Netzpolitischer Wochenrückblick KW37: Geheimer als geheim

katze_septemberWillkommen zum 37. Wochenrückblick.

Vergangene Woche gab es keinen Newsletter, weil wir mit unserer „Das ist Netzpolitik!“-Konferenz in Berlin beschäftigt waren. 250 Besucherinnen und Besucher sahen 24 Vorträge zu vielen netzpolitischen Themen. Wir haben alles mitgeschnitten und bieten alle Vorträge in diversen Formaten zum Anschauen und Anhören zum Download an. Einige stehen bereits auch auf Youtube, der Rest kommt auch noch dahin.

Berichte von der Konferenz gab es u.a. bei der Süddeutschen Zeitung, dem Tagesspiegel, der Berliner Zeitung, bei der Deutschen Welle und in der Tagesschau

Es gibt Neuigkeiten zum #Landesverrat. Unsere Anwälte haben mittlerweile Akteneinsicht erhalten und können sich nicht des Eindrucks erwehren, dass ihnen frisierte Akten zugeschickt wurden. Wir würden auch gerne die Akten sehen, dürfen das aber nicht. Weil darin u.a. das Gutachten des Verfassungsschutzes an den Generalbundesanwalt ist, was herausgefunden haben soll, dass die von uns veröffentlichen Dokumente Staatsgeheimnisse gewesen sein sollen. Das Gutachten ist geheimer eingestuft als die von uns veröffentlichten Dokumente. Wir fordern die Offenlegung dieser Gutachten, damit die Öffentlichkeit darüber diskutieren kann.

Der Spiegel enthüllte, dass der BND neben der NSA in der Operation Glotaic auch dem US-Auslandsgeheimdienst CIA bei deren Überwachungsoperationen half. Der BND gab im Rahmen dessen Telekommunikationsdaten weiter. Das gab natürlich neues Material für die Arbeit des Geheimdienstuntersuchungsausschusses im Bundestag. Dieser tagte gleich zwei mal und musste sich mit den Selektoren beschäftigen, aber auch mit der Frage, wann Günter Oettinger vom BND überwacht werden darf. Ulf Buermeyer erläuterte in einem Podcast für „Technische Aufklärung“ die rechtlichen Rahmenbedingungen des NSAUA. Beim Thema Untersuchungsausschuss fällt der Blick auf Baden-Württemberg. Dort will die Staatsanwaltschaft gegen Mitglieder des NSU-Ausschusses im Landtag wegen Geheimnisverrats ermitteln.

Im Bundestag stand nach Ende der Sommerpause nun die Haushaltswoche auf dem Programm. Eric Beltermann hat die wichtigsten Haushaltsposten aus netzpolitischer Sicht für uns aufbereitet. Vor der nächsten Sitzung des Rechtsausschusses äußerten sich Presse- und Medienverbände durch die Bank hinweg ablehnend zum aktuellen Versuch die Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen. Eine Kleine Anfrage der Linksfraktion an die Bundesregierung zeigte, wie stiefmütterlich Arbeitnehmerdatenschutz in Deutschland behandelt wird. Ein ähnliches Problembewusstsein legt die Bundesregierung beim geplanten Fluggastdatenabkommen mit Mexiko an den Tag.

Auf einem Symposium zum Breitbandausbau stellten die Netzbetreiber ihre Pläne vor wie sie Deutschland flächendeckend mit Gigabit-Netzen versorgen wollen. Tomas Rudl war für uns dort und hat die Risiken dabei beleuchtet. Vertreter der deutschen Netzbranche fordern in diesem Zusammenhang von der Bundesregierung, einen Exklusivvertrag zwischen der Bundesnetzagentur und der Deutschen Telekom zu verhindern.

Die griechische Regierung will viel Technik anschaffen um ihre Grenzen effektiver gegen Flüchtlinge abzuschotten. Dafür bezieht sie Geld aus einem EU-Fond aus dem sich auch das BKA neue IT-Analysewerkzeuge finanziert. Das Umbrella-Abkommen zum Datenschutz zwischen der EU und den USA wurde abgeschlossen. Die Vereinigten Staaten werden als Folge wohl eine Gesetzesänderung ihres US Privacy Acts vornehmen müssen. Gleichzeitig lässt die EU-Datenschutzgrundverordnung wohl noch voraussichtlich bis 2018 auf sich warten. Außerdem rüffelte das EU-Parlament die Kommission und Mitgliedstaaten und mahnte die Wahrung von Menschenrechten und die Kontrolle von Geheimdiensten an. Passend hierzu, ist in Österreich ist die Verabschiedung des massiv kritisierten Staatschutzgesetztes absehbar, das inzwischen sogar international mit Sorge betrachtet wird. Es will die Befugnisse für Geheimdienste umfassend erweitern. Eine Protestwelle dazu läuft derzeit an.

Von der Wikimedia wurde vergangenen Sonntag eine Bestandsaufnahme von Open Educational Ressources in Deutschland veröffentlicht. Leonhard Dobusch verweist dazu auch auf die jetzt verfügbaren Videos von einer Fachtagung in Frankfurt, zu den Perspektiven freier digitaler Bildungsmedien.

Und auch künstlerisch hatte die Woche einiges vorzuweisen. Das Berliner Event war die Eröffnung der Ausstellung von Jacob Appelbaum mit dem Titel Samizdata: Evidence of Conspiracy. Daneben hat Leonhard Dobusch das Video „Hell’s Club“ zum Mashup des Jahres gekürt. Wir hatten in dieser Woche auf die Portraits von zwei Frauen bei Zeit-Online verlinkt, die an zukünftigen Verschlüsselungsmethoden arbeiten. Aber die beste Kryptographie hilft nichts ohne ein sicheres Passwort. Wie das erstellt wird erklärt Alexander Lehmann in einem Video.

Wir freuen uns auf die kommende Woche und wünschen ein schönes Rest-Wochenende und viel Sonne.

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Eine Ergänzung

  1. Die SPD erleidet mit ihrem Totalüberwachungsvorhaben immer mehr Schiffbruch. Die Kanzlerin hat Recht … der Staat sollte in der Digitalisierung nicht nur die Gefahren, sondern vor allem die Chancen sehen.

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