NSA-BND-Selektoren: Bundesregierung einigt sich auf NSA-Sonderermittler Kurt Graulich

SPD und Union haben sich darauf geeinigt, den ehemaligen Bundesverwaltungsrichter Kurt Graulich (SPD-Mitglied) zum Selektorenbeauftragten zu ernennen. Das verkündet Spiegel-Online, offiziell soll Graulich am Mittwoch vorgestellt werden: Union und SPD einigen sich auf NSA-Sonderermittler Graulich.

Beide Oppositionsparteien wollen deshalb noch im Sommer vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Sie werfen Angela Merkels Regierung vor, die Rechte des Parlaments auszuhebeln. „Wir tragen keine Person, die allein dem Schutz des Kanzleramts dient“, sagte der Grünen-Obmann Konstantin von Notz am Dienstag. Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert hatte Zweifel angemeldet, ob die Lösung rechtlich sauber sei.

Wir wünschen der Opposition viel Erfolg beim Erklagen ihrer parlamentarischen Rechte.

Die Placebo-Wirkung liest man aus diesem Absatz heraus:

Graulich wäre als Sonderbeauftragter zur Verschwiegenheit verpflichtet. Zwar soll er seine Erkenntnisse einigen Gremien im Parlament mitteilen, allerdings ohne zu sehr ins Detail zu gehen. Selbst wenn der Sonderbeauftragte Tausende brisante Namen von Europäern auf den Listen finden sollte – darüber reden dürfte er nur sehr allgemein.

Vollkommen unklar ist bisher, ob Graulich schon einmal eine IP-Adresse gesehen hat.

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12 Ergänzungen

  1. Also … Ne da fällt mir nix ein.

    Ein SPD’ler solle also werden.
    Das dieser nix sagen darf, was wirklich den Ermittlungen weiter hilft, sollte wohl klar sein.
    Bitte sucht bei seiner Anhörung mal unauffällig nach Fäden und Audiokabeln, die zufällig ins Bundeskanzleramt führen.

    Werdet bestimmt fündig.

    Hoffen wir mal das die Klage durch kommt anders lernt es die Regierung ja scheinbar nicht.

    MFG

    1. Das ist die maximal elegante Zersetzungsstrategie von Angela Merkel gegenueber der SPD. Funktioniert einwandfrei mit der derzeitigen SPD-Fuehrung.

  2. Das ist doch ein übel riechender Kuh-Handel – und Merkel reibt sich die Hände, weil die SPD auf dem Weg zur selbst-marginalisierung so hervorragend voran kommt ..

    Irre ich mich, oder muss die SPD in ihrer jetzigen Form als Untertan und Anhängsel der CDU erst sterben, damit es wieder eine Partei geben kann, die die Werte einer SPD vertritt?!

  3. Es sollen ja auf keinen Fall Namen bekannt werden, weil erst dann die Betroffenen klagen können.

    Das ist wohl der hauptsächliche Grund, warum man diese schmierigen Winkelzüge betreibt.

  4. Geheime Unterlagen sollen im Geheimen und unter geheimen Gesichtspunkten analysiert werden. Darüber darf öffentlich nur im geheimen nicht geredet werden …
    Also mal ehrlich, liebe Regierung, Franz Kafka wäre stolz auf euch!

  5. Gerade das Interview mit dem Herrn Sonderermittler im Spiegel gelesen. Das einzig positive ist seine Haltung zur Vorratsdatenspeicherung. Die restlichen Aussagen lösen Aneurysmen aus:

    SPIEGEL ONLINE: Sie müssen Details über die Selektorenliste am Ende für sich behalten. Was ist, wenn Sie Hunderte brisante Namen finden? Könnten Sie darüber wirklich schweigen?

    Graulich: Damit hätte ich kein Problem. Als Jurist bin ich den Umgang mit diskreten Informationen gewohnt. Ich werde meine Aufgabe loyal gegenüber dem Auftraggeber erfüllen. Das ist in diesem Fall die Bundesregierung.

    […]

    Graulich: Die Prüfung könnte schnell an einen Punkt kommen, an dem wir mehr Daten, mehr Kontextwissen brauchen. Das geht wahrscheinlich nicht ohne die Amerikaner. Es muss auf der US-Seite eine Art Spindoctor für die Selektoren geben. Ich glaube nicht, dass mit der Einsicht in die Selektorenliste die Aufklärung schon erledigt sein wird.

    […]

    SPIEGEL ONLINE: Haben Sie Ihr eigenes Digitalverhalten geändert?

    Graulich: Gerade habe ich mir ein Smartphone für 70 Euro gekauft. Ich arbeite auf drei Rechnern und benutze ein Virenschutzprogramm. Ich weiß, es gibt diese Krypto-Partys. Aber alles verschlüsseln, das macht das Leben zu kompliziert.

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/nsa-sonderermittler-kurt-graulich-ein-mann-40-000-datensaetze-a-1040661.html

    1. Das ist genau der Richtige für seine Aufgaben.
      Verharmlosen: „BND und NSA im selben Schützengraben und tauschten Zigaretten gegen Kaugummis“
      Entschuldigen: „verwirrenden Rechtsgrundlage“ ,“Selektoren-Chaos“
      Herunterspielen: „Dass Partnerdienste einander ausspähen, überrascht mich aber überhaupt nicht.“
      Rechtfertigen: „Im Übrigen hat dieses wechselseitige Abklopfen durchaus eine friedensstiftende Wirkung.“
      Kritiker locken: „Es gibt keinen akzeptablen Grund für die Vorratsdatenspeicherung“
      Erwünschtes Verhalten vorgeben: „Man muss auch mit Entscheidungen leben können, die man nicht teilt.“

  6. Wow, eine so offensichtliche Scheinlösung hätte ich nicht erwartet. Wenn es schon nur eine einzige Person gibt, die die Selektorenliste untersucht, muss das jemand mit vorallem technischer Expertise sein. Natürlich bewerten Richter solche Vorgänge, aber doch nicht ohne entsprechende Gutachter. Deshalb ist ja schon die normale Geheimdienstaufsicht ein Farce.

    Was für ein armseliges Schmierentheater.

  7. Das Interview stellt ganz klar, warum dieses Vorgehen unakzeptabel sein muss: „Ich werde meine Aufgabe loyal gegenüber dem Auftraggeber erfüllen. Das ist in diesem Fall die Bundesregierung.“

    Es geht hier um einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Der kann nicht von jemandem vertreten werden, der sich loyal gegenueber der Bundesregierung als seinem Auftraggeber verhaelt. Denn per Definition kontrolliert das Parlament die Regierung.

    Nicht, dass das CDU und SPD stoeren wuerde, das wird also zum BVerfG gehen.

    1. Wobei das vermutlich auf das Rechtskonstrukt zurückgeht, mit dem die Bundesregierung ihre angeblichen vertraglichen Obligationen gegenüber den USA (Stichwort: Völkerrechtsbruch) erfüllen will. Indem sie den Ermittler bestellt und er für die Regierung arbeitet, gibt es keine Vertragsverletzung.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.