sie einmal waren. Der Artikel ist doch vollkommen eindeutig. Ist halt ein komplexer Sachverhalt – zu BILD und Disney geht es hier lang —> ;-)

    1. Ermittelt der Bundesstaatsanwalt nicht noch gegen die NASA? Dafür muss er dann bis zum Mars reisen und hat keine Zeit für anderes…

  6. Wenn die Staatsanwalt hier nun ermiitelt, macht sie sich vollkommen unglaubwürdig.
    Muttis Handy wird von Papa Obama abgehört und es gibt keine Beweise. lol

    Anschließend ist nix mehr passiert. Ich erwarte sogar, dass immer mehr ans Tageslicht kommt um der Demokratie wieder zu mehr Rechtstaatlichkeit zu verhelfen.

  7. Also wirklich, wenn der BND-Präsident Informationen öffentlich verbreitet, sind diese nicht mehr geheim, also liegt natürlich kein Geheimnisverrat vor. #BNDLogik

  8. Bekanntermaßen ist kein Staatsanwalt unabhängig. Staatsanwälte sind politische Beamte, die weisungsgebunden sind. Gerne wird diesem Personenkreis ein beliebter Geschenkartikel überlassen: Die drei Affen, gibt es verschiedenen Ausführungen: Von billigem Plastik bis verbotenes Tropenholz. Gelegentlich kann man das eine oder andere Exemplar in ihren Büros sehen.

  9. Das Kanzleramt begeht keinen „Geheimnisverrat“! Das ist gesteuert und gewollt. Der Dicke wird schon für die genehmen Informationen aus dem Kanzleramt sorgen. Und alles, was ansonsten nach aussen dringt, wird sowieso bestritten. Man behält sich schon die Meinungshoheit vor!
    Und man sollte immer bedenken: das Kanzleramt ist nur eine Aussenstelle der US-Administration! Und die passen auf!

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.