Netzpolitischer Wochenrückblick KW 3: Rückkehr des Vorratsdatenspeicherung-Zombies

cat-351926_1280 Hallo und herzlich willkommen zum zweiten netzpolitischen Wochenrückblick im noch relativ frischen neuen Jahr!

Die Anschläge in Paris und mögliche Reaktionen darauf dominieren leider weiterhin den (netz-)politischen Diskurs. Der Vorratsdatenspeicherung-Zombie ist zurück und Deutschland macht gerade Druck im EU-Rat, um eine neue EU-Richtlinie zur Wiedereinführung auf den Weg zu bringen. Aber dazu gleich noch mehr.

Der Geheimdienst-Untersuchungsauschuss im Deutschen Bundestag hat in dieser Woche gleich zweimal getagt: Wir haben die Vernehmung der beiden Telekom-Mitarbeiter Helfrich und Alster sowie vom ehemaligen Bundesbeauftragten für den Datenschutz, Peter Schaar, live protokolliert. Während die Telekom-Mitarbeiter öffentlich kaum was sagen wollten, erzählte Peter Schaar umso mehr. Schade, dass die Abgeordneten früh ins Wochenende wollten.

Im Nachgang der Terroranschläge von Paris konnte man in dieser Woche im Reinzustand erleben, wie politisches Agenda-Setting funktioniert: Die Angst der Bürger vor Terroranschlägen im eigenen Land wird dazu genutzt, zahlreiche politische Vorschläge einzubringen, die augenscheinlich auf das momentan gesteigerte Sicherheitsbedürfnis der Menschen reagieren. Dabei gab es seit dem 11. September bereits 239 einzelne Anti-Terrormaßnahmen.

In Deutschland ist der netzpolitische Zombie der Vorratsdatenspeicherung zurück: Am Montag startete Thomas De Maiziere mit der Verharmlosung der VDS und am Mittwochabend legte die SPD nach. Am Donnerstagmorgen bestätigte die Bundeskanzlerin dann ihre Pläne zur Wiedereinführung der VDS, fast parallel forderte ein breites Bündnis von Journalisten und Presseverbänden den Schutz der Pressefreiheit und genau deswegen gerade keine Vorratsdatenspeicherung.

Der britische Premierminister weiß das allerdings zu toppen: Er forderte Anfang der Woche das komplette Verbot verschlüsselter Kommunikation. Warum das auf jeder Ebene eine schlechte und nicht durchsetzbare Idee ist, erklärt uns der britische Blogger und Buchautor Cory Doctorow.

Bei einer unangemeldeten Demonstration an diesem Dienstag wurden in Leipzig die Handys von etwa 150 Teilnehmern beschlagnahmt um die Inhalte auf Video- und Fotoaufnahmen zu durchsuchen. Bis jetzt ist es fraglich, auf welcher Rechtsgrundlage dieser Eingriff erfolgt ist.

Am Montag liefen in der ARD zwei interessante Dokumentationen. Zum einen über Snowdens Flucht aus Honkong, zum anderen über staatliche Kriegsführung im Internet.

Um Cyber Warfare ging es auch in dem Interview von Edward Snowden, welches James Bamford vor einem halben Jahr geführt hat. Das komplette Transkript dazu wurde letzte Woche veröffentlicht und von uns übersetzt.

Neben staatlicher Überwachung und ihrem Ausbau gab es aber auch andere Themen in dieser Woche:

Forscher der Universität Stanford und Cambrige legten diese Woche eine Studie vor, die nahe legt, dass Algorithmen mit den „Gefällt mir“-Angaben auf Facebook besser in der Lage sind unsere Persönlichkeit einzuschätzen als Freunde und Familie. Überraschend?

Was passiert wenn Roboter plötzlich autonom handeln und im Darknet shoppen gehen? Dieser Frage ist eine Kunstaktion in der Schweiz nachgegangen. Die Antwort: Ermittungen der Staatsanwaltschaft und die Einschränkung der Kunstfreiheit.

Beenden wir diesen Wochenrückblick mit einigen erfreulichen Entwicklungen:

Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg setzt sich für die Freifunk-Community ein und veröffentlicht eine Broschüre, die dazu dient umfassend über freie Funknetzwerke zu informieren. Die Zahl der Inhalte unter freien Lizenzen im Netz hat sich in den letzten 4 Jahren auf bald eine Milliarde mehr als verdoppelt. Und das ist noch eine niedrig angesetzte Schätzung.

Lichtblicke gibt es auch für publikumsfinanziertem, guten Online-Journalismus und für die Oscar-Verleihungen: Laura Poitras wurde mit ihrem Film ‚Citizenfour‘ nominiert.

Auch die Hoffnung auf eine gute Platzierung für Deutschland im Breitbandausbau stirbt zuletzt: Im internationalen Vergleich belegt die BRD mittlerweile Platz 31. Nur noch 30 Plätze bis zum Spitzenplatz!

Wir wünschen ein entspanntes Wochenende und freuen uns auf eine neue, ereignisreiche Woche!

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

Eine Ergänzung

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.