Justizministerium erklärt im Bundestag, dass wir zur Vorratsdatenspeicherung lügen

vds_verstoss_grundrechte_nporgGestern Morgen diskutierte der Rechtsausschuss im Deutschen Bundestag in Top 2 „Bericht der Bundesregierung zur angekündigten Initiative zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland“ über die geplante Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. Das fand wie immer hinter verschlossenen Türen statt. Aber über Twitter konnten wir zumindest eine interessante Aussage mitbekommen. Und zwar erklärte der Parlamentarische Staatsekretär im Bundesjustizministerium, Christian Lange (SPD), dass es keine Nebenabreden in den Leitlinien zur Vorratsdatenspeicherung geben würde. Dies twitterte die linke Bundestagsabgeordnete Halina Wawzyniak:

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Am Montag hatten wir aufgedeckt: Geheime Nebenabrede – Doch kein Richtervorbehalt für Bestandsdatenauskunft, also Großteil der Vorratsdatenspeicherung.

Entgegen ihren Behauptungen will die Bundesregierung doch keinen Richtervorbehalt für die allermeisten Abfragen der Vorratsdatenspeicherung vorschreiben. Das geht aus einer geheimen Nebenabrede zu den offiziellen Leitlinien hervor, die wir veröffentlichen. Damit soll die alle fünf Sekunden eingesetzte Bestandsdatenauskunft auch auf Vorratsdaten zugreifen können – und dafür gilt kein Richtervorbehalt.

Uns liegt weiterhin ein Dokument mit der Nebenabrede vor, das wir als echt einstufen. Gleichzeitig wollte uns die Pressestelle des Justizministerium kein klares Dementi dazu geben. Wir bleiben also dabei: Es gibt eine Nebenabrede und bei der Präsentation der Leitlinien wurde offensichtlich nicht die ganze Wahrheit gesagt. Und im Bundestag dann anscheinend auch nicht.

Die einzige Frage bleibt: Warum wird eigentlich rund um die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung soviel gelogen?

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18 Ergänzungen

  1. Danke für eure Arbeit!!!! Ihr seid echt die besten, wo der „kleine mann“ schon aufgeben würde, und die Überwachung hinnehmen.

  2. Der Herr Lange kommt aus BW und ist im Justizministerium? Da werde ich ihm heute Abend mal einen Brief schreiben. Wahrscheinlich hat er noch nicht mitbekommen, dass es einen Beschluss der BW-SPD gegen die VDS gibt.

  3. Ich bezweifel auch, dass es eine „geheime Nebenabrede“ geben soll. Bestandsdaten werden ja in der Leitiline überhaupt nicht erwähnt, sondern sind im §113 TKG mit dem TKG-Ergänzungsgesetz geregelt … und unterliegen keinem Richtervorbehalt. Man wird also den vollen Gesetzesentwurf abwarten müssen. Innenminister de Maizière hat ja erklärt, dass die neue VDS gerichtsfest ist und er frohgemut in die bereits angekündigte juristische Auseinandersetzung geht. Eine „geheime Nebenabrede“ ist alles andere als eine gerichtsfeste Konstruktion, sondern schlicht verfassungswidrig.

    1. Wie ich Dir schon einmal auf Twitter erklärt habe: Es geht hier um eine geheime Nebenabrede zum PR-Instrument einer Leitlinie. Nicht um ein Geheimgesetz, insofern auch nicht verfassungswidrig. Es geht einzig und alleine um die Frage, ob bei der Präsentation der Idee die ganze Wahrheit gesagt oder ein enscheidendes Detail unterschlagen wurde.

      Aber wir sind auch gespannt, was als Gesetz vorgelegt wird.

    2. Schön das er das erklärt hat. Ich vermute aber nur im Sinne von „Behauptet“. Und das wird ja ständig gemacht. Und leider öfter wissentlich was falsches als was richtiges. Insofern gehe ich davon aus, dass sie alles andere als Gerichtsfest ist.

      Wenn es soweit ist, hätte ich noch eine Idee, wie man vor Gericht argumentieren könnte, warum das Gesetz unzulässig ist.

  4. das sind doch alles keine lügen, nur am wenigsten falsche aussagen wie möglich.

    niemand hat die absicht, einen überwachungsstaat zu errichten.

    .~.

  5. Diese Frage stelle ich mir auch die ganze Zeit:

    Warum wird eigentlich rund um die Vorratsdatenspeicherung soviel gelogen? Bei Gabriel biegen sich ja wiklich die Balken. Was ist deren tatsächliche Motivation? OK, Gabriel will der CDU vielleicht ein paar Stimmen abgraben im Innenpolitikfeld, und/oder seine Position als Merkelvasall festigen. Maas geht es vielleicht auch um sowas. Aber warum kommt überhaupt diese Forderung nach der VDS?
    Es sieht ja nicht so aus, als gäbe es gute Argumente dafür, sonst könnten sie die ja mal anführen.

    Warum wollen die das? Wir verlieren ja alle unsere Freiheit dadurch. Da sitzt man Abends mit fünf paar Leuten unter der Linde und unterhält sich, und unsichtbar oben drüber sitzt einer, der viel mehr über die Runde weiß als die fünf selbst über sich. Zum Kotzen.

    Ich muß wohl mal Ströbele fragen.

    1. Durch sein Rumgeeiere wird Gabriel sicherlich nicht mehr CDU-Anhänger gewinnen als SPD-Anhänger verlieren. Mir bleibt sein Verhalten komplett unerklärlich.

    2. Wir wissen halt nicht, wie viele Edathys, Hartmänner und Sensburge noch so im Bundestag herumgeistern und von unseren Geheimdiensten erpresst werden.

  6. Lügen macht erfolgreich. Lügen macht reich. Lügen macht schön. Lügen macht Macht.
    Lügen hält den Staat zusammen. Lügen hält die Wirtschaft am Laufen. Lügen füllen Kirchen.

  7. „Wenn es ernst wird, muss man lügen.“ – Jean-Claude Juncker, derzeitiger EU-Kommissionspräsident.

  8. Tja….wenn der ehrenwerte parlamentarische Staatsekretär im Bundesjustizministerium, Christian Lange (SPD) so davon überzeugt ist bzw. weiß, dass es keine Nebenabreden in den Leitlinien zur Vorratsdatenspeicherung gibt, dann sollte für den Herren doch die Abgabe einer „eidesstattlichen Versicherung“ zu der Thematik kein Problem sein.

    Wäre interessant, ob er das tun würde….

    bombjack

  9. Naja die VDS ist ja ein Kind der Content-Mafia afaik. Die haben ja mal in Schweden oder so ganz offen zugegeben, dass sich Politiker für die Einführung ja prima instrumentalisieren lassen. Weil man da ja Kinderficker mit jagen kann…

    Wann immer die VDS eingeführt wird, würde ich sofort vermuten, dass es um Abmahnungen geht. Schließlich verdienen ja manche der Content-Mafia-Firmen mehr Geld mit Abmahnungen als mit Content. Und das Geld muss ja schließlich fließen, also natürlich nicht Richtung Künstler…

    Greetz,
    GHad

  10. Na ja, da das Original wohl nicht veröffentlicht werden kann, ist das alles schwer zu beurteilen. Wenn der Absatz in irgendeiner der Entwurfsfassungen steht, kann sich Lange natürlich gut hinstellen und sagen, dass es in der derzeit diskutierten Fassung keine Nebenabreden gibt. Dann wäre das ganze einfach ein Vorschlag, der es nicht sehr weit geschafft hat.

  11. Generelle Frage: Richtervorbehalt, wozu?
    Was verspricht man sich davon?
    Dass da ein vorabgestempeltes Formular in der Schublade liegt, auf dem dann nur noch irgendwas eingetragen wird?
    Richtervorbehalt ist wirkungslos und demnach ungeeignet.
    Gerade am Amtsgericht sitzen da Dummies, die den ganzen Tag nix anderes machen, als Durchsuchungsbeschlüsse und änliches einfach durchzuwinken. Die Behauptungen der Polizei reicht vollkommen aus, wirklich geprüft wird da gar nichts.
    *
    Und das, was jetzt schon vollkommen wirkungslos ist, soll also künftig wirksam sein, wenn dann die Anfragen im Sekundentakt eintrudeln? Alleine der Gedanke daran ist lächerlich.
    *
    Und dann haben wir bei den Gerichten seit Jahren Fälle auf dem Tisch liegen, weil sie schlicht und ergreifend Mangels Personal nicht abgearbeitet werden können. Das Rechtssystem ist seit Jahren ad absurdum geführt, die Betroffenen sind jahrelang gegängelt, mal ganz abgesehen von den Kosten, die dabei entstehen.
    *
    Wenn die Vorratsdatenspeicherung tatsächlich kommt, gehört diese Regierung weggeputscht. Nur fehlt dazu jeglicher Bürgerwille. Langsam glaube ich an die Verschwörungstheorie, dass sie uns etwas ins Wasser mischen. Soviel Gleichgültigkeit kann doch niemand auf Dauer besitzen, wie sie das deutsche Volk aufweist…

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.