Informationsfreiheits-Ablehnung des Tages: Bundeswehr schießt über das Ziel hinaus

Die Bundeswehr hat eine Antwort auf eine IFG-Anfrage mit der Geheimhaltungsstufe „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ klassifiziert. Das bedeutet: Wer das Dokument einfach so veröffentlicht, könnte theoretisch rechtliche Probleme bekommen.

Das machen wir doch gerne. Hier die geheime Absage der Bundeswehr auf einen IFG-Antrag bei FragDenStaat.de.
bw-vs

Der Inhalt des Dokuments: Die Bundeswehr will die Protokolle der Bergung eines Weltkriegspanzers nicht herausgeben, weil diese geheim seien.

So weit, so unspektakulär. Aber wie kann es dazu kommen, dass ein offensichtlich unverfängliches Dokument zur Geheimsache wird?
Verschlusssachen werden im Sicherheitsüberprüfungsgesetz geregelt. Die Einstufung als Verschlussache „Nur für den Dienstgebrauch“ soll dann erfolgen, wenn die Kenntnisnahme der Informationen „durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann.“ Das können u.a. Fahndungsunterlagen im Bereich Terrorismus oder Dienstpläne sein.

Oder anscheinend auch IFG-Absagen. Eine Einstufung als Geheimdokument soll nach dem Gesetz nur dann erfolgen, wenn sie „notwendig“ ist. Nur: Über die Einstufung entscheidet die jeweilige Dienststellenleitung selbst, in diesem Fall also die Einsatzabteilung des „Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr“. Und die schießt offensichtlich manchmal über das Ziel hinaus, wie auch schon vorher der MAD.

Damit aber nicht genug. Denn auch die nach dem IFG begehrten Informationen, Protokolle einer Bundeswehraktion, will die Bundeswehr nicht herausgeben, weil sie als Verschlusssache eingestuft ist. Das allein ist jedoch kein Grund für die Ablehnung von IFG-Anträgen, wie das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat.

IFG-Absage ist Verschlusssache, begehrte Information auch

Denn VS-Einstufungen können – wie an diesem Beispiel gesehen – ziemlich beliebig sein. Nur wenn Dokumente wirklich Informationen enthalten, die nachteilige Auswirkungen für die Bundesrepublik haben könnten, darf der Zugang zu ihnen verwehrt werden. Ob das Protokoll der Bergung eines alten Panzers dazu gehört, ist fraglich. Notfalls muss in solchen Fällen ein Gericht klären, ob Dokumente wirklich als geheim eingestuft werden dürfen.

Übrigens müssen Geheimschutzbeauftragte bei der Bundeswehr in „unangekündigten stichprobenartigen Kontrollen“ prüfen, ob Verschlusssachen offensichtlich ungerechtfertigt eingestuft wurden. Wir hätten da ein paar Hinweise.

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25 Ergänzungen

  1. Das wundert mich nicht. Bei der Bundeswehr ist VS-NfD (die niedrigste Geheimhaltungsstufe) sowas wie der default. Da werden selbst mal Daten aus Drittquellen eingestuft nur weil sie bei einem der BW-Ämter durchgeroutet wurden.

    Was ich damit sagen will, das wahr vermutlich nicht mal böse Absicht sondern schlichtweg ein Standardformular.

  2. Da hat wohl jemand was falsch verstanden. Manchmal ist weniger einfach mehr und nicht hinter allem eine Verschwörung sehen.
    Aber als Alternative könnt ihr ja mal den Rechtsbeistand des Opfers ansprechen, ob er die Unterlagen oder Akteneinsicht erhalten hat. War eh eine sehr fragwürdige Aktion.

    1. So geht das nicht.

      Man kann nicht auf der einen Seite ein Mords Fass aufmachen und jemanden des Landesverrats anklagen, weil er „geheime“ Dokumente veröffentlicht hat und sich dann aber hinstellen und bei falschen Einteilungen Fünfe auch mal gerade sein lassen („Upps – kann ja mal passieren“). Diese Willkürlichkeit ist gelinde gesagt zum Kotzen.

      IMHO ist die falsche Einteilung der Geheimhaltungsstufen alles andere als ein Kavaliersdelikt und sollte hart bestraft werden. Ich bin es satt, das viele Informationen, die nicht geheim sein müssen, trotzdem so deklariert werden – einfach nur weil es ohne Risiko geht.

      Das sollte schon aus reinem Selbstschutz geschehen, denn wenn jeder Kleinvieh-Mist schon als Verschlussache deklariert wird, verliert die Einteilung insgesamt an Wert, weil man OFFENSICHTLICH der Behörde jede Kompetenz absprechen kann (zumindest bei der Einteilung der Geheimhaltungsstufen).

      1. Stimmt auch wieder. Wenn alles für Geheim erklärt wird, hebelt man jegliche IFG-Anfrage damit komplett aus.

  3. Naja, wenn jetzt dieses Dokument auf den Sinn der Sperre geprüft wäre, wäre es ja nicht mehr stichprobenhaft, sondern gezielt.
    Von daher wir die Prüfung nicht stattfinden.

  4. Als ich in dem Laden „dienen“ musste, hatten wir auch Weisung immer überall VS-NfD drauf zu schreiben.
    Wirkliche Verschlusssachen währen dann als „Geheim“ gekennzeichnet gewesen.

  5. Hätte gern mal von euch gewusst ob man mein Beispiel als Verschlusssache einstufen könnte bzw. als VS für Person A.
    Person A ist ein normaler Bürger der aber eine Fähigkeit besitzt. Jedes Mal wenn jemand zu Person A das Wort „geheim“ sagt fällt 3 km hinter Person A ein Haus ein. Alle Leute und Bekannten in seinen Umkreis so wie die Regierung wissen davon, dass wenn man das Wort „Geheim“ zu Person A sagt ein Haus einfällt. Nur Person A selber weiß nicht davon.
    Wenn Person A das aber wissen würde, könnte er es verhindern das jedes Mal ein Haus einfällt.

    Wäre das ein Beispiel für einen Verschlusssache? Zumindest hat Person A nicht das Recht zu erfahren was er kann? Und würde das unter das IfG fallen auch wenn Person A es erlauben würde das darüber berichtet werden kann?

    1. Klar wäre das eine Geheimsache – man könnte damit ganz wunderbar Autobahn- oder Stromtrassen freimachen …

  6. Wir sind alle Gläsern und haben keine Geheimnise . Also brauchen wir uns auch keine Sorgen machen, wenn wir abgehört werden. Wofür dann der ganze Aufwand der Betrieben wird um etwas herauszufinden, was nicht existiert ? Also doch nur Beschäftigungsterapie., was früher mal ABM hieß.

    1. Wer mit einer solchen Naivität an die Sache ran geht braucht sich in der Tat keine Sorgen mehr zu machen.

      Es gibt jedoch Leute, die eben nicht wollen, das alle folgenden Generation unter der Faulheit der eigenen leiden müssen.

  7. Könnt gern mal bei mir vorbei kommen dann kann ich euch mal zeigen was auf diesen wunderschönen Planeten alles so existiert.
    Aber egal meine hypothetische Frage steht trotzdem noch. Würde mich mal interessieren. Es geht ja nicht um die Dinge die in der Geschichte passieren dafür kann man alles mögliche einsetzen es geht mir nur um die Sache also die Rechtslage.

    Ich weiß nicht ob ich hier die Wahrheit schreiben darf hatte mit der Wahrheit schon genug ärger. Hilfe bekomm ja auch von niemanden mehr heutzutage . Aber das ist einen andere Geschichte. Würde mich über eine Antwort echt freuen.

  8. Der wissenschaftliche Dienst hat doch vorige Woche ein Papier mit den Bedingungen zur Geheimeinstufung herausgegeben. Wenn man sich dort einliest wie Dinge als Geheimnis eingestuft werden dürfen müsste ja eine Begründung vorliegen. DIese Begründung darf aber nicht geheim sein. WTF BW?
    Scheiss Scheindemokratie ist das hier.

    Entweder unsere Beamten sind Unqualifizierte Hilfskräfte und sie wurden selbst eingeschüchtert und nun weiss niemand so recht was man überhaupt veröffentlichen darf.
    Oder aber man biegt sich das Gesetz zurecht bis es bricht. Denen kann das egal sein. Wenn so ein Zivi anfragt. Pff. Wen kümmerts. Ablehnen und gut is.

    Geheimschutzbeauftragte sollten nicht stichprobenartig eingesetzt werden sondern müssten alles sofort gegenchecken. Oh was… ist das etwa zu viel Aufwand? Arbeitsscheues Gesindel.

  9. „Der Inhalt des Dokuments: Die Bundeswehr will die Protokolle der Bergung eines Weltkriegspanzers nicht herausgeben, weil diese geheim seien.“
    Alleine wenn man diesen Satz liest, befällt eine schon das Grausen. Nicht wegen des vom Autor damit implizierten übersteigerten Geheimhaltungsbedürfnis unserer Streitkräfte (was m.E. nicht existiert), sondern wegen der unterhalb jeglicher Kenntnisschwelle liegenden Unwissenheit von Herrn Semsrott.
    Wer außer Allgemeinplätzen und der fallspezifisch unreflektierten, auszugsweisen Wiedergabe von Rechtsnormen nix zu bieten hatt, sollte einfach die Finger von der Tastatur lassen.

    1. >“Wer außer Allgemeinplätzen und der fallspezifisch unreflektierten, auszugsweisen Wiedergabe von Rechtsnormen nix zu bieten hatt, sollte einfach die Finger von der Tastatur lassen.“

      Hilfreicher wäre hier sicherlich Deine Einschätzung zum beschriebenen Vorgang … wie wär’s?!?
      Damit wäre Deine vernichtende und leider nichtssagende Kritik für die geneigte Leserschaft
      verständlicher und ließe Spielraum für eventuelle Verbesserungen.

  10. Unkenntnis der Vorschriften- und Gesetzeslage ist ab einem gewissen Dienstgrad pflicht. Das Kdo meint das gar nicht böse, die Vorlage für den Dienstbrief, extern hat den Zusatz VS-NfD einfach in der Kopf- und Fußzeile stehen. Um zu erkennen, dass das Quatsch ist, müsste man (Delta-) Lehrgänge besuchen – was natürlich mit der Begründung „Das brauche ich nicht im Detail wissen, dafür habe ich den Kameraden XY“ abgelehnt wird.
    Informationen zurück zu halten ist eigentlich keine Absicht, denn eingeschworen wird jeder Soldat auf das Recht und die Freiheit des dt. Volkes.

  11. IFG Anfrage an Bundeswehr in laufendem Strafverfahren zur Provinz-Posse aus Heikendorf?

    O.k. VS-NfD ist wohl hier … daneben. Aber …

    Aber? Im verlinkten Artikel des Spiegels kann man schon lesen, dass der Panzer (40t Gewicht!) und auch eine 8.8 Flak (aber im II. Weltkrieg auch als Panzerabwehrwaffe eingesetzt und gefürchtet!) bei einer DURCHSUCHUNG entdeckt worden waren. Da wäre es sinnvoll die Vorgeschichte und Konsequenzen mal anzusehen!

    I. Vorgeschichte
    Hier mal diese Provinzposse in paar Schritten zum mitlesen:

    (1) Nazikunst* wird entdeckt und eine Spur führt nach Heikendorf.
    *Quelle z. B.: http://www.shz.de/lokales/kiel/video-razzia-in-heikendorf-panzer-und-torpedos-in-villa-bei-kiel-id10112661.html
    (Na, ist doch nur gut wenn bei den Ermittlern die politischen Scheuklappen rechts und links mal abgenommen werden.)

    (2) Bei Durchsuchung wird Panzer, eine Flak und ein Torpedo „entdeckt“. (Na ja, 1978 soll der Panzer bei starkem Schnee die Straße vom Schnee geräumt haben … man hat also nach langer Zeit das Offensichtliche entdeckt: Ein 40t Panzer löst sich nicht besonders schnell in „Nichts“ auf.)

    (3) Ist der spleenige Sammler** nur ein „Opfer“? (so oben „reader in einem Kommentar hier auf netzpolitik.org) Der will die Militaria alle angemeldet haben.
    ** Mehr Lust auf Provinzposse? Ganz einfach mal online suchen, angeblich über >100.000 Fundstellen! ;-) vgl. http://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Ein-versteckter-Panzer-geht-um-die-Welt,panzer482.html

    (4) Die Ermittler, also StA und die üblichen Hilfsbeamten der StA, haben weder das Know-how noch die Mittel für Bergung und Lagerung. (Wer hat im beschaulichen Kiel schon Bergepanzer und eine sichere Asservatenkammer für einen Panther-Panzer?) Der Räummitteldienst der Ostsee auch nicht. THW? Bleibt: Bundeswehr (Oh! Achtung Einsatz im Inland …?!). Am Ende „hilft“ auf Anfrage die Bundeswehr.

    II. Konsequenzen
    Mal zum Nachdenken über das Verhältnis IFG-Anfrage und dem Strafverfahren (inkl. Durchsuchung)

    Was wiegt nun schwerer:

    1. Das Auskunftsinteresse der Vielen … an der Hilfestellung der Bundeswehr (sowieso vielfach in Lokalpresse, Spiegel und anderen Medien (s. o.**) dokumentiert, zum Teil mit Bildern) oder

    2. die Einhaltung der Rechte des Einzelnen … im Strafverfahren (wie Unschuldsvermutung, Ermittlungs-Grundsätze, usw.)?

    Mein FAZIT: Angesichts der Vorgeschichte schießen beide über das Ziel hinaus.
    (1) Die Anfrage an die Bundeswehr (der Einsatz ist bekannt und dokumentiert, Detailfragen wie „Einsatz der Bundeswehr im Inland“ können schon diskutiert werden) und
    (2) die Einstufung VS-NfD durch die Bundeswehr (Hier wäre wohl richtig an die StA und auf das Ermittlungsverfahren zu verweisen gewesen. Das IFG und die darin geregelten Ausnahmen sind aber offenbar den Rechtsexperten in der BW auch nicht bekannt. Das Ergebnis wäre dann rechtmäßig, wohl geringfügig und doch entscheidend anders ausgefallen: ZUR ZEIT keine Auskunft.)

  12. Ich habe die Berichte in den Medien verfolgt, denn das war ja richtig spannend. Da die Truppe nicht mal in der Lage ist, einen ollen WKII Panzer zügig aus einer Tiefgarage zu holen, sind sie offensichtlich nur „bedingt abwehrbereit“ Das muss aber auf jeden Fall geheim gehalten werden, eine öffentliche Diskussion darüber würde die Sicherheit der BRD gefährden.
    Eine Frage ist natürlich auch, ob die Bergung durch die Bundeswehr überhaupt ein legaler Einsatz war.
    Ich würde auch gerne erfahren, ob der Panzer, die Flak und der ganze Rest denn nun legal in dem Haus gelagert waren.

  13. Bei aller Sympathie für netzpolitik.org ist die Anfrage an die Bundeswehr in diesem Fall schon recht durchsichtig. Denn wie Aaron Zorn in seinem Fazit richtig schreibt, ist die Anfrage in diesem Fall an die falsche Organisation gestellt worden. Da Umstände und Verlauf der Aktion öffentlich gut dokumentiert sind, stellt sich mir die Frage, ob hier durch die Anfrage nur jemand lächerlich gemacht werden sollte. Die Bundeswehr war bei der Panzerbergung ja ganz offensichtlich Dienstleister für Polizei und Staatsanwaltschaft. Wer das Amtshilfeverfahren kennt, und das darf man bei netzpolitik.org ja wohl voraussetzen, weiß, dass bei der Stelle, die das Amtshilfeverfahren auslöst, der Schriftverkehr zusammenläuft. Dass die interne Befehlsgebung – nicht die normale Dienstpost – der Bundeswehr grundsätzlich VS-nfD eingestuft wird, sollte auch keine Überraschung sein. Wer dafür eine Erläuterung benötigt, hat den Sinn der Institution Streitkräfte nicht ganz verinnerlicht.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.