IFG-Absage des Tages: Bekanntgabe der Bundestags-Sperrliste gefährdet innere und äußere Sicherheit

Wird jetzt ein bisschen transparenter: Bundestag

bundestagDie Liste mit rund 100.000 gesperrten Webseiten, die jetzt zum Schutz der Abgeordneten und ihrer Mitarbeiter im Bundestag eingesetzt wird, ist geheim. Und soll es auch bleiben. Martin Reyher von Abgeordnetenwatch.de hatte vor einem Monat beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) eine Anfrage über das Informationsfreiheitsgesetz gestellt.

Heute twitterte er die Ablehnung. Verwendet wird die Standardargumentation, dass eine Freigabe „nachteilige Auswirkungen auf Belange der inneren und äußeren Sicherheit haben kann“.

Die inoffizielle Kurzform der Absage ist:

„Wenn bekannt wird, welche Seiten wir dem Bundestag sperren, ist die Funktionsfähigkeit des Staates im Arsch.“

Die offizielle Langfassung ist:

„Ihr Antrag wird gemäß § 3 Nr 1 c) IFG abgelehnt. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf Belange der inneren und äußeren Sicherheit haben kann. Dies ist hier der Fall.

Von dem Begriff der inneren und äußeren Sicherheit ist nach Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen umfasst. Zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen ist unter anderem eine effektive Absicherung der Informationstechnik des Bundes notwendig. Eine Maßnahme, die zu einer solchen Absicherung beiträgt, ist die Verhinderung des Aufrufs bestimmter Webseiten, die zu einer solchen Absicherung der Informationstechnik des Bundes notwendig. Eine Maßnahme, die zu einer solchen Absicherung beiträgt, ist die Verhinderung des Aufrufs bestimmter Webseiten, von denen Angriffe auf die Informationstechnik des Bundes mittels Schadprogramme ausgehen. Bei Bekanntwerden der URLs der betroffenen Webseiten ist von nachteiligen Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen auszugehen, da Angreifer mit diesem Wissen diese Schutzmaßnahme unterlaufen können.“

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17 Ergänzungen

  1. Wenn die Funktionalität des Staates von der Sperrung einiger Websites abhängt, sollte man sich ganz schnell Gedanken über seine Organisation machen – dann reicht die Stabilität für einen ernst zu nehmenden Betrieb einfach nicht aus.

    *seine Stabilität

  2. … das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf Belange der inneren und äußeren Sicherheit haben kann. Frage: Wer entscheidet die Einstufung?

  3. Worüber regt ihr euch den noch auf. „Die die gewählt wurden haben nichts zu sagen und die was zu sagen haben würden nicht gewählte!“ Also die stimmdeppen müssen ja eh nix wissen nur auf Zuruf handerl heben!

  4. Zitat: „da Angreifer mit diesem Wissen diese Schutzmaßnahme unterlaufen können“.

    Okay, es ist wirklich die Frage, wie redtube und Co. die „Schutzmaßnahme“ unterlaufen können. Ernsthaft: Ein Abgeordneter, der niemals das Netz objektiv sah, der soll dann Netzpolitik machen?

    Und die meinen also wirklich, es gäbe, sagen wir mal X Seiten, die sie blocken und dann seien die sicher? Auf jede gelockte Seite kommen 1000 weit gefährlichere. Das Netz ist groß.

    Fahrlässige und inkompetente Pappnasen, wenn davon wirklich die „Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen“ abhängt. „Sicherheit“ geht echt anders.

  5. Wer in die Geschichte blickt, ist hier klar im Vorteil: Schon der ibdex librorum prohibitorum hatte kaum den gewünschten Erfolg und wurde im Gegenteil eher als Katalog und Leseempfehlung genutzt… wundert es da, dass die Bundestags it zwei, drei Tage Ruhe haben will, bevor das ganze Kartenhaus zusammenfällt?! ;)

  6. Schön für den Arbeitsplatz der Listenpfleger, aber was zur Hölle soll das substanziell zur Sicherheit des Bundestags IT-Netzwerks beitragen ?
    Im Sinne von „kein Schlangenöl“ ?

  7. Es würden ja schon die Webseiten von der Liste genügen, deren Bekanntgabe nicht die innere und äußere Sicherheit gefährdet.

  8. Möglicherweise wäre es sinnvoll, wenn ein Abgeordneter mal menschliches „Surfverhalten“ simuliert. Die „menschlichsten“, häufigsten Seiten findet man bei Alexa. Das Surfverhalten simuliert vielleicht ein Perl-Script.

    Die Simulation erstellt natürlich einen Log, den man dann aus wissenschaftlichen Gründen veröffentlichen sollte. Die Schwarmintelligenz des Netzes hilft dann gerne bei der Gefahrenbewertung.

    Es kann ja nichts passieren. Denn der Filter zum Schutz der Abgeordneten und ihrer Mitarbeiter passt auf.

    Das darf der Abgeordnete nicht? Warum? Was wiegt höher? Das Recht, auch der Abgeordneten, sich aus frei zugänglichen Quellen zu unterrichten oder die Fehlervertuschung, wenn heraus kommt, wie idiotisch die Sperrlisten in der Praxis sind?

  9. Ich gehe mal davon aus das das BSI nur geheim halten möchte das es eine einfach frei verfügbare Blockliste verwendet und sich niemand ernsthaft gedanken über das Thema gemacht hat. Die vorgeschobenen Sicherheitsbedenken würden dann sinn ergeben da kriminelle Elemente sonst einfach ihre seiten gegenprühfen könnten und einfach domains und hosting wechseln könnten. Macht aus meiner sicht zumindest sinn.

  10. Also was die innere Sicherheit angeht, stimmte ich bedingt zu. Und zwar insofern, dass die Sicherheit der Verantwortlichen gefährdet wäre, weil ich deren Namen und Fressen kennen würde und das eines Tages bei Gelegenheit zu Brei schlagen würde. Natürlich auch alle meine Jungs, wir sind ein kleines, aber aktives und gut organisiertes Netzwerk. Dass keiner von den elenden Feiglingen von Mitarbeitern nicht die Eier zu hat das ma zu leaken. Elende Helfershelfer, die sollten auch was aufs Maul kriegen

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.