„Im Zweifel wird gelöscht“ – Google-Expertenbeirat legt Bericht zum Recht auf Vergessen vor

Maschinen sollen wie Menschen das Vergessen „erlernen“ (CC BY-NC-ND 2.0 Foto:Flood)

Heute morgen hat ein durch Google initiierter Expertenbeirat seinen Bericht mit Handlungsempfehlungen zum EuGH-Urteil zum „Recht auf Vergessen“ vorgelegt.
Vorab war bereits in der Süddeutschen Zeitung ein Beitrag erschienen, in dem die Ex-Bundesjustizministerin und Gegnerin der Vorratsdatenspeicherung Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Kritik an dem finalen Bericht des Beirates äußerte:

„Wenn ich bei der Google-Suche in Europa über Google.com die Artikel wiederfinde, auf die sich der Löschungsanspruch bezieht, wird der Anspruch umgangen.“

„EU-Bürger sind in der Lage eine globale Suchanfrage zu starten. Das Internet ist global, der Schutz der Persönlichkeitsrechte muss ebenfalls global sein.“

Als strikter Gegner der Linklöschung durch Suchmaschinen machte auch der Wikipedia-Mitbegründer Jimmy Wales im Anhang des Berichts seiner Unzufriedenheit mit der jetzigen Regelung Luft:

„Ich lehne diesen Rechtszustand entschieden ab, in welchem ein Wirtschaftsunternehmen gezwungen wird, über unsere wichtigsten Grundrechte der Meinungsfreiheit und Privatsphäre zu entscheiden, ohne dass irgendein angemessenes Beschwerdeverfahren für die Urheber der Werke besteht, welche von der Löschung betroffen sind.“

In dem Bericht empfiehlt der Expertenbeirat vier Kritierien, anhand derer die Löschung eines Links bewertet werden soll:

  • Die Rolle der Person im öffentlichen Leben
  • Die Art der Information
      Information, die das Recht auf Privatsphäre des/der Betroffenen beeinflussen
    Information, die von öffentlichem Interesse sind
  • Die Quelle (z.B. Journalistisch, Staatlich)
  • Die Zeit (z.b. verjährte Straftaten, verbüßte Haftstrafen)
  • Bei unklaren Fällen soll der der bekannte Spruch „Im Zweifel für den Angeklagten“ in umgekehrter Form angewendet werden: Im Zweifel für den Betroffenen und für eine Löschung aus den Suchergebnissen.

    Falls Google oder andere Suchmaschinenbetreiber sich dafür entscheiden, dem Antrag einer Person auf die Löschung eines oder mehrerer Links aus dem Suchindex stattzugeben, soll ein fünfstufiger Ablaufplan eingehalten werden:

    • 1. Eingang des Löschantrag
    • 2. Benachrichtigung des Betreibers der betroffenen Website
    • 3. Möglichkeit der Anfechtung einer Löschentscheidung
    • 4. Geographische Reichweite der Löschung (EU-Domains)
    • 5. Transparente Darstellung der Löschung (z.b. mit Verweis auf chillingeffects.org)

    Google und die Mitglieder des Beirates stellen in ihrem Bericht deutlich heraus, dass es sich bei der Löschung von Links nicht um ein echtes „Recht auf Vergessen“ handele, wie es das EuGH-Urteil eigentlich einfordere. Die Inhalte selbst bleiben nach der Löschung auf den Websites der Betreiber weiterhin erhalten. Das Urteil wurde von Seiten Googles in den vergangenen Monaten immer wieder kritisiert.

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    2 Ergänzungen

    1. Zur Info: Der EuGH hat sich den Begriff „Recht auf Vergessen (werden)“ nicht zu eigen gemacht und auch nicht gefordert, sondern lediglich kursorisch zitiert. Er wendet das etablierte Recht auf Löschung an.

    Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.