Faire Mobiltelefone für das gute Gewissen?

Ein heutiges Mobiltelefon enthält etwa dreißig verschiedene Metalle. Das Fairphone, das Shiftphone und konkurrierende Projekte haben sich zum Ziel gesetzt, sog. „Konfliktmineralien“ wie Beryllium, Zinnstein, Indium, Tantal, Gold oder Wolfram in Mikrochips, Festplatten, Bildschirmen oder Kondensatoren weitgehend zu vermeiden und Alternativmaterialien zu verwenden. Damit versucht man, die Finanzierung der in den Abbau- und Herstellungsregionen schwelenden Konflikte einzudämmen.

Außerdem soll der Benutzer wissen, wo die jeweiligen Rohstoffe herkommen und unter welchen Bedingungen sie abgebaut oder verarbeitet wurden. Marius Hasenheit stellt im Freitag Informationen zusammen und vergleicht, wie der Hersteller versuchen, Mobiltelefone „fair“ herzustellen. Zum Fairphone 2 merkt er an:

Die Produktionsbedingungen des Fairphone 2 ähneln denen des Vorgängers. Von den vier Konfliktmaterialien werden auch bei der neuen Generation Gold und Wolfram aus nicht gesicherter Herkunft bezogen.

Das Fairphone 2, das für 525 Euro (32 GByte Speicher, 5-Zoll-Display, Android 5.1) angeboten wird, soll aber auch die Ziele erfüllen, die Lohnniveaus der Arbeiter zu heben und das Produkt möglichst langlebig und selbst reparierbar zu machen. Außerdem ist eine Aufstellung der Kosten (pdf) verfügbar, die Transparenz herstellen soll. Wer also mit einem „fairen Telefon“ liebäugelt, kann sich beim Hersteller informieren.

Wer aber Konfliktmineralien vollständig vermeiden will: Der neue Konkurrent Shiftphone tritt mit dem Versprechen an:

[A]uf Konfliktmineralien verzichtet Shift nach eigenen Angaben komplett.

Die 222 Euro für das Shiftphone könnten also eine gute Ausgabe für das eigene Gewissen sein, wenn sich die Behauptungen bewahrheiten und gar keine der Konfliktmineralien verbaut sind.

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18 Ergänzungen

  1. Was noch fehlt ist ein vertrauenswürdiges Betriebssystem. Apple und Google sind nicht vertrauenswürdig. Android müsste von Google-Resten gereinigt werden. Der Quellcode müsste offen und selbst kompilierbar sein.

    1. Auf dem Fairphone 2 soll zumindest schon mal (auch) Sailfish OS laufen.
      Wenn das denn nun vertrauenswürdiger ist.

    2. Soweit ich weiß, kann man Android selbst aus dem source builden, wenn man das denn will. Bin aber kein Experte, mag das jemand bestätigen?

    3. Man hätte sich vielleicht auf der Seite von Fairphone informieren können. Das Fairphone wird ohne Google Apps, dafür mit dem alternativen Store F-Prot ausgeliefert.
      Im Gegensatz zu Sailfish ist Android komplett Open Source und von jedem frei zu beziehen.
      Begrüssenswert wäre die direkte Unterstützung von Plasma Phone das bald eine wirklich offene Alternative zu Android sein wird.

  2. Das Problem mit Gold ist, dass es nach China (wo produziert wird) nicht in hinreichenden Mengen eingeführt werden kann, daher müssen zum Teil lokale Quellen verwendet werden, und da ist die Auswahl logischerweise gering.

    Ich finde Fairphones Ansatz, so weit wie möglich transparent zu sein und die gesamte Lieferkette zu durchleuchten, schon sehr gut. Wenn die genannten Mängel einfach zu lösen wären, hätte man es sicher gemacht.
    Da jetzt mit der Lupe draufzuschauen, und Perfektion einzufordern, schießt schnell übers Ziel hinaus, weil dadurch doch viele sagen werden: „Samsung, Huawei, Apple oder Fairphone, alles gleich. Dann kauf ich mir das 200 € Schnäppchen vom Grabbeltisch.“

    1. Das stimmt schon. Die Richtung, in die Fairphone geht, ist auf jeden Fall begrüßenswert.

      Die Argumentation, die manchmal kommt (nicht jetzt hier, sondern generell), dass jemand etwas besser macht (oder zumindest versucht und das transparent offenlegt) und dann für mangelnde Perfektion kritisiert wird, kann ich nicht nachvollziehen.

  3. Am fairsten für die Umwelt ist es, die Geräte möglichst lang zu nutzen.
    Das Problem dabei ist, das irgendwann keine Updates und Akkus mehr zu bekommen sind sowie der ideelle Verschleiß. Ein schlankes und sicheres Betriebssystem wäre auch wünschenswert.

    1. …oder in anderen Worten: das eigentliche Problem ist wie immer der „Fnord“. Leider sehe ich bei den „fairen“ Produkten keine nennenswerten Tendenzen es besser zu machen: weder wird die eigentliche Produktstruktur verbessert, noch der Trend durchbrochen, viel zu schnell/häufig neue Modellgenerationen in den Markt zu drücken.

      1. Da sehe ich den Ansatz beim FP2 sehr positiv. Voll zerlegbar, Ersatzteile, Unterstützung durch iFixit und die Sourcen veröffentlichen. Gerade letzteres ist ein wichtiger Schritt für Langlebigkeit, wenn das OS nicht auf Altständen stehen bleibt. Und alternative OS ohne Google sind auch möglich… Aber erstmal muss es da sein :-)

      2. Beim ersten Fairphone waren die Hersteller etwas blauägig was die Softwareunterstützung anging. Der Lieferant Mediatek machte den Updateplänen des Fairphone Teams dann zunichte. FÜr das Fairphone 2 wird nun auf Qualcom gesetzt die eine wesentlich besser (aber immer noch problematische) Produktunterstützung bieten. Open Source aber stehen eigentlich alle ARM Stakeholder leider recht ignorant bis feindlich gegenüber.

  4. Zumindest auf der Webseite des Shift ist nicht allzu viel von Transparenz zu sehen. Ich finde da kaum Angaben zum Produktionsprozess und wie sie diesen Fair gestalten bzw. wie die Produktionskette aussieht. Oder habe ich das das entschiedene übersehen? Da macht das Fairphone auf mich einen wesentlich seriöseren Eindruck. Auch der Preis von <250€ finde ich für ein Faires Produkt recht tief.

    Ich lass mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen!

  5. Ein Telefon, dass mehr kostet als ein Tablet oder Notebook kommt für mich eh unter keinen Umständen in Betrachtung. Das Ding ist nicht einmal vom Material so viel Wert also was soll dann der Bockmist?
    Notebook ohne Windoof mit aktueller Mittelklassehardware ~300-400€
    „Smart“phone mit Google oder Apple Spyware mit aktueller Hardware ~200-800€
    wtf? Ist das nur wegen den Displays und der ultrakompakten Fertigung oder wieso verlangen die Blödmänner so viel? Ah ja Forschungs und Entwicklungskosten und blablabla.
    Ist schon traurig so eine Volksverarsche.

    Darüber hinaus bietet es keinen Schutz vor Überwachung und verschlüsselt auch nichts hardwareseitig. Wenn es das könnte wäre ich vll geneigt ein Auge zuzudrücken bei den +500€ Anschaffungskosten.
    Was mir dann noch wichtig wäre… nimmt der Hersteller gegen Prämie seine Geräte wieder zurück und führt sie einer wiederverwertung im eigenen Haus zu? Oder schiebt er die Geräte auf einen ausländischen Schrottplatz wo sie in mühevoller Handarbeit abgeerntet werden.

    1. „„Smart“phone mit Google oder Apple Spyware mit aktueller Hardware ~200-800€
      wtf? Ist das nur wegen den Displays…“

      Die Firmenbesitzer/Shareholder/Aktienbesitzer verlangen Rendite?

  6. Wieso geht es immer nur um „das Gewissen“?
    Dass es sehr sehr dringend einen Wandel hin zur Nachhaltigkeit in der Elektronikbranche braucht, hat doch nichts mit dem Gewissen zu tun, das erfordert weit mehr!
    Hier sind Gründe zu nennen : Klimawandel, Umweltverschmutzung, Ressourcen Ausbeutung etc.
    Da könnten auch die Autoren solcher Artikel von ökologischer und sozialer Verantwortung sprechen! – und da ist Fairphone den anderen Herstellern meilenweit voraus!

  7. Also ehrlich gesagt von Netzpolitik hätte ich eine differenziertere Berichterstattung erwartet. Der Schluss des Artikels wird so manchen Leser denken lassen, dass Shiftphone seine die beste Alternative. Wenn ich mir deren Webseite anschaue, dann komme ich arg ins Zweifeln. Ich will nicht sagen, dass es sich hier um Betrug handelt, aber es mangelt hier doch arg an Transparenz und detaillierten Hintergründen, die ich mir hier sich von einem solchen Produkt erwarten würde. Der niedrige Preis lässt mich dann endgültig an diesem Produkt zweifeln. So lange da nicht nachgebessert wird, würde ich sagen: Finger weg! Das Fairphone hin hingegen wirkt wie ein Musterbeispiel an Transparenz und wenn man da eine Weile liest, wird deutlich, dass hier eine langfristige Strategie dahintersteckt. Auch trägt das Design des Fairphone 2 dazu bei, dass man hier wohl langfristig Freude an dem Gerät haben kann, weil es reparierbar und potentiell sogar aufrüstbar ist.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.