IFG-Antwort zu Sicherheitsmerkblatt für Mobilgeräte: Wegwerf-Handys und Sprechdisziplin

CC BY-SA 2.0 via flickr/rhodes

In den letzten zwei Jahren voller zahlreicher Spionage-Enthüllungen sind Politiker in ihrem Umgang mit Kommunikationsmittel sensibler geworden. Doch warum brauchte es erst Skandale, wenn Handlungsanweisungen und Empfehlungen schon seit vielen Jahren vorliegen? Durch eine Informationsfreiheitsanfrage ist nun ein „Merkblatt für den Umgang mit mobiler Informationstechnik, vorrangig in Ländern mit besonderem Sicherheitsrisiko“ vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) öffentlich geworden.

Das Dokument mit dem Stand Mai 2013 macht auf die Risiken der Mitnahme und Nutzung mobiler Kommunikationsgeräte im Ausland aufmerksam: Kontrollierbarkeit durch die dortigen Telekommunikationsanbieter und damit auch Nachrichtendienste, Manipulationen, das Unterbinden von „kryptierter Kommunikation“ und Abhörmaßnahmen zählen dazu.

Die daraus folgenden Verhaltensempfehlungen sind intuitiv: Nur das Nötigste mitnehmen und kommunizieren, Daten verschlüsseln, „Sprechdisziplin im Alltag“ üben, Geräte nicht abgeben oder aus den Augen lassen, sensible Daten zu Hause lassen und für den Aufenthalt der Reise ein Wegwerfhandy benutzen, das anschließend „entsorgt oder für unkritische Anwendungen“ genutzt werden kann.

Nach der Reise sollte alles „von Grund auf neu installiert“, SIM-Karten nicht mehr benutzt und mitgenommene Geräte für sicherheitskritische Zwecke nicht mehr eingesetzt werden.

Immerhin scheinen einige Politiker das Merkblatt mittlerweile ernster zu nehmen und nutzen auf Reisen tatsächlich nicht mehr ihre persönlichen Mobiltelefone zur Kommunikation. Doch Sicherheit gibt es nur, wenn alle Enden der Kommunikation sich gleichermaßen um Mindestvorkehrungen kümmern. Dass Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel mit eigenen Mobiltelefonen nach Kuba und China reisen zeigt, dass diesbezüglich noch einiges an Aufklärungsarbeit zu leisten ist.

Was uns noch als Ergänzung der Liste einfallen würde, die nicht nur für Politiker relevant ist: Anonyme SIM-Karten nutzen. Dafür müsste aber zunächst einmal der Identifizierungszwang für SIM-Karten gekippt werden. Denn das Recht auf anonyme, vertrauliche Kommunikation sollte es für alle gleichermaßen geben – für Mitglieder der Bundesregierung und Restbevölkerung gleichermaßen.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

9 Ergänzungen

  1. Nur was nützen anonyme SIM-Karten, die man sich einfach im Discounter um die Ecke besorgen kann, wenn dann die Leute aus deinem Umfeld die Nummer in ihrem Telefon unter deinem bürgerlichen Namen speichern und Kontaktliste mit etwaigen Facebook- und anderen NSA-Konten synchronisieren?

  2. Da werden von blutigen Kinderhänden seltene Rohstoffe unter übelsten Bedingungen aus der Erde gekratzt, für ein hochtechnologisches Produkt, das nach Benutzung weggeworfen wird.
    Eine Behörde erstellt Sicherheitsrichtlinien zum Gebrauch von „Wegwerf-Handys“. Was für ein Irrsinn. Mobile Kommunikation, so schön sie einmal war gehört dem Orcus genau so wie das unsägliche email Protokoll.

    Verzicht macht frei!

    1. Die Möglichkeit zu mobiler Kommunikation möchte ich gern haben, nur die logische Verbindung zwischen Anonymität und Wegwerfen ist allein der absurd fehlkonzipierten Infrastruktur geschuldet. Hätte man von vornherein Geräte, die voll unter Nutzerkontrolle sind, könnte man einfach softwareseitig die Identifikatoren austauschen. Abrechnung könnte über ein Protokoll geschehen, bei dem etwa anonyme Token anonym gekauft werden könnten. Wären die Geräte dann auch noch fair gehandelt und auf Haltbarkeit optimiert (geplante Obsoleszenz ist fürwahr eine Schande), dann hätte man all die Vorteile und nicht die Nachteile. Die sind gar nicht inhärent verwoben mit dem Konzept mobiler Kommunikation, nur mit der absichtlich falschen Umsetzung, mit der wir es zu tun haben.

  3. Ist es eigentlich nicht sehr sehr traurig, welche Welt wir unseren Kindern hinterlassen.
    Die Menschheit ist so etwas von verkommen, dass sie eigentlich von der Erde verschwinden müßte, weil es immer Menschen geben wird die Machtgeil sind und andere kontrollieren wollen.

    1. „Die Menschheit ist so etwas von verkommen, dass sie eigentlich von der Erde verschwinden müßte…“
      Nur Geduld, könnte man zynischerweise antworten – sie arbeitet mit Hochdruck dran.

      Oder man tröstet sich mit Jonathan Swift: „Ich hasse nichts so sehr wie die Menschheit. Und ich liebe niemand so sehr wie Tim, John und Jenny.“

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.