Maßnahmen zur TerrorismusbekämpfungEuropäisches Parlament fordert Vorratsdatenspeicherung von Reisedaten

Das Europäische Parlament fordert noch dieses Jahr eine Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung von Reisedaten. Das hat eine breite Mehrheit der Abgeordneten heute in einer Entschließung beschlossen. Bisher hatten nur Kommission und Rat auf diese Datensammlung gedrängt.

Das Europäische Parlament hat heute 21 Texte und Entschließungen angenommen. Darunter sind auch „Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung“, die mit 532 Stimmen (136 Gegenstimmen, 36 Enthaltungen) beschlossen wurden und unter anderem folgendes fordern:

Das Europäische Parlament:

  • verpflichtet sich, auf die Verabschiedung einer Richtlinie über EU-Fluggastdatensätze bis Ende des Jahres hinzuarbeiten
  • fordert deswegen die Kommission auf, die Konsequenzen des Urteils des Gerichtshofs zu der Richtlinie über Datenspeicherung und die möglichen Auswirkungen davon auf die Richtlinie über EU-Fluggastdatensätze darzulegen
  • fordert den Rat auf, in Bezug auf das Datenschutz-Paket Fortschritte zu erzielen, damit Triloge über beides – die Richtlinie über EU-Fluggastdatensätze und das Datenschutz-Paket – parallel stattfinden könnten
  • legt der Kommission nahe, unabhängige Sachverständige aus den Kreisen Rechtsdurchsetzung, Sicherheit und Nachrichtendienste sowie Vertreter der Arbeitsgruppe 29 dazu aufzufordern, vor dem Hintergrund der Sicherheitsbedürfnisse Auffassungen und Grundsätze in Bezug auf die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der Speicherung von Fluggastdaten beizutragen
  • empfiehlt nachdrücklich einen besseren Informationsaustausch zwischen den Rechtsdurchsetzungsbehörden der Mitgliedstaaten und den Einrichtungen der Union
  • betont, dass die weltweite Weitergabe von Informationen im Bereich der Rechtsdurchsetzung verbessert, intensiviert und beschleunigt werden muss
  • fordert eine wirksamere operative Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und mit Drittstaaten durch die Nutzung so wertvoller bestehender Instrumente wie etwa gemeinsamer Ermittlungsgruppen, des Programms zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus und der Abkommen über Fluggastdatensätze (PNR) sowie eine raschere und effizientere Weitergabe einschlägiger Daten und Informationen unter der Voraussetzung, dass geeignete Vorkehrungen für den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre getroffen werden

Vor zwei Wochen wurde bekannt, dass die EU-Kommission eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung aller Fluggastdaten für fünf Jahre fordert. Die Hintergründe von Fluggastdaten hatten wir in einem Podcast mit Edward Hasbrouck geschildert.

Der Pressedienst des Parlaments berichtet selbst: Verhandlungen über Fluggastdaten und Datenschutz sollen parallel laufen

Die Abgeordneten verpflichten sich, „auf die Verabschiedung einer Richtlinie über EU-Fluggastdatensätze bis Ende des Jahres hinzuarbeiten“ und fordern die EU-Länder auf, in Bezug auf das Datenschutz-Paket Fortschritte zu erzielen, damit die Verhandlungen über beides parallel stattfinden können. Sie wollen gewährleisten, dass Erfassung und gemeinsame Nutzung von Daten auf einem kohärenten rechtlichen Rahmen zum Datenschutz begründet sind, durch den rechtlich verbindliche Normen zum Schutz personenbezogener Daten auf Unionsebene geschaffen werden.

Alexander Sander, Geschäftsführer des Vereins Digitale Gesellschaft, erklärt:

Statt den dringend notwendigen Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitik vorzunehmen, spricht sich das Europäische Parlament für mehr Internetkontrolle, mehr Datenzentralisierung und mehr anlasslose Speicherungen aus. Damit ignoriert es die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und verspielt eine wichtige Chance, dem ausufernden Überwachungswahn Einhalt zu gebieten.

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9 Ergänzungen

  1. Was ist denn jetzt auf einmal in das EU-Parlament gefahren, das bis jetzt ein letztes schwaches Bollwerk gegen die amoklaufenden Überwachungsphantasien v. a. des Rates war?
    Sind die auf einmal alle Charlie und glauben, man müsse angesichts des Terrors nun endlich mal was tun?

  2. Wie lange schwelt die PNR-Sache jetzt bereits? Zehn Jahre? Ist das in etwa der Zeitraum, den es braucht, bis der Widerstand weichgekocht ist? Steter Tropfen und so?

  3. Fakt ist, den meisten Leuten ist das scheiß egal. Wer zum Fick… nach Thailand fliegen will, der hat andere Probleme. Ob Fluggesellschaften aus Japan, Asien usw. mitmachen, habe ich noch nicht gelesen. Nicht mehr fliegen. Punkt. Das Problem ist aber, Überwachung tut nicht weh, man schmeckt es nicht, sieht es nicht, riecht es nicht. Solange ich Party machen kann und über die Online-Medien erzählen kann wann und wo ich meinen Finger in welches Loch reingesteckt habe und damit keine Probleme bekomme ist doch alles GUT.
    Viele Menschen können sich durch ihre geistige Beschränktheit gar nicht vorstellen was dies bedeutet. ARD und ZDF müssen hier als Bezahlsender durch die Bevölkerung viel mehr aufklären. Und nicht erst spät abends ab 23:00 Uhr, wenn die meisten schon im Bett liegen. Wegen allem Scheiß wird ein Brennpunkt gesendet, aber dann lieber um 20:15 leichte Unterhaltung senden. Man kann ja dem TV-Volk nicht solche harten Dinge vorsetzen und es sich mit der Politik verscherzen. Die Bestimmen ja deren Gehalt und Gelder.

    Sorry für machen harten Ausdruck.

  4. Psst. Gerüchten zufolge ist für 2016 dann Folgendes geplant:
    • freier Verkauf von Schusswaffen
    • Einführung des Dollar
    • Beseitigung des Gesetzes, dass in Bayern die Durchführung der Todesstrafe behindert

  5. Und wieder einmal wird die sogenannte „Terrorismusbekämpfung“ als Vorwand genommen. Hat man ja gesehen, wie erfolgreich die Vorratsdatenspeicherung in Frankreich war. Hat es überhaupt jemals etwas gebracht?
    „Die Mitgliedsstaaten waren eben nicht in der Lage genau das nachzuweisen.“ erzählt Christof Tschohl in diesem Artikel: http://mokant.at/1502-mindestspeicherfrist-vorratsdatenspeicherung-datenschutz-terror-je-suis-charlie-hebdo/
    Jetzt stellt sich die Frage, wozu das Ganze? Experten raten immer und immer wieder davon ab und Politiker beharren immer noch darauf, was für ein tolles Instrument das doch ist und wie viel es bringen wird.

  6. Vielleicht ist der Weg den die Griechen politisch und gegenüber der EU einzuschlagen beabsichtigen der richtige. Das Problem unserer Demokratien ist der nicht existierende (!) Fraktonszwang. Dürften die Politiker nach ihren freien Willen Entscheidungen treffen, sähe unsere Welt anders aus. Wir der Souverän haben eines in der Vergangenheit versäumt, nämlich das Instrument der Volksentscheidung in den Verfassungen zu implementieren. Dieses scheuen unsere Parlamentarier wie der Teufel das Weihwasser. Warum wohl? Weil sie die Macht unserer Volksvertreter doch erheblich einschränken würde. Eine der ältesten noch bestehenden Demokratien, die Schweiz, macht es uns seit Jahrhunderten vor, wie gut Volksabstimmung funktioniert. Die friedliche Revolution gegen die Allmacht unserer Regierungen, die die Grundrechte z.B. durch Vorratsdatenspeicherung usw. einschränken, muss beginnen – und zwar jetzt und sofort. Wer es noch nicht verstanden hat. Unsere Regierungen beschneiden unsere Grundrechte immer nur ein bisschen, so das es nicht weh tut. Immer und immer ein bisschen mehr. Und irgend wann sind die Grundrechte futsch – und keiner hat es gemerkt(!)

  7. Egal wie ihr dazu steht, ich finde das richtig Schei*e, leider „normal“, ENTSCHEIDEND daran wird sein, dass die Vorratsdatenspeicherung von Reisedaten UNBEGRENZT/UNGEPRÜFT sein und BLEIBEN wird ??

  8. Dazu fällt mir nur ein.“ Nur die dümmsten Schafe wählen ihre Metzger selber. In Deutschland ist ja bekanntermaßen, die CDU ein großer Verfechter derVorratsdatenspeicherung. Trotzdem hat unsere Superkanzlerin Zustimmungswerte über 40%.Dazu fällt mir nichts mehr ein,zumal es ja echte ALTERNATIVEN gibt.Wir leben schon lange in einer Parteiendiktatur.M.E. wären Volksabstimmungen zu allen wichtigen Themen der erste Schritt in die richtige Richtung.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.