Presseverbände lehnen Vorratsdatenspeicherung ab

In einer gemeinsamen Stellungnahme lehnen der Deutsche Journalistenverband, dju in ver.di, BDZV, VDZ, VPRT, Presserat sowie ARD und ZDF das Vorhaben der großen Koalition ab. Der Rechtsausschuss des Bundestages wird voraussichtlich am 21. September zur geplanten Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung (VDS) beraten.

Die anlasslose Speicherung, Erhebung und sonstige Verwendung solcher Daten auf Vorrat ist mit dem national und auf europäischer Ebene garantierten Recht auf informationelle Selbstbestimmung und den hieraus erwachsenden datenschutzrechtlichen Grundsätzen der Erforderlichkeit und der Datensparsamkeit nicht zu vereinbaren und deswegen unzulässig und stellt in der vorgesehenen Form auch einen massiven Eingriff in die Bürgerrechte dar.

Die Presseverbände sehen den derzeitigen Entwurf zur VDS nicht in Einklang mit dem Urteil des EuGH, das letztes Jahr die EU-Richtlinie gekippt hat. Besonders die Erforderlichkeit der VDS ist in dem Entwurf keineswegs ausführlich begründet. Die Argumentation der BefürworterInnen stütze sich auf Einzelfälle, die als „typisch“ bezeichnet werden, um den Nutzen der VDS zu belegen. Sie bleiben jedoch einen empirischen Beleg für die Notwendigkeit der VDS schuldig. Gravierende Auswirkungen sehen die Verbände auf den Schutz von BerufsgeheimnisträgerInnen und insbesondere auf die gesamte Arbeit von JournalistInnen.

Eine grundrechtlich geschützte Presse-und Rundfunkfreiheit kann nicht verwirklicht werden, wenn die ungehinderte Informationsbeschaffung und eine vertrauliche Kommunikation der Medien insbesondere mit den Informanten nicht mehr möglich sind. Potenzielle Informanten würden ihre Kenntnisse nicht weitergeben, wenn sie sich nicht darauf verlassen könnten, dass die Journalistinnen und Journalisten ihre Quellen nicht preisgeben. Es geht dabei nicht ausschließlich um den Schutz der Quellen, sondern auch um den Schutz des Redaktionsgeheimnisses, dem das BVerfG in ständiger Rechtsprechung eigenständige Bedeutung zumisst und in das eingegriffen würde, wenn die im Bereich journalistischer Recherche hergestellten Kontakte staatlich ausgeforscht würden oder nachvollzogen werden können.

Ihren weiteren Befürchtungen können wir uns ebenfalls anschließen.

Die für den öffentlichen Meinungsbildungsprozess wichtige Aufgabe der Journalistinnen und Journalisten, Missstände an die Öffentlichkeit zu bringen, ist massiv gefährdet, wenn Informanten befürchten müssen, dass ihre Informationen nicht vertraulich bleiben, sondern z. B. durch die Herausgabe von Verkehrsdaten etc. personalisiert werden können. Dasselbe gilt, wenn Journalistinnen und Journalisten zudem damit rechnen müssten, dass ihre Kontakte staatlicherseits ausgeforscht werden können.

Trotz der umfassenden Auswirkungen auf die Arbeit von JournalistInnen ist der gemeinsamen Stellungnahme zufolge keine Anhörung von Vertretern der Presse im Rechtsausschuss des Bundestages geplant. Unterdessen versucht die Bundestagsfraktion der Linken mit einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung zu rekonstruieren, durch welche Gespräche mit dem Bundesinnenministerium der Sinneswandel im Justizministerium herbeigeführt wurde. Darin geht es neben der konkreten Frage zur Ausgestaltung der VDS auch darum, wie sich die Bundesregierung den Schutz von BerufsgeheimnisträgerInnen vorstellt und ob dieser beispielsweise auch für BloggerInnen gelten soll.

9 Ergänzungen

  1. Vollkommen richtig, der Bericht des Presseverbände ! Die Vorratsdatenspeicherung darf nicht kommen. Wie schon erwähnt gäbe es keine geschützte Informationsquelle mehr. Desweiteren sind davon betroffen Rechtsanwälte und Ärzte. Sie alle und die Presse unterliegen einem Wissen, das im Falle einer VDS den beteiligten großen Schaden zufügen kann. Und zwar nicht unmittelbar, aber dann, wenn der betroffene gar nicht mehr damit rechnet. Vor allem aber, er kann nicht nachweisen, daß sein Schaden aus der Quelle der VDS kommt. Er sitzt in der Falle und kann sich nicht mehr verteidigen, weil er nichts beweisen kann, insbesondere, wenn diese Daten z.B.den Arbeitgeber, seine Versicherungen oder seine Bank erreicht haben. Aus diesem Grunde muß auch der einzelne Bürger davor geschützt werden.

  2. Also wenn ARD-Chefredakteur Rainald Becker es mit seiner Meinung bezüglich der VDS ernst meint, dann müsste er seine Mitgliedschaften der genannten Organe mit sofortiger Wirkung niederlegen. Wobei sein Arbeitgeber eigentlich auch für Menschenrechte und gegen Überwachung ist, aber das scheint ihn nicht zu stören weiterhin Politik für die VDS zu machen.

  3. Man könnte auch fragen, wie die Bundesregierung verhindern will, dass VDS-Daten von zeugnisverweigerungsberechtigten Personen (Mutter, Ehemann usw.) gegen deren Willen verwendet werden, ob ein Volontär ein Journalist ist, und ob ein Arzt, der noch kein Arzt ist, ein Arzt ist.

  4. Davon sollte man sich dann nicht zu viel erwarten; sondern erst mal gucken, wer da welche Position mit welcher Deutungshoheit für sich beansprucht.

    Eine – nicht eben neue – Methode, Politik von unten ins Leere laufen zu lassen, besteht darin, bremsend oder gegenteilig agierende Personen an die Spitze der circenses pro Rindvieh zu manövrieren.

    ARD und ZDF protestieren da ja auch mit, und via Presserat somit z.B. der auch Verband Deutscher Zeitschriftenverleger unter Hubert Burda.

    Nehmen wir mal das ZDF. Es macht schon einen erheblichen Unterschied, ob da nicht etwa Claus Kleber, als gemeinhin höchst staatstragendes Mitglied der Atlantikbrücke, sich gegen die VDS stark zu machen anerbietet.

    Und ob die gegenwärtigen Hofberichterstatter der ARD Nachrichten sich trauen, nachhaltig zu motzen, ohne vorher im Propagandamisterium nachgefagt zu haben ob man denn auch meinen darf, darf bezweifelt werden – schliesslich sind so glatt-geschmeidige preussische Sommerinterviews mit Kaiserin Angela I doch ne dolle Sache.

  5. Wenn ich SPD Parteimitglied wäre und nicht nur Wähler, würde ich folgendes Schreiben an die SPD-Abgeordneten im Bundestag schreiben.

    Liebe SPD-Mitglieder,

    ich stelle mir schon seit Jahren die Frage, warum unsere Wahlergebnisse immer schlechter werden.
    Liegt es an der Führungsspitze, die die Basis ignoriert und unter Druck setzt, um Entscheidungen in ihrem Sinne durch einen Konvent oder Parteitage bestätigen zu lassen. Dies grenzt schon an Diktatur und hat mit demokratischen Beschlüssen in der SPD nichts mehr zu tun.
    Unser Glaube daran, dass der Wähler ein sehr sehr kurze Gedächtnis hat, müssen wir verwerfen.

    Nicht vergessen sind Hartz IV,
    „Mit uns wird es keine Mehrwertsteuererhöhung geben“ → Ergebnis war, aus 0 + 2 wird 3%
    Unterstützung der Energiewende nur zu Lasten des Bürgers
    Bei der automatischen Diätenerhöhung nicht „Nein“ gesagt zu haben und viele weitere unglückliche Entscheidungen.

    Die Bürger werden nicht vergessen, dass wir brav bei der Maut mitgemacht haben, massiv gegen die Bevölkerung TTIP verteidigen und Sigma alle Warnungen aus der Bevölkerung und von der Basis ignoriert und nur die Wirtschaft zufrieden stellen will. Unser Außenminister tritt kam in Erscheinung und darf Frau Merkel hinterher reisen. Die Kanzlerin kümmert sich um die Außenpolitik und von unserem Außenminister ist nichts zu sehen.
    Umso mehr fällt unser Justizminister durch den Landesverrat und die Vorratsdatenspeicherung auf, die er auch von oben verordnet bekommen hat. Bei der VDS werden alle Meinungen der Experten und der Bevölkerung ignoriert und Sigmar droht uns allen, dass die SPD ohne die Einführung der VDS als nicht regierungsfähig wahrgenommen wird.
    Wenn dies der Maßstab für Regierungsfähigkeit ist, sehe ich weitere Verluste in der Wählergunst und die Unterstreichung unserer Unglaubwürdigkeit. Besonders wenn aus dem Untersuchungsausschuss erfährt, wir gut unsere Kontrollorgane des BND und Verfassungsschutze
    funktionieren, die wir selbst nach dem 11.September 2001 mit immer mehr Befugnissen ausgestattet haben.

    Warum soll ein Wähler noch die SPD wählen, wenn alles umgesetzt wird was die Wirtschaft wünscht und ein vom Verfassungsgericht verbotenes Gesetz mit unserer Hilfe wieder eingeführt werden soll, obwohl unser Mitglied Maas sich vorher gegen die Einführung gestemmt hatte.
    Nun soll der Wunsch des Innenministerium und der CDU/CSU erfüllt werden.

    Nun die Frage an euch, sind wir noch glaubwürdig und wählbar? Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten. Der Wähler benötigt keine SPD, wenn er das gleiche von der CDU/CSU bekommt und wir keine Widerstand bei der VDS leisten. Können wir es uns leisten den Wähler weiter in die anderen Lager zu treiben. Ich sage „Nein“.

    Bitte stimmt gegen die Vorratsdatenspeicherung, damit wir dadurch wieder Wählerstimmen zurückgewinnen und damit ein klares Zeichen gegen das Diktat des Parteivorstandes setzen.

    1. Ja, wenn Michel das erkennt, dann!
      Ja dann..

      Dann wählt Michel halt aus Protest die Grünen, aber dann!
      Ja dann…

      Dann ändert sich ausser der Sitzordnung in Berlin nichts, denn alle genannten Themen, ausser „Diäten“, interessieren den Altgrünen heute eh mehr nicht.

      Was Michel schon aus Angst um sein Häusche und vor Überwachungskameras in Wahlkabinen nicht tun wird, ist Die LINKE wählen.

      Erstens wollen die ihm sein klein Häuschen wegnehmen, wie jeder weiss. Und sein Auto sowieso.
      Zweitens würde linke Politik zig Millionen deutsche Jobs kosten. Sagt die INSM, und die muss es schliesslich wissen.
      Und drittens mag keiner den Oskar, und deshalb darf Michel die Wagenknecht nicht mögen; Lanz genau so ist das.

      1. Die Antwort sitzt, passt, wackelt und hat Luft auf die Grünen. Ich vermute aber auch, dass hier keine von der SPD mitlesen. Sicher eine weitere Bildungslücke. Diese ist aber leider nicht mit dem Geld der Anderen zu schließen.

  6. Doch die lesen mit. Einer zumindest. Die obigen Ausführen sind teils nachvollziehbar, teils finde ich sie zu einfach / pauschal. Es gibt nicht nur die Bundespolitik, sondern auch andere politische Ebenen (Landes- oder Kommunalebene), auf denen gute Arbeit geleistet wird. Auch überparteilich und in konstruktiver Zusammenarbeit mit anderen Verbänden und Parteien. An der SPD-Spitze sind schlicht und einfach (die) falsche(n) Leute. Fakt ist auch, dass die CDU ihre Ausrichtung verschoben hat. Dafür spricht u. A. auch das Abstimmungsverhalten in Bezug auf die letzten Hilfspakete insbesondere der besonders wirtschaftsnahen Abgeordneten.

    Als Parteimitglied (jeder Partei) hat man immer das Problem, dass nicht alle persönlichen Positionen geteilt und durch die Führungsriegen abgedeckt werden. Viele Entwicklungen (VDS,…) sind aus meiner persönlichen Perspektive falsch. Ich habe dem damaligen Aufruf von Netzpolitik, SPD-Bundestagsabgeordnete zur VDS anzuschreiben, Folge geleistet und das Dafürhalten (insbes. auch der Abgeordneten meines Wahlkreises) kritisiert. Letztendlich entscheide ich mich (persönlich) aber für eine Partei, weil ich von ihren Werten überzeugt bin. Wenn die Führung der Partei diese Werte nicht ausreichend vertritt, habe ich zwei Möglichkeiten: a) mich engagieren und es in der Partei besser machen oder b) es in einer anderen Partei besser machen. Das kann ich bei den Grünen nicht und auch bei der CDU nicht. Wenn das Argument gilt, dass ich statt SPD die CDU wählen kann, weil ich „das gleiche kriege“, nehme ich lieber die „falsche CDU“ und habe dafür zumindest ein größeres Bewusstsein für Toleranz in vielen gesellschaftlichen Fragen, beispielsweise der Integration, der Abtreibung oder der Homoehe.

    4-8 Jahre Opposition täten aus meiner Sicht gut.

    1. Danke für Ihre die Antwort. Aber die falschen Leute werden immer wieder gewählt. Ist die SPD so alternativlos und muss vor einem Sigmar Gabriel kuschen? Dann hat die SPD aber mal ein richtiges Problem, wenn die SPD Abgeordneten nicht mal mehr ihrem Gewissen im Bundestag folgen können/dürfen.
      Diese wurden von der Bevölkerung gewählt und haben ihren Posten nicht aus der Tombola gewonnen. Aber anscheint ist es so, wer zum falschen Zeitpunkt am falschen Platz die Hand hebt, wird mit Liebesentzug und dem politischen Aus bestraft. (Siehe CDU Drohung bei der Griechenland Abstimmung) Ist das noch Demokratie? Der Abgeordnete ist seinem Wähler verpflichtet und nicht Sigmar Gabriel. (Aber mit Angst um den eigenen Geldbeutel lässt sich einiges bewegen.)
      Wenn bei allen Entscheidungen nun der Fraktionszwang ausgeübt und das Gewissen ausgeschaltet wird, dann brauchen wir auch nicht so viele Abgeordnete und Beamte mehr im Bundestag, was sich wieder sehr positiv auf die Steuerlast der Bürger auswirkt. Dann genügen eine Handvoll „Entscheider“, die sowieso von ihrer Fraktion nicht kritisiert werden und machen können was sie wollen.
      Die SPD betreibt Verrat an sich selbst, da sie jegliche Bodenhaftung im Bund verloren hat.

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